Battlefield 2: Modern Combat30.04.2006, Paul Kautz
Battlefield 2: Modern Combat

Im Test:

Die Battlefield-Serie genießt am PC seit dem Debüt im Jahr 2002 einen hervorragenden Ruf in der Mehrspielergemeinde, der erst vor einigen Monaten mit Battlefield 2 erneut bestärkt wurde. Modern Combat ist der erste Ausflug der Serie in Konsolen-Gefilde – wie schlägt sich das Multiplayermonster nach dem PS2- und Xbox-Debüt auf der 360?

Konsolen-Schlachtfelder

Die »2« im Titel sorgt für Verwirrung – nanu, habe ich den ersten Teil verpasst? Nein, kein Zeitloch, keine Amnesie, sondern schlicht eine merkwürdige Wahl seitens Electronic Arts. Warum die Zahl im Namen ist, bleibt also im Nebel des Mysteriösen, spielt aber im Grunde auch gar keine Rolle. Denn ob eins oder zwei, das Viele-Spieler-auf-einem-Schlachtfeld-Konzept der PC-Vorlage bleibt erhalten, allerdings nicht nur im Mehrspielerbereich. Stattdessen gibt es jetzt auf Konsolen endlich das, was der PC-Gemeinde bis heute vorbehalten bleibt: einen 

Teamplay ist das A und O in Battlefield - Einzelgänger sind hier gefundenes Gegnerfressen.
vernünftigen Einzelspielermodus! Die in naher Zukunft gelegene, in schönen Rendersequenzen präsentierte Story dreht sich 20 Missionen lang um einen fiktiven Krieg in Kasachstan, in dem amerikanische und chinesische Streitmächte aneinander geraten. Als Spieler erlebt man diesen Konflikt auf beiden Seiten, inklusive interessanter Propaganda-Zurechtdrehung von wichtigen Ereignissen. Serientypisch stehen euch jede Menge Fahrzeuge, Boote und Luftvehikel zur Verfügung, die ihr jederzeit benutzen dürft. So verteidigt ihr zu Fuß eine Ölplattform, erobert und haltet mit dem Panzer eine Basis oder zerlegt am Steuer eines Helikopters feindliche Schiffe.

Natürlich macht ihr das nicht allein, da ihr jederzeit Teil eines KI-gesteuerten Teams seid: dem könnt ihr zwar keine Befehle geben, aber sie schlagen sich, mit Ausnahme einer etwas sehr lemminggleichen Vorwärtssturm-Tendenz, sehr solide. Das Besonders an euren Jungs: Ihr dürft in jeden hineinschlüpfen! Ihr habt es satt, die Infanterie zu spielen? Visiert einen Scharfschützen an, drückt den »Hotswap«-Button und verfolgt den rasanten Zoom, über den ihr die Persönlichkeit mit dem anderen Soldaten tauscht. Da die Truppen generell gut gemischt in die Schlacht ziehen, steht es euch mehr oder weniger frei, aller paar Sekunden eine neue Rolle einzunehmen. Das ist sehr praktisch, um schnell an wichtige Plätze zu kommen, außerdem könnt ihr so flink in gerade dringend benötigte Rollen schlüpfen. Wenn etwa ein Panzer rumpelnd durch Zäune bricht und der Soldat mit dem Raketenwerfer ihn noch nicht bemerkt hat: Zoom,

Die Qual der Wahl: Ihr könnt frei unter vielen Vehikeln wählen.
anvisieren, Feuer! Wenn ihr mit der Leistung des Team-Scharfschützen nicht zufrieden seid – macht es doch einfach besser! Werdet ihr getötet, versetzt euch das Programm automatisch in die nächstbeste Einheit. Das geht so lange, bis keine Kameraden mehr vorhanden sind. In dem Fall heißt es dann »Game Over« und noch mal von vorn.

Team ohne Commander

Modern Combat verfolgt einen tief sitzenden Arcade-Anspruch: Realismus wird auf ein Minimum zurückgeschraubt, das Spiel setzt auf schnelle Action. Allerdings gibt es weitaus weniger Belohnungen als bei den vorherigen Fassungen, keine leicht gewonnenen Medaillen, keine Upgrade-Boni – lediglich Xbox-Achievements, die eurem 360-Konto gutgeschrieben werden. Aus dem Hauptmenü heraus könnt ihr euch auch an Minigames versuchen: Humvee-Rennen, Hotswap-Wettbewerbe oder Waffen-Herausforderungen. Trotz aller Kürzungen bleibt ein Arcade-Shooter-Erlebnis, das für Freunde dieses Genres sehr cool ist – nur mit dem originalen Battlefield-Spielgefühl hat das kaum noch was zu tun.       

Anders sieht die Sache aus, wenn ihr euch via Xbox Live auf die virtuellen Schlachtfelder dieser Welt traut. Bis zu 24 Spieler dürfen sich auf 13 verhältnismäßig kleinen Karten austoben. Leider gibt es keine anderen Mehrspielermodi, kein System Link, kein Splitscreen. Wie am PC wählt ihr unter fünf gut ausbalancierten Charakterklassen mit jeweils eigenen Spezialitäten und Waffen, 

Nicht sehr Next-Gen: Gerade die leblosen Umgebungen lassen Details vermissen.
sucht euch einen Startpunkt aus und legt los. Hier stehen euch alle Knarren und alle Vehikel zur Verfügung, das Chaos ist entsprechend groß und amüsant. Zwei bekannte Spielmodi (Conquest und CTF) klingen nicht üppig, aber Conquest ist nicht ohne Grund der meistgespielte Modus am PC. Bedauerlicherweise hat es der coole Commander-Modus von Battlefield 2 nicht auf die Konsole geschafft, außerdem wird euch das Finden von Gegnern etwas sehr leicht gemacht - werden sie doch mit einem roten Punkt markiert, sobald sie in Sichtweite geraten. Umfangreiche Statistiken protokollieren all eure Erfolge und Misserfolge.

Krawumm von allen Seiten

Seid ihr durch die Battlefield 2-Prachtgrafik verwöhnt, müsst ihr auch an der Xbox 360 zwei Gänge zurückschalten: Das Gebotene sieht prima, aber beim besten Willen nicht spektakulär und schon gar nicht nach Next-Gen aus. Gut designte Levels, nette Waffen, ansehnliche Figuren – die Optik ist bemerkenswert, lässt es aber an Details mangeln. Der größte Vorteil der 360-Version ist die flüssige Grafik, ansonsten unterscheidet sich die Kulisse nur marginal von ihren Current-Gen-Brüdern – ein paar mehr Shadereffekte auf den Klamotten und dem Boden, etwas polygonlastigere Figuren, ein Tiefenunschärfe-Effekt für den Hintergrund, aber abgesehen von der höheren Auflösung sieht die HD-Variante nicht wirklich besser aus. Außerdem sind die Umgebungen gewohnt steril, es gibt keinerlei Interaktionsmöglichkeiten, es sei denn, die Entwickler sehen sie vor. Der Rest bleibt gleich: dicke Explosionen, gut gemachte Renderfilme und ordentlich geskriptete Szenen im Einzelspielermodus. Auch die Wettereffekte können sich sehen lassen,

Die fünf Soldatenklassen bieten genug Abwechslung für jeden Spielertyp.
leiden aber an einem merkwürdigen Phänomen: Befindet ihr euch in einem Haus, seht ihr keinen Schnee mehr – logisch. Allerdings schneit es zu dem Zeitpunkt auch draußen nicht mehr! Erst wenn ihr wieder an die frische Luft geht, wird auf einmal wie von Zauberhand eine dicke Schneemauer herbeigeschnipst!

Was alle Fassungen jedoch mit dem PC-Vorbild gemeinsam haben, sind die ausufernd langen Ladezeiten – immerhin wird euch der Anblick des dauernd hin und her wandernden Ladebalkens mit gut und deutsch gesprochenen Missionsbeschreibungen versüßt. Auch der Rest der Akustik kann sich hören lassen: Im Einzelspielermodus gibt es jede Menge Funkverkehr, in der Mehrspielervariante dank der Nutzung von Headsets fast noch mehr. Krachende, wenn auch teilweise etwas hohl klingende 5.1-Soundeffekte sowie eine Musik, die in jedem Jerry Bruckheimer-Film gut aufgehoben wäre, runden das Ohrenschmeichler-Paket ab. Die Steuerung bietet zu Fuß keinen Grund zur Klage. An Bord eines Panzers oder Helikopters ist schon mehr Gewöhnung nötig, speziell die Fahrzeuge steuern sich etwas schwammig – die auf dem linken Analogstick liegende Steuerung lässt sich dummerweise nicht auf Buttons legen.    

Fazit

Eine Warnung an alle Battlefield-Cracks: Mit dem PC-Vorbild hat die Konsolen-Variante neben den ewigen Ladezeiten nur das grundlegende Spielprinzip gemein – die Action selbst ist weitaus arcadiger! Und das ist gut so, denn dadurch gewinnt die Reihe ordentlich an Schwung: Ich mag vor allem den Singleplayermodus, der das Geballere in einem zwar oberflächlichen, aber doch interessanten Rahmen hält und nicht einfach nur eine Map an die andere klatscht. Klar hat das Spiel mit der KI auch Nachteile: Die eigenen Kameraden trampeln recht forsch an die Front, fallen wie die Fliegen und fahren ohne Rücksicht auf (eigene) Verluste - die Gegner dagegen respawnen unschön, z.B. in einer Zone, die man Sekunden davor vollständig »befriedet« hat. Und gerade auf der 360 hätte ich grafisch mehr erwartet, die Optik ist nett, aber alles andere als Next-Gen! Sei’s drum, das Missionsdesign ist solide, die Action fordernd. Online geht natürlich erst recht die Post ab, einfache Verbindung, gut umgesetzter Conquest-Modus. Die Battlefield-Serie hat die Konsolen-Feuertaufe gut bestanden – lässt aber gleichzeitig sehr viel Verbesserungsmöglichkeiten für einen Nachfolger.

Pro

nette Optik
brachiale Soundkulisse
arcadiges Spielprinzip
rasante Online-Gefechte
cooles Einheitenwechseln
massig Vehikel und Waffen
detaillierte Statistiken

Kontra

detailarme Grafik
kaum HD-Verbesserungen
lange Ladezeiten
gewöhnungsbedürftige Fahrzeugsteuerung
teilweise lahme Soundeffekte
merkwürdige Wettersimulation
nervend spawnende Gegner
sterile Umgebung

Wertung

360

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