Need for Speed: Shift18.09.2009, Michael Krosta
Need for Speed: Shift

Im Test:

Illegale Straßenrennen? Wilde Verfolgungsjagden mit den Cops? Hanebüchene Hintergrundgeschichten und trashige Videosequenzen? Diese typischen Need for Speed-Elemente der letzten Jahre gehören der Vergangenheit an! Mit Shift wagt EA einen Neuanfang, mit dem die Serie vom zuletzt grottigen Arcade-Racer zum seriösen und anspruchsvollen Motorsport geführt werden soll. Die richtige Entscheidung?

Der Blick zurück

Was war das im letzten Jahr noch für ein Desaster: Mit Need for Speed: Undercover lieferte Entwickler Blackbox ein Stück unverschämten Softwaremüll ab, der mit unglaublichen technischen Mängeln und einem ausgelutschten Spielaufbau den bisherigen Tiefpunkt der einst gefeierten Serie markierte. Damals hatte ich die Hoffnung schon aufgegeben und für das Jahr 2009 einen Nachfolger befürchtet, in dem man den Fans eine noch hässlichere Stadt mit noch mehr technischen Problemen und die nächste lächerliche Story-Variante

Video: Mit Vollgas über die Nordschleife! Auch wenn die grüne Hölle nicht ganz akkurat nachgebildet wurde, versprüht sie auch hier ihren Charme.servieren würde. Ich habe mich geirrt - zum Glück! Denn mit Shift macht man den längst überfälligen Schnitt und hat mit den Slightly Mad Studios ein anderes Team mit der Entwicklung betraut, das eine komplett neue Grafik-Engine aus dem Boden gestampft hat. Der gewaltige Unterschied zum Vorgänger wird schon bei der ersten Testfahrt deutlich, wenn man am Anfang seiner Karriere in einem geliehenen BMW über den heißen Asphalt von Brands Hatch donnert: War Undercover über weite Strecken eine furchtbare Ruckel-Orgie, geht es hier sehr viel flüssiger zur Sache, während die Kulissen mit Polygon-Zuschauern, feinen Licht- und Partikeleffekten sowie Objekten wie Hubschraubern am Himmel sehr lebendig gestaltet werden. Im Gegensatz zum PC läuft auf den beiden Konsolen der Grafikmotor allerdings nicht ganz so rund, sobald sich zu viele Details wie aufgewirbelter Staub oder mehrere Fahrzeuge gleichzeitig auf dem Bildschirm tummeln. So kommt es hier zwar selten, aber dafür merklich zu kurzen Einbrüchen in der Framerate, die den positiven Eindruck der ansonsten überzeugenden Darstellung etwas trüben.

Mitten drin statt nur dabei

Besonders die Cockpitansicht hat es in sich: Die Armaturen und Innenausstattung der etwa 70 Fahrzeuge wurden nicht nur bis ins kleinste Detail nachmodelliert, sondern bei hohen Geschwindigkeiten wird zudem der Tunnelblick des Fahrers simuliert, indem über alles abseits der Strecke ein zunehmender Unschärfefilter gelegt wird - ein toller grafischer Effekt. Besonders dramatisch werden auch Unfälle inszeniert, die man hier so intensiv erlebt wie in keinem anderen Rennspiel, wenn man ordentlich durchgeschüttelt wird und das Herz des Alter Egos hinter dem Steuer unter schweren Atemgeräuschen wild pocht. Doch auch von außen machen die Boliden einiges her, obwohl die Aufkleber in der Nahansicht schnell aufpixeln und verwaschen wirken. Davon abgesehen wurden die Flitzer aufwändig gestaltet und auch die Spiegelungen auf den Karosserien sehen traumhaft aus. Dafür halten sich allerdings die Details im Rück- und den beiden Außenspiegeln in Grenzen, was dazu führt, dass dort neben vielen Pop-Ups die Fahrzeuge der Verfolger schon mal ohne Räder

Die neue Cockpitansicht ist der Hammer und sorgt für ein packendes Renngefühl.!
erscheinen. Im eigentlichen Renngeschehen ploppen dagegen nur selten Objekte ins Bild, doch gerade auf großen Strecken wie der Nordschleife wird man neben der Piste oder am Horizont immer wieder Zeuge des plötzlichen Grafikaufbaus. Dies fällt aber genau so wenig ins Gewicht wie das vereinzelte Tearing, das auf dem PC im Gegensatz zu den Konsolen durch das Aktivieren der vertikalen Synchronisation vermieden werden kann.

Simulation oder Arcade?

Wer in den letzten Jahren sorglos mit Vollgas über die NfS-Strecken geprescht ist und sich dabei keine großen Sorgen über die Fahrphysik machen musste, wird schon in der ersten Testrunde ein böses Erwachen erleben: Bei Shift ist Feingefühl beim Umgang mit Gas und Bremse gefragt, wenn man nicht die ganze Zeit im Kiesbett verbringen will. Das Fahrverhalten ist insgesamt deutlich anspruchsvoller als früher! Allerdings dient der erste Lauf der Karriere ohnehin dazu, den Spieler und dessen Stil zu analysieren, um ihm anschließend einen Vorschlag bezüglich KI-Stärke, Schadensmodell und Fahrhilfen zu unterbreiten. Wer also überhaupt nicht klar kommt, darf auch Traktionskontrolle, ABS sowie Brems- und Lenk-Assistenten aktivieren, die einem merklich unter die Arme greifen. Echte Profis verzichten selbstverständlich darauf, um ein möglichst realistisches und gleichzeitig forderndes Motorsporterlebnis zu erleben. Allerdings wird man feststellen, dass Shift selbst ohne die elektronischen Helferlein noch meilenweit von einer Hardcore-Simulation wie GTR oder rFactor entfernt ist - selbst Forza und Gran Turismo sind anspruchsvoller und realistischer.  

Ab auf die Rutsche

Das liegt vor allem daran, dass die Boliden bei Shift viel zu schnell ins Rutschen kommen - selbst dann, wenn man nur behutsam Gas gibt und hinter dem Steuer eines Frontantrieblers wie einem Golf GTI sitzt, der eigentlich eher zum Untersteuern neigt. Zudem hat man den Wagen beim anschließenden Drift zu gut und einfach unter Kontrolle, so dass die Fahrphysik in diesen Momenten eher an PGR erinnert. Eigentlich unverständlich, da die Entwickler der Slightly Mad Studios es besser wissen sollten - immerhin hat ein Großteil von ihnen schon bei SimBin an den großen PC-Simulationen mitgearbeitet. Leider kommen diese Wurzeln bei der Fahrphysik nicht vollends zur Geltung. Nicht falsch verstehen: Bis auf das übertriebene Ausbrechen des Hecks steuern sich die Wagen prima und deutlich anspruchsvoller als in den letzten NfS-Jahren. Für mich stellt diese Umstellung einen gewaltigen Fortschritt dar! Jedes Auto fährt sich anders und man spürt z.B. deutlich den Unterschied zwischen einem Wagen mit Frontantrieb, einem Allrad-Fahrzeug oder einer Heckschleuder.

Leider neigen die Boliden zu stark zum Übersteuern. Die Folge: Das Heck bricht schon bei langsamen Geschwindigkeiten stark aus.
Das Versprechen einer waschechten Simulation kann man jedoch nicht erfüllen, denn dafür ist noch ein Kompromiss zwischen Arcade und Realismus erkennbar. So ist Shift eher mit einem Race Driver: Grid vergleichbar als mit einem Forza, Gran Turismo oder GTR.

Driften ohne Kontrolle

Während man sich mit dem Fahrverhalten in den normalen Rennen, beim Zeitfahren oder den coolen Fahrerduellen nach einer kurzen Eingewöhnungszeit anfreunden kann, sind die Drift-Rennen dagegen ein Fall für sich: Hier hat man sich anscheinend noch an den Blackbox-Spielen wie Carbon orientiert und die Steuerung entsprechend angepasst. Dabei fällt es schon schwer, einfach nur geradeaus zu fahren, weil die Kisten viel zu sensibel reagieren. Entsprechend schwierig ist es, ordentlich durch die Kurven zu driften, wenn man seinen fahrbaren Untersatz kaum noch kontrollieren kann. Vorbildlich sind jedoch die vielen Feineinstellungen bezüglich toter Zonen, dem maximalen Lenkeinschlag sowie der Empfindlichkeit, die man nicht nur mit einem angeschlossenen Lenkrad, sondern auch am Controller vornehmen kann. Besitzer eines Profi-Lenkrads wie dem Logitech G25 wird es zudem freuen, dass auch das Kupplungspedal unterstützt wird - und das sowohl auf dem PC als auch an der PS3. Ob auch das neue Porsche-Wheel auf der 360 entsprechend bedacht wird, konnten wir leider nicht testen, doch auch mit dem Standard-Lenkrad von Microsoft fährt es sich prima. Allerdings ist man dieses Mal

Die Drift-Wettbewerbe sind weniger gelungen, da man die Fahrzeuge aufgrund der übersensiblen Steuerung kaum kontrollieren kann.
mit den üblich schwachen Force Feedback-Effekten nicht alleine, denn auch am PC und der PS3 halten sich die Kräfte in Grenzen. Hier vermittelt die Konkurrenz wie GT5: Prologue oder rFactor ein wesentlich besseres und intensiveres Gefühl beim Lenken.

Einladender Fuhrpark

Der Fuhrpark ist enorm breit angelegt: Angefangen bei gemächlichen Karossen wie dem neuen Scirocco von VW oder einem schicken 1er BMW Coupe finden sich in den insgesamt vier Klassen später auch Traum-Geschosse wie der 1000 PS-Bugatti Veyron, ein Lamborghini Reventón oder der McLaren F1. Wer keine Lust hat, so lange auf sein Wunsch-Auto zu sparen, darf auf den Konsolen schon vorher zuschlagen - gegen Bares versteht sich. Während ein Audi S3 mit 40 Microsoft-Punkten noch verhältnismäßig günstig ausfällt, müssen für Nobelkarossen allerdings an die 240 MS-Punkte gezahlt werden. Doch mit der Anschaffung alleine ist es noch nicht getan: Wie für die NfS-Serie üblich, dürfen die Karren mit diversen Leistungs-Upgrades ordentlich aufgemotzt werden. Angefangen von drei Motor- und Turbo-Ausbaustufen über bessere Fahrwerke, Bremsen und Reifen bis hin zu Nitro-Kits, Karosserie-Umbauten sowie Gewichtsoptimierungen ist alles dabei, um seine Serien-Schnacke zu einer Rennmaschine zu verwandeln. Dabei darf auf den Konsolen auch hier die echte Brieftasche gezückt werden, wenn im Spiel das nötige Kleingeld für die gewünschte Anschaffung fehlt. Allerdings hat man hier nicht mehr wie in der Vergangenheit die Wahl zwischen verschiedenen Herstellern, sondern muss mit "Noname-Teilen" leben. Verzichten muss man außerdem auf das innovative Autosculpt, mit dem man früher die Form von Karosserieteilen wie Schürzen, Lufteinlässe oder auch Spoiler nach eigenen Wünschen anpassen konnte.     

Schöner rasen

Neben der Leistung darf aber auch an der Optik gefeilt werden: Zwar stehen bereits einige vorgefertigte Lackierungen mit Stickern und Aufklebern zur Verfügung, aber man darf auf Wunsch auch alles selbst gestalten. Dazu stehen viele Lack-Varianten wie Metallic, Perleffekt oder Chrom zur Auswahl, wobei man die Wahl hat, einzelne Teile wie die Motorhaube, Stoßfänger oder den Kofferraum separat einzufärben. Daneben wartet auch eine ganze Reihe von Felgen darauf, den Wagen optisch aufzuwerten. Im Gegensatz zu den Leistungs-Upgrades sind dabei auch Originalhersteller wie 5zigen, BBS und König mit Teilen

Die Wagen lassen sich mit diversen Aufklebern verschönern. Wer sich die Mühe nicht machen will, findet auch vorgefertigte Lackierungen.
ihres Sortiments vertreten. Zu guter Letzt sind auch die Vinyls wieder ein Thema, bei denen man entweder aus einem riesigen Pool an Aufkleber-Motiven auswählen kann oder sich selbst in aufwändiger Arbeit Muster und Bilder zusammenbastelt.

Setup-Wahnsinn

Während die Entwickler in Sachen Fahrphysik nicht an GTR-Tugenden festhalten wollen oder dürfen, werden die Simulations-Wurzeln bei den zahlreichen Einstellungsmöglichkeiten offensichtlich. Zwar ist auch ein Schnell-Tuning möglich, mit dem man die Werte für den Lenkeinschlag, die Getriebeübersetzung, die Fahrzeug-Balance sowie den Abtrieb einfach über Schieberegler vornimmt. Doch wer sich wirklich wie ein Mechaniker fühlen und alle Möglichkeiten ausschöpfen will, kommt an den erweiterten Einstellungen nicht vorbei - und die haben es in sich: Bis ins kleinste Detail lässt sich hier der Wagen auf die Streckenbedingungen und den eigenen Fahrstil anpassen. Da wird der Reifendruck in Hundertstel-Schritten genauestens geregelt, der Spurwinkel für jede der beiden Achsen separat eingestellt und Optimierungen am Fahrwerk in Stabilisatoren, Federrate, Federwegbegrenzer, sowie langsame und schnelle Druck- und Zugstufendämpfungen aufgeschlüsselt. Zudem lässt sich das Übersetzungsverhältnis für jeden Gang einzeln bestimmen und auch das Differenzial kann genau den eigenen Wünschen angepasst werden. Beim Abtrieb geht man sogar so weit, sich unabhängig von den Winkeln der Spoiler auch noch der Größe der Kühleröffnung und Bremkühlschächte anzunehmen. Der helle Wahnsinn! Hier hat man im Gegensatz zur etwas verweichlichten Fahrphysik wirklich das Gefühl, in einer Hardcore-Simulation gelandet zu sein!

Der Karrieremodus ist super strukturiert und setzt den Spieler schnell hinter das Steuer verschiedener Boliden. So landet man auch schnell in einem Traumwagen, den man sich selbst erst später leisten kann.
Dem gegenüber stehen allerdings fehlende Boxenstopps, keine wechselnden Witterungsbedingungen sowie ausbleibender Reifenverschleiß und Benzinverbrauch. Auch Nachtrennen sind hier Fehlanzeige - die Rennen finden neben den Mittagsstunden höchstens in der Morgen- oder Abenddämmerung statt.

Motivierender Karrieremodus

Im Zentrum von Shift steht der Karrieremodus: Hier muss man sich vom kleinen Anfänger bis zur Teilnahme an der NfS World Tour hoch schuften. Am Anfang reicht das Budget nach dem ersten Rennen im Leih-BMW allerdings nur für einen sportlichen Serienwagen wie etwa dem Golf V GTI oder einem Ford Escort RS Cosworth. Man kennt das Problem: Am Anfang ist das Geld immer knapp und während man ein Rennen nach dem anderen in seinem Boliden bestreitet, liebäugelt man doch mit so vielen anderen Karossen, die man sich aber schlichtweg nicht leisten kann. Um dem entgegen zu wirken, haben sich die Entwickler einen einfachen, aber wirkungsvollen Ausweg ausgedacht: Hersteller-Wettbewerbe! Hier stellen diverse Autobauer eines ihrer Modelle dem Spieler kostenlos zur Verfügung, um mit ihnen ein Rennen zu bestreiten. Das Gleiche gilt für die Wagen-Duelle, in denen zwei Marken mit jeweils einem Fahrer gegeneinander antreten. Das Prinzip funktioniert dabei ähnlich wie in den Canyon-Rennen bei NfS Carbon: Zunächst steht einer der beiden Fahrer vorne und muss entweder als Erster die Ziellinie überqueren oder einen Vorsprung von fünf Sekunden herausfahren. In Runde zwei ist er dagegen in der Rolle des Verfolgers - das Ziel bleibt das Gleiche. Steht es nach zwei Durchgängen unentschieden, starten beide Fahrer im finalen Lauf nebeneinander und müssen den Sieg ein letztes Mal unter sich ausmachen. Daneben sorgen Wettbewerbe um die beste Rundenzeit, Drift-Prüfungen, Turniere sowie spezielle Einladungs-Events für Abwechslung im Karrierealltag. Bei Letzteren darf man ähnlich wie bei Burnout schon in höhere Rennklassen hinein schnuppern und einen Vorgeschmack darauf bekommen, was einen später noch erwartet. Die meisten Veranstaltungen sind am Anfang noch nicht zugänglich. Um weitere Wettbewerbe freizuschalten, muss man in den Rennen Sterne sammeln, was nicht nur durch Siege, sondern auch das Erfüllen bestimmter Aufgaben funktioniert. So muss z.B. eine vorgegebene Rundenzeit unterboten oder 70% einer Runde auf der (optional einblendbaren) Ideallinie gefahren werden.    

Präziser Fahrer oder Pistensau?

Daneben hat man sich ein System einfallen lassen, das an PGR angelehnt ist: Das Spiel analysiert ständig den eigenen Fahrstil und unterscheidet dabei zwischen aggressiven und präzisen Aktionen. Rempelt man sich etwa durch das Feld, saugt sich im Windschatten an den Vordermann an oder fährt bewusst Kampflinie, steigt der Punktestand auf der Aggro-Seite. Fährt man dagegen unfallfrei durch die Sektoren, orientiert sich an der Ideallinie und überholt sauber ohne Berührungen, werden die Punkte dem präzisen Fahrstil zugerechnet. Hat man eine bestimmte Gesamtpunktzahl erreicht, steigt man im Fahrerlevel auf, von dem es insgesamt 50 gibt. Das Gute daran: Nicht nur in der Karriere werden die entsprechenden Punkte zum Fahrerprofil addiert, sondern auch in Einzel- und Onlinerennen. Dadurch steigt man relativ schnell auf und schaltet gleichzeitig neue Events frei. Nicht zu vergessen, dass als Belohnung auch neue Optik-Upgrades, Bonus-Fahrzeuge und Geldspritzen von Sponsoren warten. Um ein lästiges Management der Geldgeber, wie es noch bei GRID der Fall war, muss man sich hier allerdings nicht kümmern. Gleichzeitig verdient man sich mit seinem Fahrstil und Erfolgen diverse Abzeichen, von denen es mehrere Stufen gibt (Bronze, Silber, Gold, Platin) - und sei es auch nur, weil man zehn Kilometer in einem europäischen Wagen gefahren ist. Gerade die vielen Belohnungen sind ungemein motivierend, sich immer wieder für das nächste Rennen hinters Steuer zu setzen. Vielleicht gibts ja wieder irgendeine Auszeichnung, selbst wenn man nicht ganz oben auf dem Podest landet. Insgesamt finde ich die Idee hinter der Fahrstil-Analyse äußerst interessant und gelungen. Nur stößt es mir etwas sauer auf, dass rücksichtslose Rempeleien hier auch noch mit Punkten belohnt werden und man im Rahmen der Karriere u.a. die Aufgabe erfüllen muss, drei Fahrzeuge durch eine unfaire Aktion zu drehen, um alle Sterne zu ergattern. So etwas muss doch nicht sein! Entsprechend lasch wirkt auch das Strafsystem: Wer zu oft abkürzt

Bremsen oder in den Vordermann rein fahren? Das Spiel analysiert den Fahrstil und unterscheidet zwischen präzisen und aggressiven Aktionen.
oder gegen die Fahrtrichtung auf Kollisionskurs rast, muss zwar mit Aberkennung der Rundenzeit und im schlimmsten Fall mit einer Disqualifizierung rechnen, aber krasse Rempeleinlagen werden nicht geahndet.

Schwankende KI

Kein Wunder, denn ansonsten würde wohl ein großer Teil der KI-Fahrer relativ schnell die schwarze Flagge zu Gesicht bekommen, denn die Konkurrenz rempelt einen oft rücksichtslos aus dem Weg. Auf der anderen Seite fährt sie aber auch oft behutsam, indem sie sowohl auf Unfälle als auch auf Bremsmanöver des Spielers oder anderer Fahrer reagiert und auch mal zurücksteckt anstatt ungebremst in ein anderes Auto zu rasen. Am Start herrscht jedoch fast ausnahmslos Chaos - vor allem in einem großen Starterfeld von bis zu 16 Fahrzeugen ist eine Massenkarambolage fast vorprogrammiert. Zudem leidet die KI selbst auf dem höchsten der drei Schwierigkeitsgrade unter dem Phänomen, dass sie nicht so richtig vom Fleck kommt, sobald die Ampel auf Grün springt. So gewinnt man unverdient gleich viele Positionen, ohne sich groß anstrengen zu müssen. Überhaupt sind die Gegner gerade am Anfang keine große Herausforderung und man kann relativ gemütlich dem Sieg entgegen fahren, weil sie vor Kurven viel zu stark aufs Bremspedal treten. Einzig auf der höchsten Stufe und in späteren Events in Hochleistungs-Rennmaschinen muss man alles geben und das Setup entsprechend anpassen. Allein den Bugatti mit seinen 1000 Pferdestärken ohne Traktionskontrolle auf dem Asphalt zu halten, ist schon kein Kinderspiel.

Die Leistungen der KI schwanken mitunter stark: Mal sind die Fahrer zu zahm, mal zu aggressiv. Eine echte Herausforderung stellen sie erst auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad dar.
Um dem Geschehen mehr Dynamik zu verleihen, begehen die anderen Fahrer zudem immer wieder Fahrfehler - man sollte also immer aufmerksam sein, um nicht selbst das Unfall-Opfer einer Kettenreaktion zu werden.

Enttäuschendes Schadensmodell

Um Schäden muss man sich allerdings keine Sorgen machen: Zwar wird optional neben einem kosmetischen auch ein volles Schadensmodell angeboten, doch fällt das Ergebnis ähnlich ernüchternd aus wie bei der Anspiel-Version von Gran Turismo 5 auf der gamescom. Selbst heftige Einschläge wirken sich kaum auf die Fahrphysik aus und auch die Karosserie bleibt bis auf ein paar Kratzer und Beulen sowie kaputte Lichter weitestgehend verschont. Spiegel bleiben jederzeit dran und bekommen im Gegensatz zu Front- und Heckscheiben nicht mal Risse oder einen Sprung. Auch Türen, Heckklappen und Stoßstangen scheinen untrennbar mit dem Fahrzeug verbunden zu sein - einzig die Motorhaube verabschiedet sich irgendwann und gibt den Blick auf das Innenleben frei. Es ist traurig, dass offenbar niemand es schafft, ein ordentliches, zumindest halbwegs realistisches Schadensmodell zu realisieren. Genau wie bei so vielen anderen Spielen weiß ich auch hier nicht, was genau an meinem Boliden zu Bruch gegangen ist. Irgendwann zieht die Lenkung halt mal nach einer Seite und der Motor scheint nicht mehr so viel Leistung zu bringen wie gewohnt. Aber eine konkrete Schadensanzeige, wie etwa bei Forza 2 oder den PC-Simulationen, findet man hier leider nicht. Allerdings lässt sich auf Wunsch das komplette HUD ausblenden oder verkleinern, wenn man auf Positionsangaben oder den Punktezähler verzichten kann.   

Globale Renneinsätze

Im Gegensatz zu den Vorgängern, in denen selbst bei Pro Street einzig Fantasiekurse zur Auswahl standen, legt Shift seinen Schwerpunkt auf lizenzierte Rennpisten. So geht es u.a. nach Spa, Brands Hatch, Silverstone, Ebisu, auf die Road America, Laguna Seca und die legendäre Nordschleife. Bei der grünen Hölle fällt allerdings auf, dass sie nicht ganz so akkurat nachgebildet wurde, wie es sich Fans und Kenner der gut 20 Kilometer langen Strecke wünschen. So fehlen z.B. die typischen grünen Schilder, auf denen der Name des jeweiligen Abschnitts steht (Brünnchen, Döttinger Höhe, Fuchsröhre, Karussel & Co). Zudem hat man es mit den Bäumen neben dem Asphalt etwas übertrieben und auch Anzeigentafeln entsprechen nicht dem realen Vorbild. Hier sind die Forza-, Race- und Gran Turismo-Entwickler ein gutes Stück weiter und bieten eine bessere, weil akkuratere Umsetzung der Kult-Piste. Dafür bietet Shift neben den Lizenz-Kursen, die z.T. noch verschiedene Variationen enthalten, auch Ausflüge auf die Straßen von Tokio und London. Außerdem wird die Auswahl noch um die

Die Auswahl an Schauplätzen ist vielfältig: Neben offiziellen Rennstrecken rast man auch auf Stadtkursen und fiktiven Pisten um den Sieg, 
eine oder andere fiktive Eigenkreation ergänzt, so dass insgesamt um die 30 Strecken zur Verfügung stehen. Trotzdem vermisst man einige übliche Verdächtige wie Mugello, Suzuka, Hockenheim oder Valencia, die sich ebenfalls gut ins Spiel eingefügt hätten. Vielleicht kommt ja noch Nachschub in Form von Downloadinhalten...

Need for LAN

Die Möglichkeiten im Mehrspielermodus sind recht bescheiden: Man hat lediglich die Wahl zwischen Standardrennen, Drift-Events oder Zeitfahren - aber das zumindest in Form von Ranglisten-Events als auch reinen Spaßveranstaltungen. Spaßige Variationen wie Ausscheidungsrennen oder Sektoren-Eroberung finden sich hier nicht. Auch ist es schade, dass sich optional weder im Karrieremodus noch vor Mehrspieler-Starts Qualifying-Sessions ausfahren lassen. Zumindest hat man noch ein kleines Turnier integriert, bei dem man sich mit Fahrerduellen für zwei Spieler bis zum Rang eines Champions vorkämpfen kann. Insgesamt sind für die Rennen maximal acht Fahrer zugelassen, wobei eine solche Anzahl heutzutage eher mager erscheint - vor allem, wenn man bedenkt, dass man offline das Starterfeld in Einzelrennen auf bis zu 16 Piloten aufstocken kann. Wenigstens besteht die Möglichkeit, auch KI-Raser bei Onlinerennen dazu zu schalten, falls sich nicht genug menschliche Teilnehmer auftreiben lassen. Ein weiterer Vorteil aus dem kleinen Starterfeld dürfte darin bestehen, dass das Renngeschehen nur vereinzelt von kleinen Lags gestört wird. Neben öffentlichen Sitzungen hat man außerdem die Möglichkeit, private Lobbys anzulegen. Sind sich alle einig, darf der Countdown zum Start verkürzt werden. Am Wagensetup darf man hier allerdings nicht mehr feilen. Damit sich das Feld in etwa auf einem Niveau befindet und Chancengleichheit besteht, kann der Host die Wagenstufe auf einen bestimmten Maximalwert begrenzen oder gleich ein Hersteller-Rennen anlegen, bei dem alle Teilnehmer im gleichen Auto sitzen. Leider beschränkt man die Mehrspieler-Partien einzig auf den Online-Modus. Eine Splitscreen-Option findet man hier genau so wenig wie die Möglichkeit, über ein lokales Netzwerk Gas zu geben. Vor allem Letzteres ist für mich immer wieder unverständlich. Gerade am PC - aber auch bei den Konsolen - gehört es bei einem solchen Spiel wie Shift einfach dazu, eine LAN-Option anzubieten! Ich kann es nicht verstehen... Auch der rudimentäre Fotomodus ergibt nur in Verbindung mit einem Internetanschluss einen Sinn, da sich die Schnappschüsse nicht lokal, sondern nur auf der offiziellen Need for Speed-Webseite speichern lassen. Die schicken Replays kann man sich dagegen nur einmal ansehen, da eine Speicher- oder Hochlade-Funktion fehlt.   

Fazit

Was für ein Neuanfang! Endlich gibt es eine technische sowie inhaltliche Generalüberholung! Ich mag vor allem die anspruchsvollere Fahrphysik sowie den Verzicht auf illegale Straßenrennen zugunsten lizenzierter Pisten. Trotz überwältigenden Setup-Möglichkeiten ist Shift aber keine Hardcore-Simulation, denn dafür sind die Kompromisse zwischen Arcade und Realismus, die man bei der Fahrphysik eingegangen ist, einfach zu offensichtlich. Schade, denn davon abgesehen ist das Fahrgefühl vor allem in der detaillierten Cockpitansicht mit simuliertem Tunnelblick einfach nur großartig! Die KI macht ebenfalls eine solide Figur, auch wenn sie manchmal zu sehr den Pistenrowdy raushängen lässt und erst auf der höchsten Stufe eine echte Herausforderung darstellt. Die Umsetzung des Profils mit ständigen Analysen des Fahrstils und massig Auszeichnungen ist klasse, auch wenn es mir etwas sauer aufstößt, dass auch rüpelhaftes Verhalten mit Aggro-Punkten belohnt wird. Und es steckt tatsächlich noch viel von dem in Shift, was Need for Speed seit Jahren ausgemacht hat: Da wäre zum einen der großartige Fuhrpark mit Anfänger-Karren bis hin zu absoluten Traumwagen. Zum anderen kann man die Boliden sowohl optisch als auch in punkto Leistung gehörig aufmotzen. Fahrerduelle und Driftrennen sind auch dabei. Technisch gibt man im Vergleich zu Undercover ebenfalls mächtig Gas: Die neu programmierte Engine erweckt mit detaillierten Boliden und ansprechenden Kulissen die Rennstrecken zum Leben! Der PC hat hier die Nase vorne, während die beiden Konsolen bei großem Fahrerfeld mit leichten Einbrüchen in der Bildrate reagieren. Auf den Spielspaß wirken sich diese kleinen Nachteile allerdings kaum aus. Ärgerlicher ist, dass man den Weg zur Simulation nicht konsequenter geht, denn im Gegensatz zu Forza oder Gran Turismo findet man hier weder Reifenverschleiß, Benzinverbrauch noch Boxenstopps. Daneben enttäuscht auch das Schadensmodell, das sich kaum auf Fahrphysik und Karosserie auswirkt. Auch der Mehrspielermodus ist noch verbesserungswürdig, denn während online kaum Variationen geboten werden, wird man offline dank fehlender Splitscreen- und LAN-Unterstützung gar nicht erst für den Start zugelassen. Trotzdem ist das ein riesiger Schritt nach vorne, auch wenn einige alte Fans vom höheren Anspruch, dem Fehlen einer trashigen Story oder den Verfolgungsjagden gegen die Cops geschockt sein dürften. Ich kann gut darauf verzichten und bin froh, dass EA mit Shift endlich wieder in die richtige Spur zurückgefunden hat.

Zum Video-Fazit

Pro

anspruchsvolle Fahrphysik
massig Fahrhilfen zuschaltbar
abwechslungsreiche Karriere
intensives Fahrgefühl
motivierendes Punkte- und Rangsystem
starke Cockpitansicht
ansprechender, breit gefächerter Fuhrpark
gute Steuerung
viele lizenzierte Kurse
lebendige Kulissen
insgesamt solide KI, die auch mal auf das Geschehen reagiert
auch Stadt- und Fantasiekurse enthalten
überwiegend flüssige Darstellung
bis zu 16 Fahrzeuge gleichzeitig
umfangreiche Tuningoptionen
detailliertes Wagen-Setup möglich
ansprechende Präsentation
motivierendes Belohnungssystem
satte Motorenklänge
viele optische Gestaltungsmöglichkeiten (Vinyls, Felgen, Lack)
Steuerungsfeinseinstellungen (Pad & Lenkrad)
überwiegend lagfreie Onlinerennen
interessantes Fahrerprofil (Aggro vs. Präzision)
gelungene Licht- und Partikeleffekte
Kupplung wird unterstützt
dramatische Inszenierung von Unfällen

Kontra

Autos neigen viel zu sehr zum Rutschen
fummelige Drift-Steuerung (bei Drift-Rennen)
keine (optionalen) Boxenstopps
kein (optionaler) Reifenverschleiß
kein (optionaler) Benzinverbrauch
keine (optionalen) Qualifying-Sessions
z.T. seltsame KI-Manöver (zu starkes Bremsen, Start-Chaos)
kein Splitscreen
Mehrspielermodus könnte mehr Optionen bieten
inkonsequentes Strafsystem
enttäuschendes Schadensmodell
keine genaue Schadensanzeige
keine wechselnden Witterungsbedingungen
vereinzelte Slowdowns (Konsolen)
keine Nachtrennen
KI teilweise sehr aggressiv, manchmal aber zu zahm
aggressives, unfaires Fahren wird gefördert
keine LAN-/System-Link-Unterstützung
keine Setup-Änderung vor Onlinerennen möglich

Wertung

360

Vom Schrottplatz aufs Siegerpodest: Endlich sorgt Need for Speed wieder für Spaß am Fahren! Starke Technik, anspruchsvolle Physik und ein packendes Mittendrin-Gefühl zeichnen Shift aus!

PlayStation3

Vom Schrottplatz aufs Siegerpodest: Endlich sorgt Need for Speed wieder für Spaß am Fahren! Starke Technik, anspruchsvolle Physik und ein packendes Mittendrin-Gefühl zeichnen Shift aus!

PC

Die PC-Version sieht noch einen Tick besser aus und hat weniger mit technischen Problemen zu kämpfen als 360 und PS3

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