Im Test:
Lautloser Tod
Wenn man als schattenhafter Jäger auf einem Dach lauert und einen Augenblick später mit gezücktem Katana auf seinem Opfer landet, um es in einer ebenso eleganten wie blutigen Bewegung ins Jenseits zu befördern, dann kommt durchaus morbider Spaß auf. Man fühlt sich wie eine Katze mit tödlichen Klingen. Oder wenn man an eine Wand gelehnt um die Ecke schaut, eine Wache kommen sieht und diese kurz vor dem Augenkontakt mit einem schnellen Judogriff übertölpelt, um dann zigfach gefalteten Stahl in ihr zu versenken...
Ab durch die Papierwand: Ein Schatten verrät, wo sich die Wache befindet... |
Das riecht nach Potenzial
Und mit dem Geruch als weiterem Entdeckungsindiz neben Geräuschen und Sichtbarkeit bieten die Japaner eine frische Komponente an, die selbst Solid Snake und Sam Fisher nicht kannten: Fallt ihr in eine Jauchegrube, riechen euch die Wachen und ihr müsst euch im Wasser oder per Seife reinigen - sehr schön. Bloß wieso spielt das so selten eine Rolle im Schleichalltag? Ansonsten beherrscht ihr das Einmaleins der Stealth-Action und könnt Leichen wegtragen, Wachen bewusstlos schlagen, lautlos landen, mit dem Greifhaken in die Höhe, auf dem Bauch kriechen. Die Kamera darf mit dem rechten Stick frei justiert werden, auf Wunsch wird sie auch Richtung Sichtpunkt wieder zentriert oder auf einen Feind fixiert - an der Steuerung gibt's nichts auszusetzen.
Hört sich alles gut an, aber das Spiel scheitert leider auf ganzer Linie in Sachen Technik, Figurenverhalten und Präsentation. From Software hat die Power der Xbox 360 für diese Premiere nicht mal ansatzweise genutzt: Die authentische Architektur und Kleidung können noch überzeugen, aber die Landschaft erschreckt nicht nur mit armen Texturen, sondern mit einer Statik und Sterilität, die einem schnell die Lust auf Erkundungen rauben - genau so wie die tödlichen Fallgruben, die dank des Fehlens von Speicherpunkten innerhalb einer Mission zum Wiederholen zwingen. Hätte man da nicht eine Art siebten Sinn anbieten können? Und warum muss an einer taktisch idiotischen Stelle überhaupt eine Fallgrube sein? Warum latschen die Wache da rüber?
Schwache Technik
Auch der offene Kampf will gelernt sein: Ihr könnt Gegner fixieren, über sie springen und blocken. |
Wer zu nahe an Boden, Wände oder Mauern kommt, wird mit matschigen Tapeten bedient. Dazu gehört auch die akustische Seite: Die japanische Musik kann immerhin im Zusammenspiel mit all den Bauten und Stoffen für eine pseudohistorische Atmosphäre sorgen. Und dass es nur japanische Originalstimmen und deutsche Untertitel gibt, kann man als Ninjafan noch verschmerzen. Aber dass sich ein Sprung ins Wasser anhört, als würde man das verstörende Rauschen eines Fernsehers voll aufdrehen, ist genau so wenig zu ertragen wie die lächerlichen Blutfontänen nach einem Kill. Schmeißt man nach einer Stunde Tenchu Z (ab 51,11€ bei kaufen) z.B. Overlord in die Xbox 360, fühlt man sich wie auf einer anderen Konsolengeneration.
Bomben unter dem Haus
Immerhin zeigt Tenchu Z im Figurenverhalten lobenswerte Ansätze: Wenn ihr euch nach der Flucht vor einem Gegner unter einem Gebäude verkriecht, schmeißen euch die Verfolger tatsächlich kleine Bomben hinterher - das ist klasse. Und auch, dass Wachen nach Verstärkung rufen oder wegzurennen versuchen, wirkt gelungen. Aber der Rest ist enttäuschend: Man kann in einer Sekunde mit drei Wachen kämpfen, dann ein paar Meter weit wegrennen und sich noch im Sichtfeld (!) irgendwo verstecken - ein paar Augenblicke später ist wieder Ruhe eingekehrt; selbst wenn man Leichen hinterlassen hat. Übrigens lohnt sich das Wegschleppen der sterblichen Überreste nicht...
Und warum rennen manche Wachen eigentlich wie blöd in Fackeln, um sich dann zu entzünden? Warum reagieren Hunde nicht auf mein Eindringen? Warum weichen Wachen nicht einmal von ihren Laufwegen ab? Gerade wenn man prominente Persönlichkeiten töten soll fragt man sich, warum ihre Häuser manchmal so schlecht geschützt sind. Kenner der Reihe kommen viel zu leicht zum Ziel und können über die Kombination Schleichhaltung+Bodenrolle+Stealthkill sehr schnell alles aus dem Weg räumen, was sich bewegt - da braucht man kaum noch auf Helligkeit & Co achten. Da man selbst in den ersten Sekunden der Entdeckung noch zum lautlosen Todeshieb ansetzen kann, hat man schnell 50 und mehr Opfer auf seiner Liste.Genau so statisch wie euer Auftraggeber zeigen sich Kulisse und Missionsdesign.
Unkoordiniert bis dämlich
Im Ernstfall wirkt das Figurenverhalten unkoordiniert bis dämlich. Bei der Infiltration von Gebäuden müsst ihr dennoch zum einen auf die Lautstärke achten, zum anderen auf die Helligkeit - jeweils repräsentiert durch eine Leiste im Menü. Wer einfach ins Wasser springt, erzeugt mächtig Lärm; wer tölpelhaft durchs Sonnenlicht schlendert, wird entdeckt. Selbst das Ziehen von Katana & Co sorgt für alarmierte Wachen. Jeder Alarm kostet euch wertvolle Punkte in der Statistik und die braucht ihr wiederum, um euch neue Kleidung, Objekte und Fähigkeiten zu kaufen. Wer unentdeckt schleicht und oft lautlos tötet, kann am Ende die höchste Auszeichnung einheimsen und in seinen Charakter investieren.
Das ist auf lange Sicht eine gute Ergänzung, da man wirklich jeden Schnickschnack von der Halbmaske bis zur Lederscheide kaufen kann. Aber warum kann man sich angesichts der Fülle an Accessoires nicht vor dem Kauf anzeigen lassen, wie sie aussehen? So muss ich mein Geld ahnungslos für ein "Haar 5" ausgeben! Und manche der Angriffstalente haben wenig mit subtilen Ninjatechniken als vielmehr Kampfaction zu tun: Rundumattacken oder Gegner-in-die-Luft-Schläge bereiten eher darauf vor, dass dieses Tenchu Z auch Bosskampf-ähnliche Momente anbieten. Irgendwann kämpft ihr auf einem Schiff
Lust auf bewegte Bilder? |
Download Trailer 4gegen einen mysteriösen Ninja. Allerdings läuft der Kampf klassisch schlecht ab: So lange und schnell draufhauen, dass sich der Feind nicht mehr bewegen kann. Ich habe gegen diesen Schurken, der als böser Antagonist "Sigi" aufgebaut werden sollte, keinen einzigen Punkt verloren.
Worum geht es? Egal!
Warum habe ich bisher nichts zur Story erzählt? Weil es keine gescheite gibt! Irgendwie jagt man ohne einen roten Faden dubiosen Agenten, Händlern und Verrätern hinterher. Die Charakterzeichnungen sind teilweise billig, die Klischees werden literweise ausgekippt. Die viel zu kurzen Einleitungsfilme enttäuschen dann mit Texten wie: "Die Kodoma-Blätter sind ein gutes Geschäft." Punkt. Aus. Danach geht es in die Mission. Das war die lieblose Einstimmung auf die Eliminierung eines mittelalterlichen Drogendealers. Und wer ist eigentlich die Begleiterin an meiner Seite? Keine Ahnung, sie ist einfach immer in den Zwischensequenzen zu sehen, obwohl sie innerhalb des Spiels nicht auftaucht. Welche Funktion hat der Ninjameister in meinem Hauptquartier, außer dass er neue Missionen anbietet? Warum redet er nicht?
Kooperativer Spaß: Der Multiplayermodus für bis zu vier Leute rettet das befriedigende Niveau. |
Den entfaltet es auch für zwischendurch über Xbox Live, denn ihr könnt kooperativ mit bis zu vier Mann Aufträge erledigen - auch ein System Link ist möglich. In einer Lobby könnt ihr euch über Headset verabreden; auch in den Missionen ist die Kommunikation möglich, wer es ganz authentisch haben will, kann auch Handzeichen geben: Gehen, Halt, Ja und Nein stehen zur Verfügung. Sobald man sich mit menschlichen Gegnern unter Ranglistenbedingungen misst, entfaltet Tenchu natürlich einen ganz eigenen Reiz.
Fazit
Wie lange ist die Xbox 360 jetzt schon erhältlich? Eineinhalb Jahre? Und: Wie lange hat From Software an dieser enttäuschenden Premiere gearbeitet? Sechs Monate? Selbst wenn Tenchu Z ein Starttitel gewesen wäre, hätte man sich die Augen angesichts dieser Kulisse reiben, die Ohren angesichts der Geräusche im Wasser verstopfen müssen. Ist das eine PS2-Fassung? Und wenn ja: Da gibt es heutzutage Besseres zu sehen! Versteht mich nicht falsch: Ich mag Ninjas. Ich mag Stealth-Action. Und dieses Spiel zeigt mit dem neuen Geruchsempfinden oder mit den Bombenwürfen unter Gebäude durchaus interessante Ansätze. Aber wenn man Atmosphäre aufbauen will, darf man ein Abenteuer nicht derart lieblos inszenieren, darf man Missionen nicht mit dermaßen dahin geklatschten Texten einleiten und ein Figurenverhalten von unkoordiniert bis dämlich anbieten. Die Missionen sind auf Dauer zu monoton, manche Zielorte sogar identisch, das lautlose Töten ist aufgrund der lethargischen KI viel zu einfach und es gibt zu wenige alternative Routen in Gebäude hinein. Tenchu Z übt unterm Strich immer noch einen morbiden Reiz aus, der aus den eleganten Tötungsmanövern resultiert. Es gibt sogar Momente, wo das Infiltrieren richtig Spaß macht. Und auch der kooperative Multiplayermodus ist zwischendurch unterhaltsam. Aber der wichtige kreative und technische Schnitt, der der altehrwürdigen Reihe endlich zu neuem Glanz hätte verhelfen können, hat hier genau so wenig stattgefunden wie der notwendige grafische Sprung - schade.
Pro
Kontra
Wertung
360
Enttäuschend inszenierte, technisch schwache Stealth-Action; der Multiplayermodus ist einen Blick wert, der morbide Reiz ist immer noch da.
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