Rock Band Blitz04.09.2012, Mathias Oertel
Rock Band Blitz

Im Test:

Die Blütezeit der Plastikinstrumente ist vorbei. Was übrig ist, sind Erinnerungen, haufenweise Klampfen und im besten Fall eine enorme Songbibliothek. Guitar Hero- und Rock Band-Erfinder Harmonix bleibt seinen Wurzeln allerdings treu und bietet im PSN sowie auf dem Xbox Marktplatz mit Rock Band Blitz einen Arcade-Musikus, der nicht einmal zusätzliche Hardware benötigt.

Fast wie immer

Rock Band fast wie man es kennt.
Rock Band fast wie man es kennt.
Wo Rock Band drauf steht, ist auch Rock Band drin. Daher verwundert es nicht, dass sich Harmonix auch für den Arcade-Ableger der ruhmreichen, aber bei vielen mittlerweile fast vergessenen Serie auf bekannte Elemente verlässt: Noten, die auf fünf Spuren (stellvertretend für Drums, Bass, Gitarre, Gesang und Keyboard) eines "Highways" liegen, müssen im richtigen Rhythmus gespielt werden.

Hier ist man jedoch ohne Plastikgitarre, sondern mit dem Pad unterwegs und nicht auf eine Spur (sprich: ein Instrument) beschränkt, sondern muss sich um alle fünf kümmern. Da man immer nur eine bearbeiten kann, muss ständig hin- und hergewechselt werden. Das wiederum erinnert an die Handheld-Ableger auf PSP oder DS sowie vor allem an die PS2-Klassiker Amplitude und Frequency, mit denen Harmonix seinen musikalischen Ruf begründete.

Die Trackliste von Rock Band Blitz:

* Kids in the Street - The All-American Rejects

* So Far Away - Avenged Sevenfold

* One Week - Barenaked Ladies

* Always - Blink-182

* Shine - Collective Soul

* I'm Still Standing - Elton John

* A Little Less Sixteen Candles, A Little More 'Touch Me' - Fall Out Boy

* These Days - Foo Fighters

* Pumped Up Kicks - Foster the People

* We Are Young - Fun. ft. Janelle Monáe

* Once Bitten Twice Shy - Great White

* Jungle Boogie - Kool & The Gang

* The Wicker - Iron Maiden

* Stronger (What Doesn't Kill You) - Kelly Clarkson

* Cult of Personality - Living Colour

* Moves Like Jagger - Maroon 5

* Sing - My Chemical Romance

* Raise Your Glass - P!nk

*Death on Two Legs - Queen

* Metal Health (Bang Your Head) - Quiet Riot

* Give It Away - Red Hot Chili Peppers

* Jessie's Girl - Rick Springfield

* Diamond Eyes (Boom-Lay Boom-Lay Boom) - Shinedown

* Spoonman - Soundgarden

* Shout -  Tears for Fears

Im Gegensatz zu den großen Rock-Brüdern muss man hier nicht auf fünf spielbare Notenstränge achten, sondern kann sich auf zwei pro Spur konzentrieren. Die Noten werden in der Standardeinstellung über die Sticks aktiviert, während die Schultertasten die Spuren durchschalten. Es gibt noch drei weitere Konfigurationsoptionen (u.a. nur auf den Schultertasten), denen allerdings eines gemeinsam ist: Befindet man sich ganz rechts, kann man nicht direkt in die ganz linke Spur weiterrücken, sondern muss den Umweg über alle anderen Spuren gehen. Da der Zeitfaktor eine kritische Rolle spielen kann, ist dies ein unnötiges Ärgernis, dessen Ursprung ich nicht nachvollziehen kann.

Taktische Komboketten statt Perfektion

Auch hinsichtlich der Zielsetzung unterscheidet sich Blitz von den übrigen Rock Bands. Musste man bisher versuchen, eine möglichst perfekte Kette von Anfang bis Ende aufzubauen, um den Highscore zu knacken, geht es hier darum, in allen Spuren die Multiplikatoren kontinuierlich zu verbessern, damit die Punktzahl aufgebohrt wird. Das wiederum erreicht man durch eine für jeden Song (und Spur) unterschiedliche Anzahl von richtig gespielten Noten. Dabei sollte man jedoch keine Spur außen vor lassen. Denn bei jedem Kontrollpunkt wird überprüft, wie hoch der jeweilige Multiplikator ist und das Limit ggf. angehoben. Ein Beispiel: Der Maximalmultiplikator für jede richtig gespielte Note liegt bei 5x. Hat man in allen Spuren diesen Wert erreicht, wird das Maximum bis zum nächsten Checkpunkt auf 8x hochgesetzt usw. Läge auch nur eine Spur unter 5x, würde das nächste mögliche Höchstlevel modifiziert - wenn es sein muss sogar so weit, dass es gar keinen Fortschritt gibt, bis man die "Nachzügler" angepasst hat.

Will man die Online-Ranglisten dominieren (einen Offline-Mehrspieler-Modus gibt es leider nicht) oder seinen Freunden harte Herausforderungen kredenzen, muss man also nicht nur gute Reflexe sowie ein entsprechendes Rhythmusgefühl haben. Man sollte sich auch hinsichtlich des Songs etwas auskennen und ein taktisches Gespür entwickeln, wann man zu welcher Spur wechseln sollte, damit man nicht angesichts des nahenden Kontrollpunktes panisch feststellt, dass z.B. die Drumspur hoffnungslos hinterher hängt, während man in der Gesangslinie der vermeintlichen Punktzahl wegen eine lang gespielte Note hält.

Power mich up

Als ob das nicht reichen würde, schmeißt Harmonix noch zahlreiche Power-Ups in die Runde, die man nach und nach in drei Kategorien freischaltet: Track-Upgrades sind auf

Zusätzlich zu den über 20 integrierten Songs hat man Zugriff auf die Rock Band-Bibliothek auf der Festplatte sowie den Rock Band-Store.
Zusätzlich zu den über 20 integrierten Songs hat man Zugriff auf die Rock Band-Bibliothek auf der Festplatte sowie den Rock Band-Store.
eine Spur beschränkt und sorgen dafür, dass z.B. jede Gitarrennote mehr Punkte bringt. Noten-Power-Ups werden über einzelne, besonders gefärbte Noten ausgelöst, die sich auf jeder Spur befinden können und mitunter unberechenbare Veränderungen mit sich bringen wie z.B. die Explosion der jeweiligen Note samt aller im Umfeld liegenden Kollegen oder eine Flipperkugel, die über den Highway rollt und eine Schneise der (Noten-)Zerstörung hinterlässt. Und dann schließlich kann man mit dem Sammeln der weiß gekennzeichneten Overdrive-Noten (ebenfalls über sämtliche Spuren hinweg) so viel Energie ansparen, dass man das entsprechende Power-up aktivieren kann wie z.B. einen temporären Punkteverdoppler oder eine Rakete, die Noten im Hintergrund abschießt.

Cool: Man kann aus jeder Kategorie eines anwählen und mit den anderen kombinieren. Weniger cool ist, dass der Einsatz Münzen kostet, die man erst durch erfolgreiche Song-Bewältigung anhäufen muss. Die Crux dabei: Ohne die Extras hat man kaum eine Chance, in den Bereich von fünf Sternen (und entsprechend hoher Münzen-Ausschüttung) vorzudringen. Und in den unteren Erfolgskategorien (drei oder vier Sterne) ist die Belohnung deutlich niedriger, gleichsam bekommt man für einen bereits gespielten Song weniger als für eine Premiere. Im Gegenzug kann man mehr Münzen kassieren, wenn man Blitz mit der facebook-App "Rock Band World" verbindet, über die man noch zusätzliche Herausforderungen freischalten kann, die einem ohne das Sozialnetzwerk leider nicht zur Verfügung stehen.

Biedere Technik

Egal, welchen Song man spielt: Die Kulisse ändert sich nicht.
Egal, welchen Song man spielt: Die Kulisse ändert sich nicht.
In seiner Gesamtheit ist Blitz letztlich nur kurzzeitig bzw. in kleinen Dosen unterhaltsam. Nicht nur der fehlende Mehrspieler-Modus, auch die spröde Kulisse hat ihren Anteil daran: Anfänglich sind die im Takt wippenden Häuser am Rande der Notenautobahn und die kleinen Bewegungen hier und da noch ganz ansprechend, ganz zu schweigen vom dezenten Zoom-Effekt, wenn sich der Blitz-Modus einschaltet. Doch da man bei ausnahmslos jedem Song immer und immer wieder die gleiche Straße entlang fährt, entwickelt sich irgendwann nur noch der Reiz einer täglichen Pendlerfahrt durch den Elbtunnel.

Und die Akustik, normalerweise das Aushängeschild fast jedes Harmonix-Spiels, ist auch nicht über alle Zweifel erhaben. Nicht nur, dass man sich hier nicht verspielen kann wie in den großen Rock Bands, läuft der Song in seiner Komplettheit stets weiter, egal, wo man sich befindet. Zwar wird z.B. die Gesangsspur hervorgehoben, wenn man die Noten hier korrekt spielt, doch selbst wenn man nichts macht, verschwindet die Vokalspur nie komplett aus dem Akustikmix.

Hier hätte Harmonix gut daran getan, eine Prise Amplitude bzw. Frequency ins Spiel zu bringen, wo Spuren nur dann akustisch dargestellt wurden, wenn man sich in ihnen befand bzw. für einen bestimmten Zeitraum automatisch liefen, wenn man Meilensteine erreicht hatte. Übersetzt auf Blitz könnte das bedeuten: Sobald man einen Multiplikator erhöht hat, wird auch die entsprechende Akustik stärker. So hätte man parallel zum visuellen Feedback (je nach Faktor ist die Spur ausgefüllter) noch einen klingenden Anhaltspunkt, welche Spur nicht die Anforderungen erfüllt.

Fazit

Wie? Ein Rock Band ohne Instrumente? Und das soll funktionieren? Oh ja! Genau wie die Handheld-Ableger oder die ebenfalls von Harmonix entwickelten PS2-Titel Amplitude oder Frequency beweist Blitz, dass Rhythmus auch ohne Plastikklampfen Spaß machen kann. Das auf Kombos und Multiplikatoren setzende Konzept geht zwar auf, nicht zuletzt auch dank der gut reagierenden Steuerung. Doch ohne lokalen Mehrspielermodus (es werden nur Online-Ranglisten angeboten) sowie mit einer spartanischen und abwechslungsarmen Kulisse ausgestattet, ist es unter dem Strich wenig mehr als ein nettes Rhythmus-Geplänkel für zwischendurch. Es gewinnt allerdings zusätzlichen Reiz durch die Kombination mit den klassischen Rock Bands: Sämtliche Songs, die man auf der Festplatte hat, lassen sich auch hier verwenden und im Gegenzug kann man die übner 20 Blitz-Lieder auch mit Plastikklampfen & Co spielen.

Pro

leicht zugängliches Konzept
eingängige Steuerung
Rock Band-Songbibliothek kann verwendet werden
vier Kontrollkonfigurationen
kombinierbare Power-Ups
über 20 Songs, die auch in den klassischen Rock Bands einsetzbar sind

Kontra

kein Mehrspielermodus
spartanische Kulisse und Präsentation
nur ein Schwierigkeitsgrad
oberflächlicher Soundmix

Wertung

360

Nettes Rhythmus-Spielchen für zwischendurch, das für Rock Band-Spieler den zusätzlichen Anreiz der 25 neuen Songs für das Archiv mitbringt.

PlayStation3

Blitz erreicht nicht ganz die bekannte Harmonix-Qualität, sorgt aber kurzzeitig für gelungene Rhythmus-Unterhaltung sowie für eine günstige Aufstockung des Rock Band-Songarchivs.

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