Moderne Kreuzzüge
14 Uhr, Santa Monica, Kalifornien: Alte Geschichte trifft auf neue Technik. In einem Hotel am Pazifik versetzt uns Ubisoft das
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Eine ganze Stadt zu euren Füßen: Altair erinnert an einen Raubvogel auf der Lauer. |
erste Mal in die Zeit des 3. Kreuzzuges. In der Rolle eines Assassinen geht die Reise auf einer Xbox 360 in das Jerusalem des Jahres 1191. Und gleich die ersten Momente verblüffen architektonisch: Die heilige Stadt wurde originalgetreu nachgebildet, vom Tempelberg über die Art der Zinnen und Fenster bis hin zu den wichtigsten Straßen. Zu Beginn des Spiels lauert man wie ein Raubvogel auf einer hölzernen Planke und kann von oben alles überblicken - das Treiben der ameisenhaften Bewohner, die Wachen an den Pforten, die Fahnen auf den Stadtmauern. Auf einen Knopfdruck lasse ich mich fallen, stürze wie ein Falke in die Tiefe und lande in einem Heuwagen...
...kurz ein paar Halme abschütteln, dann mische ich mich unter die Bewohner: Überall Schleier, vermummte Priester, Krugträger, Bettler, Wachen mit Krummsäbeln - und jeder Bewohner zeigt eine volle Mimik. Hut ab, Ubisoft, diese Zeitreise fängt richtig gut an. Art & Design, Kulisse & Mode punkten auf höchstem Niveau. Worum geht es eigentlich? Ihr spielt Altair, eine Art Spezialagenten des Mittelalters, der weder den christlichen Kreuzrittern noch den moslemischem Sarazenen angehört. Als Mann mit dem weißen Kapuzenumhang steht ihr quasi zwischen den Fronten und agiert zunächst à la Robin Hood von eurem Geheimversteck aus: Dort wartet ein Komplize und gibt euch Aufträge, die teilweise mehrere Stufen umfassen: Informationen beschaffen, Gebäude infiltrieren, Zielperson finden und töten. Egal ob miese Steuereintreiber oder korrupte Beamte - jeder, der vom Krieg profitiert, steht auf eurer Abschussliste.
Damit scheint der politische und religiöse Konflikt zwar etwas in den Hintergrund zu geraten, aber wir konnten bisher nur ein Kapitel erleben, das noch wenig erzählerische Rückschlüsse zuließ. Auch das Auftauchen der futuristischen Zeichen, sowohl in Zwischensequenzen als auch im Spiel bleibt noch ein Geheimnis, das Ubisoft nicht lüften wollte. Zeitreise? Matrix? Wir wissen es nicht. Aber die Entwickler sind sich hoffentlich bewusst, dass diese Hightecheinspielungen und auch die SciFi-Menüleisten für Leben und Wahrnehmung einen Stilbruch darstellen, der so gar nicht zum historischen Stil des Abenteuers passt. Ich bin sehr gespannt auf die Erklärung.
Untertauchen in der Masse
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An bestimmten Punkten kann man sich wie ein Falke in die Tiefe stürzen und in Heuwagen landen - diese Szenen sind unheimlich gut inszeniert. |
Fest steht, das 12. Jahrhundert hatte es in dieser Region in sich: Die Europäer wollen im Namen ihres Gottes das heilige Land erobern, zig Orden kämpfen um die Macht. Es herrscht Krieg. Und während die Sarazenen versuchen, die Fremden mit ihren seltsamen Eisenpanzern zu vertreiben, will euch das französische Team mit dem Abtauchen in oder dem Entgleiten aus der Masse begeistern. Ihr könnt euch nämlich nicht an Mauern drücken oder einfach im Schatten verschwinden. Die Sichtlinie spielt zwar für eure Entdeckung eine Rolle, aber das langsame Schleichen hilft euch nur selten. Statt Stealth und Action wie in
Splinter Cell zu kombinieren, gehen hier ähnlich wie in
Prince of Persia Akrobatik und Action eine Symbiose ein - nur auf einem neuen Niveau, das erstmals die Menschenmasse und ihre Reaktionen sowie die Flucht berücksichtigt.
Ein paar Beispiele: Ich zücke auf dem Marktplatz ein Schwert - die Leute schreien, rennen weg und Wachen umrunden mich. Das kennt man bereits aus anderen Spielen, aber hier geht es noch einen Schritt weiter. Ich besiege zwei von drei Wachen, dann rennt die letzte vor Angst davon - sehr schön! Es mag nur ein Detail sein, aber dieses natürliche Verhalten des Unterlegenen sorgt gleich für eine sehr lebendige Atmosphäre. Noch können wir nicht abschätzen, ob das auch für das Stadtleben als solches gilt, denn Gebäude waren bis auf dafür vorgesehene, geskriptete Stellen nicht zugänglich und man vermisste ein wenig mittelalterliches Treiben von Handwerkern oder Verkäufern. Aber dafür gab es bereits viele subtile Reaktionen: Ihr dürft wenig Aufmerksamkeit erregen. Und daher solltet ihr die Leute nicht anrempeln oder provozieren. Wer einfach in die Menge rennt, wird wie ein Trottel stolpern und von allen Seiten verflucht. Aber was macht ihr, wenn euch plötzlich ein Verrückter attackiert oder drei Frauen gleichzeitig zutexten? Ihr könnt handgreiflich werden und mit den Fäusten zuschlagen, so lange ihr keine Waffe zieht. Ihr könnt sie aber auch wegschubsen und dann weglaufen.