Im Test:
Explosive Elemente
Fuse ist ein extraterrestrisches Element, das in den vierziger Jahren entdeckt wurde. Wissenschaftler haben allerdings auf Grund seiner unberechenbaren Struktur Jahrzehnte benötigt, um es überhaupt erforschen und einigermaßen stabilisieren zu können. Und dieses Element hat es in sich: Es kann auf subatomarer Ebene Verschmelzungen und Zerstörungen stattfinden lassen. Waffen, die mit Fuse-Modifikatoren ausgestattet wurden, können die Opfer z.B. in schwarze Löcher verwandeln oder die Körperstrukturen so verändern, dass die DNA von leicht zerschmetterbaren Kristallen umgeben wird. Und als Bestandteil eines konventionellen Raketensprengkopfes lässt Fuse Atombomben wie einen Silvester-Kracher aussehen. Natürlich gerät dieser Stoff in die falschen Hände.
Um der Bedrohung ein Ende zu setzen, wird die Söldner-Gruppe Overstrike auf den Plan gerufen. Ein Quartett nicht auf den Mund gefallener, ständig diskutierender oder Kommentare abgebender Waffennarren wird beauftragt, den Weltfrieden zu sichern. Und natürlich schnappen sie sich auch bei erstbester Gelegenheit die besonderen Fuse-Waffen, um es den Terroristen mit gleicher Münze heimzuzahlen.
Army of Four
Man kann mit Ausnahme von Zwischensequenzen jederzeit zwischen den Helden wechseln, um von ihren besonderen Fähigkeiten Gebrauch zu machen, die erst im Team wirklich zur Geltung kommen. Dalton Brooks z.B. verwendet einen Fuse-Schild, der zusätzlich noch eine Schadenswelle auslösen kann, der Gegner verflüssigen und dadurch angreifbarer machen kann. Jacob Kimble hingegen setzt auf einen Bogenwerfer, eine Armbrust, die Bolzen aus einer Quecksilber-Fuse-Legierung verschießt und die Feinde in lebende Magma-Statuen verwandelt. Später kann er die Bolzen sogar auf Befehl detonieren lassen.
Der Clou: Diese Fähigkeiten und Eigenschaften können kombiniert werden. So können sich z.B. alle hinter Daltons Schild versammeln (wenn man nicht die einfach zu bedienende Knopfdruck-Deckung nutzen möchte) und dann schießen was das Zeug hält. Idealerweise natürlich auf die Gegner, die von Isabelle mit Kristallen zugedeckt und von Jacobs Bogenwerfer mürbe gemacht wurden, bevor Naya ihnen den Rest gibt und dadurch eine gleichermaßen effektvolle wie effektive Nova-Kettenreaktion auslöst, die nicht nur das Erfahrungspunkte-Konto explodieren lässt. Falls irgendwann die Fuse-Energie ausgehen sollte oder wenn man feststellt, dass konventionelle Waffen effektiver sind, hat man zusätzlich Zugriff auf Granaten sowie zwei weitere Bleispritzen, die man weitgehend frei wählen kann. Scharfschützengewehr und Schnellfeuerpistolen? Schrotflinte plus effektiver Revolver? Alles kein Problem.
Insomniac auf Sparflamme
Das Team von Insomniac, das sich mit Fuse erstmals vom bislang heimischen Sony-Terrain wegbewegt und im Auftrage EAs auch für die 360 entwickelt, hat mit den Ratchet & Clank- bzw. Resistance-Serien über Jahre Erfahrung mit ungewöhnlichen Waffensystemen gesammelt. Doch vieles in Fuse deutet darauf hin, dass die Ballerei für die Mannen um Ted Price kaum mehr als eine Auftragsarbeit war.
Freut man sich bei Ratchet oder Resistance jedes Mal wie ein Schneekönig, wenn die Waffe mit neuen Funktionen, noch größerer Durchschlagskraft und damit auch noch schickeren Effekten versehen wird, passiert hier... weitgehend nichts. Die Grundfunktionen (und damit auch die visuellen Auswirkungen) sind am Anfang des Abenteuers größtenteils identisch zu denen, die man am Ende zu sehen bekommt. Dabei hätte es sich hier auch angeboten, nach und nach neue Funktionen freizuschalten, so z.B., dass sich die Nova-Funktion (oder die Kettenreaktionen) des Warp-Gewehrs erst im Laufe der Zeit entwickeln. Dadurch verkommen die Gefechte von anfänglich interessanten Experimenten schnell zu einer Routineveranstaltung, die nur von Zwischen- und Endbossen mit besonderen Schwächepunkten aufgewertet werden. Denn irgendwann hat man sich auch an den Gegnern sattgesehen, die vor allem im letzten Drittel kaum noch mit Varianten für Abwechslung sorgen können.
Allein. Zu zweit. Zu viert.
Und das ist im Echelon-Modus, einer Art missionsbasierter Horde-Variante, der auch offline bzw. für Solisten zur Verfügung steht, unabdingbar. Spätestens ab der fünften oder sechsten Welle wird man überwältigt, da man der KI nicht einmal rudimentäre Befehle geben kann.
Mal bieder, mal wunderschön
Dass Fuse aus dem gleichen Hause stammt wie die Ratchet & Clank- oder Resistance-Serien, sieht man der Action nicht immer an. Denn wo dort stimmungsvolle Welten und sorgsam eingepasstes Figurendesign dafür sorgen, dass man sich gerne dort aufhält, passiert hier... viel zu wenig. Vor allem in der Anfangsphase lässt man durch das zwar saubere, aber auch austauschbare Leveldesign mit seinen Laborräumen, dunklen Metallwänden usw. viele Atmosphärepunkte liegen. Das Aussehen der Figuren versucht, Realismus mit einem Hauch von comichafter Überzeichnung zu verbinden und schafft es so tatsächlich bei mir, Erinnerungen an Free Radicals TimeSplitters zu wecken. Doch unter dem Strich bleibt ein biederer Gesamteindruck, in den sich die allenfalls durchschnittlichen Explosionen nahtlos einreihen.
Doch dann, etwa nach der Hälfte der Kampagne, sobald man in Außenareale kommt, zeigt Insomniac auch seine visuelle Expertise: Weitläufige Landschaften, dichtbewachsene Wälder, Schneegestöber - mitunter fühle ich mich, als ob mir gleich Nathan Drake oder eine um ihr Überleben kämpfende Lara Croft entgegen kommen könnten. Leider geht es gegen Ende wieder deutlich eingeengter und nicht mehr so eindrucksvoll weiter. Doch diese visuellen Höhepunkte schaffen es tatsächlich, mich wieder versöhnlich zu stimmen und sogar über den einen oder anderen Clipping-Fehler hinweg zu sehen. Zumal die Anzahl der Details auch im Splitscreen-Betrieb nicht nennenswert eingeschränkt wird.
Fazit
Fuse ist von Insomniac? Wirklich? Okay: Die experimentellen Waffen sind tatsächlich beinahe abgefahren genug, um in einem Atemzug mit Ratchet & Clank oder Resistance genannt werden zu können. Und im mittleren Drittel kommt auch die ausgewiesene Grafikexpertise endlich zur Geltung, wenn man von den ansehnlichen Außengebieten an Uncharted oder Tomb Raider erinnert wird. Doch abseits dessen wirkt die Koop-Action, deren Spaßfaktor parallel zur Mitspielerzahl steigt und mit einem eingespielten Team fast in gute Bereiche abdriftet, austauschbar und zu oft zu gewöhnlich. Handwerklich solide und ausgestattet mit einer brauchbaren Partner-KI, die allerdings zu Lasten der tumben Gegner-Intelligenz geht, plätschert die Action vor sich hin und punktet lediglich mit dem einen oder anderen Bosskampf. Nach etwa acht Stunden Kampagne und ein paar Ausflügen in den Echelon-Modus hat man zwar nicht das Gefühl, seine Zeit vergeudet zu haben. Doch auch wenn das Quartett den Army of Two-Söldnern derzeit seinen Rang abläuft, bleibt der Eindruck einer soliden Auftragsarbeit, die das letzte Herzblut von Insomniac vermissen lässt.
Pro
Kontra
Wertung
360
Solide Koop-Ballerei, die es nicht einmal mit den experimentellen Waffensystemen schafft, sich aus dem Action-Durchschnitt abzusetzen.
PlayStation3
Insomniac liefert handwerklich solide Action ab, doch die Klasse von Titeln wie Ratchet & Clank oder Resistance wird trotz interessanter Waffensysteme nie erreicht.
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