Forza Motorsport 310.06.2009, Michael Krosta
Forza Motorsport 3

Vorschau:

"Forza Motorsport 3 (ab 5,29€ bei kaufen) wird DAS Rennspiel dieser Generation - und das plattformübergreifend, einschließlich des PCs!". Mit diesen Worten kündigte Lead Designer Dan Greenawalt von Turn 10 vollmundig und selbstbewusst die jüngste Fortsetzung von Microsofts exklusiver Rennsimulation an, die wir in einer abendlichen Session nach Messeschluss noch etwas genauer unter die Lupe nehmen konnten. Hat der gute Mann da etwa zu viele Auspuff-Abgase eingeatmet oder könnte Forza 3 tatsächlich der Traum aller PS-Junkies werden?

Gigantischer Umfang

Forza hat es ja schon in der Vergangenheit nicht an einer üppigen Fahrzeugsammlung gemangelt. Für den Nachfolger legt man sich aber jetzt richtig ins Zeug: Über 400 Boliden sollen in der Garage warten und dabei aus zehn Mal mehr Polygonen aufgebaut werden als zuvor. Vor allem die neue Cockpit-Ansicht mit ihren detailgetreuen Armaturen, die man bisher noch nie in der Serie zu sehen bekommen hat, lässt dabei die Herzen von Auto-Liebhabern höhern schlagen. Wie es sich gehört, dürfen die Kisten vom schlichten Serienmodell über Muscle-Cars und Sportwagen wieder zu wahren PS-Monstern getunt werden, so dass man z.B. mit einem hoch gezüchteten VW Corrado auch einem Ferrari 430 oder Porsche GT2 Paroli bieten kann. Darüber hinaus kommen auch wieder all die Lackierer auf ihre Kosten, die schon im Vorgänger abseits der Piste mit dem Vinyl-Editor wahre Kunstwerke erschaffen und diese im Auktionshaus mit dem Rest der Welt geteilt haben. Neuerdings bekommen

Die neue Cockpit-Ansicht: Ein Traum!
auch Möchtegern-Regisseure einen Spielplatz geboten und sollen stylische Choreographien, Kamerafahrten und Schnitte mit einem leistungsfähigen Video-Tool inszenieren dürfen, die ebenfalls über Xbox Live zum Download und einer Abstimmung durch die User angeboten werden.

Ausgebaute Straßen

Ein Kontrapunkt bei Forza 2 war die knappe Auswahl an Strecken - immerhin standen gerade mal zehn Pisten bereit. Genau in diesem Bereich will man massiv aufstocken und verspricht über 100 Kurse, zu denen neben alten Bekannten wie der Nordschleife, Suzuka und dem Sebring International Raceway auch Neuzugänge wie Bergregionen in Spanien, Küstenstrecken in Italien sowie Ausflüge in den Südwesten der USA zählen. Eines wird deutlich: Genau wie Gran Turismo neben Besuchen an offiziellen Raser-Stätten zusätzlich vermehrt in Großstädten für Rennspektakel sorgen will, geht man auch bei Forza diesen Weg, um für mehr Abwechslung zu sorgen. Gleichzeitig bringt man Fahrer damit auch an solche Orte, die sie nicht schon seit Jahren in- und auswendig kennen.

Autoliebhaber & Spieler

"Das Ziel ist es, Autoliebhaber in Spieler zu verwandeln und Spieler in Autoliebhaber", so Greenawalt. Er will, dass sein 65-jähriger Vater genau so zum Controller greifen und dabei Spaß haben kann wie der

Neben offiziellen Rennstrecken erweitert Forza 3 die Auswahl und sorgt auch in Städten und der Natur für aufregende Positionskämpfe.
Profi, der so realistisch und anspruchsvoll wie möglich über die Pisten brettern will. Wie man dieses Ziel erreicht, ist klar: Forza 3 muss sowohl Simulations-Fans ansprechen als auch leicht zugänglich für jeden Motorsport-Fanatiker sein, der bisher noch nicht viel mit Videospielen zu tun hatte. Und wie macht man das? Mit Fahrhilfen! Neben den üblichen Verdächtigen wie der Traktions- und Stabilitätskontrolle sowie einer interaktiven Rennlinie findet sich auch eine automatische Bremse, die die Geschwindigkeit automatisch anpasst, so dass man problemlos durch jede Kurve kommt. Entgegen meiner Natur habe ich auch diese Variante kurz ausprobiert und kann sagen, dass hier vermutlich selbst ein Schimpanse das virtuelle Steuer übernehmen und dabei erfolgreich sein könnte. Es reicht einfach, pausenlos den Trigger zum Gasgeben gedrückt zu halten und lediglich zu lenken. Doch damit nicht genug: Wer einen Fahrfehler begeht, kann ab sofort wie bei Race Driver: GRID zurückspulen und einen neuen Versuch wagen - im Gegensatz zum Codemasters-Raser wird die Anwendung aber nicht durch eine bestimmte Anzahl an Versuchen eingeschränkt. Herrje, bremst die Forza-Serie jetzt auch schon für Casual-Spieler und mutiert zum Arcade-Racer? 

        

Realistische Fahrphysik

Nein, es besteht kein Grund zur Sorge, denn alles, was für eine Vereinfachung an Funktionen zur Verfügung steht, ist optional. Wer sich lieber auf eine fordernde Simulation einlässt, bekommt ebenfalls die Gelegenheit dazu und darf sich nicht nur auf eine realistische Fahrphysik freuen, sondern bekommt auch Reifenverschleiß, Boxenstopps und ein volles Schadensmodell geboten. Letzteres wird sogar ausgebaut, denn ab sofort sind auch Überschläge mit den Boliden möglich. Lizenz-Probleme

Fahren für Anfänger: Auf Wunsch wird das Bremsen automatisch übernommen.
mit den Autoherstellern, über die viele andere Entwickler von Rennspielen bei der Umsetzung von Schäden klagen, hatte man laut Greenawalt nicht. Er sagt ihnen klipp und klar, dass sie bei Turn 10 eine Simulationen machen. "Wenn euer Auto in der Realität nicht besonders toll ist, dann ist es auch so im Spiel. Wenn sich euer Auto in der Realität überschlägt und bei Kollisionen verbeult wird, dann ist es auch so im Spiel. So einfach ist das", meint Greenawalt und so wie es aussieht, sind die meisten Hersteller dieser Argumentation gefolgt. Immerhin finden sich unter den etwa 50 enthaltenen Autobauern auch so große Namen wie Ferrari, Lamborghini und Porsche, wobei gerade die Italiener aus Maranello immer bekannt dafür waren, bei dargestellten Schäden an ihren Luxus-Boliden sehr sensibel zu sein. Mark Cale, der zuletzt mit System 3 Ferrari Challenge entwickelt hat, kann sicher ein Lied davon singen... Wie schon beim Vorgänger, so arbeitet die Physik-Engine auch hier mit 360 Bildern pro Sekunde, was für die Entwickler auch nötig erscheint, um bei hohen Geschwindigkeiten selbst kleine Unebenheiten auf dem Asphalt korrekt erfassen zu können. Nach meinen ersten Proberunden kann ich bereits festhalten: Forza 3 fährt sich genau so fantastisch wie der Vorgänger, aber fordert den Spieler immer noch nicht ganz in dem Maße, wie es Hardcore-Simulationen am PC mit Titeln wie rFactor oder GTR 2 tun. Von daher kann ich auf Greenawalts Lobgesang, mit Forza 3 das absolut ultimative, plattformübergreifende Rennspiel dieser Generation in der Mache zu haben, nicht ganz einstimmen, auch wenn der Titel ohne Zweifel das Zeug dazu hat, an der Spitze mitzufahren.

Neues Lenkrad!

Zwar machen die Rennen schon mit dem Controller Spaß, doch die wahre Freude am Fahren kommt - wie immer - erst mit einem Lenkrad in der Hand auf. Ich habe bereits oft genug gesagt, was ich von Microsofts Force Feedback-Wheel halte (siehe hier), was leider immer noch die einzige Alternative darstellt, wenn man an der 360 beim Fahren mehr spüren will, als die herkömmlichen Vibrationen. Doch endlich gibt es Licht am Ende des Tunnels: Die Jungs von Turn 10 sind ebenfalls nicht gerade begeistert vom Microsoft-Lenkrad und haben offensichtlich lange genug auf ihren Arbeitgeber in Redmond eingeredet, dass an dieser Front etwas passieren muss. Das Ergebnis kommt aus Deutschland, denn wie im Rahmen der E3 bekannt gegeben wurde, bringt der Zubehörhersteller Fanatec eine optimierte Version seines Porsche 911 Turbo Force Feedback-Wheels für die 360, das als Gegenstück zu Logitechs G25 gehandelt wird. Entsprechend happig dürfte demnach der Preis ausfallen - am PC kostet das feine Stück Hardware im Porsche-Design immerhin 300 Euro

Das Porsche 911 Turbo Force Feedback-Wheel könnte endlich das erste ausgezeichnete FF-Lenkrad für die Xbox 360 werden.
und auch das Gegenstück für die Konsole dürfte sich vermutlich in diesem Preisrahmen einpendeln oder aufgrund von zu entrichtenden Lizenzgebühren an Microsoft sogar noch etwas höher ausfallen. Entgegen erster früher Verlautbarungen von Fanatec soll das neue Lenkrad laut Entwicklern aber nicht nur an der Xbox 360 funktionieren, sondern mit entsprechenden Treibern wohl auch am PC einsetzbar zu sein. Nur umgekehrt dürfte die Rechnung nicht aufgehen. Allerdings bemüht man sich bei Turn 10 auch darum, auch die Peripherie anderer Hersteller in Forza 3 zu unterstützen. So kann es durchaus passieren, dass man doch noch sein teuer bezahltes G25 nicht nur an der PS3 und dem PC, sondern auch an der 360 nutzen kann. Offiziell ist in dieser Richtung aber noch gar nichts. Fest steht aber, dass das Porsche-Wheel verglichen mit dem Microsoft-Lenkrad ein Unterschied ist wie Tag und Nacht. Fanatec hat bei der Verarbeitung sehr gute Arbeit geleistet und endlich spürt man auch die z.T. mächtigen Kräfte, die beim Fahren auf die Boliden einwirken. Außerdem bietet das Gerät einen Lenkradeinschlag von 900 Grad, so dass man in scharfen Kurven ordentlich rödeln muss. Genau wie das G25 wird auch das Porsche-Gegenstück mit einer separaten Gangschaltung ausgeliefert, mit dem man die sechs Gänge (+ Rückwärtsgang) nicht nur sequenziell durch ein kurzes Antippen des Hebels schnell wechseln kann, sondern optional auch jeden Gang einzeln wie bei einer normalen Schaltung wählen darf. In diesem Fall kommt auch die Kupplung ins Spiel, die sowohl durch das Lenkrad mit seinen drei Pedalen als auch vom Spiel unterstützt wird. Alleine dadurch dürfte Forza 3 für echte Simulations-Fans noch interessanter werden und sich das Fahren noch realistischer anfühlen als zuvor.  

Polierte Kulissen

Das Spiel läuft wie gewohnt mit flüssigen 60 Bildern pro Sekunde, aber wurde grafisch im Vergleich zum etwas tristen Forza 2 deutlich aufpoliert. Nicht nur die Fahrzeuge sehen detaillierter aus, sondern auch die Kulissen haben merklich zugelegt! Das dürfte auch daran liegen, dass sich die Schauplätze nicht mehr länger nur auf reale Pisten beschränken, sondern auch in landschaftlich sehr viel attraktivere Gegenden verlagert werden. Allerdings muss angemerkt werden, dass sich in der gezeigten

Schon im Vorgänger war die KI gelungen. Auch in Forza 3 sollen die Kämpfe mit den Konkurrenten spannend und herausfordernd werden.
Fassung noch keine Polygon-Zuschauer am Streckenrand oder auf den Tribünen eingefunden haben. Hier müssen die Entwickler wohl noch austesten, wie viele Objekte man darstellen kann, ohne die Framerate zu beeinträchtigen. Außerdem war das Fahrerfeld mit acht Boliden auf der Strecke recht übersichtlich, wenn man es mit realen Motorsport-Events oder dem direkten Konkurrenten Gran Turismo vergleicht, wo sich mehr Autos auf den Kursen tummeln. Wer das nötige Kleingeld hat, darf sich aber auch hier aus drei Bildschirmen, 360-Konsolen und Spiel-Exemplaren ein Traum-Setup aufbauen, das mit den beiden Seitenmonitoren einen optimalen Überblick garantiert. Die Krönung ist allerdings das Fahren im voll hydraulischen Rennsitz: Auf der E3 hatte ich das Vergnügen, mit diesem für Normalsterbliche unbezahlbaren Equipment meine Runden zu drehen und das Fahrgefühl ist einfach unbeschreiblich! Ich will genau so was für mein Wohnzimmer! Daneben leistet aber auch die Soundabteilung wieder ganze Arbeit und lässt die Motoren brachial dröhnen, die Auspuffanlage bedrohlich donnern und die Reifen quietschen. Nicht zu vergessen die Unfälle, bei denen es ordentlich aus den Boxen scheppert, wenn man mal wieder in eine Bande knallt. Genau so muss ein Rennspiel klingen!

Überarbeiteter Karrieremodus

War der Karrieremodus in den Forza-Titeln bisher relativ dröge und beschränkte sich meist darauf, einfach nur bestimmte Veranstaltungen abzuklappern, versprechen die Entwickler, ihn im dritten Teil interessanter zu gestalten. Anscheinend hat man sich hier PGR als Vorbild genommen und teilt den Fortschritt in verschiedene Saisons auf, die sich nach den persönlichen Vorlieben des Spielers und dessen favorisierten Fahrzeugen richtet. Im Angebot finden sich dabei nicht nur Standard-Rennen, sondern auch Drag-, Drift und Zeitfahr-Events. Wie der neue Karrieremodus im Detail aussieht und funktioniert, wollte man auf der E3 jedoch noch nicht verraten. Auch beim Mehrspielermodus hält man sich noch vornehm zurück und kündigt lediglich viele individuelle Regeleinstellungen an, mit denen man die Sessions ideal den eigenen Wünschen anpassen darf.   

Ausblick

Ich wurde schon ein bisschen nervös, als Lead Designer Dan Greenawalt Forza Motorsport 3 auf der Microsoft-Pressekonferenz als ein "Rennspiel für jedermann" ankündigte und dabei vor allem die einfache Zugänglichkeit sowie die Community-Features in den Mittelpunkt rückte. Würde das neue Forza jetzt etwa mehr in die PGR-Kerbe schlagen, um die Zielgruppe zu erweitern? Zum Glück wurden sämtliche Zweifel zerstreut, als ich zum ersten Mal selbst hinter dem großartigen Porsche-Lenkrad saß, das Gaspedal durchdrückte und dabei spürte, dass sich am realistischen Anspruch der Serie zum Glück nichts verändert hat. Auch Forza 3 fährt sich fantastisch, klingt wahnsinnig gut und sorgt mit der neuen Cockpitansicht für ein noch intensiveres Mittendrin-Gefühl - auch wenn PC-Simulationen immer noch einen Tick anspruchsvoller sind. Außerdem finde ich es prima, dass man mit neuen Stadt- und Landpisten das bekannte Streckenprogramm bestehend aus Laguna Seca & Co sinnvoll erweitert, denn neben den detaillierten Autos zeigt sich der grafische Fortschritt gerade bei diesen landschaftlich attraktiven Kursen besonders deutlich. Zusammen mit den ausgebauten Community-Features und dem überarbeiteten Karrieremodus hat Forza 3 eindeutig die nötigen PS, um an seinem Vorgänger vorbeizuziehen und dabei auch die Mannen von Polyphony Digital gewaltig unter Druck zu setzen. Turn 10 gibt gewaltig Gas und Gran Turismo 5 muss sich gewaltig anstrengen, um nicht den Anschluss zu verlieren, wenn es endlich erscheint.

Ersteindruck: Sehr gut 

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