War for the Overworld02.04.2015, Mathias Oertel
War for the Overworld

Im Test: Dungeon Keeper 2015

Dass Electronic Arts die Dungeon-Keeper-Serie nicht fortgesetzt hat, ist bedauerlich. Dass es einige ambitionierte Nachahmer wie Dungeons nicht geschafft haben, in die Lücke zu stoßen, nicht minder. Mit War for the Overworld (ab 32,47€ bei kaufen) versucht nun eine Gewölbe-Eroberung von Fans für Fans, Hommage und Fortsetzung gleichermaßen abzuliefern. Ob das Vorhaben gelingt, verrät der Test.

Schöne Grüße von Horny

Dungeon Keeper von Bullfrog sowie die Fortsetzung haben die Echtzeit- bzw. Aufbaustrategie um viele Facetten bereichert. Man spielte einen bösen Gewölbe-Meister, der nicht nur die in seinen Dungeon eindringenden Helden drangsalierte, sondern auch seine Untergebenen „bestrafen“ konnte, was das Zeug hielt. Diese elegante Mischung aus Aufbau, Kampf, Zynismus sowie schwarzem Humor hat zahlreiche andere Titel beeinflusst, angefangen von Overlord bis hin zu Impire oder Dungeons. Doch trotz vieler meist ambitionierter Versuche hat es bislang kein Spiel geschafft, dem Juwel den Rang abzulaufen.

Das darf nicht so bleiben, dachten sich ein paar Fans von Dungeon Keeper 2 (hat das tatsächlich schon 16 Jahre auf dem Buckel?) und beschlossen vor drei Jahren, ein Projekt aus der Taufe zu heben, das den Geist der Bullfrog-Klassiker in eine neue Ära transportiert. Es sollte nicht nur eine Hommage an die Originale sein, sondern quasi der inoffizielle Nachfolger. Sein Name: War for the Overworld (WO). Und bis auf den fehlenden Horny als Sensen schwingender Pferdefuß bemüht sich das Team, das unter dem Namen Subterranean Games fungiert, das damalige Spielerlebnis wieder aufleben zu lassen.

Wie damals

Nicht nur die Kulisse lässt Erinnerungen an Dungeon Keeper wach werden - auch die Mechaniken wurden nahezu komplett übernommen.
Dementsprechend werden sich alle schnell zurecht finden, die seinerzeit schon die unterirdischen Gewölbe ausgehoben haben. Die Steuerung wurde nahezu unverändert übernommen: Die teuflische Hand als Verlängerung der Mausbewegung ist ein Allzweck-Werkzeug. Sie markiert die Erdschichten, die Block für Block von den folgsamen Imps abgebaut werden, bevor sie das Geländer markieren und Wände verstärken – wie früher. Man kann mit ihr auch seine Monster (gleichgültig ob Arbeiter oder Kämpfer) aufnehmen und an anderer Stelle wieder fallen lassen. Auch Tränke mit ihrer räumlichen Wirkung werden von der Hand geworfen. Sie stellt Standarten auf, an denen sich die gesamte kampffähige Belegschaft sammelt, wobei man auch in fitziliger Kleinarbeit Gruppen einteilen und diese per individueller Markierung befehligen kann. Sie legt fest, welche Räume wo gebaut werden. Und sie kann immer noch dazu genutzt werden, um seine Monsterbelegschaft zu ohrfeigen. Sprich: Mechanisch ist WO ein sehr akkurates und nur leicht modernisiertes Abbild dessen, was seinerzeit Peter Molyneux in Teil 1 und Simon Nicholson als Designer in Teil 2 etablierten.

Willkommen in deinem neuen Zuhause.
Was? Bauen? Schlagen? Markieren? Kämpfen? Was denn jetzt? Keine Panik. Wer nicht zur Dungeon-Keeper-Generation gehört, wird von den ersten Tutorial-Abschnitten an die Hand genommen und durch die simple Grundmechanik geführt, die von Auf- und Ausbau seiner unterirdischen Gewölbe bis hin zu Verteidigung dieser und dem Angriff der gegnerischen Teleportpunkte  reicht. Wie seine Vorbilder ist War for the Overworld bestrebt, eine gleichermaßen ausgewogene wie fordernde Mischung aus Aufbaustrategie und offensiven Angriffs-Taktiken abzuliefern. Das Wichtigste dabei ist das Herz des Dungeons: Wird dieses zerstört, heißt es Game Over. Um den einfallenden Horden entgegen treten zu können, muss man Monster in seine Höhle locken, damit sie für einen kämpfen. Und dies bewerkstelligt man nur, indem man ihnen entsprechende Räumlichkeiten zur Verfügung stellt.

Monster-Hotel

Neu ist allerdings die Fülle an freischaltbaren Erweiterungen, für die man Okkultisten benötigt.
16 Raumtypen stehen zur Verfügung, wobei die Taverne, der Schweinestall und die Schlafhöhle ebenso wie die Schatzkammer zur Befriedigung der primären Monsterbedürfnisse dient. Die übrigen locken die benötigten Vasallen in den Dungeon. Die Succubi z.B. erscheinen, sobald man eine Folterkammer gebaut hat und helfen einem, gefangen genommene Gegner zu konvertieren. Allerdings benötigt man auch einen Kerker, in denen man die Feinde "zwischenlagert". Doch auch gefallene Kontrahenten oder Lakaien kann man wiederverwerten - entweder von der Geisterkammer, in der der Hexendoktor ihre Erfahrung auf die Monster überträgt. Oder aber in der Gruft, in der der Nekromant sie als Skelette wieder belebt. Trainingsgelände, Bibliotheken, Schmieden: Sie alle locken willige Diener an, die nicht nur für einen kämpfen, sondern auch mit Verstärkungen oder sonstigen Dienstleistungen dafür sorgen, dass man sich gegen die Feinde verteidigen kann. Nur die Kultisten z.B. sorgen mit ihren Forschungen dafür, dass man in den "Blutadern des Bösen" neue Räume, Tränke, Fallen usw. freischalten kann.

Das Problem: Auf den gut designten Karten, auf denen harter Granit oder Wasser als natürliche Grenzen fungieren, ist der Platz mitunter genauso knapp wie das zur Verfügung stehende Gold, so dass man irgendwann vor Entscheidungen steht, auf welche Monster oder Errungenschaften man in der jeweiligen Mission setzt. Der Schwierigkeitsgrad zeigt sich dabei moderat und bis auf wenige Ausnahmen angenehm fordernd. Diese Ausnahmen jedoch haben es in sich: Plötzlich schießt das Anforderungsprofil in die Höhe und wer nicht aufpasst, wird von den Gegnern überrannt. Das kann unter Umständen genauso frustrierend sein wie Bugs, die dafür sorgen, dass Feinde trotz nicht mehr vorhandener Lebenspunkte schlichtweg nicht sterben und die Armee ohne Nachschubmöglichkeit aufreiben. Da in der gleichen Mission dieser Mistkäfer auch bei den eigenen Figuren zugeschlagen hat und die Geister, die sich den Nekromanten angeschlossen haben, partout nicht kleinzukriegen waren und sogar von Zeit zu Zeit im Rang aufstiegen und schlagkräftiger wurden, hat sich das wieder ausgeglichen - es stellt aber trotzdem ein Problem dar.

Wo ist der Fortschritt?

Doch das ist nicht das einzige und vor allem nicht das größte Problem von War of the Overworld. In einigen Punkten wurde das Dungeon-Keeper-Konzept konsequent und sinnvoll erweitert. Die Forschung z.B., die es in dieser Form bislang nicht gab, lockert die Mechanik spürbar auf. Doch dass sich das Spiel von Fans für Fans dennoch unter dem Strich nur wie eine „Total Conversion“ spielt, ist Fluch und Segen zugleich. Segen, weil man sehr schnell in den bekannten Spielfluss kommt. Weil man immer wieder positiv an die Klassiker erinnert wird. Und weil das Konzept auch nach Jahren noch eine famose Motivation aufbaut. Doch abseits der Hommage und des Beweises, dass die Dungeon-Keeper-Basis ein zeitloser Geniestreich war, fehlt dem Kampf um die Oberwelt das gewisse Etwas. Es macht Spaß - zweifellos. Sonst hätte ich bestimmt nicht weit über 20 Stunden in der Kampagne  versenkt. Doch letztlich ist der Titel nicht mehr als eine zeitgemäße Umsetzung des Klassikers, dem der eigenständige Charme fehlt.

Die Kämpfe bestechen eher durch Chaos als durch taktische Finesse.
Darüber hinaus ist auch nach drei Jahren Entwicklung noch Feinschliff nötig. Vor allem bei der KI. Die Imps als "Mädchen für alles" neigen immer wieder dazu, unwichtige Arbeiten zu priorisieren. So ist man in entscheidenden Momenten immer wieder dabei die Viecher über die komfortable Schnellauswahl aufzunehmen und am gewünschten Ort wieder abzuwerfen -in der Hoffnung, dass sie nun das machen, was man von ihnen möchte. Was allerdings nicht immer passiert. Doch auch die Krieger haben immer wieder Probleme mit Priorisierung und Wegfindung. Sie laufen gerne mal an Gegnern vorbei, verhaken sich in der Umgebung und wenn zwei „Kampfeinheiten“ von je zehn bis fünfzehn Mann aufeinandertreffen, kommt es zu ungeregeltem Chaos, in das man auf gut Glück von oben ein paar Heilsprüche feuert. Das war "damals" zwar auch nicht anders, doch dies wäre ein Punkt gewesen, an dem man sich gerne von dem Urkonzept hätte verabschieden können. Dieses Mikromanagement ist hier unnötig und hätte durch eine einstellbare Gewichtung wie z.B. stärkstes Ziel oder wenigste Lebensenergie bei den Kriegern ausgeräumt werden können. Zumal die Steuerung bei einigen der am Bildschirmrand platzierten Icons sehr empfindlich reagiert. Mal rückt man einen Tick zu weit und das Bild beginnt zu scrollen. Dann wiederum klickt man und erreicht nicht das Menü bzw. die Flaggenmarkierung sondern klickt in den Dungeon.

Auch wie früher

Die Kulisse ist ebenfalls nicht über alle Zweifel erhaben: Die isometrische Ansicht bzw. die Ego-Kamera, wenn man in eine der Figuren schlüpft, ist in etwa auf dem Stand des etwa drei Jahre alten Torchlight 2 und auch stilistisch mit ihrem leicht comichaften Ansatz ähnlich. Ein Zufall, dass Subterranean ungefähr zu jenem Zeitpunkt mit der Entwicklung begann?!? Immerhin: Bis auf sehr wenige Ausnahmen bleibt die Bildrate stabil. Der zynische englischsprachige Kommentator, der nicht nur Anweisungen gibt, sondern auch immer wieder ein paar unterhaltsame Einzeiler von sich gibt, ist ähnlich gut besetzt wie seinerzeit im Original, wiederholt sich aber mit seinen Aussagen deutlich früher.

Es gibt auch Abschnitte, in denen man keinen Dungeon ausbauen muss. In diesen Phasen fallen die KI-Probleme mit der Wegfindung stärker ins Gewicht.
Da man sich bis hierhin mehr als zeitgemäße Hommage denn an Neuinterpretation zeigt, ist es nicht verwunderlich, dass auch die Modi abseits der Kampagne dem entsprechen, was Dungeon Keeper 2 bot: Sandkasten zum stressfreien Bau ohne jede Beschränkung sowie Skirmish- und Mehrspielermodi für Duelle gegen menschliche Spieler und die in mehreren Stufen einstellbare KI. Bislang kann man auf gerade mal drei Karten gegen einen Gegner antreten. Für ein zukünftiges Update  sind deutlich mehr Karten sowie Unterstützung für vier Spieler angedacht, doch gegenwärtig bleibt der Umfang spartanisch. Alternativ kann man sich auch am Survival-Modus versuchen, der als Mischung aus Raum-Management und Tower-Defense durchgehen kann. Hier steht allerdings nur eine einzige Karte zur Verfügung, wobei Subterranean auch anmerkt, dass es sich hier nur um einen Prototyp handelt, dessen voller Umfang mit einem späteren Update ausgeliefert wird. Doch es ist vor allem der Überlebenskampf, der mich nach der Kampagne immer wieder für ein Spielchen an den Rechner gezogen hat.

Fazit

So viel Spaß mit Höhlen-Eroberung, -Ausbau und Verteidigung hatte ich nicht mehr seit... Tja, seit Dungeon Keeper 2. Die bei Subterranean Games versammelten Fans lassen erfolgreich den Geist längst vergessener Bullfrog-Zeiten aufleben. Allerdings können sämtliche inhaltlichen Erweiterungen wie Tränke oder nahezu 60 erforschbare Verbesserungen nicht verschleiern, dass Solisten hier eher mit einer Hommage rechnen können. Einer Hommage, die sich sehr nah an das inspirierende Vorbild hält und entsprechende Unterhaltung bietet. Auch was die Kulisse betrifft, bleibt man sich treu: Sie hinterlässt einen stimmungsvollen, aber auch unzeitgemäßen Eindruck. Zudem gibt es KI-Probleme bei Wegfindung und Aufgabenerledigung, so dass sich War for the Overworld mittelfristig nicht aus dem gigantischen Schatten lösen kann, den Dungeon Keeper 2 immer noch wirft und der auch abseits der Kampagne in der Sandbox, den Skirmish- und Mehrspielermodi zu spüren ist. Man muss zwar auch hier derzeit noch mit Einschränkungen wie Beschränkung auf zwei Spieler (soll auf vier erweitert werden) sowie einer äußerst geringen Kartenauswahl leben. Dennoch ist der strategische Dungeon-Ausbau im Hier und Jetzt angekommen.

Pro

gelungene Hommage an Dungeon-Keeper-Serie...
überzeugende Mischung aus Aufbau- und Kampf-Strategie
angenehmer Schwierigkeitsgrad
Survival-Modus mit Tower-Defense-Ansätzen
Sandkasten lädt zum stressfreien Bau ein
gute zynische Sprachausgabe
über 60 erforschbare Verbesserungen (Zauber, Räume, Tränke, Rituale, Fallen)
große Karten
Mehrspieler-Modus, Skirmish, Survival-Modus

Kontra

... die sich erst spät von den Vorbildern löst
KI-Macken (Wegfindung, Angriffsmuster, Arbeitspriorität)
visuell altmodisch
Schwierigkeitsgrad mit frustrierenden Spitzen
zu viel Mikromanagement nötig
mitunter hakelige Steuerung
nur wenige Maps im Mehrspieler/Skirmish, nur für zwei Spieler (v1.0)
chaotische Kämpfe

Wertung

PC

Mehr Hommage an die Dungeon-Keeper-Serie als Neuinterpretation. Der Kampf um die Oberwelt macht Laune, kann sich aber nicht aus dem Schatten der Originale lösen.

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