Test: Rise of the Ronin (Action-Adventure)

von Jonas Höger



Rise of the Ronin: Open World-Einheitsbrei mit Gourmet-Action
Rise of the Ronin: Open World-Einheitsbrei mit Gourmet-Action
Entwickler:
Release:
22.03.2024
Spielinfo Bilder  

Ein bisschen Nioh, ein bisschen Sekiro, ein bisschen Ghost of Tsushima: Wer sich mit im feudalen Japan angesiedelten Action-Rollenspielen auskennt, der stolpert in Rise of the Ronin von einem Deja-Vu ins nächste. Team Ninjas neues Abenteuer ist eine Amalgamation von Mechaniken und Konzepten, die in genau diesem Setting alle schon mal benutzt wurden. Ist das schlimm? Nicht zwangsläufig. Aber es wirft die Frage auf, warum man sich dem überlaufenen Open World-Genre zugewendet hat, statt der missionsbasierten Linie treu zu bleiben – und was Rise of the Ronin überhaupt noch für Spieler zu bieten hat, die bereits in anderen Titeln als virtueller Samurai unterwegs waren. Um das herauszufinden, haben wir über 40 Stunden im Japan des 19. Jahrhunderts verbracht, uns mal auf die Seite des Shogunats und mal auf die der Rebellen geschlagen, und unser Katana mit literweise Feindesblut besudelt. Unsere Ergebnisse könnt ihr im folgenden Test nachlesen.



Rise of the Ronin: Zwei Klingen, ein Schicksal

Bevor ihr auf die Hügel und Täler Japans losgelassen werdet, gibt es erstmal die klassische Tutorial-Mission, die euch die Grundlagen erklärt.
Bevor ihr auf die Hügel und Täler Japans losgelassen werdet, gibt es erstmal die klassische Tutorial-Mission, die euch die Grundlagen erklärt.
Wir schreiben das Jahr 1853: Als eine Zwillingsklinge wachst ihr zusammen mit eurem Gegenstück im Dorf der verborgenen Schneide auf. Ihr gehört einer ausgebildeten Einheit von Elitekämpfern an und werdet in Rise of the Ronin maßgeblich daran beteiligt sein, das Land wie ein weiches Stück Ton zu formen – durch Schlachten, Intrigen, Dialoge. Doch ein besonders pikanter Auftrag, der uns auf die aus dem Westen gekommenen Schwarzen Schiffe führt, läuft aus dem Ruder, und schon bald werdet ihr von eurem Partner in Crime getrennt. Eure Suche nach ihm führt euch heraus aus dem Dorf in die Weiten Japans, in Regionen rund um bekannte Städte wie Yokohama, Edo (das damalige Tokio) oder Kyoto.

Hier ist der Wandel derweil nicht mehr aufzuhalten: Aufgrund der angereisten Amerikaner plant das Shogunat, das eigentlich verschlossene Land für den Handel mit der Außenwelt zu öffnen, während eine Reihe von nationalistischen Rebellen dies verhindern und die aktuelle Regierung stürzen möchte. Als selbstständiger Spielball landet ihr zwischen den Fronten und nehmt die Zügel für die Zukunft Japans selbst in die Hand: Helft ihr dem Shogunat unter der Führung von Yoshinobu Tokugawa dabei, den Austausch mit den Amerikanern voranzutreiben und den aufkommenden Widerstand im Keim zu ersticken? Oder greife ihr eben jenen Aufständischen unter die Arme und versucht, Japan wieder abzunabeln?

Bei einigen Dialogen könnt ihr nicht nur entscheiden, in welchem Tonfall ihr antwortet, sondern auch, ob ihr eurem Gegenüber droht oder gleich einen Streit vom Zaun brecht.
Bei einigen Dialogen könnt ihr nicht nur entscheiden, in welchem Tonfall ihr antwortet, sondern auch, ob ihr eurem Gegenüber droht oder gleich einen Streit vom Zaun brecht.
Wer sich mit den historischen Ereignissen rund um die sogenannte Meiji-Restauration ein wenig auskennt, der weiß natürlich schon, was genau ab 1868 im Land der aufgehenden Sonne passiert und trotz einer Menge einflussnehmender Entscheidungen scheint Rise of the Ronin die Geschichte nicht vollständig umzuschreiben. Trotzdem steht ihr immer wieder vor der Wahl, welcher Fraktion ihr die Klinge schwört und könnt in der Gunst historischer Persönlichkeiten aufsteigen – oder ihr Leben vorzeitig beenden. Der starke Fokus auf die Geschichte und seine Figuren steht dem Spiel gut zu Gesicht und fungiert inmitten der Open World oft als treibender Motor.

Mithilfe von verschiedenen Dialogoptionen könnt ihr eure Gesprächspartner belügen, überzeugen oder einschüchtern, eine friedliche Lösung aushandeln oder Blut fließen lassen – und euch so neue Wege eröffnen oder verschließen. Wer inmitten der politischen Unruhen nicht vorzeitig ins Gras beißt, steht euch für das Vertiefen von Bindungen zur Verfügung: Hier ist das Auswählen der richtigen Antwortmöglichkeiten genauso wichtig wie das Verteilen von Geschenken oder das Erfüllen von Charakter-spezifischen Missionen. Als Belohnung warten intime Momente der Zweisamkeit, verbesserte Kampfstile und natürlich nützliche Gegenstände auf euch; die Dialoge wirken authentisch, wenn auch aufgrund der historischen Umstände mitunter etwas gestelzt.

Open World-Ohnmacht

Zu den vielen belanglosen Nebenaktivitäten in der Open World von Rise of the Ronin gehört zumindest auch das herzerwärmende Streicheln von felligen Vierbeinern.
Zu den vielen belanglosen Nebenaktivitäten in der Open World von Rise of the Ronin gehört zumindest auch das herzerwärmende Streicheln von felligen Vierbeinern.
Wenn ihr bereits Erfahrungen mit den letzten Team Ninja-Titeln wie Nioh oder Wo Long: Fallen Dynasty gesammelt habt, dann dürft ihr euch bei Rise of the Ronin spielerisch auf ein neues Framing einstellen. Statt pointierter Missionen in schlauchartigen Gebieten mit der ein oder anderen Abzweigung, Abkürzung und Ablenkung, bekommt ihr hier eine klassische Open World vorgesetzt, die sich dank den neueren Assassin's Creed-Spielen, Horizon Zero Dawn und Forbidden West, The Witcher 3 oder Ghost of Tsushima in den letzten Jahren zum dominierenden Genre-Trend gemausert hat – und zwar wirklich klassisch.

An jeder Ecke wartet Sammelkram auf euch, häufig mit dem entsprechenden Symbol auf eurer Karte markiert: An Schreinen beten, Katzen streicheln, Fotos schießen; Flüchtige Ronin besiegen, Pappziele mit dem Gleiter durchfliegen, Schießübungen mit dem Gewehr oder Pfeil und Bogen, stehend oder auf dem Rücken meines treuen Rosses. Auch die typischen Banditenlager dürfen nicht fehlen, stellen dank des genialen Kampfsystems (dazu später mehr) aber immerhin noch den spaßigsten Zeitvertreib dar. Ab und an bricht am Wegesrand ein Streit vom Zaun, ein Händler wird überfallen oder ein Meister will seinen Schüler im Schwertkampf testen – die spontanen Ereignisse beleben die sonst stagnierende Open World, sind spielerisch aber genauso wenig innovativ wie der Rest des Genre-Gulaschs.

Zwar sorgt das Aufräumen von Banditenlager dafür, dass die öffentliche Ordnung wieder hergestellt wird, was neue Aktivitäten auf der Karte aufdeckt und später auch die Stärke der Pro- und Anti-Shogunat-Fraktionen beeinflusst; letztendlich handelt es sich hier aber um reine Prozentzahlen im Menü, die keinen bleibenden Eindruck hinterlassen. Wer gerne einen kilometerlangen Einkaufszettel abarbeitet und Prozenten beim Steigen zusieht, wird hier immer noch glücklich, aber angesichts der Open World-Fließbandarbeit, die uns seit zehn Jahren von der Industrie vor die Füße gespült wird, dürften sich hier bei vielen Spielern Ermüdungserscheinungen einstellen.

Marker, Marker und noch mehr Marker: Links bekommt ihr serviert, wo es als nächstes hingeht, rechts, was ihr schon erledigt habt. Befriedigend, aber eben auch stumpf.
Marker, Marker und noch mehr Marker: Links bekommt ihr serviert, wo es als nächstes hingeht, rechts, was ihr schon erledigt habt. Befriedigend, aber eben auch stumpf.
Zumal Rise of the Ronin wirklich keine Bemühungen unternimmt, die bekannte Formel auf irgendeine Art aufzulockern, wie es ein Breath of the Wild oder Elden Ring geschafft haben. Entsprechend verkommt auch die eigentlich spaßige Fortbewegung per Pferd oder Gleiter irgendwann zu einem überwiegenden Navigieren per Schnellreise, um Markierungen möglichst effizient abzuhaken: Abseits der dynamischen, aber repetitiven Ereignisse und der malerischen Landschaft Japans für etwaigen Videospieltourismus gibt es deshalb keinen wirklichen Grund, die Umgebung zu erkunden. Die offene Welt steht dem Rest des Spiels eher im Weg und bläht es unnötig auf, als für einen tatsächlichen Mehrwert zu sorgen.

Kommentare

sabienchen.unBanned schrieb am
Ich hab aktuell in der OW recht viel Spaß.
Folge zwar Markierungen, aber auf dem Weg zum Ziel untersuche ich dann auch nicht markierte Orte.
Sammel Katzen, und hab noch ein wenig Persona-Dating-Sim .. und das alles gibt Skillpunkte verbesserte Waffentechniken etc.
Und das kämpfen macht recht viel Spaß. :)
Was will ich mehr? :Hüpf:
Loot.. nunja.. wie bei Nioh setzt man halt nen Filter auf Rarity und verkauft/zerlegt das Zeug dann auf einmal. :)
4P|Jonas schrieb am
ray2077 hat geschrieben: ?26.03.2024 13:12 Aufgeblähte Open World mit belanglosem Sammelkram ? Das ist mal wieder ne Headline - Sorry!
Man muss die Bewertung des Testers akzeptieren; er sieht es halt so. Ist wohl nicht sein Ding?
Das würde ich so nicht unbedingt sagen, aber es gibt zwei Punkte, warum mich das an Rise of the Ronin besonders gestört hat. Erstens: Die missionsbasierte Spielstruktur hat dem Rest der Team Ninja Gameplay-Systeme meiner Ansicht nach viel besser zu Gesicht gestanden, weshalb ich den Wechsel zur Open World als Rückschritt empfinde. Zweitens: Mit Breath of the Wild und Elden Ring haben wir in den letzten Jahren gleich zwei Beispiele bekommen, wie man Open Worlds cleverer designt als nur eine Armada an Markierungen auf die Karte zu klatschen bzw. ist der Markt von solchen Open Worlds derart vollgestopft, dass Spieler genug Alternativen zur Verfügung haben - hinsichtlich des Weltendesigns eben oft bessere.
ray2077 hat geschrieben: ?26.03.2024 13:12 Alleine schon wegen der Grafik wurde das game schon so durch den Dreck gezogen, obwohl sie so schlecht auch wieder nicht ist. OK, GoT Grafik ist es keine, aber deshalb noch lange nicht schlecht.
Ja, die Diskussionen habe ich auf Twitter auch mitbekommen. Die Grafik ist keineswegs schlecht, als das bezeichne ich sie ja auch gar nicht. Aber sie ist eben auch nicht unbedingt zeitgemäß und steht gegen andere aktuelle Open World-Spiele zurück. Der Vergleich ist schon wichtig, damit Spieler das abschätzen können.
ray2077 hat geschrieben: ?26.03.2024 13:12 Mir fehlt es da schon manchmal an Objektivität - das darf man a sagen, oder? Ich würde es halt so nicht pauschal, sondern für mich beurteilen - nun ja, ist halt der Style.
Objektivität ist in Spieletests kaum möglich - und ich erachte sie auch nicht wirklich als sinnvoll. Man muss Aussagen und Kritik eben immer begründen können und klar herausstellen, warum man etwas gelungen oder weniger gelungen findet. Dann ist auch den Lesern geholfen, egal ob...
ray2077 schrieb am
Aufgeblähte Open World mit belanglosem Sammelkram ? Das ist mal wieder ne Headline - Sorry!
Man muss die Bewertung des Testers akzeptieren; er sieht es halt so. Ist wohl nicht sein Ding? Aber egal; viele anderen Seiten bestätigen meine Sichtweise und bewerten das Spiel deutlich besser. Muss eh jeder für sich entscheiden, nur finde ich das es eine suggestive Wirkung hat und viel Gamer davon abhält, das Spiel zu kaufen - obwohl sie es viell. gekauft hätten.
Mir fehlt es da schon manchmal an Objektivität - das darf man a sagen, oder? Ich würde es halt so nicht pauschal, sondern für mich beurteilen - nun ja, ist halt der Style.
Ich habe so viele Meinungen gelesen - unabhängig von Meiner Entscheidung - dass mir übel wird. Alleine schon wegen der Grafik wurde das game schon so durch den Dreck gezogen, obwohl sie so schlecht auch wieder nicht ist. OK, GoT Grafik ist es keine, aber deshalb noch lange nicht schlecht. GoT, war mir persönlich zu glatt - womit es sich wie bestätigt, wie versch. Geschmäcker sind.
Mir wäre es aber nie in den Sinn gekommen, sie als zu glatt/aalglatt zu kritisieren. Nun ja, man sollte nur diese Spiele Zocken die man auch mag und ich gehöre auch nicht zu jenen, die 15cm vor dem Monitor die Pixel zählen - nei ich sitze 4m weg vor einem 65" TV.
Ich weiß auch was ich mit dem Plunder mache, der belanglos ist - ich verkaufen den und mache es zu Geld.
Jeder wie er Meint ????
kagrra83 schrieb am
4P|Jonas hat geschrieben: ?22.03.2024 09:58
kagrra83 hat geschrieben: ?21.03.2024 21:18 Ich verstehe es jeden falls nicht, dass so viele dieses Abenteurergen nicht haben. In einer Openworld will ich doch auch mal einfach die Openworld ausnutzen und lange Spaziergänge sind doch ein Teil davon. Naja...jeder wie er sie es meint.
Damit ich das will, muss mir die Open World aber auch mehr bieten als nur eine schöne Landschaft oder eine Reihe von Markierungen auf der Map. Deshalb habe ich Breath of the Wild und Elden Ring angeführt, die das meiner Meinung nach beide besser machen, weil sie sehr organisch interessante Punkte in ihre Spielwelt verwebt haben. Dort gibt es so viele Orte, die mich beim Vorbeireiten neugierig machen und dann zumeist auch irgendetwas spannendes bieten, und sei es nur einen Miniboss mit Schatztruhe. Aber das Ganze von selbst zu entdecken gibt mir eben mehr - und einen Grund, die Open World auch wirklich gründlich zu erkunden und die Kulisse einzuatmen.
Ich finde es aber genau so schön, in einer realistischen riesigen Welt die Umgebung zu erkunden, ohne dafür eine Belohnung zu bekommen. weil warum? Ich klettere gerne auf den Berg, schaue mich um, erwarte jetzt aber keinen Schatz für meine "Mühen".
Breath of the Wild und Nachfolger sind natürlich Spiele, mit wohl der besten OW aller Zeiten. ?
kagrra83 schrieb am
ray2077 hat geschrieben: ?22.03.2024 11:35 Da hast du was falsch verstanden - LOL. Nach harten Kämpfen durch die Landschaft Ziehen, erkunden, entdecken um wieder runterzukommen.
Das war eigentlich gemeint. Da ist genug los um sich nicht zu langweilen.
Du brauchst dir ja gar nichts anzusehen, wenn du nur Stress im Game brauchst - ist für jeden was da. Da wär auch EldenRing, oder anderes in ähnlicher Art - ist zwar auch nicht sooo hart aber sehr unterhaltsam.
Keiner verlangt dass du das Verstehst. Es gibt halt noch Leute die eine schöne Spielewelt noch wertschätzen, und nach knackigen Metzeleien auf ihre weise Chillen.
Mich nervt z.B. pausenloses stumpfes Gekloppe und Geknalle - nervt wie Fließbandarbeit. Da verstehe ich nicht wo die Spannung ist, ergo Unterhaltung. Alles hat seine Berechtigung und ich muss es auch nicht mögen - aber wenn's den gefällt warum nicht.
Das Paradebeispiel für sinnloses Gekloppe sind die Yakuza Spiele. Bin mit Judgement erst eingestiegen. Liebe diese Spiele für die Japanstimmung. Aber diese elendigen Kämpfe, diese unrealistisch an jeder Ecke stehenden Gegner die nur dazu da sind um die zu verkloppen, das nervt mich so dermaßen.
Like a dragon hat den Vogel abgeschossen. Habe das Spiel nach 20h abgebrochen. Hätte im "Dungeon" grinden müssen um im Level auf zu steigen. Nervt mich. Purer Unrealismus für mich. Ja, ist ein Rollenspiel. Auf Grinding vezichte ich aber trotzdme gerne. Denn, wieso soll die gleiche Waffe plötzlich stärker sein als vorher...egal. Nervt mich. Macht mir keinen Spass.
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