Yoshi's New Island13.03.2014, Jan Wöbbeking
Yoshi's New Island

Im Test:

Nintendos prähistorischer Sympathieträger hält sich nach wie vor nicht an die Nahrungskette. Alles, was vor sein nimmersattes Maul gerät, wird gnadenlos aufgefressen – selbst wenn die Gegner noch so putzig oder zehnmal so groß wie der Dino sind. Ein Festmahl für Jump-n-Run-Feinschmecker?

Zuckerschock im Bilderbuchland

In punkto Knuddelfaktor zieht Nintendo wieder alle Register. Allein der grüne Held wackelt derart putzig durch seine Bilderbuchwelt, dass man ihn einfach ins Herz schließen muss. Er tapst vergnügt auf der Stelle, springt mit einem beherzten „Hepp“ über Abgründe und senkt beim Sprinten die kugelrunde Nase, so dass aus dem stampfenden Urviech ein windschnittig galoppierender Dino wird. Auch die durch die Levels wandelnden Kopffüßer haben derart viel unschuldigen Spaß an ihrem Dasein, dass es schwer fällt, ihnen überhaupt auf den Kopf zu springen.

In der Steppe tanzen z.B. kleine Ureinwohner in Baströcken umher. Manche Exemplare haben sogar einen albernen Hinternwackler in ihre Choreographie eingebaut. Süß sind auch die kleinen Blobs, welche ihre quietschvergnügte Artgenossen auf der Nase balancieren und rhythmisch in die Luft bugsieren. Ich könnte noch stundenlang weitere Beispiele aufzählen – doch am besten werft ihr einfach einen Blick aufs Videofazit. Es ist wirklich eine Schande, dass Yoshi die Idylle stören muss, aber schließlich hat er einen Auftrag zu erfüllen. Baby Luigi wurde noch vor der Auslieferung durch den Klapperstorch vom Magier Kamek entführt. Also wird alles, was sich ihm in den Weg stellt, eiskalt aufgefressen. Außerdem terrorisieren Baby Bowsers Schergen die beschauliche Inselwelt des Yoshi-Klans, aus der sie möglichst schnell wieder vertrieben werden sollen.

Nimmersatter Rettungstrip

Die gigantischen Eier aus Metall und anderen Materialien durchbrechen auch stabile Barrieren.
Wie der Name schon andeutet, lehnt sich das Spiel an das beliebte Vorbild Super Mario World 2: Yoshi’s Island auf dem Super Nintendo an. Wie damals sieht die Welt aus, als sei sie mit Wachsmalstiften gemalt. Was seinerzeit noch eine frische Designidee war, wirkt heute nicht mehr ganz so interessant. Klar, in 16-Bit-Zeiten war der Speicher zu klein für aufwändige Hintergründe, doch auf dem 3DS hätten sich Nintendos Zeichner ruhig etwas mehr ins Zeug legen können.

Im Gegensatz zum putzigen Gewusel im Vordergrund wirken die schlicht  gemalten Berge und Bäume im Hintergrund recht karg. Mit aktiviertem 3D-Modus fällt das etwas weniger auf. Dann bewegt sich die Kulisse in mehreren Ebenen und wird von kleinen Effekten wie in den Raum ragende Sternringe aufgepeppt. Ähnlich wie in den Vorgängern für Super Nintendo, N64 oder DS steckt wieder ein sehr klassisches Jump-n-Run im Spiel. Eine Besonderheit ist nach wie vor, dass Yoshi verschlungene Gegner in Windeseile verdaut und ein Ei legt, welches ich danach auf einen Gegner, versteckte Extras oder Schalter schießen kann. Fresse ich mehrere Viecher nacheinander, schleift der Dino eine ganze Kette der ovalen Geschosse hinter sich her, welche ich der Reihe nach in diverse Richtungen schleudere. Das Anpeilen erfordert ein wenig Timing, da sich das Fadenkreuz laufend weiter bewegt. Wer möchte, kann es aber vor dem Abschießen per Knopfdruck festhalten.

Babysitting in anderen Umständen

Musikalische Idylle: Das gutgelaunte Thema wird auf viele Weisen interpretiert, von Gitarre und Streichern über Buschtrommeln bis hin zur Lagerfeuerromantik.
Außerdem trägt Yoshi den geretteten Baby-Mario auf seinem Rücken umher, der vor Kameks Schergen beschützt werden muss. Eine Feindberührung und schon schwebt er mit einem nervigen Plärren in einer Blase davon - dann muss er unter Zeitdruck wieder aus der Luft geschnappt werden. Der Säugling wird zu einer ähnlichen Lebensversicherung wie die Ringe in Sonic, daher gestaltet sich das Spiel deutlich einfacher als Donkey Kong Country: Tropical Freeze oder Super Mario 3D World. Auch das Strampeln mit den Beinen verschafft Yoshi mehr Zeit in der Luft, was knifflige Abschnitte erleichtert.

Damit es nicht zu einfach wird, hat Nintendo die einsteigerfreundlichen Levels mit jeder Menge geheimer Abschnitte und verstecktem Sammelkram vollgestopft. Immer wenn ich eine verdächtig leere Bildecke oder einen farbigen Zipfel vorbeizischen sah, habe ich mich umgedreht und wurde meist auch belohnt. Manchmal erscheint z.B. eine transparente Wolke, die nach Beschuss Münzen, Blümchen und andere Sammelobjekte freigibt. An anderer Stelle springe ich beherzt über ein paar flatternde Grinse-Möwen bis zu einer versteckten Röhre, die mich in einen hochgelegenen Extraraum voller bunten Klimperkram befördert.

Klassischer Plattformspaß

Ab und zu ist auch Hirnschmalz gefragt.
Wirklich neue oder abgefahrene Ideen wie in Rayman Legends gibt es nicht, trotzdem sprüht das Level-Design vor Vielfalt und lustigen Extras. Besonders cool ist es, eine der magischen Melonen zu fressen: Danach spuckt der Dino z.B. tödliche Kerne auf seine Gegner oder gefriert sie mit kaltem Atem zu einem Eisklotz. Noch mehr Spaß macht es, die Widersacher mit Feueratem zu grillen oder in der idyllischen Schneewelt Unmengen von Boni aus den Eiswürfeln zu schmelzen. Ähnlich wie in Rayman Legends gibt es auch einen Wand- oder Deckensprint, mit dem Yoshi blitzschnell durch grün überwucherte Loopings düst.

Die kleinen Bonus-Einlagen mit Neigungssteuerung gestalten sich nicht ganz so spannend, vor allem, weil der Gyrosensor hier nicht so feinfühlig reagiert wie in Nintendo Land. Yoshi verwandelt sich z.B. in einen Presslufthammer, mit dem ich mich relativ problemlos durch den Boden hämmerte. An anderer Stelle stehen kleine Unterseeausflüge als Yoshi-Boot auf dem Programm.

Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt!

Guten Appetit: Yoshi frisst fast alles auf, was nicht niet- und nagelfest ist.
Deutlich mehr Spaß machen kleine Rätsel-Einlagen, welche immer wieder die Plattform-Action auflockern. Ein Formwandler ahmt z.B. Yoshis Bewegungen nach. Nur, wenn ich an der richtigen Stelle gegen die Wand laufe und hüpfe, landet der lästige Pantomime in den tödlichen Stacheln. Oder aber ich muss Yoshis Eier in Richtung einiger Pfeile schießen, welche das Geschoss auf eine Barriere umleiten. Unterhaltsam sind auch die wild herumwabernden Blobs, welche ich mit der begrenzten Zahl an Eiern gleich mehrmals geschickt treffen muss. Die vom Super Nintendo bekannten riesigen Blarggs müssen ebenfalls mit gut platzierten Geschossen auf Abstand gehalten werden, wenn ich an einen der vielen Schlüssel im Gruselschloss kommen will. Andere Unterwassermonster befördern mich mit Wasserstrahlen zu geheimen Türen – oder in die tödlich brodelnde Lava.

Wer im Schnelldurchlauf durch die sechs Welten sprintet, kann das Spiel in gut sechs Stunden abschließen. Wenn man wie ich auch abseits des Weges auf Sammeltour geht, sind es schon rund zehn Stunden. Wer alles erforschen will, kann bestimmt auch doppelt so viel Zeit mit dem Spiel verbringen. Auch die aus anderen Nintendo-Titeln bekannten

Manche Bosse werden in einer 3D-Arena hinter Yoshi bekämpft – fast wie im alten Wario Land für den Virtual Boy. Die meisten dieser Kämpfe sind aber leider zu einfach gestrickt.
goldenen Flügel tauchen wieder auf, wenn man mehrmals in einem Level scheitert. Mit einem demütigenden „Tatatatatam“ fliegt der funkelnde Held dann gefahrlos über tödliche Stacheln und Gegner hinweg. Wer den letzten Bosskampf komplett spielen möchte, muss aber ohnehin alle Levels ohne Hilfen meistern – daher bleiben die leicht zu ignorierenden Flügel als kleiner „Cheat“ für junge Spieler durchaus erträglich.

Misslungener Mehrspielerpart

Während des Abenteuers werden außerdem immer wieder Minispiele für den lokalen Multiplayer-Modus freigeschaltet: Zwei Spieler können hier im Team Gegner verschlingen, durch die Luft flattern oder andere kurze Aufgaben erfüllen. Besitzt nur ein Teilnehmer das Spiel, kann er den Modus per drahtloser Download-Funktion übertragen. Leider gestalten sich die kurzen Herausforderungen reichlich simpel und fade – und laufen oft nicht mal richtig flüssig. Bei uns kam es des Öfteren zu Abstürzen oder starken Slowdowns.

Fazit

In punkto Knuddelfaktor ist und bleibt Yoshi der unangefochtene König der Jump-n-Runs. Ich habe noch nie so viele derart putzig animierte Viecher in nur einem Plattformer gesehen. Auch spielerisch beweist Nintendo wieder handwerkliches Können: Die Levels sprühen nur so vor Abwechslung und lustigen Situationen. Ob nun die gigantischen Ei-Geschosse, clever versteckte Geheimräume, Yoshis Feueratem oder zum Beförderungsmittel umfunktionierte Gegner - all das hat mich sehr gut unterhalten. So sehr gepackt wie die letzten Genregrößen hat mich Yoshis neues Abenteuer aber nicht. Dazu fehlt einfach das gewisse Etwas: In Donkey Kong hat mich z.B. der knackige Schwierigkeitsgrad immer wieder angestachelt, Rayman fühlt sich durch die Touchscreen-Steuerung und die saucoolen Musiklevels frisch an. Yoshi’s New Island bleibt im Vergleich dazu konservativ, bietet aber trotzdem sehr unterhaltsamen, gut ausbalancierten Plattformspaß alter Schule.

Pro

zuckersüße Figuren
unheimlich knuffige Animationen
einsteigerfreundlich, aber nicht zu leicht
fordernde Geheimabschnitte
motivierend versteckter Sammelkram
viel Abwechslung und lustige Ideen
cooles Spucken von Widersachern, Feuer oder Eis
lustiges "Mitreisen"€œ auf dem Rücken vieler Gegner
punktgenaue Steuerung
entspannte Gute-Laune-Musik

Kontra

schlicht gezeichnete Hintergründe wiederholen sich oft
fade Mehrspieler-Minispiele mit gelegentlichen Slowdowns und Abstürzen
keine frischen Mechaniken wie in Rayman Legends oder Super Mario 3D Land
nerviges Babygeschrei
belanglose Geschichte
zu leichte Bosskämpfe

Wertung

3DS

Knuffiger geht's nicht: Yoshis klassischer Hüpfausflug sprüht vor lustigen Ideen, zuckersüßen Gegnern und verstecktem Sammelkram!

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