DarkStar One: Broken Alliance25.06.2010, Paul Kautz
DarkStar One: Broken Alliance

Im Test:

Die Space Opera ist das Latein unter den Videospielen: Von Enthusiasten geliebt, von der Masse verschmäht, offiziell schon seit einer ganzen Weile tot (wie diese Bilderserie beweist). Aber wie das mit den Toten so ist - manchmal kommen sie wieder. Und manchmal sogar gleich doppelt, denn Darkstar One ist bereits vier Jahre alt.

Holz im Weltraum

Der Untertitel »Broken Alliance« bezieht sich vermutlich auf den Bruch des ursprünglichen Entwicklers Ascaron mit der Gegenwart, denn Ascaron gibt's bekanntermaßen seit einiger Zeit nicht mehr. Eine andere Existenzberechtigung hat der Untertitel von Darkstar One (nachfolgend DSO abgekürzt) nicht, denn das Spiel ist von Anfang bis Ende identisch. Nur dass jetzt das Namen gebende Super-Raumschiff nicht mehr mit Tastatur und Maus, sondern mit einem anfangs erdrückend vollgestopften Gamepad gesteuert wird. Aber habt keine Angst, Feinde ausufernder Optionsmenüs, dieser Eindruck täuscht - denn die Kontrolle über Ringmenüs wirkt nur zu Beginn fummelig, nach kurzer Eingewöhnungszeit zischt und lasert man fröhlich und schnell wie der junge Kirk durch das bunte Universum.

Dieser täuschende Eindruck ist übrigens nicht allein, denn DSO gibt sich zu Beginn erstaunlich viel Mühe, den von fulminanten Renderintros verwöhnten Spieler (der direkte Konkurrent Project Sylpheed kommt von Square Enix, mehr muss dazu wohl nicht gesagt werden) möglichst schnell vom Fernseher zu verscheuchen: Das Intro ist schrecklich, die steifen Bewegungen der Holzklotz-Figuren erinnern an die späten 90er Jahre - in einem von Wing Commander & Co. so cineastisch geprägten Genre sind derartige Bilder eine mittelschwere Zumutung. Steht die Xbox 360 auf Englisch, gesellt sich auch noch ein Ohrentest dazu: Ich weiß nicht, ob man die deutschen Sprecher gleich im Studio behalten und sie englische Texte hat aufsagen lassen, aber das Resultat schrammt in vielen Fällen, besonders beim Protagonisten, nur ganz knapp an der »Nau vi mast flei to fait ze ehliens!«-Grenze entlang. Noch nicht ganz Alarm für Cobra 11, aber für mich dennoch Grund genug, meine 360 auf Deutsch zu stellen - was eigentlich nie passiert. Steht sie auf Deutsch, ist alles gut: Die Texte passen, die Sprecher machen einen guten Job, das Klingeln in den Ohren verschwindet.

Die Säulen der Macht

Die Zwischensequenzen sind auf Standbildern in Ordnung, in Bewegung aber eine hölzern animierte Pein.
Die Zwischensequenzen sind auf Standbildern in Ordnung, in Bewegung aber eine hölzern animierte Pein.
Darkstar One dreht sich um den jungen Piloten Kayron Jarvis, der von seinem just verstorbenen Vater das geheimnisvolle Raumschiff »Darkstar One« vererbt bekommt. Damit macht er sich gleich auf in Richtung Rachemission, nur um sich kurz darauf Ärger in Form einer Rothaarigen an Bord zu holen. Hell glühende Außerirdische, Insektenwesen und Reptiloiden haben auch noch ihre Finger in der Suppe, die alles in allem eine durchaus passable Enterprise-Folge sein könnte - einen Roman zum Spiel würde ich mir zwar nicht gönnen, aber die Story tut auch nicht weh. Zwischen Prolog und Epilog liegen zwischen 15 und 50 Stunden, je nach Spielart. Denn ganz in Tradition von Space Opera-Urgesteinen wie Elite oder Privateer hat man die Wahl, ob man sich auf das Wesentliche konzentrieren oder sich den Weltraum in all seiner Größe gönnen möchte. Man kann Händler sein oder Freibeuter, Kopfgeldjäger oder Schmuggler - wie man möchte. Um einen gewissen Teil Geldverdienen kommt man nicht herum, denn an bestimmten Punkten schreitet die Geschichte nur voran, wenn man sein Schiff auf einen gewissen Technik-Level aufrüstet, was aber gerade als Kopfgeldjäger ein Klacks ist - das Leben als ehrlicher Händler, der das simple Warenwirtschaftssystem studiert und auf Angebot und Nachfrage reagiert, ist weit weniger profitabel.

An jeder Raumstation gibt es ein Auftrags-Terminal, das zum Geldverdienen einlädt. Die Zahl der Nebenmissionen geht zwar in die Hunderte, allerdings gibt es nur eine Hand voll unterschiedlicher Typen: Kopfgeldjagd, Sabotage und Geleitschutz sind die drei großen Pfeiler des Missionsdesigns. Hin und wieder muss man auch etwas transportieren, was aber grundsätzlich darauf hinaus läuft, dass man am Abholort von Piraten überfallen wird und sich verteidigen muss, bevor es mit der wertvollen Fracht weiter geht - Abwechslung ist nicht gerade die Stärke des Spiels. Der Großteil der Aufträge spielt im Vakuum des Raumes, nur hin und wieder begibt man sich auf die Oberfläche eines Planeten. Man kann übrigens immer nur eine Mission gleichzeitig verfolgen, bevor die nächste angenommen werden darf. Die einzigen Ausnahmen dieser Regel stellen die seltenen »Sidequests« dar, die oftmals an den Storyverlauf gebunden sind. Die meisten Aufträge sind sehr kurz (fliege da hin, mache alle Gegner platt, vielen Dank), längere Missionen verfügen über Checkpunkte. Hin und wieder darf man sogar Moral-Entscheidungen treffen - etwa wenn ein Frachterkapitän, den man eigentlich abschießen soll, um sein Leben fleht. Pfeift man darauf, knallt ihn ab und kassiert die Belohnung, oder hört man auf sein Gewissen, verschont ihn und legt sich stattdessen mit dem Auftraggeber an?

Die Namen gebende Darkstar One ist das einzige Spielerschiff im ganzen Spiel - kann aber mit gefundenen Artefakten in verschiedene Richtungen erweitert werden.
Die Namen gebende Darkstar One ist das einzige Spielerschiff im ganzen Spiel - kann aber mit gefundenen Artefakten in verschiedene Richtungen erweitert werden.
Sehr ballerfreudige Raumfreunde haben außerdem schnell einen schlechten Ruf, der gleich in doppelter Hinsicht stört: Zum einen mag die Polizei keine Verbrecher im Sektor, zum anderen verweigern die entsprechenden Raumstationen die Landeerlaubnis - jedenfalls so lange, bis man seinen üblen Namen ganz unbürokratisch mit dem Scheckbuch aus der Welt schafft. Legt man an der Station an, wird die Darkstar One automatisch repariert und der Spielstand gespeichert. Die Freude darüber darf man nicht mit einem Mitspieler teilen - DSO hat keinerlei Multiplayermodus. Dafür aber einen ziemlich guten Soundtrack, der sich dynamisch dem Spielgeschehen anpasst und gerade im Kampf mächtig abgeht.

Mein Schiff, mein Schiff und mein Schiff!

Wing Commander, Privateer, die X-Spiele oder Freelancer boten über kurz oder lang einen beeindruckenden Flugpark - anfangs gurkte man im Raumschrott mit Propeller herum, später gab man im Weltall-Ferrari Vollgas. Hier ist das anders: Die Darkstar One ist von Anfang an ein gutes Schiff und sie bleibt auch das einzige. Natürlich darf man sie mit immer neuen Antrieben, Waffen, Schutzschilden oder sonstigem Schnickschnack ausstatten, aber das Schiff selbst wird nie gewechselt. Das richtig interessante Tuning gibt's über die im ganzen Weltall verstreuten Artefakte: Das sind grün leuchtende Klumpen, die an bestimmten Asteroiden kleben und einfach aufgesammelt werden können. Das Schiff darf in den Bereichen Rumpf, Antrieb und Flügel aufgerüstet werden. Konzentriert man sich auf Ersteres, widersteht das Schiff u.a. weitaus mehr Gegnerbeschuss. Ein verbesserter Antrieb erlaubt höhere Geschwindigkeit und bessere Manövrierbarkeit, in die Flügel investierte Artefakte bringen z.B. zusätzlichen Platz für noch mehr Waffen. Das Suchen der Artefakte artet dankbarerweise nicht in Kleinstarbeit aus, denn betritt man einen Sektor, bekommt man gleich angezeigt, dass sich hier ein Artefakt befindet. Das muss man dann nur noch aus der Zielliste auswählen, den entsprechenden Asteroiden anwählen, den Nachbrenner einschalten, kurz abwarten und dann einsacken.

Der Wechsel zwischen den Systemen erfolgt ausschließlich per Hypersprung, ein direktes Fliegen ist nicht möglich. Der Sprung ist insofern umständlich, als dass man nicht einfach ein Ziel direkt ansteuern kann, sondern immer auf den Maximalradius des Antriebs achten muss - das endet in mehreren Hopsern zum Ziel, die dadurch in die Länge gestreckt werden, als dass das Sprungtriebwerk nach jeder Benutzung kurz neu laden muss.

Rasante Gefechte, riesige Planeten, ein einfaches Handelssystem, Asteroidenfelder - Darkstar One hat alles. Nur am Abwechslungsreichtum hapert's.
Rasante Gefechte, riesige Planeten, ein einfaches Handelssystem, Asteroidenfelder - Darkstar One hat alles. Nur am Abwechslungsreichtum hapert's.
Diese Pause kann zwar mit entsprechenden Upgrades verkürzt bzw. die grundsätzliche Sprungdistanz verlängert werden, dennoch wirkt das System etwas aufgezwungen. Außerdem darf nur gesprungen werden, wenn keine Gegner in der Nähe sind - hat man also die Polizei bzw. Piraten im Nacken, kann man nicht einfach türmen, sondern muss sich entweder durchkämpfen oder Geduld bei der Flucht beweisen. Die 4Players-Technikfront empfiehlt übrigens mit Nachdruck die Installation des Spiels auf der Festplatte - dadurch werden die Hypersprung-Übergänge weitaus schneller geladen.

Von den Schrecken der Zwischensequenzen abgesehen macht DSO gar keine schlechte Figur: Okay, die matschigen Texturen der Raumstationen sollte man nicht aus allzu naher Distanz betrachten, außerdem ist der Weltraum gelegentlich etwas zu bunt, was die Übersicht erschwert, aber das grundsätzliche Völlig-losgelöst-Gefühl ist überzeugend: Dichte Meteoriten-Felder, an allen Ecken und Enden herumschwirrende Raumschiffe und Frachter, gigantische Planeten, glühende Sonnen - eine sehr ansehnliche Leere. Die Entwickler reiten sehr darauf herum, dass das Spiel in voller HD-Auflösung läuft, in der es auch tunlichst gespielt werden sollte - denn in 720p sind die Texte schlecht lesbar, die Fontgröße wird nicht richtig nach unten skaliert. Unabhängig davon gibt es aber einen deutlichen Bruch zwischen Spiel und Zwischensequenz - Letztere sind deutlich niedriger aufgelöst. Davon abgesehen existieren einige Störenfriede im Grafikbereich: Gelegentlich geht die Framerate in die Knie (beim Kampf gegen viele Gegner, etwa beim Ausheben eines Piratennests oder in der Nähe einer großen Raumstation), die Anzeigen für Plasma- und Schubenergie sind kaum erkennbar, innerhalb der Rassen gibt es immer die gleichen Figurenbilder: Piraten, Kapitäne, Reptilien- , Insekten- und Froschwesen werden immer mit der gleichen Animation dargestellt, was spätestens beim Dialog mehrerer Vertreter einer Spezies albern aussieht.

Fazit

Vier Jahre sind eine lange Zeit: Hat Marcel damals die Zwischensequenzen von Darkstar One noch gelobt, waren sie im Jahr 2010 für mich ein Grund für heftiges Brilleputzen. Der erste Eindruck ist wichtig, und glaubt man diesem, ist DSO ein hässliches und zumindest in der englischen Fassung scheußlich klingendes Spiel. Übersteht man diesen Eröffnungsschock und gewährt dem Spiel einen zweiten oder dritten Blick, offenbart sich ein solider und erstaunlich fesselnder Laser-Shootout bester Wing Commander- und Privateer-Schule: An die Steuerung hat man sich schnell gewöhnt, danach herrschen wunderbar spaßige und unkomplizierte Weltraum-Ballereien vor. Wer unbedingt möchte, kann auch den Taschenrechner zücken und den All-Buchhalter mimen, auch wenn mir der übersimple Handelspart gar nichts sagte. Allerdings mangelt es auf Dauer an Abwechslung: Es gibt nur eine Hand voll unterschiedlicher Missionsarten und die Beschränkung auf ein Schiff ergibt zwar durch das Upgrade-System durchaus Sinn, wirkt aber trotzdem fad. Für Darkstar One spricht vor allem der bemerkenswerte Umfang, das launige Spielprinzip sowie die Tatsache, dass es gerade mit Ausnahme von Project Sylpheed (das nur die Grafiknase vorn hat) keine Konkurrenz hat, was es zur derzeit besten Space Opera auf der Xbox 360 macht. Lange nicht perfekt, aber auch weit von einem Reinfall entfernt.

Pro

schöne Weltraumgrafik
ordentliche Story
fetzige Gefechte
druckvoller, abwechslungsreicher Soundtrack
beeindruckender Umfang
freie Upgrade-Möglichkeiten
halbwegs freie Spieler-Entwicklung

Kontra

abwechslungsarmes Missionsdesign
rotzhässliche Zwischensequenzen
etwas träge Steuerung
unnützes Handelssystem

Wertung

360

Schöpft sein spielerisches Potenzial lange nicht aus, außerdem ist die Präsentation veraltet - aber das Zischen und Ballern durch die unendlichen Weiten macht sehr viel Spaß!

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.