Independent Games Festival15.03.2010, Julian Dasgupta
Independent Games Festival

Special:

Wie die Indie-Szene selbst wächst auch das Independent Games Festival von Jahr zu Jahr. Satte 306 Spiele waren für den Hauptwettbewerb der diesjährigen Veranstaltung eingereicht worden - reichlich Arbeit für die Jury, der auch ich angehörte.

Nachdem alle Beiträge begutachtet und in den einzelnen Kategorien bewertet worden waren, wurden Anfang 2010 schließlich die Finalisten für die einzelnen Kategorien ermittelt. Diese wurden dann schließlich in einer erneutern Wertungsrunde von allen Jury-Mitgliedern erneut begutachtet. Die Stimmabgabe erfolgte anschließend anonym per Webformular.

Am gestrigen Abend wurde auf der Game Developers Conference 2010 schließlich bekannt gegeben, welche Titel in welchen Kategorien den meisten Zuspruch erhalten hatten. Drei Spiele machten dann das Rennen in den fünf Hauptkategorien unter sich aus.

Closure (Excellence In Audio)

Das Spiel mit dem Licht steht im Mittelpunkt von Closure , welches wir bereits vor über einem Jahr in der Web-Games-Kategorie vorgestellt hatten. Der Flash-Titel war aber nur ein Ausgangspunkt - Tyler Glaiel, John Schubbe und Chris Rhyne begannen danach damit, eine inhaltliche ausgefeiltere und optisch verfeinerte Standalone-Fassung zu entwickeln.

Closure: Licht ist Mangelware.
Licht ist knapp in der Welt von Closure, wo eine simple Regel gilt: Bereiche, die nicht beleuchtet sind, existieren auch nicht. Wenn der Charakter also einen hellen Bereich verlässt, stürzt er prompt aus dem Bildschirm - Game Over. Was für den Boden gilt, gilt allerdings auch für Wände und andere Objekte und muss dementsprechend vom Spieler zu seinen Zwecken eingesetzt werden, um in jedem Level den Ausgang zu erreichen.

Strahlende Orbs sind dabei die Standardlichtquelle, die man mit sich herumtragen, aber auch stets ablegen kann. Oftmals dienen sie nicht nur der Beleuchtung, sondern werden benötigt, um Objekte oder Ausgänge zu aktivieren. In manchen Räumen gibt es auch Scheinwerfer, die vom Spieler ausgerichtet werden können, um bestimmte Bereich der Umwelt zugänglich zu machen.

Closure: In der Dunkelheit lauert das Nichts.
Das Regelwerk ist also klar abgesteckt - umso verblüffender sind die ganzen Herausforderungen und Möglichkeiten, das Design auszureizen, die sich das Trio hat einfallen lassen. Closure ist gelungene Knobelkost, die mit einer faszinierend verstörenden Atmosphäre überzeugt. Der expressionistisch angehauchte Grafikstil, der sparsame Einsatz von Farben und die im IGF prämierte Soundkulisse bilden eine Mischung mit beklemmender Wirkung.

Das Ausprobieren der Flash-Fassung sei an dieser Stelle nochmals nahegelegt - bis zur Veröffentlichung der finalen Version wird noch reichlich Zeit ins Land gehen, da es sich zumindest derzeit nicht um ein Vollzeitprojekt handelt.

Plattformen: Noch keine endgültige Festlegung - die IGF-Version ließ sich wunderbar mit dem Xbox 360-Controller spielen und lag in zweifacher Ausgabe vor: Windows und MacOS.

Limbo (Technical Excellence & Excellence in Visual Art)

Der Rand der Hölle, der Limbus, steht im Mittelpunkt dieser Produktion aus Dänemark. Wirklich viele Infos zum Hintergrund von Limbo hat Playdead bis jetzt allerdings nicht veröffentlicht. Bekannt ist nur: Ein Junge macht sich auf die Suche nach seiner Schwester.

Limbo: Der Rand der Hölle ist in Grautöne getunkt.
Dabei müssen zahlreiche meist physik-basierte Puzzles bewältigt werden. Zum entspannenden Rumdaddeln eignet sich Limbo jedoch nicht, denn auch Geschick und gutes Timing werden oft eingefordert. Der Spieler kann springen, an Kanten emporklettern, Leitern und Seile nutzen sowie kleinere Objekte ziehen oder schieben.

Der Hauptprotagonist des Spiels mag ein kleiner Junge sein - ein Kinderspiel ist Limbo deswegen allerdings beleibe nicht. Der Tod kommt schnell und der Tod ist passend animiert - egal ob man aus zu großer Höhe abstürzt, in eine Bärenfalle tritt, Bekanntschaft mit einer Kreissäge macht oder von einem Stromschlag erwischt wird.

Spätestens, wenn man sich einen im Wasser treibenden Körper als Plattform zu Nutze macht, ist klar: Der Rand der Hölle ist kein Ort der Freude. Die komplett in Schwarzweiß gehaltene Spielwelt wirkt feindselig, die hervorragend minimale Soundkulisse vervollständigt diesen Eindruck. Die zielsicher eingesetzen Geräusche beunruhigen und sorgen für Spannung - Musik gibt es so gut wie gar nicht.

Limbo: Köpfchen und Geschicklichkeit sind gefragt.
Die Herausforderungen sind originell und abwechslungsreich gestaltet, Wiederholungen werden dabei größtenteils vermieden. Die Steuerung geht flüssig von der Hand, auch die Animationen und die Kulisse mit ihren kleinen Details lassen kaum etwas zu wünschen übrig. Die Welt von Limbo ist ebenso trostlos wie faszinierend. Man ist neugierig, wie es weitergeht - es fällt bemerkenswert schwer, den Controller aus der Hand zu legen.

Plattformen: Limbo soll im Sommer auf Xbox Live Arcade erscheinen. Die Entwickler haben allerdings auch angedeutet, dass später noch "andere Konsolen" (also wohl: PS3) abgedeckt werden. Die Ankündigung einer PC-Fassung dürfte dann ebenfalls kaum überraschen, lief die IGF-Version doch unter Windows.

        

Monaco (Excellence in Design, Seamus McNally Grand Prize)

Das Spiel von Pocketwatch Games ist in mehrfacher Hinsicht ein Gegenentwurf zu den beiden anderen Siegern. Monaco ist farbenfroh, es ist witzig und nicht zuletzt ist es mehrspielertauglich.

Monaco: Einbruchstrip mit Retro-Grafik.
Bis zu vier Spieler dürfen - im LAN oder an einem PC - gemeinsam in Villen und andere im namensgebenden Fürstentum verortete Gebäude einbrechen. Ziel ist es stets, eine Trophäe zu finden, ohne die der Levelausgang nicht freigeschaltet wird. Dank der in den Karten großzügig verteilten Münzen und Safes ist man durchaus versucht, nicht nur die minimalen Wege zu gehen bzw. eine Herausforderung so oft anzugehen, bis man es geschafft hat, 100 Prozent der Wertgegenstände einzusacken.

Gäste und Sicherheitleute müssen die Ganoven dabei ebenso vermeiden wie gelegentlich vorkommende Laserschranken. Die können aber gehackt werden. Noch besser ist es allerdings, wenn man den zentralen Trafo findet und den Saft komplett abdreht - im Dunkeln wird man naturgemäß vom Wachpersonal leichter übersehen. Wird man schließlich doch entdeckt, sollte man schleunigst die Flucht antreten und ein sicheres Versteck finden, bis sich die Lage wieder beruhigt hat - im Gegensatz zu Solid Snake oder Sam Fisher ist die Einbrecherbande nämlich nicht für Handgreiflichkeiten mit Gegnern ausgerüstet.

Wie bei den meisten Schleichspielen haben die Feinde einen Sichtkegel, bemerken nicht, was hinter ihnen vorgeht, wenn man sich leise verhält, und können nicht durch Wände oder andere Hindernisse hindurchsehen. Der Spielercharakter hat zwar ein 360°-Sichtfeld, aber keinen Röntgenblick. Vor dem Betreten neuer Räume lohnt es sich also, die Ohren etwas zu spitzen. Oder die Alarmanlage mit ihren Überwachungskameras dazu verwenden, sich einen Überblick über die Lage zu verschaffen.

Vier verschiedene Ganoven mit jeweils einer (nicht unbegrenzt oft einsetzbaren) Spezialaktion stehen zur Auswahl - weitere können allerdings noch freigeschaltet werden. Der Spion kann beispielsweise einen Blick in geschlossene Räume werfen, während ein anderer Diebesgenosse Gegner kurzzeitig mit Chloroform außer Gefecht setzen kann und außerdem verdammt flott Schlösser öffnet.

Monaco: Ein Gast wundert sich über den Ganoven (grün), ist aber noch nicht alarmiert.
Das Spielkonzept ist insgesamt sehr zugänglich und erstaunlich schlank - nach ein paar Minuten weiß man alles, was man wissen muss. Außer dem Steuerkreuz wird nur noch die Taste für die Spezialaktion der Spielfigur benötigt. Schlösser und Safes werden geknackt, in dem man das Steuerkreuz einfach lang genug in die entsprechende Richtung drückt, wenn man vor dem Objekt steht.

Screenshots können nur schwer vermitteln, wie das Art Design in der Praxis wirkt - ein Blick in den Trailer hilft eher weiter. Die blockige Grafik wirkt anfänglich gewöhnungsbedürftig, entwickelt aber schnell ihren eigenen Charme und ordnet sich dem Gamedesign komplett unter. Die Spannung wird keinen Deut geschmälert: Wenn man sich in einem kleinen Kabuff versteckt und an den Schrittgeräuschen hört, wie sich ein Security-Mann langsam nähert, steigt der Puls genauso wie bei optisch ausgefeilteren Genrevertretern.

Koop hin oder her - Monaco ist auch für Solisten äußerst unterhaltsam. Zusammen mit anderen Spielern fällt der Beutezug natürlich etwas einfacher. Zum einen können die unterschiedlichen Spezialfähigeiten sich je nach Situation als besonders nützlich erweisen. Zum anderen können verbliebene Spieler ihre Diebeskameraden wiederbeleben, wenn diese doch mal zu lange in den Lauf der Pistolen der Wachleute geschaut haben.

Neben dem Koop-Part und dem Ansporn, in den Levels möglichst viel zu stibitzen, gibt es übrigens noch ein weiteres Element, das die Nutzungsdauer des Spiels erhöhen dürfte: Monaco wird mit einem Level-Editor ergänzt.

Plattformen: Laut Pocketwatch dürfen sich PC- und Xbox 360-Besitzer das Spiel, welches wie ein entfernter Verwandter des Oldies Der Clou wirkt, schon mal vormerken.    

 
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