Brave: A Warrior's Tale08.10.2009, Paul Kautz
Brave: A Warrior's Tale

Im Test:

Hände nach oben: Wer kennt Brave: Die Suche nach dem Geistertänzer? Hallo? Irgendjemand? Hallohoo? Ist das Ding hier an? Hallo? Ach, ihr versteht mich, nur kann keiner ehrlich antworten. Gut, das war nicht anders zu erwarten, denn das irgendwie knuddelige Jump-n-Run, das Sony nach etlichen Verschiebungen vor knapp fünf Jahren dezent verstohlen auf der PS2 veröffentlichte, ging völlig unbeachtet einfach so unter. Wieso man ausgerechnet dieses Spiel nach all der Zeit auf Xbox 360 wiederveröffentlicht, ist eine berechtigte Frage.

Der Schuh des Brave

In Erwartung eines 1:1-Remakes starte ich die 360 und bin überrascht: Hm, das Intro kenne ich nicht. Wer ist dieser junge Indianer (oder die junge Indianerin, je nach Wahl) namens »Courage«? Was ist das für ein Level? Ist's vielleicht doch kein Remake, sondern ein neues Spiel im Brave-Umfeld? Nach einige Hops- und Klettereinlagen lüftet sich der Nebel der Verwirrung, denn Jungindianer/in setzt sich zum gealterten Häuptling Brave ans Lagerfeuer

Video: Die Grundidee von Brave ist auch heute noch nett, der Rest in jeder Hinsicht stark veraltet.und lauscht seinen alten Heldengeschichten - die wiederum das ursprüngliche Spiel sind, womit das Remake endlich seinem Namen gerecht wird. Allerdings ist es nicht nur zu Beginn erweitert: Gegen Ende des Spiels erwartet den Brave-Kenner eine (unangenehme) Überraschung.

Spielerisch hat sich in den Jahren seit der Erstveröffentlichung nichts geändert: Nach wie vor ist Brave ein simples Jump-n-Run in früher Spyro- oder Crash Bandicoot-Tradition. Man springt, rennt und taucht mit dem kleinen Indianer durch weitläufige Levels, überwindet allerlei Geschicklichkeitsprüfungen, klettert an Efeu-Ranken umher und entwickelt Spezialfähigkeiten. Als Rothaut von Welt kann man z.B. Spuren lesen, mit Tieren sprechen oder sich kurz per Geistesverschmelzung in sie hineinversetzen. Neue Fertigkeiten bekommt man auf mehreren Wegen: Zum einen studiert man schlau machende Höhlenmalereien, zum anderen findet man seltene »Machtsteine«, die einem u.a. die Fertigkeiten verleihen, kurz zu tauchen oder an Bäumen herumzuklettern. Und schließlich warten noch die klassischen Federn, welche nicht nur Braves Wangenknochen betonen, sondern ihm abermals neue Fähigkeiten geben - z.B. eine kurzzeitig aktivierbare Zeitlupe.

Wir sind Indianer

Neben Geschicklichkeitseinlagen und Mini-Games (so darf man später z.B. auf dem gefiederten Rücken eines Riesenadlers Platz nehmen oder mit einem spitzen Stock auf Fischjagd gehen) gibt es hier auch jede Menge Kämpfe. Braves treuer Tomahawk, den er nach kurzer

Die Kämpfe laufen auf simples Buttonmashing hinaus; mit Tomahawk und Pfeil/Bogen hält man sich die Gegner problemlos vom Leib.
Spielzeit erhält, wird im Laufe des Spiels ebenso verbessert wie der gute Bogen. Außerdem darf man an speziellen Stationen den tierischen Begleiter beschwören, der im Kampf gegen die Gegnerscharen treu zur Seite steht - ein mächtiger Bär ist z.B. gegen ein kreischendes Indianerrudel sehr hilfreich, außerdem kann er seine Energie wiederherstellen, indem er auf bedauernswerten Feinden herumkaut. Darüber hinaus kann Brave Tierrufe imitieren, woraufhin entsprechende Vertreter der Fauna zur Aktion schreiten - was nicht nur für kleinere Puzzles, sondern auch zum Auffinden der 48 im Spiel versteckten Bonussymbole genutzt wird.

Speziell am Anfang des Spiels ist das Hilfesystem für Neulinge sehr praktisch, zumal es dreistufig regelbar ist: Gar keine Hilfe, ein bisschen Zuspruch oder ein konkreter Lösungshinweis - auf der letzten Einstellung meldet sich Braves Mentor »Grauer Bär« nach einiger sinnlos vertaner Zeit automatisch mit einem knappen Satz zur aktuellen Situation zu Wort. Das ist besonders nützlich, wenn man mal nicht weiter weiß oder an einem Puzzle knabbert - so muss man sich mal in den müffelnden Körper eines Stinktieres versetzen, um unter Zeitdruck in kleine Löcher zu kommen. Auf dem Weg zu den Obermotzen »Hooded Crow« und »Wendigo« warten außerdem noch mehr oder weniger dicke Zwischengegner, an denen man die neu erlernten Fähigkeiten erproben kann.

Die Trommeln des Krieges

Das Originalspiel wurde um einige Abschnitte erweitert, in denen man einen jungen Indianer (bzw. eine Indianerin) namens Courage spielt - und die gerade das Ende fragwürdig zerhackstücken.
 Bereits zur Erstveröffentlichung war Brave kein ansehnliches Spiel - und fünf Jahre später verwandelt sich »ansehnlich« in »potthässlich«: Das comicartige Figurendesign mit gigantischen Händen und Füßen, langen Armen sowie Knautschgesichtern geht als künstlerische Freiheit schon in Ordnung, der Rest der Grafik würde aber selbst einen DS beschämen. Die Umgebung ist grob gehauen und mit schrecklich matschigen Texturen bepflastert, das Spiel ist über weite Teile düster wie die Hölle, lässt aber keine Helligkeitsregelung zu - dass das Ganze auch noch immer wieder von Ruckeln und Tearing geplagt ist, muss wohl kaum noch erwähnt werden.

Kurz gesagt: Da hat jemand einfach den HD-Konverter angeschmissen und ist zur Mittagspause gegangen. Und hat auch gleich noch den Programmierer mitgenommen, denn die seinerzeit schon grausame Kameraführung ist heute schlimmer denn je - das Rumgezicke der Perspektive bei jedem versuchten Schwenk ist eine Pein, steht ein Objekt im Weg, lässt sich die Kamera gar nicht mehr bewegen, viel zu oft wird auf irgendwas solides draufgehalten, ohne dass man seine Spielfigur zu sehen bekommt, was viele Hüpfeinlagen unnötig verkompliziert - sowas ist heutzutage inakzeptabler denn je. Immerhin konnte der Zahn der Zeit der Akustik nicht schaden: Der ruhige, Panflöten-lastige Tribal-Soundtrack ist heute noch so angenehm und atmosphärisch wie damals und damit das stille Highlight dieses sonst so unnötiges Remakes.  

Fazit

Wenn ich an das Jahr 2005 sowie an die PS2 denke, dann fallen mir gefühlte 50.000 Jump-n-Runs ein, die ich gerne als Remake gesehen hätte - aber Brave wäre kaum dabei gewesen. So viel Spaß, wie ich damals mit dem kleinen Indianer auch hatte (immerhin habe ich ihm eine Wertung von 75% verliehen), im Gedächtnis hängen geblieben ist er nicht. Von daher war ich mehr als verwundert, als ein 360-Remake angekündigt wurde. Und das Resultat untertrifft selbst meine niedrigen Erwartungen: Das Ding ist ganz furchtbar gealtert; die Grafik würde bestenfalls auf dem DS als akzeptabel durchgehen, für jede aktuelle Konsole ist sie eine Schande - ganz zu schweigen von der hundsmiserablen Kameraführung, die es in dieser zickigen Form heutzutage einfach nicht mehr geben darf! So bleibt ein Spiel, das einige nette Ideen sowie sympathische Charakterköpfe, aber ansonsten nichts zu bieten hat.

Pro

ruhiger, atmosphärischer Soundtrack
solide Sprachausgabe
für Einsteiger nützliches Hilfe-System
nette Indianer-Kräfte

Kontra

technisch gnadenlos veraltet
miserable Kameraführung
hässliche, düstere Grafik
üble Matschtexturen- zerhackstücktes Finale
sehr kurz

Wertung

360

Brave ist in jeder Hinsicht hoffnungslos veraltet - ein Jump-n-Run, das keiner braucht.

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