Spielkultur
02.11.2015 10:43, Jan Wöbbeking

Warren Spector: "Uncharted, Heavy Rain und interaktive Filme holen nicht genug aus ihrem Medium heraus"

Entwickler-Koryphäe Warren Spector (Wing Commander, Thief, Deus Ex) hat sich auf der Keynote der PAX Aus 2015 (via powerupgaming.co.uk ) gegen Spiele mit zu starkem erzählerischem Korsett ausgesprochen: Interaktive Filme und Titel wie Uncharted, The Walking Dead und Heavy Rain holten einfach nicht genug aus den Möglichkeiten des Mediums Videospiel heraus. Die Möglichkeit, sich als Spieler in der Handlung einzubringen und auszudrücken, fehle weitgehend. An Entwickler richtete er die Botschaft: "Wenn ihr lediglich zeigen wollt, wie clever ihr seid, dann verzieht euch aus meinem Medium! Macht einen Film oder sowas - denn das ist es, was ihr machen solltet!"

Spector teilte Videospiele in drei Kategorien ein: Exemplare mit niedriger, mittlerer und hoher Ausdruckskraft. Als Beispiel für die niedrige Klasse erwähnte er Uncharted (und fügte selbstironisch hinzu, er wolle schließlich sicher gehen, nie mehr einen Auftrag zu bekommen):

"Es ist nicht so, dass Spiele wie dieses schlecht sind, aber sie limitieren eure Möglichkeit, mit der Spielwelt zu interagieren, damit sich die Story entfalten kann, wie es der Geschichtenerzähler möchte. (...) Man hat sehr limitierte Möglichkeiten, sich selbst auszudrücken; es geht darum, wie man einen festgelegten Pfad abschließt, um zum nächsten Handlungs-Punkt zu gelangen. (...) Es ist eine großartige Story - eine bessere Story als ich sie je in einem Spiel erzählen werde, aber es ist keine Story des Spielers; es ist nicht deine Story."

Zur mittleren Kategorie gehörten Titel wie Telltales Adventure The Walking Dead oder Quantic Dreams' Heavy Rain:

"Ich liebe The Walking Dead, aber die Entscheidungen, die man trifft, sind zwangsläufige Entscheidungen...aber sie richten sich nach dem Designer, nicht nach dem Spieler. Jede Entscheidung in einem Spiel wie diesem wurde vor-gescriptet und irgendwo von einem Designer vorgeschrieben - und die Effekte dieser Enstcheidung wurden von den Entwicklern vorbestimmt. (...) Es gibt nur sehr wenig Dinge, die tatsächlich der Spieler tun kann."

Auch Heavy Rain lobt Spector für das allgemeine Erlebnis, allerdings handle es sich auch hier im Wesentlichen nur um rund fünf Spielfilm-Scripts, die man in ein Spiel gepackt hat; man suche sich lediglich eine dieser Drehbuch-Varianten aus. Das Medium befinde sich momentan an einem Tiefpunkt - statt sich solcher Mechanismen zu bedienen, sollten Spiele lieber "kollaboratives Geschichtenerzählen" fördern, statt an der festgefahrenen Mechanismen der Branche festzuhalten. Spieler könnten mit ihrem Geld bestimmen, dass erzählerisch progressivere Titel erfolgreich werden. Als Positivbeispiele für "High Expression", also intensiver Einbindung des Spielers in die Erzählung nannte er z.B. Dishonored, Fallout, Deus Ex: Human Revolution und Die Sims.

Wie Powerupgaming berichtet , hat mittlerweile Naughty Dogs "Community Strategist" Arne Meier auf Spectors Thesen geantwortet. Auch er stellt fest, dass die Indutsrie mehr aus den Möglichkeiten des Mediums herausholen könnte, spricht sich aber vor allem für eine Vielfalt von Genres, Modelle, Finanzierungs- und Erzählformen aus:

"Momentan haben wir in der Industrie eine große Chance, viele unterschiedliche Spiele zu produzieren, von Blockbuster-Triple-A-Studios bis hin zu Indie-Studios, um sich an jede Art von Spielstil und jede Form von Bedürfnis zu richten, die es in einem Spiel geben kann."

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