Pinball FX 218.11.2010, Benjamin Schmädig
Pinball FX 2

Im Test:

Irgendwie ist es ja ausgleichende Gerechtigkeit, dass Zen Studios seit Jahren virtuelle Flippertische baut: erst Pinball FX für Xbox 360, dann Zen Pinball für PS3 und schließlich Pinball FX 2, wieder exklusiv für die Microsoft-Konsole. Es gibt ja kaum noch echte Tische - eine traurige Tatsache, zu der Videospiele einen Mammutbeitrag geleistet haben. Umso dringender wäre es, dass die Digitalflipper endlich so gut wie ihre Vorbilder werden...

Schritt für Schritt

Auch wenn Farsight Studios redlich darum bemüht war, die Williams Pinball Classics fit für Xbox 360 und PS3 zu machen: Die Sammlung berühmter Flipper stammt aus der letzten Konsolengeneration. Somit ist Zen Studios tatsächlich das einzige Studio, welches die Silberkugel über inhaltlich und technisch aktuelle Rampen schickt. Dabei erreichte die Zen-Serie nie die Klasse eines guten Spielhallengeräts. Sowohl Pinball FX als auch dem deutlich fortschrittlicheren Zen Pinball fehlten die spielerische Abwechslung und eine akustische Untermalung, die mehr als ein aufwändiges »Pling« und »Klonk« beherrschte. Konnte ich mich vor etlichen Jahren noch in den spielerischen Untiefen der Pro Pinball-Serie verlieren, verlor ich auf Xbox 360 und PS3 nach dem kurzen Kugeln immer schnell die Lust.

Jetzt gibt es aber Pinball FX 2, das erneut einen inhaltlichen und technischen Schritt nach vorn bedeutet - auch wenn der Unterschied zu Zen bedeutend geringer ausfällt als der zwischen den vergangenen zwei Spielen.

»Pascha« protzt mit einfallsreichen Lichteffekten, die witzige Sprachausgabe regt zum Schmunzeln an - aber kann der Tisch auch spielerisch lange unterhalten?
Vier Tische sind enthalten, was bei einem Preis von 800 Punkten (etwa zehn Euro) einem Schnäppchen gleichkommt. Oder ist es doch nur der gerechte Preis für eine magere Fortsetzung?

Flippern real

Nichts da! Das zweite Pinball FX sorgt dafür, dass man nachts Überstunden schiebt, weil man den Highscore der Freundesliste knacken will. Wahlweise liefert man sich im Wechsel, am geteilten Bildschirm oder im parallelen Onlinespiel (jeder an seinem eigenen Tisch) packende Punktejagden. Wer den Wettkampf liebt, schaltet zudem Einblendungen hinzu, die immer wieder darauf hinweisen, wessen Wochen- oder Gesamtrekord man als nächstes überbieten könnte - Anspannung, lass nach! Eine interessante, wenn auch spielerisch irrelevante Idee ist hingegen eine Rangliste, für die sämtliche Punkte aller Freunde zusammengezählt werden. Und dann ist da leider auch eine Superscore, welche die Zähler aller Tische zusammenfasst, so dass vor allem Vielkäufer belohnt werden.

Warum ich von Zen Pinball auf Pinball FX 2 umgestiegen bin? Die wesentlich kürzeren Ladezeiten hätten mich noch nicht überzeugt. Auch die Tatsache, dass man ein Spiel jederzeit unterbrechen und später fortsetzen kann, ist eine hervorragende, unterm Strich aber nebensächliche Idee. Nein, den entscheidenden Fortschritt machen die Entwickler im Aufbau der Tische. Denn mit Pinball FX 2 habe ich innerhalb der Zen-Serie zum ersten Mal das Gefühl: »Diese Tische könnten fast in der Spielhalle stehen.« Es gibt mehr zu entdecken als in Zen Pinball, die Anzahl der Minispielfelder hat ebenso zugenommen wie die Anzahl der Multibälle und Minispiele.

Äußerlich erinnern die blinkenden Holztische außerdem noch deutlicher an ihre echten Vorbilder - zahlreiche Kamerawinkel sorgen dafür, dass jeder Spieler eine übersichtliche Ansicht finden dürfte. Der Glanzpunkt sind aber die Geräusche, denn mehr noch als im hervorragenden Zen Pinball ratscht und klackt es so mächtig, dass man beinahe spüren kann, wie die Mechanik arbeitet.

Übrigens: Besitzer des ersten Pinball FX erhalten Teil 2 als kostenloses Update. Die neuen Tische sind dann zwar noch nicht enthalten, dafür werden die alten Tische grafisch aufgebessert. Auch die Physik funktioniert mit der Erweiterung ein kleines Stück realistischer als in Teil eins.
Spätestens wegen der erneut verbesserten Physik wähnt man dann schließlich tatsächlich eine Stahlkugel über den Bildschirm rollen.

Schneller, runder - besser?

Nicht zuletzt gelingt es Zen Studios ganz hervorragend, den Ball am Rollen zu halten: Die Kugel bleibt kaum an Bumpern hängen und wird selten von Slingshots aufgehalten. Doch hier verraten sich die Entwickler leider - so rasant und ungebremst man nämlich Punkte sammelt, so wenig hat das auf Dauer mit einem klassisch guten Flipper zu tun. Es ist ja beachtlich, dass die Tische so perfekt auf den Anspruch der Casual-Generation zugeschnitten sind. Aber, liebe Entwickler, flippern ist mehr als eine Rampe nach der nächsten zu treffen. Flippern bedeutet auch, die Kugel mal still zu halten. Mal in Ruhe ein Target anzuvisieren - auch auf die »Gefahr« hin, dass der Ball anschließend einige Sekunden lang unkontrolliert im Nichts rollt.

Überhaupt fehlen mir neben den zahlreichen Rampen Elemente, die Abwechslung in das normale Spiel bringen. Symptomatisch ist einer der neuen Tische, Rome, denn dort besteht fast jede der vielen Aufgaben aus dem Treffen der angezeigten Rampen. Vergesst die Targets nicht! Vergesst nicht, dass es cool sein kann, wenn sich die Kugel für eine dazugehörige Aufgabe in punkteträchtigen Bumpern »verhängt«! Vergesst auch nicht, dass sich selbst die coolen Multibälle abnutzen, wenn man sie sich kaum erarbeiten muss, sondern nachgeschmissen bekommt. Und denkt auch daran, dass echte Flipper teilweise etliche Musikstücke nutzen und nicht nur eine knappe Hand voll. Musik und Sprachausgabe sind in Pinball FX 2 zwar deutlich abwechslungsreicher als im Zen-Vorfahr - von der virtuosen Gestaltung mancher virtueller und realer Klassiker sind sie allerdings weit entfernt. 

Fazit

Flippern ist großartig - Pinball FX 2 ist der beste Beweis dafür. Denn wer einmal an den Hebeln klebt, kommt so bald nicht davon los! Zahlreiche Aufgaben warten auf geschickte Entdecker und die weltweite Rangliste spornt mächtig an. In Sachen Kugelphysik macht Zen Studios ohnehin niemand etwas vor; das zweite Pinball FX untermauert diese Tatsache eindrucksvoll. Da ist allerdings auch ein Williams Pinball Classics, das mit seiner Sammlung an »Uralt«-Flippern vormacht, wie abwechslungsreich gute Tische aufgebaut sein können - von erstklassigen modernen Flippern ganz zu schweigen. Pro Pinball zeigte schon vor Jahren, dass man eine solche Klasse auch mit einer Simulation erreichen kann und bleibt somit die digitale Nummer eins. So sehr die Entwickler einen wichtigen Schritt nach vorne gemacht und ihre Flipper  spielerisch und gestalterisch erweitert haben: Noch würde ich ihre Tische nicht in eine Spielhalle stellen. Meinen Snackbedarf deckt Pinball FX 2 inzwischen allerdings ab.

Pro

hervorragende Ballphysik
sehr glaubwürdige Akustik
Highscorelisten, Herausforderungen und Onlinespiel
übersichtliche Perspektiven

Kontra

auf Dauer fehlt Abwechslung
Aufgaben gleichen sich alle sehr
nutzt kaum Targets oder Bumper
wenig Musikstücke

Wertung

360

Die Fortsetzung zu Zen Pinball macht einen wichtigen Schritt nach vorn - für die Spielhalle fehlt es ihr aber an Abwechslung.

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