Theatrhythm: Final Fantasy - Curtain Call19.09.2014, Michael Krosta

Im Test: Eine musikalische Zeitreise

Der Name Theatrhythm ist nicht nur ungewöhnlich, sondern ein echter Zungenbrecher. Und dann hängt Square Enix auch noch ein Final Fantasy: Curtain Call hinten dran – geht es noch sperriger? Zum Glück spiegelt der holprige XXL-Titel mit der furchtbaren Sprachmelodie nicht die inneren Werte des 3DS-Moduls wider: Denn das simple, aber dennoch fordernde Musikspiel überzeugt mit putzigen Charakteren sowie den wunderschönen Melodien aus der Welt von Final Fantasy...

Drücken, führen, halten, streichen

Am Spielprinzip des Vorgängers aus dem Jahr 2012 wurde nichts verändert: Noch immer besteht die Aufgabe des Spielers vornehmlich darin, im Takt der Musik mit dem Stylus auf den Touchscreen zu tippen, ihn in vorgegebenen Bereichen wie ein Dirigent gefühlvoll auf und ab zu führen, schnell in eine geforderte Richtung zu schnippen oder lange Noten zu halten sowie rechtzeitig wieder loszulassen. Alternativ greift man zur Knopf-Steuerung. Doch abgesehen von immer noch leicht vorhandenen Schwäche bei der Erkennung von schrägen Stylusbewegungen funktioniert die Bedienung über den Touchscreen erfreulich präzise und stellt angesichts des besseren Spielgefühls für mich immer noch die erste Wahl dar.

Was sich in der Theorie einfach anhört, erweist sich in der Praxis als ganz schön fordernd – spätestens, wenn man in den höheren der drei Schwierigkeitsgrade in flotten Arrangements mit Synkopen, Tempowechseln und wechselnden Mustern im Sekundentakt konfrontiert wird, kommt man ganz schön ins Schwitzen. Leider kann man zwar für jedes

Bei der Hektik fällt es schwer, sich auf die sehenswerten Filme im Hintergrund zu konzentrieren.
Stück den Anspruch festlegen, kann im Vorfeld aber nur anhand der Musik-Vorschau abschätzen, wie schwierig es tatsächlich wird. Dadurch sind einige der langsamen Balladen auf der höchsten Stufe z.B. deutlich einfacher zu meistern als dramatische Kampf-Themen auf dem mittleren Schwierigkeitsgrad.

Von Kämpfern und Wanderern

Wie gehabt werden die Musiktitel in drei Klassen unterteilt: In den treibenden BMS-Stücken findet sich die selbst zusammengestellte Party aus putzigen Final-Fantasy-Figuren in Kampfarenen wieder, wo sie es auf dem oberen Bildschirm mit vereinten Kräften gegen Bossmonster und andere Gegner aufnimmt. Dabei erinnert die Darstellung an die altbekannte Präsentation der  Rundenkämpfe innerhalb der Reihe. In FMS deklarierten Tracks begibt sich der Party-Anführer dagegen auf der Suche nach Beute auf eine Wanderschaft, um eher ruhigeren Melodien zu lauschen. Was? Beute? Ja, auch in Curtain Call hält man an dem Sammeltrieb und leichten Rollenspielansätzen fest. So bekommt man nicht nur Belohnungen, sondern rüstet seine Figuren mit zusätzlichen Fähigkeiten sowie einmaligen Items aus und levelt sie auf. Zusätzliche Boni streicht man z.B. auch dadurch ein, indem man seine Truppe passend zu den gewählten Songs zusammenstellt. Ertönen z.B. Melodien aus Final Fantasy VII, sollte man vorzugsweise mit Cloud, Aeris, Tifa & Co losziehen. Auch reine Männer- und Frauengruppen bringen bestimmte Boni mit sich.

Leider ist das Party-Management und das Ausstatten mit Extras ähnlich fummelig wie im Vorgänger, so dass ich meistens auf eine ideale Zusammenstellung verzichtet habe. Zumal man die meisten Extras in niedrigen Stufen ohnehin nicht benötigt. In Duellen auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad kann es dagegen schon praktisch sein, wenn die Lebensenergie nach zu vielen vergeigten Noten teilweise wieder hergestellt wird oder man Gegnern durch lange Ketten mehr Schaden zufügen kann.

Am besten gefällt mir aber nach wie vor die Präsentation bei EMS-Titeln, bei denen Videosequenzen aus den Originalspielen im Hintergrund abgespielt werden. Zwar kann man sich bei der Hektik kaum auf die mitunter wunderschönen Bilder konzentrieren, doch darf man sich die Videos zum Glück auch ohne die störenden Notensymbole und ganz in Ruhe im Theatermodus zu Gemüte führen, nachdem man sie zum ersten Mal gespielt hat.

Die Suche nach Rhythmia

Im Zentrum steht einmal mehr der Gewinn von „Rhythmia“ durch den erfolgreichen Abschluss der Song-Herausforderungen. Erreicht man bestimmte Meilensteine, winken auch hier Belohnungen wie weitere Stücke der gewaltigen Trackliste, die schon von Grund auf über 200 Songs aus dem riesigen FF-Repertoire enthält und durch DLC-Zukäufe noch erweitert werden kann. Angefangen bei den düdeligen Chipklängen aus der 8-Bit-Ära bis hin zu bombastischen Arrangements mit Orchester und Chor wird hier die gesamte musikalische Bandbreite des Final-Fantasy-Universums aufgefahren, wobei vornehmlich die hinreißenden Kompositionen von Nobuo Uematsu in Erinnerungen geblieben sind und auch hier zu den Höhepunkten zählen. Die Soundtracks des Japaners, der gerne auch als John Williams der Spielemusik bezeichnet wird, genießen schon lange Kult-Status und sind auch außerhalb der Videospielszene weltbekannt!  

Die Quest ruft!

Der neue Quest-Modus ist toll gemacht und bietet viel Abwechslung.
Neben den Music Stages, in denen man im Prinzip nur einen gewünschten Song nach dem anderen abklappert, ist in den neuen Quest-Medleys mehr Arbeit gefragt. Hier kämpft man sich in kurzen, mittleren und langen Abenteuern wie auf einem Spielbrett Zug um Zug (bzw. Song um Song) bis zum großen Endboss vor. Dabei werden die Stücke zwar vorgegeben, doch darf man sich hin und wieder für alternative Pfade entscheiden, die man teilweise aber erst mit zuvor eingesammelten Schlüsseln öffnen muss. Zudem kommt es zum Wechsel von FMS-, BMS- und EMS-Songs sowie dynamischen Faktoren, die z.B. den Schwierigkeitsgrad für einen Titel erhöhen.

Neben Rythmia freut man sich im Quest-Modus vor allem auf Belohnungen in Form von verschiedenfarbigen Kristallen. Denn mit ihnen schaltet man weitere der insgesamt 60 Charaktere frei, die allesamt im Chibi-Stil gestaltet wurden und entsprechend niedlich aussehen.

Kampf der Giganten

Ebenfalls neu ist der Versus-Modus, in dem man wahlweise gegen KI-Teams, in lokalen Mehrspieler-Duellen oder sogar im Online-Wettstreit gegeneinander antritt. Die so genannten Ex Bursts sorgen dabei für die richtige Würze: Dabei handelt es sich um fiese Angriffe, die automatisch auf den Gegner gestartet werden, sobald man mit sauberen Notentreffern seine Ex-Burst-Leiste gefüllt hat. Welche der insgesamt neun Attacken auf ihn losgelassen wird, entscheidet dabei der Zufall. Ex-Bursts haben z.B. Auswirkungen auf das Tempo der Notenanzeigen, rotieren die Symbole oder blenden sie erst sehr spät ein. Verteidigungsmaßnahmen gibt es

Schon gibt es wieder Nachschub für die Loot-Sammlung.
keine und so ist man auch selbst vor den Attacken nicht sicher, kann sich optional aber zumindest von einer Stimme ansagen lassen, sobald der Gegner einen Ex-Burst zündet. Insgesamt ist der Versus-Modus eine gelungene und willkommene Bereicherung!

Ansonsten warten im Museum noch Sammelkarten mit Infos und Bildern zu den Figuren, ein Blick auf die bisherigen Bestleistungen sowie ein Musik-Player und der bereits erwähnte Theater-Modus zum Ansehen der EMS-Filme. Zusätzlich wird eine rudimentäre StreetPass-Funktion geboten, in der man seine eigene Profilkarte mit anderen Spielern oder Chaos-Karten tauscht, die man im Rahmen der Quests erhalten kann.

Schwach: Zwar kann man das grundsätzliche Spielprinzip auch als Laie schnell verinnerlichen und verstehen, doch wer die Mechaniken und Auswirkungen beim Party-Management, Gegenständen & Co im Detail verstehen will, muss der englischen Sprache mächtig sein. Leider hat Square Enix von einer deutschen Lokalisierung der Texte innerhalb der zahlreichen Tutorials abgesehen – selbst die Anleitung auf dem Modul ist lediglich auf Englisch vorhanden.

Fazit

Hach, was für ein schönes Musikspiel! Genau wie sein Vorgänger besticht auch Theatrhythm mit herrlichen Melodien des Final-Fantasy-Universums. Freut euch auf eine die musikalische Zeitreise von den Chipsounds der Achtziger bis hin zu den Orchester-Arrangements der jüngsten Teile. Da macht es einfach Spaß, den Stylus im Takt über den Touchscreen zu führen! Die drei Schwierigkeitsgrade reichen vom entspannten Mittippeln bis hin zu schweißtreibenden Akrobatik-Einlagen. Leider schwankt der Anspruch innerhalb der Stufen sehr stark. Zudem fällt die Party-Ausstattung immer noch arg fummelig aus. Die Quest-Medleys und vor allem die Versus-Modi sind hingegen eine willkommene Bereicherung. Auch wenn man sich die oberflächlichen Rollenspielelemente hätte sparen können und die Erkennung bei schrägen Bewegungen zu wünschen übrig lässt: Wer nur im Ansatz etwas für Musikspiele im Allgemeinen und die überwiegend fantastischen Arrangements von Final Fantasy im Speziellen übrig hat, sollte sich diese liebevolle Hommage an Uematsu & Co nicht entgehen lassen!

Pro

fantastischer Soundtrack
simples Spielprinzip
drei Schwierigkeitsgrade...
gewaltige Songliste
alternative Tastensteuerung
putzige Präsentation
umfangreiche Quests
Versus-Duelle möglich (lokal, online & KI)
viel freischaltbares Zeug und nützliche Extras

Kontra

Stylus-Steuerung bei Schrägen nicht immer präzise
Party-Ausstattung unnötig fummelig
...die je nach Song extrem stark variieren
Spiel und Anleitung nur auf Englisch
Anspruch kann im Vorfeld nur erahnt werden

Wertung

3DS

Melodien für Millionen: Die Kombination aus Musikspiel und Arrangements aus Final Fantasy verzaubert trotz kleiner Probleme - und packt mit Versus-Duellen, Quest-Modi und einer riesigen Song-Bibliothek sogar noch einen drauf!

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