Im Test: Ein unschlagbares Team?
Früher war nicht alles besser
Es fällt schwer, eine recht lieblose Aneinanderreihung von Missionen überhaupt als Kampagne zu bezeichnen oder sie als solche wahrzunehmen. Doch genau so war es bei Titanfall: Die Abschnitte erinnerten an Mehrspieler-Partien mit Bots, die durch lose Story-Fetzen irgendwie zusammengehalten werden sollten und sich um den Konflikt zwischen dem Industrie-Konglomerat IMC und der M-COR-Miliz drehten. Während die "Interstellar Manufacturing Corporation" rücksichtslos die Kolonien ausbeutet, haben es sich die Kämpfer der unterdrückten Rebellen-Miliz zur Aufgabe gemacht, die Grenzwelten vor den Angriffen der IMC zu schützen.
Eine gelungene Mischung
Dabei wird schnell klar, dass sich die Enttäuschung des Vorgängers hinsichtlich Inhalten für Solisten nicht wiederholt: Zwar kommen Story, Figuren und Hintergründe des Konflikts immer noch etwas zu kurz, aber das Team liefert dennoch eine vollwertige und maßgeschneiderte Kampagne ab! Und die ist gar nicht mal übel, denn in den neun umfangreichen Missionen werden die Kernelemente der Spielmechanik sinnvoll miteinander verknüpft. Da wäre zum einen die Akrobatik, wenn man mit stilvollen Wandläufen tiefe Abgründe überbrückt oder sich mit dem Jetpack via Doppelsprung in ungeahnte Höhen katapultiert. Etwas anspruchsvoller wird es aber erst gegen Ende oder wenn man alle versteckten Helme einsacken möchte. Wie so oft hält sich der Sinn hinter diesem Sammelkram auch hier in Grenzen und wirkt überflüssig, weil die Funde weder interessante Informationen beinhalten noch irgendetwas freischalten.
Die volle Titanen-Power
Selbstverständlich ist BT nicht nur ein reiner Mitläufer, der sich automatisch verteidigt. Man darf auch selbst ins Cockpit klettern und die Kontrolle über den sympathischen Koloss und dessen Waffensysteme übernehmen. Darunter befinden sich u.a. schwere Geschütze, zielsuchende Raketen, Flammenwerfer oder sogar gewaltige Mech-Katana für den Nahkampf und zum Blocken. Nicht zu vergessen die Schutzschilde, mit dem man die abgefangenen Projektile postwendend an den Gegner zurückschleudern oder schmelzen kann. Darüber hinaus warten diverse Spezial-Attacken wie ein Laser-Zielsystem, eine Feuerschneise der Verwüstung oder eine wuchtige Spreng-Attacke, wobei sich die Fähigkeiten nach jeder Verwendung regenerieren müssen. Bis zu acht Loadouts lassen sich im Laufe der Kampagne verwenden, sofern man sie alle findet und einsammelt. Sie geben gleichzeitig einen Vorgeschmack auf die verschiedenen Klassen, die in den Mehrspielermodi warten. Während man sich dort auf ein Modell festlegt, darf man in der Kampagne jederzeit zwischen den Loadouts wechseln, die
Ansprechende Schauplätze und starke Technik
An Abwechslung herrscht kein Mangel, denn die Kampagne erstreckt sich über interessante Schauplätze und liefert dabei eine angenehme Balance zwischen Piloten- und Titanen-Action sowie Geschicklichkeitspassagen. Dabei zeigt die modifizierte Source Engine vor allem in Außenarealen, was in ihr steckt: Titanfall 2 (ab 3,99€ bei kaufen) zählt zu den grafisch beeindruckendsten Titeln, welche auf der Technologie aus dem Hause Valve basieren. Hinzu kommt eine starke Performance, denn neben den Mehrspieler-Gefechten läuft die Action auch in der Kampagne mit butterweichen 60 Bildern pro Sekunde über die Mattscheibe, wovon auch die reaktionsfreudige und präzise Steuerung profitiert.
Dummes Kanonenfutter
Hinsichtlich der KI spürt man die DNA von Call of Duty mehr als deutlich, soll heißen: Die Widersacher agieren nicht unbedingt clever, sondern präsentieren sich meist als aufopferungsvolles Kanonenfutter. Hinzu kommt, dass einem ein automatisches Zielsystem unter die Arme greift, das bei den höheren der vier Schwierigkeitsgrade zwar weniger ausgeprägt ist, sich aber nirgends vollständig deaktivieren lässt. Gefährlich wird es auf höheren Stufen nur deshalb, weil gegnerische Treffer mehr Wirkung zeigen und nicht, weil Feinde intelligenter vorgehen. Etwas anspruchsvoller verlaufen die Begegnungen mit anderen Titanen: Vor allem, wenn man mit mehreren dieser Kolosse gleichzeitig konfrontiert wird, kann es schon mal brenzlig werden. Gleichzeitig markiert dieser „Kampf der Titanen“ immer wieder Höhepunkte innerhalb der Kampagne, denn man spürt im Cockpit regelrecht die beeindruckende Power dieser Kampfmaschine, die dank ihrer Jetdüsen sogar über eine überraschende Agilität für Ausweichmanöver verfügt. Die ohnehin imposante Soundkulisse dreht in diesen Momenten ebenfalls richtig auf: Es rappelt und scheppert aus allen Kanälen, während der Subwoofer die Bude zum Beben bringt. Das Klang-Niveau eines Battlefield 1 wird zwar nicht erreicht, aber an einer 5.1-Anlage hinterlässt auch Titanfall 2 hinsichtlich der wuchtigen Akustik einen großartigen Eindruck.
Öde „Bosskämpfe“
Fantastische Mehrspieler-Action
Die überraschend kurzweilige Kampagne ist die eine Sache, doch wie der Vorgänger glänzt Titanfall 2 in erster Linie auf den Online-Schlachtfeldern, wo vor allem in den klassischen Kern-Modi Materialschlacht (Team Deathmatch), Capture the Flag und Verstärkter Hardpoint die gelungene Mischung aus flotter Piloten-Akrobatik und gewaltiger Mech-Action nichts von ihrer Faszination verloren hat. Im Gegenteil: Durch den neuen Greifhaken, mit dem man sich an Titanen und Wände heranziehen oder sogar an ihnen kleben kann, wird die Mobilität der Piloten genauso erhöht wie durch das neue Rutschen aus dem Lauf heraus. Es erfordert zwar etwas Übung, aber hat man sich an die neuen Mechaniken gewöhnt, möchte man den noch besseren Flow nicht mehr missen.
Allerdings befindet sich der Greifhaken nicht immer am Mann, sondern ist nur Bestandteil einer Auswahl an Spezialfähigkeiten, zu der auch eine kurzzeitige Tarnung, ein Impuls für das Aufspüren von Gegnern im Umfeld oder ein Partikelschild zählen. Genau wie bei den Waffen hat man auch hier die Qual der Wahl, welche individuellen Zusammenstellungen man bei der Ausrüstung bevorzugt. Es stehen zehn Speicherplätze für Loadouts bereit, denen man sogar eigene Namen geben darf – praktisch, denn so schaltet man nicht nur schnell zwischen den Ausstattungen für Piloten um, sondern wird gleichzeitig zu Variationen und Experimenten ermutigt. Das ist auch bitter nötig, wenn man das komplette Sortiment an Waffenkomponenten freischalten will, denn jede einzelne Wumme kommt mit einem eigenen Stufenanstieg daher. So erhält man erst nach und nach weitere Visiertypen oder Extras wie größere
Feste Klassen statt freie Auswahl
Bei den Titanen wird man hinsichtlich der individuellen Ausstattung stärker eingeschränkt – auch im Vergleich zum Vorgänger. Konnte man die Mechs dort noch relativ frei ausrüsten, ist man jetzt an sechs Modelle bzw. Klassen mit vorgefertigten Waffensystemen und Fähigkeiten gebunden. Ion nutzt z.B. ein Splittergewehr als Standardwaffe, setzt zur Offensive einen Laserstrahl ein und greift bei defensiven Maßnahmen auf den Vortex-Schild zurück, mit dem man Geschosse zuerst abfängt und danach wieder zum Gegner zurückschleudert. Zusätzlich steht als Utility eine Stolperfalle zur Verfügung, während das Kernsystem mit einem Spezialangriff die Laser zu einem verheerenden Strahl bündelt. Ganz anders das Modell Tone, das mit einer klassischen Geschützkanone, Zielsuchraketen und einer Partikelmauer ausgestattet ist. Die Ronin-Klasse wiederum setzt primär auf Nahkampfangriffe mit Breitschwert und ist äußerst agil. Zwar würde man oft gerne die jeweiligen Fähigkeiten zu einem individuellen „Über-Titan“ kombinieren, aber die neue Einteilung in festgelegte Mech-Varianten geht schon in Ordnung.
Vorzeitige Freischaltungen – ohne Mikrotransaktionen
Nicht nur die Waffen, sondern auch die Titanen steigen bei häufiger Verwendung in Stufen auf, die das Spezial-Equipment nach und nach freischalten. Alternativ darf man mit einer Ingame-Währung diverse Ausrüstungs-Gegenstände oder Waffen vorzeitig freischalten, wobei man angesichts der hohen Preise viel grinden muss. Die gigantische Auswahl an Lackierungen für Waffen und Mechs muss man sich allerdings genauso verdienen wie Modifikationen, Rufzeichen-Banner, Profil-Plaketten sowie sekundäre Slots für weitere Fähigkeiten. Das wirkt bis hierhin alles sehr fair und es ist gut, dass man Mikrotransaktionen als alternativer Zahlungsmethode zumindest bisher eine Abfuhr erteilt und sogar geplante DLC-Erweiterungen kostenlos anbieten will.
Bye, bye Burncards, hallo Boosts
Etwas kritischer sieht die Sache bei der Auswahl an Boosts aus, welche die Burncards des ersten Teils ersetzen und die Balance mit Fähigkeiten wie verstärkten Waffen, spinnenartigen Spreng-Drohnen, starken Abwehrgeschützen und Smart-Pistol-Einsatz empfindlich beeinflussen können. Es ist zum jetzigen Zeitpunkt vielleicht noch zu früh, um abschätzen zu können, wie groß die Auswirkungen der Boosts für die Partie sind. Aber diese Fähigkeiten, zu denen auch ein Karten-Hack zur Enthüllung gegnerischer Positionen oder ein verstärkter Partikelschild für Piloten zählt,
David gegen Goliath
Ab zur Bank
Abseits der üblichen Modi hat man sich mit der Kopfgeldjagd auch etwas Neues einfallen lassen: Hier wird man für jeden Kill – auch gegen die KI - mit Geld belohnt, das man anschließend an der Bank auf das Team-Konto einzahlen muss, denn das gesammelte Guthaben entscheidet hier über Sieg oder Niederlage. Allerdings haben die Bank-Depots nur für einen begrenzten Zeitpunkt geöffnet und bieten sich gleichzeitig dafür an, den gegnerischen Sparern aufzulauern, um ihnen ihr Guthaben doch noch abzuluchsen. Ja, die Kopfgeldjagd stellt eine nette Ergänzung dar, mehr aber auch nicht. Am besten funktioniert Titanfall immer noch im klassischen Team Deathmatch oder dem Modus „Verstärkter Hardpoint“. Das Grundprinzip entspricht dabei der Eroberung aus Battlefield, doch kann man hier die drei Punkte zusätzlich noch verstärken, indem man länger die Stellung hält. Dadurch gestalten sich die Partien noch dynamischer und die Stellungen werden mitunter noch intensiver umkämpft. Wie in allen Team-Modi steht am Ende des Matches der Epilog auf dem Programm, in dem sich die Überlebenden des Verlierer-Teams noch bis zu einem Rettungsschiff durchschlagen und Boni mitnehmen können, während die Sieger alles daran setzen, genau das zu verhindern. Es mag nur eine Kleinigkeit sein, aber die Idee hinter dem Prolog ist immer noch genial und verhilft den Gefechten am Ende nochmal einen dramatischen, letzten Höhepunkt. Denn selbst wenn man sicher an Bord ist, kann es immer noch passieren, dass das Schiff durch kollektiven Beschuss zerstört wird.
Großartige Performance, ausbaufähiges Matchmaking
Das Matchmaking scheint aktuell noch an Schwächen zu leiden: Hin und wieder wirken die zusammengestellten Partien nicht sonderlich ausgeglichen und freie Plätze werden zu selten umgehend aufgefüllt. Das führt dann dazu, dass man stellenweise als Trio hilflos dem gegnerischen Sechser-Team ausgeliefert ist. Bei weniger populären Modi wie Last Titan Standing oder Piloten vs- Piloten kommt eine Vermittlung außerdem erst nach langer Wartezeit zustande – wenn überhaupt. Immerhin gibt es auch die Möglichkeit, ein privates Spiel aufzusetzen, in das man Freunde oder seine Networks einladen kann. Was sind Networks? Im Grunde genommen handelt es sich dabei um
Allerdings gibt es an der Online-Performance nichts zu meckern: Hat man sich in der manuellen Auswahl für das nächstgelegene Datenzentrum entschieden, warten dank geringem Ping erfreulich flüssige Scharmützel auf den neun weitläufigen und gut durchdachten Karten. Sie bieten nicht nur genügend Platz für den „Kampf der Titanen“, sondern fördern mit vielen Wänden die akrobatischen Einlagen, bieten verwinkelte Innenräume in mehrstöckigen Gebäuden und berücksichtigen mit Dächern sowie Türmen auch die vertikale Komponente, die vor allem für Scharfschützen attraktiv ist. Zwar wirken manche der Karten austauschbar und es mangelt mitunter an Alleinstellungsmerkmalen, aber der Shooter-Spaß, die Dynamik und der großartige Flow können sich in allen Schauplätzen entfalten. Dabei kam es in den zahlreichen Partien kein einziges Mal zu störenden Lags oder nervigen Verbindungsabbrüchen – Daumen hoch für die Belastbarkeit der Server und den ausgezeichneten Netzcode!
Fazit
Nach der lieblosen Pseudo-Kampagne des Vorgängers fällt es Respawn Entertainment sehr leicht, sich in dieser Hinsicht zu steigern: Die ehemaligen Call-of-Duty-Macher liefern in Titanfall 2 eine angenehme Mischung aus Piloten- und Titanen-Action sowie akrobatischen Geschicklichkeitseinlagen ab. Der gelungene Flow, der die Mehrspielergefechte auszeichnet und dank der reaktionsfreudigen Steuerung zustande kommt, wird damit hervorragend auf das Solo-Erlebnis übertragen, auch wenn die Story etwas zu kurz kommt, Charaktere blass bleiben und sich die KI-Gegner meist als dämliches Kanonenfutter präsentieren. Selbst die enttäuschenden Bosskämpfe erfordern nur selten ein taktisches Vorgehen. Als Ausgleich überzeugt die Kampagne neben dem exzellenten Spielgefühl mit kleinen Überraschungen, einer druckvollen Soundabmischung und abwechslungsreichen Schauplätzen, die grafisch vor allem in den schicken Außenarealen auftrumpfen. Auch wenn hinsichtlich Inszenierung und Story sicher noch Luft nach oben bleibt: Die Kampagne hat meine niedrigen Erwartungen übertroffen und mich über den Zeitraum von etwa sechs bis acht Stunden überraschend gut unterhalten. So richtig dreht Titanfall 2 aber erst im Mehrspielermodus auf und begeistert erneut mit dem starken Fundament des Vorgängers, wobei der ohnehin schon exzellente Spielfluss durch willkommene Ergänzungen wie Greifhaken und Rutsch-Mechanik sogar noch weiter aufgewertet wird. Die Einschränkungen bei der Titanen-Ausrüstung dürften zwar nicht jedem schmecken, doch die festgelegten Klassen fördern die Variation und lassen sich mit den Fähigkeiten von Kits immerhin noch mit einer individuellen Note versehen. Mit Unmengen an Freischaltungen und dem Aufleveln einzelner Waffen ist außerdem für Langzeitmotivation gesorgt, die dank der ansprechenden Auswahl an Spielmodi und der ausgezeichneten Online-Performance ohnehin nicht so schnell verloren gehen dürfte. Nur hinter den starken Boost-Fähigkeiten steht noch ein großes Fragezeichen: Bringen sie die Balance auf lange Sicht vielleicht etwas zu sehr ins Wanken? Zumal auch das Matchmaking nicht immer dafür sorgen kann, dass die Partien ausgeglichen sind oder schnell zustande kommen. Trotzdem ist Titanfall 2 vor allem hinsichtlich der flotten Mehrspieler-Action ein hervorragender Shooter, der sich hinter starker Konkurrenz wie Battlefield 1 oder Call of Duty nicht verstecken muss, sondern sich immer noch mit einer angenehmen Frische und fantastischen Steuerung von vielen anderen Online-Ballereien abhebt.
Pro
Kontra
Wertung
XboxOne
Titanfall 2 rockt vor allem im Mehrspielermodus mit seiner tollen Mischung aus intensiver Action, cooler Akrobatik und dynamischen Gefechten, hat mit einer kurzweiligen Kampagne aber auch endlich mehr für Solisten zu bieten.
PlayStation4
Titanfall 2 rockt vor allem im Mehrspielermodus mit seiner tollen Mischung aus intensiver Action, cooler Akrobatik und dynamischen Gefechten, hat mit einer kurzweiligen Kampagne aber auch endlich mehr für Solisten zu bieten.
PC
Titanfall 2 rockt vor allem im Mehrspielermodus mit seiner tollen Mischung aus intensiver Action, cooler Akrobatik und dynamischen Gefechten, hat mit einer kurzweiligen Kampagne aber auch endlich mehr für Solisten zu bieten.
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