Blizzard-Gerüchte: Umsatzdruck, Sparzwang, Verunsicherung und mehr Spiele sowie Inhalte

21.11.18 | Marcel Kleffmann

In dem Blizzard-Hintergrundbericht über die Streichung der zweiten Erweiterung von Diablo 3 und die ersten Details zu Diablo 4 (wir berichteten) ging Autor Jason Schreier von Kotaku ebenfalls auf die Veränderungen in der Struktur und bei der Führung von Blizzard Entertainment ein. Zunächst kommt er auf Basis der geführten Interviews mit elf aktuellen und ehemaligen Mitarbeitern auf die Mobile-Ausrichtung (wir berichteten) für Smartphone- und Tablet-Spiele zu sprechen.

Als Mitbegründer Allen Adham 2016 wieder in das Unternehmen zurückkehrte, kündigte er an, dass er eine neue Abteilung leiten würde. Inspiriert durch den großen Erfolg des experimentellen Kartenspiels Hearthstone (2014), sollte seine "Inkubationsabteilung" neue kreative Projekte entwickeln. Diese Herausforderung zog einige der erfahrenen Entwickler von Blizzard an, wie Tom Chilton, der sechs Jahre lang Game Director von World of WarCraft und zuvor sechs Jahre lang Designer war. Jetzt leitet Chilton die Entwicklung eines nicht angekündigten Handyspiels.

In dem Artikel heißt es, dass Pokémon Go bei den Mitarbeitern besonders beliebt sei und ein "Inkubationsteam" an einem WarCraft-Spiel arbeiten würde, das nach dem Vorbild von Pokémon GO entworfen wurde (Spekulation: Haustierkämpfe wie in World of WarCraft). Diejenigen, die das vermeintliche Spiel bereits ausprobiert haben, meinten, dass es mehr Inhalte als Pokémon GO bieten würde - sowie Einzelspieler-Inhalte.

Ein weiterer erfahrener Designer, der in die "Inkubationsabteilung" wechselte, war Wyatt Cheng, der nach über zehn Diablo-3-Jahren wohl eine Pause brauchte. Blizzard hatte eine Partnerschaft mit dem chinesischen Unternehmen NetEase geschlossen, um Diablo 3 als Free-to-play-Spiel in China zu veröffentlichen, wo es ein großer Erfolg war. Irgendwann 2016 oder 2017 beschlossen die beiden Firmen zusammenzuarbeiten und Diablo Immortal war geboren. Cheng ist der Lead-Designer des Projekts und durfte es auf der BlizzCon 2018 präsentieren - mit dem bekannten Echo.

"Im Wesentlichen existiert es [Diablo Immortal], weil wir gehört haben, dass China es wirklich will", sagte ein aktueller Entwickler. "Es ist wirklich für China." Drei weitere Blizzard-Quellen berichteten Jason Schreier, dass der ursprüngliche Plan vorsah, es zunächst nur in China für ein paar Monate oder vielleicht ein Jahr zu veröffentlichen, größtenteils um es unter chinesischen Fans zu testen, bevor es im Westen veröffentlicht wurde. "Die Qualitätsgrenze auf dem chinesischen Markt, insbesondere bei der Framerate, ist extrem niedrig", sagte ein Mitarbeiter. "Du kannst etwas veröffentlichen, das hier als Alpha-Material gilt und dort ein fertiges Spiel ist." Später, so sagten die Quellen, beschloss Blizzard, sich mehr Zeit zu nehmen, um das Spiel zu verfeinern und es auf eine gleichzeitige globale Veröffentlichung vorzubereiten.

Außerdem berichtet er, dass es den Anschein macht, dass Blizzard Entertainment "von oben" (also von Activision) gezwungen wird, mehr und in regelmäßigeren Intervallen Spiele sowie Inhalte zu veröffentlichen und dabei trotzdem irgendwie Geld einzusparen. "Uns wird gesagt, dass wir an jeder Ecke weniger ausgeben sollen, weil wir keine neue IP haben", sagte ein ehemaliger Entwickler. Er fährt fort: "Weil Overwatch diesen Maßstab gesetzt hat, wie viel wir in einem einzigen Jahr verdienen können, gibt es eine Menge Druck von Activision, die Scheiße in Gang zu bringen. Sie wollen etwas, das sie den Aktionären zeigen können." Bei einer Investorenkonferenz nach der Markteinführung von Overwatch sagte die Führungsriege von Activision, dass der Shooter über eine Milliarde Dollar Umsatz eingebracht hätte.

"Es besteht die Auffassung innerhalb von Blizzard, dass die Finanzabteilung [von Activision] mehr Anrufe tätigt, als sie es in der Vergangenheit je getan hat", sagte eine Person, die Blizzard kürzlich verlassen hat. "Das hast man vor drei oder vier Jahren noch nie gehört." Auch der Abgang von Mike Morhaime als Präsident von Blizzard, der von vielen Mitarbeitern als "Anti-CEO" beschrieben wurde, weil ihn die Profitabilität nie interessierte, wird in dem Zusammenhang als Umwälzung in der Führungsetage aufgeführt. Der zunehmende Einfluss des Geldes wird in dem Bericht immer wieder erwähnt.

Und darüber hinaus würde das gescheiterte Langzeitprojekt "Titan" (Mischung aus Die Sims, Left 4 Dead und Team Fortress 2; tagsüber ein normaler Mensch; nachts ein Superheld) immer noch wie ein Damoklesschwert über Blizzard Entertainment schweben, da es viel Verunsicherung und Unmut im Team hinterließ.
Quelle: Kotaku