Im Test:
Von Titanen und Patschern
Eine kurze Zusammenfassung von Crash of the Titans : Fäuste und Füße der Titel gebenden Beutelratte waren bei weitem nicht die einzigen Waffen im Spiel, genau genommen waren sie sogar die schwächsten. Denn die ebenfalls im Namen erwähnten Titanen waren die eigentlichen Stars. Nach ein paar von Crashs Hieben torkelten sie
Sterne sehend herum und konnten vom Grinsebeutler »gepatscht« werden - was soviel bedeutet, dass Crash in einem wagemutigen Salto auf ihren Rücken (oder, im Falle von Schleim-Monstern, in sie hinein) hopste, ihnen die geschwätzige Voodoo-Maske Aku-Aku aufsetzte und ihnen damit seinen Willen aufzwang. Dieses Grundthema ist auch in Herrscher der Mutanten erhalten geblieben, aber drumherum haben die Entwickler leicht die Feile angesetzt. Seht ihn an, den Strahlemann: Crash grinst bescheuerter als je zuvor! Sein Haus dient übrigens als Hauptmenü, in dem ihr euch alle freigespielten Sachen ansehen dürft.
Die wichtigste Neuerung ist die Abkehr vom linearen Level-an-Level-Design. Nicht falsch verstehen, es gibt auch hier genau eine Reihenfolge, in der ihr die Missionen in Angriff nehmen könnt. Allerdings findet das Ganze auf eher überschaubarem Areal statt, ihr kehrt immer wieder an bereits besuchte Orte zurück, an denen neu erworbene Fähigkeiten neue Pfade eröffnen. Das einladend grüße Wumpa Island ist dabei Dreh- und Angelpunkt von Crashs Aktivitäten, sogar so sehr, dass sich das Bonusmenü als sein chaotisches Haus tarnt - hier könnt ihr freigespielte Artworks, Filme, Kostüme oder Gegner-Infos begutachten. Das »Junge, komm bald wieder«-Konzept hat seine Vorteile, allerdings auch einen großen Nachteil: Ihr seid einen Großteil der sieben bis acht Spielstunden damit beschäftigt, wieder und wieder durch bereits bekannte Areale zu traben.
Die Weltmojokrise
Auch die Titanen blieben nicht unverändert, wobei ich an dieser Stelle noch nicht mal vom grafischen Facelifting spreche: Es gibt alte und neue Monster zu besteigen; Rhinoroller, Spike oder Yuktopus sind für Kenner des Vorgängers alte Hüte. Die Neuankömmlinge umfassen unter anderen einen Frostmutanten, der bestimmte Wasseroberflächen mit Eis vollniesen kann, um eine kalte
Brücke zu schaffen - und auf flachem Gewässer kann er auch surfen. Witziger ist da schon das Gedankenkontroll-Vieh oder »telepathisches Hühnchen«, wie es an einer Stelle flapsig genannt wird. Dieser Schnabel im Aquarium kann Gegenstände per Gedankenkraft bewegen, ein bisschen fliegen - und ist offensichtlich ein riesiger Michael Jackson-Fan, wie sein Erstauftritt verrät. Das Patschen von Monstern ist wie bei Crash of the Titans das Mittel zum Sieg: Sitzt ihr dem Biest erstmal im Nacken, könnt ihr seine Spezialfähigkeiten nach Belieben nutzen.
Ob alter oder neuer Titan, es warten zwei Neuerungen: Zum einen könnt ihr jetzt einen Titanen für spätere Verwendung in die Tasche packen und jederzeit daraus hervorzaubern - dann wird sein Platz automatisch mit dem Biest getauscht, auf dem Crash gerade herumreitet. Zum anderen haben die Titanen jetzt eine eigene von Crash unabhängige Lebensenergie-Leiste sowie ein ganz privates Mojo-Konto: Mojo ist das silberne Zeug, das ihr aus jedem Gegner herausprügeln könnt. Sammelt ihr das ein, wird eure Mojo-Leiste aufgefüllt, die an bestimmen Punkten automatisch Eigenschaften wie Schlagkraft oder Rotationsgeschwindigkeit verbessert. Allerdings hängt das Upgrade vom gegenwärtigen Reittier ab: Ist Crash auf seinen eigenen Füßen unterwegs, kassiert er das Mojo - sitzt er einem Titanen im Nacken, gehen die Klunker auf sein Konto.
Allein ist's ja auch mal schön
Schon der Vorgänger richtete sich sowohl in Sachen Präsentation als auch vom Schwierigkeitsgrad her klar an Gelegenheitsspieler - das ist hier nicht anders. Zwar gibt es drei Schwierigkeitsgrade, aber die Sache wird insofern sehr einfach gemacht, dass es im Gegensatz zu Crash of the Titans keine Leben mehr gibt. Werdet ihr verkloppt oder fallt ihr einen Abgrund hinunter
(was nicht mehr so oft passiert, da sich Crash automatisch an Kanten festhält), geht's eine Sekunde später in unmittelbarer Nähe wieder weiter. Eine weitere Vereinfachung umfasst das Speichersystem: Wurde vorher nur zwischen den teils sehr langen Missionen der Spielstand gesichert, könnt ihr das jetzt auch innerhalb des Spiels an bestimmten Stationen machen. Trotzdem gibt es für fortgeschrittene Spieler keinen Grund, die Nase zu rümpfen: Wie gewohnt gibt es viel zu entdecken, neben den 16 Hauptmissionen warten 50 Nebenaufträge, die teilweise exzessives Forschen voraussetzen. Sogar unter der Erde: An markierten Stellen kann Crash das tun, was Beutelratten gerüchteweise sehr gut können: buddeln. Innerhalb eines begrenzten Areals dürft ihr euch durch das Erdreich wühlen und so nicht nur Boni sammeln, sondern auch zum Teil anderweitig unpassierbare Hindernisse untergraben. Und zu guter Letzt warten noch optionale Herausforderungen unter Zeitdruck, die ihrerseits wiederum zusätzliche Upgrade für Crash springen lassen. Ihr dürft auch gemeinsam auf Titanenjagd gehen - leider ist die Koop-Variante bestenfalls mäßig gelöst.
Im Vorgänger durftet ihr zu zweit herumcrashen, allerdings ziemlich spaßbefreit. Für Herrscher der Mutanten hat Entwickler Radical Entertainment diese Spielvariante komplett neu gestrickt, allerdings immer noch nicht gut. Ihr könnt zwar das gesamte Abenteuer zu zweit bestehen, allerdings ist es weder als Crash Schwester Coco noch als Aku-Aku optimal: Im Falle von Coco bleibt die Kamera jederzeit auf Crash zentriert - fällt man also mal zurück, bleibt man außerhalb des Bildes und muss sich blind zurücktasten. Als Schwebemaske hat man es schon etwas leichter, denn in dieser Form bleibt man automatisch in der Nähe von Crash - aber kann nicht viel mehr machen, als ein Fadenkreuz zu steuern, um mit Hühnern nach Feinden zu schmeißen. Apropos: Die Kamerasteuerung macht nach wie vor gelegentlich Probleme. Zwar haben die Entwickler die Übersicht meist im Griff, gelegentlich wird sogar in eine 16Bit-kompatible Seitenansicht geschwenkt, wenn es sinnvoll erscheint. Aber hin und wieder wünschte man sich, dass man die sture Perspektive manuell verstellen könnte, was aber nicht erlaubt ist: Wenn man z.B. einen Weg zurück laufen muss, aber die Kamera nicht dreht, so dass man ins Bild hinein läuft. Oder einen Sprung schaffen muss, der aufgrund der flachen Perspektive schlecht abschätzbar ist.
Rotier mir!
Eine weitere weniger glorreiche Idee ist der erweiterte Doppelsprung: Drückt ihr zwei Mal die Hopstaste, macht Crash einen Salto, sonst nichts - weiter oder höher kommt er damit nicht mehr. Um das zu erreichen, müsst ihr jetzt zuerst den linken Stick rotieren
und dann springen! Klingt genauso umständlich und ungenau, wie es tatsächlich auch ist, die Ausführung dieses Sprungs ergibt keinen Sinn - zumindest auf 360 und PS2. Auf Wii wird der Sprung via Schütteln der Wiimote ausgelöst, was ganz wunderbar von der Hand geht. Genauso wie die neuen Konter-Attacken: Stimmt euer Timing, könnt ihr Schlägen eines Gegners ausweichen und sofort (und ziemlich mächtig) zurückschlagen - für dickere Titanen ist das eine sehr praktische Sache. Und um die Aufzählung der Steuerungs-Neuheiten endlich abzuschließen, könnt ihr jetzt auch an Wänden herumklettern, was allerdings nicht sehr oft genutzt wird. Das Grafikdesign ist wunderbar verspielt, die Levels sind herrlich verschörkelt und albern - allerdings müsst ihr dieses Mal ständig hin- und herrennen, was auf Dauer langweilt.
Technisch folgt Herrscher der Mutanten dem hübschen Vorgänger: Die teilweise herrlich behämmerten Figuren (Crashs unfassbar debiles Grinsen ist nach wie vor einzigartig!) sind witzig designt und toll animiert, die schön verschnörkelten und abwechslungsreichen Levels erstrahlen in satten Farben, die Framerate gibt sich keine Blöße - sehr schön. Der Hintergrund verschwimmt auf 360 leicht unscharf, fließendes Wasser oder Eisblöcke verzerren den Hintergrund ansehnlich. Das Highlight aber sind die Comic-Zwischensequenzen, die einen Variantenreichtum bieten, den man zuletzt nur in Amped 3 bestaunen durfte: Mal werden wunderbar alberne Schattenspiele präsentiert, mal Comic-Handpuppen, mal ganze Erzählungen im Superhelden-Stil der 60er Jahre. Und stets begleitet von in der deutschen Version guter, in der englischen Fassung brillanter Sprachausgabe, die ihr mithilfe der System-Sprachwahl umstellen dürft. Technisch nehmen sich die Konsolen-Versionen wie schon beim Vorgänger nicht viel: Die 360-Fassung ist logischerweise höher aufgelöst und detailreicher, aber auf keinem System gibt es spürbare Einschränkungen oder anders designte Levels.
Fazit
Gleich mal vorneweg: »Herrscher der Mutanten« ist einer der einfallslosesten Untertitel aller Zeiten - aber immerhin nicht so grausam wie das wirklich abschreckende Cover! Unter der schlimmen Hülle findet sich dankbarerweise ein nach wie vor sehr unterhaltsames Abenteuer, genau genommen mal wieder eines der albernsten Spiele aller Zeiten: Allein für die wunderbar ideenreich und herrlich behämmert inszenierten Zwischensequenzen gehören die Entwickler geknutscht! Auch der allgemeine Grafikstil ist für Freunde von verknoteten, verschnörkelten Levels ein Fest, die leuchtenden Farben sagen »Spiel mich! Du willst es!«. Tut man wie geheißen, wird man allerdings schnell feststellen, dass unter der abgefahrenen Oberfläche ein sehr konventionelles Spiel steckt, das viele gute, allerdings auch einige blöde Ideen wie den missratenen Doppelsprung, die immergleichen Levels oder den halbgaren Koop-Modus enthält. Unterm Strich bleibt ein Spiel, das glatt als in einigen Punkten verbessertes, in anderen verschlimmbessertes Crash of the Titans-Add-On durchgehen könnte.
Pro
Kontra
Wertung
360
Wunderbar albernes Jump-n-Run, das an fragwürdigen Design-Entscheidungen krankt.
Wii
Die auf anderen Plattformen nervende Sprungsteuerung funktioniert auf Wii ganz wunderbar - und der Rest des Spiels ist identisch.
PlayStation2
Technisch eine Stufe unter der 360-Version, aber sonst in jeder Hinsicht identisch.
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