Rock Revolution15.05.2009, Michael Krosta
Rock Revolution

Im Test:

Konami zählt zu den Pionieren im Bereich der Musikspiele und hat mit Titeln wie Guitar Freaks, DrumMania und der DJ-Variante Beatmania schon lange Zeit vor Guitar Hero & Co den Takt angegeben. Den Massenmarkt hat aber erst Harmonix erobert - seitdem ist ein heißes Fressen um den lukrativen Musikspiel-Kuchen entbrannt, von dem auch der Urvater ein gewaltiges Stück abhaben will. Deshalb schickt man mit Rock Revolution (ab 4,95€ bei kaufen) ein weiteres Bandspiel auf die große Bühne. Wird die Vorstellung unter tosendem Beifall gefeiert oder erwartet Konami ein gellendes Pfeifkonzert?

Gewohntes Abrocken

Mittlerweile weiß beinahe jedes Kind, wie ein Musikspiel funktioniert: Farbige Symbole laufen auf dem Bildschirm von oben nach unten (oder umgekehrt) und man muss sie im richtigen Moment mit der entsprechenden Taste treffen bzw. halten. Auch Konami setzt auf diese Mechanik, doch fühlen sich gerade an der Gitarre viele der Läufe und Riffs verglichen mit der Konkurrenz unnatürlich an und bilden selbst im höchsten Schwierigkeitsgrad noch nicht alle Feinheiten ab. Auf der anderen Seite fordert der mittlere Schwierigkeitsgrad bereits Dreier-Akkorde und ist mit einigen fiesen Tonfolgen schon recht anspruchsvoll und vergleichbar mit dem, was andere Musikspiele auf der Stufe "schwer" erwarten. Unterhalb der mittleren Stufe wird es dagegen viel zu leicht und damit für Kenner und Anfänger schnell langweilig. Hier hat man es einfach versäumt, den Schwierigkeitsgrad in einem angemessenen Maß zu steigern. Den Vogel schießt man aber mit der Drum-Spur ab: Da die Kick-Drum nicht

Video: Im Gegensatz zu Rock Band & Co bietet Rock Revolution lediglich Cover-Versionen, die überwiegend amateurhaft klingen.wie gewohnt durch Querlinien, sondern durch ein eigenes farbiges Symbol dargestellt wird, verliert man in höheren Schwierigkeitsgraden ständig den Überblick im Wirrwarr und haut nur noch daneben. Mittlerweile bin ich nach unzähligen Rock Band- und Guitar Hero-Sessions in der Lage, das farbige "Laufband" von Musikspielen fast wie Noten zu lesen. Ich weiß also beim Blick auf den Bildschirm meist vorher, wie ich die nächste Sequenz zu spielen habe. Bei Rock Revolution hatte ich dagegen immer wieder Probleme, die geforderten Tonfolgen zu entschlüsseln. Das liegt vor allem daran, dass die Noten nicht langsam aus dem Hintergrund ins Bild hinein scrollen, sondern direkt von oben nach unten rasseln und damit sehr viel schneller erfasst werden müssen.

Miese Kalibrierung

Dass die Töne nicht getroffen werden, liegt aber nicht zwingend daran, dass man falsch spielt, sondern weil man die Symbole aufgrund einer falschen Kalibrierung nicht trifft. Da an HDTVs in der Regel immer eine kurze Latenz auftritt, müssen Schlagzeug und Gitarre auf den jeweiligen Bildschirm kalibriert werden. Zwar spielen sich die Verzögerungen im Millisekundenbereich ab, doch gerade bei schnellen Tonfolgen, bei denen man oft wie gehabt mit Hammer-Ons arbeiten und nicht jeden Ton einzeln anschlagen muss, ist eine richtige Einstellung entscheidend. Leider ist die Kalibrierung im Optionsmenü ziemlicher Mist, da sich mit den gebotenen Tests keine optimalen Werte ermitteln lassen. Deshalb mein Tipp: Einfach die Werte übernehmen, die bei der Kalibrierung mit Rock Band oder Guitar Hero herauskommen.

Öde Karriere

Im Hauptmenü hat man die Wahl zwischen einem schnellen Spiel und der Karriere, bei der man sich zwischen acht Charakteren entscheiden kann - einen Editor zur Erstellung eines eigenen Rock-Stars gibt es hier nicht. Wer umgehend auf die Bühne stürmen will, wird sich darüber freuen, dass sofort alle 40 Songs freigeschaltet sind und eine halbwegs gelungene Mischung aus seichtem Pop-Rock und harten Metal-Klängen geboten wird. Verglichen mit Größen wie Rock Band, die mehr als die doppelte Anzahl auf die Disk packen, wirkt die Setlist von Konami allerdings bescheiden. Unverständlich ist zudem, warum man beim schnellen Spiel keine Songliste erstellen, sondern nur jeden Song einzeln spielen darf.

Öde Bühnen, langweilige Show & Klon-Publikum: Hier kommt keine Konzert-Stimmung auf!
Erst in der Karriere hat man ab und zu die Möglichkeit, für ein Konzert eigene Sets zu planen, doch auch hier ist die Songauswahl beschränkt. Zumindest darf man manchmal an der Gitarre sein Improvisationstalent unter Beweis stellen, auch wenn sich die Ergebnisse meist bescheiden anhören und klanglich keinen Vergleich zu dem darstellen, was am Ende mancher Rock Band-Songs aus den Lautsprechern dröhnt. Trotzdem ist die Idee an sich löblich, nicht nur Schlagzeug-, sondern auch Gitarren-Improvisationen in der Mitte der Tracks zu erlauben. Leider ist die Umsetzung nicht ganz so gut geglückt. Das gilt auch für den Karrieremodus, in dem man im Prinzip nur einen Song nach dem anderen abklappert. Schafft man drei, wird die jeweilige Platte vergoldet. Um dem Album einen Platin-Status zu verleihen, müssen zwei weitere Herausforderungen erfolgreich abgeschlossen werden. Auch hier ist die Idee an sich gar nicht schlecht: So muss man bei diesen Events z.B. Störnoten vermeiden oder sich mit einem stetig steigenden Schwierigkeitsgrad auseinandersetzen. Nervig ist nur, dass dabei Songs verwendet werden, die man erst kurz zuvor hinter sich gebracht hat. Deshalb sollte man erst später den Platin-Status ins Auge fassen, nachdem man dazwischen andere Songs gespielt und gehört hat, denn ansonsten wird die ohnehin sehr lineare Karriere noch langweiliger. Von den übertrieben harten Bewertungen lässt man sich besser nicht abschrecken, denn es kann passieren, dass man selbst bei einer Trefferquote von über 90 Prozent lediglich zwei von fünf Sternen bekommt. Wie schon bei anderen Musikspielen der Japaner, unterscheidet Konami auch hier zwischen perfekt und lediglich gut getroffenen Noten, was zwar die unverhältnismäßig strengen Bewertungen halbwegs erklärt, aber nicht gerade zur Motivation beiträgt, denn wo genau der Unterschied zwischen einem perfekten und einem guten Treffer liegt, ist meist nicht ersichtlich.     

Cover-Versionen zum Abgewöhnen

Konami war schon immer dafür bekannt, recht eigensinnige und oft auch ungewöhnliche Cover-Versionen in den eigenen Musikspielen zu verwenden. Wer sich z.B. schon mal einige auf Techno oder Dance getrimmte Klassiker bei Dance Dance Revolution anhören musste, wird wissen, was ich meine. Und Rock Revolution? Tja, was soll ich sagen: In Zeiten, in denen Master-Aufnahmen in diesem Genre zum Standard geworden sind, kann ich nicht verstehen, was Konami dazu bewegt hat, sich hier ausschließlich auf Cover-Versionen zu beschränken. Okay, da sind sicher Kostengründe zu nennen und die Lizenzen waren sicher schon ohne die Originalkünstler nicht billig. Warum man aber dermaßen schlechte Bands für die Aufnahmen engagiert

Vor allem die Schlagzeugspur endet in höheren Schwierigkeitsgraden in einem farbigen Symbol-Wirrwarr.
hat, ist mir völlig schleierhaft. Ich habe schon auf Junggesellenfesten bessere Bands in Zelten auf dem Festplatz spielen gehört als das, was Konami hier auf die Disk gepackt hat. Zwar bewegen sich Titel wie Sk8ter Boi (Avril Lavigne) oder All the Small Things (Blink 182) noch in einem erträglichen Rahmen, doch wenn ich mir Run to the Hills (Iron Maiden), Are You Gonna Be My Girl (Jet) oder Chop Suey! (System Of A Down) auf Dauer anhören muss, läuft mir das Blut aus den Ohren! Angesichts der starken Konkurrenz auf diesem Gebiet ist das, was da aus den Boxen kommt, ein ganz schlechter Witz - vor allem, wenn man sich an das erste Guitar Hero zurück erinnert, das zwar ebenfalls nur Cover-Versionen bot, diese aber von hoher Qualität waren. Zudem wurden dort wenigstens die Künstler genannt, dessen Werke neu aufgenommen wurden. Hier erscheint dagegen nur der Name des Songs und die ursprünglichen Interpreten werden mit keinem Wort erwähnt - Unverschämtheit! Abgesehen von den schlechten Darbietungen ist aber auch die Abmischung in Rock Revolution amateurhaft: Die Instrumente klingen dermaßen dünn und das schreckliche, synchron zappelnde Klon-Publikum so unscheinbar, dass hier keine Konzert-Atmosphäre aufkommen will. Hinzu kommt, dass man die Songs nicht in 5.1 abgemischt hat, obwohl auf der Verpackung noch von In-game Dolby Digital die Rede ist. Okay, ich weiß: Dolby Digital kann auch einfaches Stereo sein. Trotzdem ein Unding, dass kein echter Raumklang geboten wird - oder man hat die entsprechende Option extrem gut versteckt, denn weder Paul noch ich wurden fündig! Davon abgesehen erinnern die Musiker auf den unspektakulären Bühnen mit ihren hölzernen Animationen und lächerlichen Lippenbewegungen mehr an das Musikantenstadl als an eine Rock-Show. Wer die Songsammlung trotz der unterirdischen Qualität doch noch erweitern möchte, schaut in die Röhre: Fast schon zum Glück muss man feststellen, dass es keinen Online-Store gibt, über den man sich weitere grausige Cover-Versionen zulegen könnte.

Gesang ohne Gesang

Wo man in anderen Spielen mittlerweile zum Mikrofon greifen und ebenfalls mitträllern kann, beschränkt man sich bei Konami lediglich auf Drums, Gitarren und Bass. Dadurch kommt zumindest noch ein Hauch von Band-Feeling auf, auch wenn die Performance bei den vielen bunten Symbolen schon mal ins Stocken gerät. Zum Glück werden alle gängigen Musikspiel-Controller erkannt und unterstützt. Das eigens entwickelte Drumkit soll in Europa nicht angeboten werden. Wer mit einem Import liebäugelt, sei allerdings gewarnt: Beim Antesten auf der Games Convention hinterließ das billig wirkende Stück Plastik einen äußerst bescheidenen Eindruck, denn die Pads waren nicht nur unglücklich angeordnet, sondern auch die Schlaggeräusche waren extrem laut. Konami wird schon wissen, warum man die Peripherie hierzulande nicht anbietet. Ebenso dürfte den Japanern klar geworden sein, dass man einen solchen Müll hier nicht zum Vollpreis anbieten kann. Deshalb zählt es zu den wenigen positiven Punkten, dass der Titel unter 30 Euro kostet. Allerdings bekommt man

Einen Charakter-Editor gibt es nicht. Stattdessen muss man mit vorgefertigten Rockern leben.
dafür auch schon das Rock Band Song Pack 2, das zwar nur die Hälfte an Tracks bietet, aber trotzdem mehr Spielspaß versprüht als Konamis dilettantischer Versuch, mit Rock Revolution eine ernsthafte Konkurrenz zu den neuen Platzhirschen auf die Beine zu stellen.

Ab ins Studio!

Erwähnenswert erscheint lediglich noch das integrierte Tonstudio, in dem auf acht Spuren seine eigenen Songs aufnehmen kann. Dazu spielt man entweder jedes Instrument live nacheinander ein oder bearbeitet die Spuren im Detail. Das Ganze funktioniert angenehm unkompliziert, so dass man schnell hörenswerte Ergebnisse erzielt. Wem das Arrangieren des Schlagzeugs zu viele Kopfschmerzen bereitet, kann sich auch schnell per Knopfdruck einen Zufalls-Rhythmus basteln lassen und mit anderen Instrumenten fortfahren. Darüber hinaus sind auch einfache Jam-Sessions möglich, in denen man experimentieren kann. Hat man sein erstes Werk vollendet, kann man den Song bzw. das Arrangement auf der Festplatte abspeichern - und dort bleibt es auch. Im Gegensatz zu Guitar Hero: World Tour nimmt einem Konami die Möglichkeit, seine Musik über Xbox Live mit der ganzen Welt zu teilen oder sich Tracks anderer Hobby-Rocker zu laden. Angesichts dieser Beschränkungen kann man sich zu Recht die Frage stellen, ob sich der Aufwand überhaupt lohnt, sich näher mit dem Studio zu beschäftigen, zumal die wenigen vorgegebenen Samples hier ebenfalls Klangfülle vermissen lassen und sich "billig" anhören. Zudem ist die Menüstruktur alles andere als intuitiv und unnötig kompliziert geraten.

Die Online-Funktionen bestehen hier aus den Bestenlisten sowie Duellen oder dem kooperativen Spiel über Xbox Live - sei es alleine oder im Band-Wettbewerb. Leider konnten wir uns aufgrund nicht vorhandener Spiele-Sessions kein Bild davon machen, wie gut das Rocken über die Internetleitung funktioniert. Da Rock Revolution aber bereits vor einer Konsole im lokalen Bandspiel spaßfrei ist, dürfte die Verlagerung auf Xbox Live ähnlich ausfallen. So ist es z.B. nicht möglich, Band-Mitglieder zu retten oder gemeinsame Boni einzusammeln. Schaut man sich denn gar nicht an, was die Mitbewerber machen?    

Fazit

Wenn sich eine Band ihren Fans so präsentieren würde wie Rock Revolution, würde sie mit faulem Obst beworfen und unter lauten Buh-Rufen von der Bühne gejagt! Ich weiß nicht, was sich Konami bei der Entwicklung gedacht hat. Glaubt man ernsthaft, es mit diesen verhunzten Cover-Versionen, dieser lahmen und grafisch unterdurchschnittlichen Show sowie einer solch amateurhaften Abmischung mit Rock Band oder Guitar Hero aufnehmen zu können? Konami mag vor langer Zeit ein Pionier im Genre der Musikspiele gewesen sein. Und dafür kann man dankbar sein und nostalgisch von den Ursprüngen schwärmen. Bei Rock Revolution wird aber mehr als deutlich, dass man es schlichtweg verpasst hat, rechtzeitig auf den Zug aufzuspringen, als er dank Harmonix langsam aber sicher ins Rollen kam. Vor ein paar Jahren wäre Rock Revolution durch das Band-Feature noch eine ernstzunehmende Alternative zu Guitar Hero gewesen. Heute ist es dagegen eine peinliche Lachnummer, die scheußlich klingt, furchtbar aussieht, mit Kalibrierungsproblemen zu kämpfen hat und der genau diese eine wichtige Zutat fehlt, die Rock Band & Co so erfolgreich macht: der Spielspaß!

Pro

halbwegs gelungene Herausforderungen
nettes Tonstudio
Online-Modi
Freestyle-Abschnitte mit Gitarren…

Kontra

Probleme bei Kalibrierung
nur (überwiegend furchtbare) Cover-Versionen
schreckliches (Klon-)Publikum
…die aber meist furchtbar klingen
keine Playlists erstellbar (schnelles Spiel)
langweilige Bühnen-Dekorationen & Lichteffekte
kein Charakter-Editor
keine Gesangsmöglichkeiten
unübersichtliches Schlagzeug-Layout
Gitarrenspuren spielen sich oft unnatürlich
keine 5.1-Abmischung
schwache Klangkulisse
keine Online-Optionen für Studio-Songs
schlechte Animationen & Bühnenshow
öder Karrieremodus
vergleichsweise wenige Songs
furchtbar schlechtes Drumkit (für Importwillige)
kein Songstore
lahmer Mehrspielermodus

Wertung

360

Klingt furchbar, spielt sich furchtbar und sieht furchtbar aus! Diese Revolution ist zum Scheitern verurteilt!

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.