Rock Band 221.11.2008, Mathias Oertel
Rock Band 2

Im Test:

Vor gut einem halben Jahr brannte die Spielerseele lichterloh: Denn EAs Rock Band erschien nicht nur mit deutlicher Verspätung, sondern wurde im Vergleich zu den USA nur losgelöst vom Instrumentenpack angeboten. Die dadurch entstandene Diskussion hat die eigentliche Qualität des Rhythmus-Titels beinahe in den Hintergrund gerückt. Das sollte mit Rock Band 2 (ab 4,97€ bei kaufen) nicht mehr passieren, so dass wir uns auf das Wesentliche konzentrieren können: Die Unterschiede zum Vorgänger und das Duell mit dem zeitgleich erscheinenden Guitar Hero World Tour.

Der ewig junge Kampf? 

Die Unterschiede des Schwierigkeitsgrads zwischen Rock Band 2 und Guitar Hero World Tour: Smashing Pumpkins "Today", jeweils auf "Extrem"
Am Anfang war Konami mit Guitar Freaks und DrumMania. Diese Titel haben es zwar außerhalb Nippons nur unter Hardcore-Fans zu Ruhm und Ehre geschafft, aber waren immerhin Vorbild genug für eine den Rhythmus-Spielen verfallene Software-Schmiede namens Harmonix. Die Herren und Damen dort konnten mit Titeln wie Amplitude oder Frequency erste Achtungs-Erfolge auf der PS2 erzielen. Der große Durchbruch kam allerdings mit Guitar Hero (GH, erschienen bei Activision) - dem Musikspiel, das das Spielen auf einer Plastikklampfe populär machte. Eine Fortsetzung später wechselte Harmonix zu MTV Games und machte sich an die Entwicklung eines Titels, der das Genre mit Koop-Spiel für vier revolutionieren sollte: Rock Band. Als Ersatz für die abtrünnigen Musik-Spezialisten wurde Neversoft mit Guitar Hero 3 beauftragt. Doch dem Band-Gedanken konnte sich auch Activisions GH-Serie nicht verschließen und hat mit World Tour (GHWT) den Herausforderer ins Rennen geschickt.

Dem hält MTV Games nun Rock Band 2 (RB2) entgegen, das sich im Wesentlichen auf das Instrumentenpack des Vorgängers verlässt - neue, verbesserte Varianten der Plastik-Klampfe und Drums werden erst Anfang Dezember veröffentlicht und dann in einem gesonderten Special unter die Lupe genommen. Für unsere Erfahrungen mit den "alten" Instrumenten verweise ich daher an dieser Stelle auf den Test von Rock Band.

Die Trackliste von Rock Band 2

- AC/DC - Let There Be Rock

- AFI - Girl´s Gone Grey

- Alanis Morissette - You Oughta Know

- Alice in Chains - Man in the Box

- Allman Brothers - Ramblin´ Man

- Avenged Sevenfold - Almost Easy

- Bad Company - Shooting Star

- Beastie Boys - So Whatcha Want

- Beck - E-Pro

- Bikini Kill - Rebel Girl

- Billy Idol - White Wedding Pt. I

- Blondie - One Way or Another (*)

- Bob Dylan - Tangled Up in Blue

- Bon Jovi - Livin´ on a Prayer (*)

- Cheap Trick - Hello There

- Devo - Uncontrollable Urge

- Dinosaur Jr. - Feel the Pain (*)

- Disturbed - Down with the Sickness

- Dream Theater - Panic Attack

- Duran Duran - Hungry Like the Wolf

- Elvis Costello - Pump It Up

- Fleetwood Mac - Go Your Own Way (*) 

- Foo Fighters - Everlong (*)

- Guns N´ Roses - Shackler´s Revenge

- Interpol - PDA

- Jane´s Addiction - Mountain Song

- Jethro Tull - Aqualung

- Jimmy Eat World - The Middle (*)

- Joan Jett - Bad Reputation

- Journey - Anyway You Want It

- Judas Priest - Painkiller

- Kansas - Carry On Wayward Son

- L7 - Pretend We´re Dead

- Lacuna Coil - Our Truth (*)

- Linkin Park - One Step Closer

- Lit - My Own Worst Enemy

- Lush - De-Luxe

- Mastodon - Colony of Birchmen

- Megadeth - Peace Sells

- Metallica - Battery

- Mighty Mighty Bosstones - Where´d You Go

- Modest Mouse - Float On

- Motorhead - Ace of Spades

- Nirvana - Drain You

- Norman Greenbaum - Spirit in the Sky

- Panic at the Disco - Nine in the Afternoon

- Paramore - That´s What You Get

- Pearl Jam - Alive

- Presidents of the USA - Lump

- Rage Against the Machine - Testify

- Ratt - Round & Round

- Red Hot Chili Peppers - Give it Away

- Rise Against - Give it All

- Rush - The Trees

- Silversun Pickups - Lazy Eye (*) 

- Smashing Pumpkins - Today (*)

- Social Distortion - I Was Wrong

- Sonic Youth - Teenage Riot

- Soundgarden - Spoonman

- Squeeze - Cool for Cats

- Steely Dan - Bodhitsattva

- Steve Miller Band - Rock´n Me

- Survivor - Eye of the Tiger (*)

- System of a Down - Chop Suey

- Talking Heads - Psycho Killer

- Tenacious D - Master Exploder

- Testament - Souls of Black

- The Donnas - New Kid in School

- The Go-Go´s - We Got the Beat

- The Grateful Dead - Alabama Getaway

- The Guess Who - American Woman (*)

- The Muffs - Kids in America

- The Offspring - Come Out & Play (Keep em Separated)

- The Replacements - Alex Chilton

- The Who - Pinball Wizard

Bonus-Tracks

- Abnormality - Visions

- Anarchy Club - Get Clean

- Bang Camaro - Night Lies

- Breaking Wheel - Shoulder to the Plow

- The Libyans - Neighborhood

- The Main Drag - A Jagged Gorgeous Winter

- Speck - Conventional Lover

- The Sterns - Supreme Girl

- That Handsome Devil - Rob the Prez-O-Dent

(*): Auch in Guitar Hero World Tour enthaltenAllerdings möchte ich auch darauf hinweisen, dass wie beim Vorgänger auf der 360 eine komplette Kompatibilität zu den Guitar Hero-Instrumenten besteht. Das heißt, ihr könnt z.B. auch mit dem Drumkit oder der Klampfe von World Tour ins Gefecht ziehen. Das ist vorbildlich und reißt ein wenig die harten Publisher-Grenzen ein. Allerdings bleibt abzuwarten, ob bei der PS3-Version (Release-Termin derzeit noch unbekannt) eine ähnliche Kompatibilität besteht.

Aber die später folgende Veröffentlichung der neuen Rock Band-Insturmente hat auch etwas Positives: Ich kann mich nachfolgend auf die inhaltliche Qualität der Software konzentrieren und schauen, ob die Mankos des Vorgängers ausgemerzt wurden - und ob RB2 den Konkurrenten in die Schranken weisen kann.

Nachholbedarf?

Muss man eigentlich noch etwas zum Phänomen Rhythmus-Spiele sagen? Wie kaum irgendwo anders gilt die Prämisse "Leicht zu erlernen, schwer zu beherrschen" so wie in diesem Genre, das weit vor Wii die Finger nach neugierigen Erstspielern ausstreckte. Denn letztlich geht es nur darum, im richtigen Moment eine oder mehrere Tasten auf den dafür vorgesehen Instrumenten zu bedienen - im Rhythmus der Musik.

Bei Rock Band kam zusätzlich zur geforderten Hand-Auge-Koordination mit dem Fokus auf Band-Play für bis zu vier Spieler (Gitarre, Bass, Schlagzeug, Gesang) eine bis dato unerreichte Dynamik hinzu. So konnten z.B. Mitmusiker, die irgendwann aus dem Rahmen fielen, von anderen in der Gruppe gerettet werden. Umfangreiche Personalisierungs-Möglichkeiten sorgten für eine hohe Identifikation mit eurem Alter Ego. Und nicht zuletzt hat das höchst aktiv mitgehende Publikum immer wieder für Gänsehaut gesorgt. Und genau darauf kann man sich auch hier wieder verlassen. Sobald das Publikum spontan anfängt, mitzusingen, bekomme ich als Musiker auf der Bühne (pardon: vor dem Bildschirm) einen zusätzlichen Motivationsschub und wohlige Schauer perlen meine Wirbelsäule hinab - ich fühle mich wie ein Star.

Alles besser?

Wir erinnern uns: Der Vorgänger setzte alles auf die Band-Karte und bot Team-Musikern eine umfangreiche, nonlineare Laufbahn, in deren Verlauf man sogar Sets von gut 20 Songs bewältigen konnte. Solisten hingegen wurden mit einem spartanischen Modus abgespeist, der euch wie in Guitar Hero 1 von Gig zu Gig schleuste, wo ein vorgegebenes Set abgedudelt werden musste - einer der größten Kritikpunkte nicht nur in unserem Test.

Diese Kritik hat sich Harmonix -wie übrigens viele andere Punkte auch- zu Herzen genommen und in jeder Hinsicht nachgebessert. So ist das schnelle Spiel in RB 2 z.B. hinsichtlich Übersichtlichkeit und Anzeige der relativen Schwierigkeit bei der Songauswahl optimiert worden. Dadurch eignet sich die Bühnenshow noch mehr als zuvor als ideale Party-Unterhaltung.

Doch auch an der Karriere, immer noch das umfangreiche Kernstück der RB-Auftritte, wurde gefeilt - und das in jeder Hinsicht positiv. Denn nun ist es endlich möglich, auch einzeln durch die gleichen Höhen und Tiefen geleitet zu werden, die im Vorgänger nur Bands vorbehalten waren. Ihr "kämpft" euch von euren ersten Auftritten in kleinen Pubs nach und nach in größere Arenen vor, verschafft euch Zutritt zu neuen Städten und Kontinenten und irgendwann steht euch die ganze Welt für eure Auftritte offen - weitestgehend non-linear. Wie im Vorgänger stehen euch irgendwann Roadies, Manager und weitere Helfer zur Verfügung. Allerdings könnt ihr in RB2 sogar Schicksal spielen und aus mehreren Optionen auswählen, die unterschiedliche Auswirkungen haben. Entscheidet ihr euch für "Fan-Betreuer", die dafür sorgen, dass eure fürs Weiterkommen wichtige Anhänger-Basis mit jedem Auftritt schneller wächst oder engagiert ihr lieber einen gewitzten Szene-Kenner, der euch bei jedem Gig mehr Geld in die Kasse spült? Da mit jeder dieser Entscheidungen auch unter Umständen andere Events freigeschaltet werden, kommt eine weitere, sehr unterhaltsame (allerdings insgesamt nur unwichtige) Komponente hinzu. 

       

Viel wichtiger ist jedoch die Karriere-Ergänzung, jederzeit zwischen Solo- und Bandauftritt wechseln zu können. Einfach wieder kurz in den Proberaum, ein paar Freunde eingeladen und schon kann es weiter gehen. In dieser Hinsicht bemerkenswert ist auch, dass die Beschränkung der Figur auf nur ein Instrument weggefallen ist, was schon im ersten Teil längst überfällig war. Mittlerweile sind Multitalente gefragt und erwünscht. Sprich: Bei eurer eigenen Band könnt ihr als Gitarrist oder Sänger eure Lorbeeren verdienen, bei eurem Kumpel seid ihr über die problemlos laufende und lagfreie Xbox Live-Anbindung hingegen als Drummer im Einsatz - mit ein- und derselben Figur!

Und sind keine Freunde zur Hand und ihr wollt trotzdem nicht solo unterwegs sein, dann schließt euch doch einfach einer wildfremden Musikkombo an. Oder öffnet eure Band für die große weite Welt und hofft auf Unterstützung. Ich persönlich

Es darf wieder gerockt werden, was das Zeug hält. Solo, über Xbox Live und natürlich lokal. Die Weltkarriere kann beginnen.
bevorzuge zwar das Spiel mit Leuten, die ich kenne, doch allein die angebotene Möglichkeit, die letztes Jahr nur im schnellen Online-Spiel gegeben war, ist bemerkenswert. Allerdings muss in jedem Fall sicher gestellt sein, dass alle Spieler über das gleiche Songmaterial verfügen, was angesichts der großen Zahl an Download-Inhalten immer wieder ein Problem darstellen könnte. Sowieso ist das lokale Abrocken immer noch die beste Alternative, da der direkte Kontakt zu den Mitspielern einfach unterhaltsamer ist als Gespräche über Headset - so technisch sauber die Verbindungen auch ablaufen.

Abseits der Karriere

Wer sich nicht einfach nur von Gig zu Gig hangeln, sondern es mit der ganzen Welt aufnehmen möchte, findet mit dem "Battle of the Bands" ausreichend Futter. Hier werden von Harmonix beständig neue Herausforderungen angeboten, in denen die Bands um Ruhm und Ehre kämpfen und über die man sich auch auf der offiziellen Seite haarklein informieren kann. Diese Aufgaben können zwar keinen vollwertigen Ersatz für die Karriere darstellen, sind aber in jedem Fall eine spaßige, fordernde und motivierende Ergänzung.

Gleiches gilt für die Herausforderungen, die sowohl für die einzelnen Instrumente als auch für die Gesamtband zur Verfügung stehen und die mit ihren immer schwerer werdenden Sets eine sinnvolle Evolution der spröden und einschlägig bekannten Standard-Karrieren bieten.

Als weitere Modi sind die aus Teil 1 bekannten Score-Duelle und das Tauziehen um Publikumsgunst integriert, die sich zwar als unterhaltsam präsentieren, aber weder den Spaßfaktor der Karriere noch die Intensität der Power-Up-Schlachten der Guitar Hero-Serie erreichen.

Vor allem im Hinblick auf das verbesserte und um zusätzliche Becken erweiterbare neue Drumkit gewinnt auch das umständlich versteckte Drum-Training an Bedeutung. Hier könnt ihr gezielt Beats oder Fill-Ins trainieren und sogar zu auf der Festplatte gespeicherten Songs trommeln, um euch besondere Finessen anzueignen - schön.

Bretter, die die Welt bedeuten

"Was zählt, ist auf'm Platz". Diese Fußballweisheit lässt sich problemlos auch auf Rock Band 2 anwenden. Und das bedeutet, es geht um Schwierigkeitsgrad und Songauswahl. Guitar Hero-Veteranen haben sich darüber beklagt, dass die einzelnen Spuren im ersten Rock Band zu leicht zu bewerkstelligen waren - da ist was dran. Doch bedingt durch den Fokus auf

Das Charakterdesign ist nach wie vor klasse, doch im Vergleich zu den übrigen Inhalten hat der Figureneditor zu wenige Fortschritte gemacht. Stattdessen definieren sich die visuellen Unterschiede der Musiker hauptsächlich über die aufgestockte Klamottenauswahl.
Gruppenspiel und die sich daraus ergebende Dynamik, war dies verschmerzbar.

Und jetzt? Nachdem ich zum Vergleich nicht nur wieder einige Rock Band-Songs herausgekramt habe, sondern auch einige Stunden mit Guitar Hero World Tour verbracht habe, lässt sich Rock Band 2 hinsichtlich der Schwierigkeit genau dazwischen einordnen. Es ist fast durch die komplette Instrumenten-Bank deutlich anspruchsvoller geworden als der Vorgänger und nähert sich damit an GHWT an, erreicht aber letztlich nicht ganz dessen Anforderungsprofil. Was allerdings auch daran liegt, das die Welttournee der Gitarrenhelden mittlerweile fünf Standard-Schwierigkeitsstufen besitzt und Rock Band 2 sich nach wie vor auf vier verlässt. Als visuellen Anhaltspunkt haben wir eine Videogegenüberstellung von Smashing Pumpkins "Today" jeweils auf dem höchsten Level vorbereitet.  

In welcher Hinsicht Harmonix sich aber definitiv für die nächste Ausgabe bei den Neversoft-Kollegen inspirieren lassen sollte, ist die Möglichkeit, einen Song zu unterbrechen und für den Neustart einen anderen Schwierigkeitsgrad wählen zu können.

Vor allem bei den Mystery Sets kann es passieren, dass ausgerechnet der letzte Song einen exorbitanten Sprung hinsichtlich der Anforderungen macht und man nach dem x-ten Versuch verzweifelt aufgibt. Was zur Folge hat, dass man beim nächsten Mal das gesamte Set wieder von vorne beginnen muss. Hier wäre es wesentlich komfortabler, wenn der Musiker mit Problemen einfach sagen könnte: Ich schalte einen Gang runter und komme durch, beim nächsten Gig mach ich auch wieder mit Experte weiter. Denn im schlimmsten Fall kann es passieren, dass man auf dem nächst unteren Schwierigkeitsgrad kaum gefordert wird, man sich aber für diesen entscheiden musste, damit man nur am letzten Song nicht scheitert. Hier ist Nachbesserung angesagt.

      

Musikbox für Fortgeschrittene

Was die Songauswahl betrifft, greift Harmonix mit MTV-Unterstützung in die Vollen und bietet genau wie der Konkurrent GHWT Master Tracks, also voll lizenzierte Songs, die auf Cover-Versionen verzichten.

Mit elf Songs, die sowohl hier wie da zu finden sind, die aber alle in die "Bekannt"-Ecke gehören (u.a. Survivor "Eye of the Tiger", Bon Jovi "Livin' on a Prayer", Jimmy Eat World "The Middle") liegt man gleichauf. Weitere elf Interpreten sind in den beiden Spielen mit einem jeweils anderen Song vertreten. Hier spielt der persönliche Geschmack natürlich eine große Rolle, doch mir ist "White Wedding" von Billy Idol in RB2 einfach sympatischer als "Rebel Yell" in GHWT. Und ich favorisiere auch Motörheads "Ace of Spades" (RB2) gegenüber "Overkill". Allerdings muss ich auch zugeben, dass ich in Rock Band 2 lieber

Lemmy als Gaststar? Nicht ganz, aber würde zu Motörheads "Ace of Spades" passen.
Steve Millers "The Joker" sehen würde als das integrierte "Rock'N Me". Doch unter dem Strich liegt Harmonix in diesem Bereich vorn. Vor allem auch, wenn man sich die Titel anschaut, deren Interpreten im Vergleich nur beim jeweiligen Spiel auftauchen. Ja: World Tour kann mit den Klassikern "Sweet Home Alabama" oder "Hotel California" ganz gewaltig punkten. 

Dem halte ich jedoch z.B. "Carry on Wayward Son" von Kansas gegenüber. Und AC/DC (Let there be Rock), Alanis Morissette (You oughta know), Judas Priest (Painkiller) oder die Red Hot Chili Peppers (Give it away).

Langer Rede, kurzer Sinn: Die Songauswahl in ihrer Gesamtheit ist in Rock Band 2 einfach homogener und stimmiger - und das, obwohl es auch hier den einen oder anderen vergessenswürdigen Totalausfall zu vermelden gibt. Allerdings nicht so total wie Tokio Hotels "Monsoon", das noch im Vorgänger enthalten war und nun den Sprung in Guitar Hero World Tour geschafft hat.

Wem die über 80 Songs nicht reichen, der hat auch automatisch Zugriff auf die bereits für den ersten Teil zur Verfügung stehenden Download-Inhalte. Habt ihr euch schon einige Songs für den Vorgänger besorgt, werden diese in den Auswahl-Listen gleich mit aufgeführt.

Als besonderes Feature dürft ihr auch die komplette Song-Bibliothek der Vorgänger-Disc importieren. Das allerdings schlägt mit Zusatzkosten zu Buche - aus rechtlichen Gründen, wie Harmonix uns anvertraute. Das gut 800 KB große Tool, das euch nach Start die über 60 Tracks mit 1,7 GB Speicherbedarf auf die Platte schaufelt, kostet 400 Punkte. Und hier werden die Gemüter sich wieder erhitzen - die ungewöhnliche Preispolitik des Vorgängers ist noch nicht komplett vernarbt.

Allerdings muss man EA im Gegenzug wieder zugute halten, dass ein Code mitgeliefert wird, der euch zum Download von 20 frischen Songs unbekannter Bands berechtigt, deren stilistische Bandbreite von Punk bis Nu Metal einiges abdeckt.

Fast wie gehabt

Da Harmonix sich hauptsächlich und erfolgreich vorgenommen zu haben scheint, in Rock Band 2 die inhaltlichen Mängel des Vorgängers zu beseitigen, nehme ich es dem Team nicht übel, dass hinsichtlich der Kulisse nur minimale Verbesserungen oder vielmehr: Ergänzungen zu finden sind.

Die eine oder andere neue Kameraeinstellung hier, ein zaghaft eingebundener neuer Event-Ort da: Visuell muss man Unterschiede mit der Lupe suchen. Das stört mich angesichts der nach wie vor passenden und überzeugenden Bewegungen der Hauptakteure, der abwechslungsreichen Hallen samt stimmungsvoll animierter Zuschauer sowie der unspektakulären, aber herrlich individualisierten Ladebildschirme sehr wenig.

Einzig der Figureneditor hätte umfangreicher ausfallen können. Versteht mich nicht falsch: Er bietet hinsichtlich des Äußeren ebensoviel Auswahlmöglichkeiten wie Teil 1 und was Klamotten betrifft, wurde sogar eine kleine Schippe drauf gelegt. Doch wenn ich mir den Tattoo- und Artdesigner mit seinen zahlreichen Ebenen, Skalierungsmöglichkeiten und Variationsformen anschaue, der der Fantasie keine Grenze setzt, ist es schade, dass man nur aus einer vergleichsweise eingeschränkten Auswahl an Gesichtern oder Frisuren auswählen kann.

 

Die Bühnenshows der Rockstars sind nach wie vor eine Augenweide und wurden mit ein paar neuen Kameraeinstellungen aufgewertet.
Vielleicht kann EA den Rockern bei Harmonix bei Gelegenheit mal einen der Gameface-Editor-Entwickler zur Seite stellen - und vielleicht sogar eine comicisierte Umrechnung eines per Live Vision Cam aufgenommenen Users möglich zu machen.

Akustisch gibt man sich wie bereits im Vorgänger keine Blöße: Die Tracks tönen sauber und klar, Verspieler wurden für alle Instrumente gut umgesetzt und die Mischung der einzelnen Instrumente kann ebenfalls überzeugen.

Allerdings werden einige Tracks immer noch vom falschen Geschlecht gesungen. Damit meine ich allerdings weniger die eigens erstellte Figur, die natürlich an ein Geschlecht gebunden ist. Aber stellt euch folgende Situation vor: In eurem Set ist der erste Song mit einer weiblichen Sängerin besetzt. Dementsprechend wird bei Fehlen eines menschlichen Gesangspezialisten die Figur mit einem wahllos ausgewählten Charakter des vermeintlich schwachen Geschlechts besetzt. Habt ihr dann im Set etwas von Motorhead als Schluss-Liedchen, wirkt das alles etwas merkwürdig. Da aber zwischen den Songs ohnehin immer nachgeladen wird, hätte es nicht geschadet, wenn man kurzerhand auch noch einen anderen, passenderen Sänger in den Speicher schaufeln würde.

Übrigens wird dieses Problem auch nicht im Band-Editor gelöst, der euch die Möglichkeit gibt, für jede nicht vorhandene Position einen festen Charakter zu bauen und festzulegen. Leider muss man sich beim Gesang aber auch auf eine Figur festlegen, so dass es immer wieder zu einem kleinen Dilemma und damit zum Jammern auf extrem hohen Niveau kommt.

    

Fazit

Natürlich könnte man auf den ersten Blick den Eindruck eines Add-Ons zum Vollpreis bekommen. Doch nichts könnte falscher sein. Denn die Entwickler haben sich gezielt mit den Kritikpunkten am vollkommen verdient gefeierten Vorgänger auseinandergesetzt und an den richtigen Schrauben gedreht, um eben diesen ersten Eindruck schnellstmöglich zu zerstreuen. Eine aufgebohrte Karriere, die nicht nur endlich auch Solisten offen steht, sondern auch problemlos über Xbox Live je nach Bedarf mit oder ohne Bandbegleitung gespielt werden darf, ist nur der Anfang. Ein behutsam nach oben angepasster Schwierigkeitsgrad und ständig aktualisierte "Battle of the Bands" sorgen auch nach dem Erreichen des musikalischen Olymps für anhaltende Motivation – ebenso der neue Drum-Trainer, der euch sogar zu eigenen Tracks auf der Festplatte trommeln lässt. Die Songauswahl kann sich bis auf wenige Ausnahmen hören lassen, wird durch das reichhaltige Repertoire im Rock Band-Shop fast ins Unendliche ergänzt (wenn man das nötige Kleingeld hat), kann aber nicht verhehlen, dass die 400 Punkte, die der Download des Tools zum Import der Lieder von der Rock Band 1-Disc kostet, als unnötige Geldmacherei erscheinen. Doch sei’s drum: Der im Vergleich zum direkten Konkurrenten Guitar Hero World Tour deutlich besser umgesetzte Bandgedanke, die knackigere Abmischung der Instrumente sowie die immer noch überzeugende Gänsehaut-Atmosphäre, die sich bei den Live-Auftritten mit den herrlich mitsingenden Zuschauern einstellt, ist nach wie vor ungeschlagen und macht deutlich, dass Rock Band 2 auch den Sturm, den die Konkurrenz entfacht und der mit Ideen wie dem kurzfristig veränderbaren Schwierigkeitsgrad durchaus gefährlich werden kann, wie ein Fels in der Brandung überdauert. Der alte König der Rhythmus-Spiele ist auch der neue! Chapeau, Harmonix! Encore!

Pro

über 80 Songs...
umfangreiche non-lineare Karriere
Karriere auch für Solisten
Battle of the Bands als Online-Wettbewerb 
Live-Atmosphäre mit Gänsehaut
Publikum geht wunderbar mit
klasse Tattoo- und Art-Editor
überzeugendes Design
umfangreiche Personalisierungsmöglichkeiten
gute Online-Funktionalität
Multitalent-Charaktere möglich
kompatibel mit Rock Band 1-Songs

Kontra

- ... bei denen auch einige vergessenswürdig sind
Rock Band-Songexport-Tool kostet 400 Punkte
keine nachträgliche Veränderung des Schwierigkeitsgrads

Wertung

360

Besser, lauter, schöner: Über 80 Songs, eine in jeder Hinsicht aufgewertete Karriere sowie das unerreichte Gänsehaut-Gefühl machen Rock Band 2 zum absoluten Spitzenreiter.

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