Damage Inc. - Pacific Squadron WWII04.09.2012, Paul Kautz
Damage Inc. - Pacific Squadron WWII

Im Test:

Vor kurzem hat Gaijin Entertainment mit dem zwar nicht makellosen, aber dennoch tollen Birds of Steel bewiesen, dass ein Spagat zwischen Arcade und ernsthafter Flugsimulation auch auf Konsole möglich ist. Trickstar Entertainment demonstriert nun mit Damage Inc. Pacific Squadron WWII, dass mit genug Unvermögen selbst der Arcade-Teil zu viel verlangt sein kann.

Schnarchgeräusche über den Wolken

Medal of Honor kam, sah und sorgte für eine Welle an ähnlichen bis sehr ähnlichen WW2-Shootern - bis auch der härteste Omaha-Veteran allein bei der Erwähnung des Genres Schmerzen vor lauter Stirnklatschen bekam. Das dürfte bald auch dem Bereich der Arcade-Flieger drohen, denn der Zweite Weltkrieg ist immer noch nicht abgehakt, jedenfalls nicht aus der Luft. Auch wenn ich Pearl Harbor, Midway, Wake Island und Guadalcanal mittlerweile fast so oft befriedet habe wie Stalingrad.

Die Kampagne bietet 23 Missionen voller heldenhafter Amerikaner und bitterböser Japaner, die sich im Pazifikraum der Jahre 1941-45 die Propellermaschinen um die Ohren werfen. Die Missionen sind zwischen sechs und 30 Minuten lang, wobei der Umfang der ausführlicheren Aufträge einzig und allein dadurch erreicht wird, dass die Entwickler offenbar ein paar Mal zu oft Serious Sam gespielt haben: Gegnerwelle, Gegnerwelle, Gegnerwelle, Gegnerwelle (uh, Bodenziele!), Gegnerwelle, Gegnerwelle, Gegnerwelle (ah, Landungsschiffe, wie schön), Gegnerwelle, Gegnerwelle.

Der typische Damage-Inc-Arbeitsalltag: Die erste von 200 Gegnerwellen.
Der typische Damage-Inc-Arbeitsalltag: Die erste von 200 Gegnerwellen.
Danach vielleicht noch die eine oder andere Gegnerwelle, dann ist die Mission geschafft, in der nächsten geht der Spaß von vorn los. Die Aufgaben bieten die üblichen Standards, von der Patrouille zum Aufklärungsflug über Verteidigungs- bis zu Bomb- und Torpedo-Einsätzen. Man verfügt über unbegrenzte Munition für alle Waffen, wobei verbrauchte Bomben, Raketen oder Torpedos nach kurzer Zeit automatisch wieder aufgefüllt werden. Gemeisterte Missionen schalten neue Maschinen frei, denen man mittels ominöser „Aufrüstpunkte“ bessere Waffen, mehr Wendigkeit oder höhere Geschwindigkeit verleihen darf. Hochspannend ist übrigens auch die Auswertung jedes Auftrages: Denn die zeigt nicht nur, wie viele Gegner man wie schnell erledigt hat, sondern liefert auch Infos darüber, wie viel Schaden man kassiert hat. Nur muss mir noch einer verraten, was ich mit der Info „572%“ anfangen kann.

Reflexe, Reflexe…

Wir präsentieren: Die hässlichsten Wolken der Menschheitsgeschichte!
Wir präsentieren: Die hässlichsten Wolken der Menschheitsgeschichte!
Als simpler Arcade-Flieger ist Damage Inc. für das Spielen per Gamepad ausgelegt, was allerdings nur begrenzt gut funktioniert: Denn der „War Speed“ genannte Turboboost wird gezündet, indem man den rechten Analogstick drückt - und gedrückt hält. Was auf Dauer sehr unbequem ist. Wieso dieser Boost nicht auf einer Taste liegt, ist ebenso schwer nachzuvollziehen (besonders angesichts der Tatsache, dass die Funktionen der X- & Y-Knöpfe bereits auf dem Digipad liegen) wie die nicht vorhandene Möglichkeit der Umbelegung der Kontrollen - es gibt nur ein Layout, fertig! Etwas interessanter wird es durch die Collector’s Edition des Spiels, der ein Joystick (ein leicht umdesignter Saitek AV8R) beiliegt. Gut: Die Oberschenkel-förmigen Rundungen auf der Unterseite. Schlecht: Alles andere. Das Ding ist wabbelig, nicht konfigurierbar und nicht für das Spiel optimiert, dem es beiliegt. Denn weder bekommt man eine Tastenbelegung für den Stick angezeigt, noch kann man damit in den „Reflex-Modus“ schalten!

Die Flugzeuge sind das Highlight der sonst in jeder Hinsicht indiskutablen Grafik.
Die Flugzeuge sind das Highlight der sonst in jeder Hinsicht indiskutablen Grafik.
Dieser Modus, mit dem Pad jederzeit unbegrenzt aktivierbar, ist nicht mehr als eine die Sicht drastisch verzerrende Zeitlupe, dank der man die Gegner in aller Ruhe ins Visier nehmen und gemütlich zerlegen kann. Einen nach dem anderen, völlig ohne Hetze oder Herausforderung. Das macht die Kampagne selbst auf dem höchsten der drei Schwierigkeitsgrade zum Klacks - die einzige Herausforderung liegt im Dogfight gegen die selten aufkreuzenden „Ace“-Piloten. Was auch daran liegt, dass die mitfliegenden Flügelmänner nichts drauf haben: Sie nehmen keine Anweisungen entgegen und machen kaum mal einen Abschuss. Wer sich das Leben ein bisschen schwerer machen will, wählt das Steuerungsmodell „Simulation“, das aber mit seinem Pendant im großartigen Birds of Steel nicht das Geringste zu tun hat: Hier führen lediglich weniger Schienen durch die Luft, außerdem darf man nur hier zur Cockpit-Perspektive greifen.

Willkommen im Pazifik-Minecraft!

Die Cockpit-Perspektive gibt es nur im "Simulations-Modus" - der seinen Namen nicht wert ist.
Die Cockpit-Perspektive gibt es nur im "Simulations-Modus" - der seinen Namen nicht wert ist.
Trickstar Games haben vor gar nicht allzu langer Zeit das unterirdische JASF abgeliefert. Und Damage Inc. beweist leider überdeutlich, dass die Entwickler nicht lernfähig sind. Denn zum einen ist das Spiel eine Ansammlung handfester, wahnsinnig nervender Bugs. Wie der schlampigen Kollisionsabfrage, die dafür sorgt, dass man zwar meterweit von einem Hindernis entfernt ist, aber trotzdem daran hängen bleibt. Oder ein Wasserflugzeug, das beim Wasserkontakt explodiert. Frustrierend auch  die unerwarteten Missionsabbrüche: Wie vorgeschrieben pflücke ich im Missionsgebiet Japaner um Japaner aus der Luft. Plötzlich knarzt es aus dem Funkgerät „Hey, was machst du da? Wohin fliegst du?“ - und zack, wird ausgeblendet und mir der letzte Checkpunkt angeboten. Hää? Noch besser: Es gibt gar keine Meldung: Mitten im Gefecht wird der Bildschirm dunkler, der Checkpunkt wartet. Kein Abschuss, keine Explosion, nichts - einfach so Schluss. Leute, wollt ihr mich verarschen?

Der "Reflex-Modus" ist eine extrem verzerrte Zeitlupe, in der man die Gegner gemütlich ins Visier nehmen kann - wodurch das Spiel verdammt leicht wird.
Der "Reflex-Modus" ist eine extrem verzerrte Zeitlupe, in der man die Gegner gemütlich ins Visier nehmen kann - wodurch das Spiel verdammt leicht wird.
Ja, das wollen sie, was man spätestens am Werbespruch „Faszinierend dargestellte Flugzeuge, Inseln und Kampfschauplätze“ merkt: Damage Inc. ist hässlich. Wirklich hässlich wie die Nacht! Okay, bei den Flugzeugen lasse ich noch mit mir verhandeln, aber der Rest ist zum Teil einfach nur hochpeinlich für ein Spiel, das im Jahr 2012 erscheint. Nehmen wir als Beispiel die Wolkendecke: Etwas derart Pixeliges am Himmel habe ich, ohne jegliche Übertreibung, zuletzt bei Pacific Strike gesehen - im Jahr 1994! Die groben Bitmap-Lappen, die die Hälfte des Bildes einnehmen, können nur ironisch gemeint sein, eine Hommage der Entwickler an selige VGA-Zeiten. Zu denen würden auch die matschigen Bodentexturen,  die rotzhässlichen Explosionen oder die per Copy&Paste auf dem Boden verteilen Simpelbäumchen passen. Lediglich die Mischung aus Scherenschnitten und krümeligen Original-Schwarz-Weiß-Videos aus der damaligen Zeit ist ansehnlich, der Rest nicht mehr als ein schlechter Witz! Dazu passt auch die englische Sprachausgabe (mit optionalen deutschen Texten); die Dialoge zwischen „Reaper Leader“ (der Spieler) und „Control“ (die immer anwesende Basis) sind ein Fest der Scheißegaligkeit: Die Japaner haben gerade meinen Bruder abgeknallt? Och. Ja. Ist halt so. Kein Grund für Emotionen. Ganz Wagemutige dürfen sich auch in Online-Gefechte werfen: Vier Spieler dürfen die Kampagnen-Missionen kooperativ angehen, doppelt so viele sich in Gegeneinander-Schlachten werfen.

Fazit

Ein Blick auf die Packung hätte mir Warnung genug sein müssen: Trickstar Games - das sind doch die Verbrecher, die vor kurzem die ruhmreiche Jane’s-Marke zum Schafott geführt haben! Jep, das sind sie, und sie haben erneut zugeschlagen. Damage Inc. ist eine konsequente Weiterführung der Mangelhaftigkeit von JASF, nur jetzt im Pazifikszenario des Zweiten Weltkrieges. Die Präsentation ist grässlich; angefangen von den Baukasten-Wolken über die lachhaften Explosionen bis hin zu den matschigen, per Copy/Paste bewaldeten Szenarien - und trotzdem ruckelt’s immer wieder. Das Missionsdesign ist mit „einschläfernd“ noch wohlwollend beschrieben, jeder einzelne Auftrag basiert darauf, Welle um Welle um Welle an Gegnern (in der zweiten Mission hatte ich 93 Abschüsse!) gen Boden zu schicken - was aufgrund des übermächtigen „Reflex-Modus“ nicht den geringsten Anspruch mit sich bringt: Zeitlupe -> Kill -> Zeitlupe -> Kill -> Zeitlupe -> Kill… Zwischendurch gibt’s nicht nachvollziehbare Missionsabbrüche, die einen unerwartet zum letzten Checkpunkt zurückwerfen. Und dann ist da natürlich noch die zickige, nicht verstellbare Steuerung, die zwar mit dem Joystick der Special Edition etwas besser wird - aber mit dem kann man die Zeitlupe nicht mehr nutzen! Kurz gesagt: Einzig der Umfang sowie die solide Präsentation der Kampagne sorgen für ein hilfloses kleines Licht am Horizont. Oh, und der Soundtrack klingt gar nicht mal schlecht. Alles andere dagegen ist eine Schande in Bits und Bytes!

Pro

umfangreiche Kampagne
solider Soundtrack

Kontra

hässliche Grafik
häufiges Ruckeln
zickige Steuerung
einschläferndes Missionsdesign
grässliche Wolkendarstellung
langweilige Sprachausgabe
übermächtiger „Reflex-Modus“
umständliche, nicht verstellbare Steuerung
nicht nachvollziehbare Missionsabbrüche
schlampige Kollisionsabfrage

Wertung

360

Hässlich wie die Nacht, fummelig zu steuern, voller Bugs und einschläfernder Missionen - dieser Pazifikschrott sollte besser unberührt bleiben!

PlayStation3

Hässlich wie die Nacht, fummelig zu steuern, voller Bugs und einschläfernder Missionen - dieser Pazifikschrott sollte besser unberührt bleiben!

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