Top Gun: Hard Lock05.04.2012, Paul Kautz
Top Gun: Hard Lock

Im Test:

Ist Top Gun wirklich schon 26 Jahre her? Highway to the Danger Zone, Maverick, Goose und alles? Erstaunlich. Dieses Jahr soll der Luftkampf-Klassiker 3D-runderneuert wieder in die Kinos kommen, für die absehbare Zukunft ist auch ein Sequel geplant. Und ein neues Spiel gibt’s auch noch dazu.

»Do a barrel roll!«

Ich muss es zugeben: Meine Erwartungen an Top Gun: Hard Lock (ab 48,95€ bei kaufen) (TGHL) waren nicht gerade irre hoch. Uralte Lizenz, nicht gerade der interessanteste Entwickler (Headstrong Games, die mit House of the Dead: Overkill oder Der Herr der Ringe: Die Abenteuer von Aragorn keine schlechte Arbeit ablieferten, aber auch nicht für Tänze in den Straßen sorgten) - eine klassische Durchschnitts-Kombination. Das Schöne an niedrigen Erwartungen: Man freut sich umso mehr, wenn sie deutlich überboten werden. TGHL ist keine Offenbarung am Pad-Himmel, aber auch weit von Flugschrott wie JASF entfernt.

Der »Pad-Himmel« war schon absichtlich gewählt, denn mit Birds of Steel oder noch härteren Simulationen hat das hier gar nichts zu tun - TGHL ist Arcade pur! Es gibt nur eine Außenperspektive, unendlich viele Raketen und Bomben, eine selbstheilende Maschine und ein Flugmodell, das mit »Brett in der Luft» passabel umschrieben ist. Ein Flightstick wird auf keiner Plattform benötigt, nicht mal am PC - hier wird das 360-Pad nativ unterstützt und empfohlen. Richtig spielhallig wird’s durch das Namen gebende »Hard Lock«-System, das mit dem DFM aus Ace Combat: Assault Horizon vergleichbar ist: Nähert man sich einem Gegner von hinten, kann man ihn ab einer

Hat man einen Gegner im Hard Lock, ist er schon so gut wie erledigt. Lässt man sich allerdings zu viel Zeit, versucht er auszubrechen - dann muss man schnell Reaktionstests bestehen, um das zu verhindern.
Hat man einen Gegner im Hard Lock, ist er schon so gut wie erledigt. Lässt man sich allerdings zu viel Zeit, versucht er auszubrechen - dann muss man schnell Reaktionstests bestehen, um das zu verhindern.
bestimmten Entfernung in den »Hard Lock« nehmen. Ab da übernimmt die KI die Steuerung des Flugzeuges, man selbst kümmert sich nur noch darum, den Feind im Visier zu halten. Ist die Aufschaltung der Rakete erfolgt, ist der Schuss ein garantierter Treffer. Man kann die gegnerischen Piloten zwar auch auf klassische Weise aus der Luft holen (für irgendwas muss so ein MG ja da sein), aber ein Kill im Hard Lock gibt deutlich mehr Punkte. Was auch daran liegt, dass sich Widersacher aus diesem befreien und den Spieß umdrehen können. Eine Reihe von Reaktionstests, bei denen man die beiden Analogsticks des Pads in bestimmte Richtungen drücken muss, entscheidet nicht nur darüber, wer sich danach hinter wem befindet. Sondern sorgt im Erfolgsfall auch dafür, dass der Fadenkreuz-Bereich, in dem der Gegner automatisch anvisiert wird, größer wird. Wie gesagt: Arcade pur. Falls einem die Bildschirmanzeigen nicht ausreichen sollten, wird einem jedes auszuführende Manöver auch angesagt - inkl. eines »Do a barrel roll!«-Insiderwitzes...

Ritter in der Luft

Das Missionsdesign gewinnt keine Kreativitätspreise, langweilt aber auch nicht.
Das Missionsdesign gewinnt keine Kreativitätspreise, langweilt aber auch nicht.
Die Kampagne ist das Filetstück von TGHL, denn hier spielt man all die Maschinen und Ausrüstungen für die anderen Modi frei. 15 Missionen lang schlüpft man in die Pilotenkluft von Spider - einem jungen Heißsporn in der Luft; talentiert, aber überheblich. Irgendwo im persischen Golf unserer Zeit sorgt er mit seinen Kameraden für Frieden aus der Luft - wobei die Geschichte nicht nur eine ziemlich kleine Rolle spielt, sondern auch nur angerissen wird. Den größten Teil der Handlung bekommt man über launiges Palaver in der Luft mit. Neben den sehr unterschiedlichen Flügelmännern bekommt man es gelegentlich auch mit Top-Gun-Legenden wie Maverick oder Iceman zu tun, während man Routineaufgaben erledigt: Gegner in der Luft, am Boden und auf dem Wasser erledigen, Aufklärung betreiben, sich unentdeckt an Radarstationen vorbei schmuggeln, Brücken zerbomben, zivile Transporter babysitten. In den meisten Aufträgen hat man alle Zeit der Welt, gelegentlich muss man sich aber auch beeilen - etwa, wenn ein Sandsturm naht, oder die Transportergruppe angegriffen wird. Falls man mal versagt, ist man dankbar darüber, dass es innerhalb der Aufträge viele Checkpunkte gibt, an denen man beim Wiedereinstieg auch automatisch geheilt wird. Optionale Sekundärziele runden das Angebot ab, das zwar keine Kreativitätspreise abstaubt, aber auch nicht langweilt

Im Laufe der Kampagne schaltet man immer mehr Flugzeuge frei, die man auch in den anderen Spielmodi nutzen darf.
Im Laufe der Kampagne schaltet man immer mehr Flugzeuge frei, die man auch in den anderen Spielmodi nutzen darf.
Normalerweise werden einem die Maschine und deren Ladung vorgeschrieben. Hat man aber einen Auftrag gemeistert, darf man ihn für eine verbesserte Punktzahl immer wieder angehen - und dann hat man die freie Wahl. Das gilt auch für den Zusatzmodus »Danger Zone«. Hier kämpft man Runde um Runde gegen immer mehr und stärkere Feinde, teilweise unter fiesen Bedingungen - so darf man z.B. eine bestimmte Flughöhe nicht überschreiten.

Wer Top Gun kennt, der kennt auch den Soundtrack - und der ist zum Teil auch in TGHL enthalten, in Form des entspannten »Top Gun Theme« von Harold Faltermeyer. Der Rest ist sehr anders, aber auch sehr gut: Mal schrammeln E-Gitarren durch die Sphären, mal werden die Lüfte von fetten Breakbeats durchgerüttelt. Dazu gibt es jede Menge englischer Sprachausgabe, die sich im Falle der Flügelmänner leider sehr oft wiederholt - »Close, but no cigar!« oder »I feel the need... the need for speed!« verlieren nach dem 20ten Mal irgendwie an Coolness.

Take my breath away

Technisch ist TGHL nicht übel: Der Landschaft mangelt es an Details, dafür können sich die Effekte sehen lassen.
Technisch ist TGHL nicht übel: Der Landschaft mangelt es an Details, dafür können sich die Effekte sehen lassen.
Auch die Mehrspielerfraktion darf abheben, jedenfalls sobald sie den der Packung beiliegenden Aktivierungscode für den Modus eingibt. Es gibt einige kooperative Spielvarianten für bis zu vier Spieler sowie (Team-)Deathmatch-Modi für maximal 16 Piloten. Ich bin bislang in keine Partie geraten, in der mehr als vier Leute anwesend waren, aber in diesen gab es keine Grund zur Klage - die Gefechte liefen schnell und größtenteils lagfrei ab. Was allerdings sehr merkwürdig ist: Legt man ein eigenes Spiel an, kann man sich nicht aussuchen, wo und in welchem Modus man spielt – das wird einem per Zufallsgenerator vorgeschrieben.

In Sachen Kulisse hinterlässt TGHL gemischte Gefühle. Auf der einen Seite meinen es die Entwickler mit den Effekten echt gut: Krisseliger Filter beim Nachbrenner, gleißende Sonnenstrahlen, schön glitzerndes Wasser, Unschärfen und Zeitlupen-Einsatz an allen Ecken und Enden, mächtig gewaltige Explosionen, wechselnde Wetterbedingungen innerhalb einer Mission. Auf der anderen Seite sorgt dieser Overkill gerne auch mal für Konfusion, gerade der Nachbrenner-Filter ist eher hässlich als stilvoll. Und lugt man hinter die Oberfläche, gibt es nicht viel zu sehen: Die Landschaften sind karg und detailarm, die Ladezeiten dafür umso länger. Technisch haben PC-Flieger die Nase vorn: Die Hardwareanforderungen sind niedrig, ab einer mittelschnellen Maschine bleibt die Action jederzeit flüssig. Auf den Konsolen gibt auch meist keine Probleme, allerdings merkt man in Ausnahmesituationen (wie z.B. der Kombination Sandsturm und Nachbrenner) deutlich, wie die Framerate von fetzigen 60 auf spürbar uncoolere 30 sinkt.

Fazit

Wo kommen eigentlich in letzter Zeit all die Simulationen und »Simulationen« her? Jahrelang war das Genre toter als von Richthofen, und mit einem mal platzt das Spielregal schier vor lauter Ace Combat, HAWX, Sturmovik, Birds of Steel, JASF und wie sie nicht alle heißen. Gut so, für irgendwas haben ja viele von uns noch den einsam vor sich her summenden Flightstick auf dem Dachboden stehen! Top Gun reiht sich in dieser zischenden Staffel mittig ein: Ihm fehlt die Pracht und Abwechslung der großen Jungs (wie den Ace Combats), ist aber gleichzeitig auch Flugdreck wie JASF locker drei Flügelspitzen voraus. Am meisten punktet Entwickler Headstrong Games mit der schieren Atemlosigkeit der Action: Eine Rakete nach der anderen, Beschuss ausweichen, Ramtamtam, Hard Lock-Modus, Fassrolle, Immelmann, KAPOW - uiuiui, das geht gut ab hier, ganz besonders, wenn man die treibende Musik noch dazu rechnet. Allerdings mangelt es den Aufträgen auf Dauer an Abwechslung, außerdem macht das Hard-Lock-System, wie sein DFM-Bruder aus Ace Combat: Assault Horizon, das Spiel sehr leicht: Von wenigen Ausnahmen abgesehen lassen sich damit alle Gegner auf gleiche Weise problemlos aus den Lüften pflücken. Nichtsdestotrotz bleibt unterm Strich ein gefälliger Action-Kracher für alle, die nach Ace Combat und Co. nach ein bisschen mehr vom Gleichen oder zumindest sehr Ähnlichen verlangen.

Wertung

360

Unterhaltsamer Arcade-Rabatz, mit Schwächen beim Missionsdesign, aber einer motivierenden Extraportion Krachbumm.

PlayStation3

Unterhaltsamer Arcade-Rabatz, mit Schwächen beim Missionsdesign, aber einer motivierenden Extraportion Krachbumm.

PC

Die PC-Version bietet die leicht bessere Grafik, ist aber sonst in jeder Hinsicht identisch.

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.