Im Test:
Die spröden Anfänge einer Legende
"Vor ein paar Jahren war Chase McCain ein junger, aufstrebender, sehr talentierter Cop in Lego City." So habe ich vor wenigen Wochen den Test zur Wii U-Version von Lego City Undercover begonnen. Auf Nintendos 3D-Handheld darf man jetzt im schlicht "The Chase Begins" untertitelten Ableger genau dieses "Vor ein paar Jahren" erleben. Denn anstatt einfach nur die Inhalte der Wii U-Version auf den 3DS zu kopieren und technisch anzupassen, erzählt Traveller's Tales hier, wie Chase zu dem Supercop wurde, den man auf dem stationären System steuerte. Das ist prinzipiell eine clevere Idee. Allerdings bleibt die Erzählung mobil vor allem hinsichtlich des charmanten Humors hinter dem zurück, was auf Wii U sowohl auf Deutsch als auch noch mehr auf Englisch immer wieder für ein Schmunzeln oder prustendes Lachen sorgte.
Nicht nur, dass Anspielungen auf einschlägig bekannte Polizei- oder Actionfilme, die natürlich auch hier Grundlage der durchsichtigen Geschichte sind, nur höchst oberflächlich bleiben. Durch die starke Reduzierung der filmischen Zwischensequenzen und dem erzwungenen Fokus auf schwach inszenierte sowie vollkommen ohne Sprachausgabe und nur mit wenig Musik auskommende Szenen wird die Atmosphäre merklich gedämpft. Als ob das nicht reichen würde: Es gibt keine Möglichkeit, die aus nur wenigen, häufig belanglosen Sätzen bestehenden Dialoge abzukürzen. Man muss sie quasi aussitzen. Und damit habe nicht nur ich als erwachsener "Schnellleser" ein Problem. Auch jüngere Spieler zeigten sich häufig vom nicht abbrechbaren Lesezwang genervt.
Nachgelagerte Problematik
Wobei "komplex" in diesem Fall ein dehnbarer Begriff ist, denn unter dem Strich werden selbst jüngere Spieler nicht gefordert. Das gesamte Anforderungsprofil unterbietet die nur selten anspruchsvolle Wii U-Variante, was sich vor allem im Kampf bemerkbar macht.
Widerwilliges Vergnügen
Doch ich ertappe mich auch dabei, dass ich der Bauklotz-Metropole trotz aller mechanischer Defizite immer wieder einen Besuch abstatte. Denn abseits der Kämpfe findet sich das gleiche charmante, unkaputtbar scheinende Spielgefühl - auch wenn sich die Fahrzeuge schwammiger steuern als am großen Bildschirm und der Touchscreen hinsichtlich Nutzung oder Funktionalität ähnlich unterfordert ist wie das Wii U-GamePad. Ich wollte unbedingt wissen, wie es mit Chase weiter geht und wie es zu den Ereignissen kam, die am Anfang vom "ausgewachsenen" Lego City Undercover angerissen wurden.
Und das, obwohl The Chase Begins technisch einen ordentlichen Eindruck hinterlässt. Die unterschiedlichen Stadtteile sind ansehnlich, ich fühle mich in Lego City wohl, der Wiedererkennungswert ist hoch. Während die allgemeine Sichtweite in Ordnung geht, kriegt der farbenfrohe Lack bei bewegten Objekten jedoch erste Risse. Sowohl die gut animierten Figuren als auch Fahrzeuge werden unheimlich spät ins Bild geploppt. Teilweise findet dies in geschätzten zehn Meter Entfernung statt, was erst recht unangenehm ist, wenn man mit einem Flitzer unterwegs ist und man unvermutet ins nächste Auto rast, das sich vor einem so knapp materialisiert, dass man keine Ausweichmöglichkeit mehr hat. Bedauerlich sind die Ladezeiten, die sich beim Wechsel in ein neues Stadtviertel bemerkbar machen und auch mal jenseits der 30 Sekunden-Marke (also einer gefühlten Ewigkeit) liegen. Dadurch wird nicht nur der aufkeimende Spielfluss gestört, man verliert zudem ein Gefühl für die Größe der Stadt, die auf das kleine Modul gestopft wurde bzw. etwa 5900 Blöcke auf der SD-Karte einnimmt.
Fazit
Ich weiß die Ambition von Traveller's Tales zu schätzen, das Erlebnis einer offenen Welt auf dem 3DS anzubieten. Doch Ehrgeiz hin, guter Wille her: Von der Umsetzung bin ich im Vergleich zur Wii U enttäuscht. Dabei kann ich der Technik nur eingeschränkt einen Vorwurf machen. Die allgemeine Sichtweite in der Stadt ist zwar angenehm, Figuren und Fahrzeuge ploppen jedoch spät rein und zu allem Überfluss sorgen mitunter hohe Ladezeiten zwischen den Stadtvierteln dafür, dass man kein Gefühl für die Größe der Stadt bekommt. Dennoch bin ich gerne durch Lego City gelaufen oder gefahren - was in erster Linie dem von Wii U bekannten Spielgefühl zu verdanken ist, das sich trotz nochmals reduzierten Schwierigkeitsgrads und in vielerlei Hinsicht abgespeckten Mechaniken auch auf dem 3DS wiederfindet. Und weil ich unbedingt wissen wollte, was Chase McCain vor seinem Wii U-Ausflug erlebte. Dieser Willen wurde allerdings immer wieder auf eine harte Probe gestellt: In erster Linie von Defiziten wie einem viel zu niedrigem Anforderungsprofil, was sich auch in beinahe blind zu erledigenden Kämpfen äußert. Aber auch von der banalen Story, die bis auf zu wenige Ausnahmen nahezu ihren kompletten Humor eingebüßt hat, durch den sich das "große" Lego City Undercover auszeichnete.
Pro
Kontra
Wertung
3DS
Die Kulisse hinterlässt trotz Detailschwächen einen guten Eindruck, mechanisch und inhaltlich bleibt man deutlich hinter der Wii U-Variante zurück.
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