Zuschau-Zwang und Taktik-Tristesse
Zeit, sich seine Gedanken über Verbesserungen der Mannschaft zu machen, hat man genug. Denn die Matchdarstellung lässt sich weder beschleunigen noch abseits von Wiederholungen abbrechen. Mit einer Halbzeitlänge von vier bis fünf Minuten Echtzeit ist man zum Warten verdammt. Zumal sich die wenigen taktischen Optionen, die man vor dem Spiel festgelegt hat, nur dann modifizieren lassen, wenn man einen Spieler auswechselt. Erschöpft man z.B. in der sechzigsten Minute sein Auswechselkontingent, kann man für den Rest des Spiels keine taktische Änderung mehr vornehmen und z.B. eine Schlussoffensive starten. Das hätte in jeder Hinsicht besser gelöst werden können. Nicht nur, indem man mehr taktische Ausrichtungsmöglichkeiten zur Verfügung stellt. Sondern auch, indem man unabhängig von Wechseln auf seine Mannschaft einwirken kann.
Man kann potente Kombinationen bei der Zusammenstellung der Trainingskarten entdecken.
Einzig bei Aufstellungen kann man seiner Fantasie freien Lauf lassen. Man hat nicht nur ein breites Spektrum an Standard-Formationen zur Verfügung, sondern kann auf dem Touchscreen seine Mannen auch nach eigenem Gutdünken positionieren. Und es wird akkurat auf dem Spielfeld umgesetzt. Denn so oberflächlich die Spieldarstellung trotz ihres Charmes anfänglich wirkt, so gut setzt sie tatsächlich das bisschen Taktik sowie die Fähigkeiten der Spieler um. Vor allem die Positionen der Verteidigungs- und Angriffsreihen und ihr Abstand zueinander wirken sich spürbar aus: Das Mittefeld wird je nachdem mit kurzen oder langen Pässen überbrückt und die Mannschaft verteidigt bei zurückgezogenen und engen Reihen besser. Dies wird vor allem deutlich, wenn man die Speicherfunktion nutzt, mit der man ganze Matches konservieren kann. Schaut man ein Spiel aus seiner Anfangsphase und vergleicht nach einigen Saisons die Art und Weise, wie die Mannschaft als Ganzes und die Spieler als Einzelne nach zahllosen Trainingssessions arbeiten, sind deutliche Unterschiede festzustellen. Daher würde ich die Authentizität der Darstellung nicht sehr weit unter der des Managers von Sports Interactive ansiedeln - auch wenn hier häufig das Mittelfeldspiel dominiert und die Flugkurven mitunter einen unnatürlich Lob beschreiben.
Spezialisierung und Anonymität
Die Spieler bleiben trotz zahlreicher Statistiken zu anonym - man baut keine Verbindung zu ihnen auf.
Natürlich kann man auch auf dem eingeschränkten, aber gut durchsuchbaren Transfermarkt tätig werden, wobei man innerhalb eines Budgets bleiben muss, so dass man in der Anfangsphase für Verstärkungen meist einen anderen Spieler abgeben muss. Das Kernproblem bleibt aber: Der Kreislauf aus Partien, daraus resultierenden Trainingskarten, folgendem Training und Taktik verliert schnell seinen Reiz. Man hat schlichtweg nicht genug Optionen. Die Spieler haben kein Profil und bleiben austauschbar, beinahe anonym. Erst mit den Spezialisierungen kommt wieder etwas Schwung in die Mannschaftsdynamik. Mit entsprechendem Training können die anfänglichen Allrounder zu einem von zwölf Spezialisten werden. Dazu gehören Stürmer, die auch mal den Weg ins Mittelfeld machen, um sich Bälle abzuholen oder auch Verteidiger, die wie Mats Hummels in der Lage sind, die Bälle nicht nur rauszukloppen, sondern von hinten das Spiel effektiv zu eröffnen.
Doch zum einen kommen diese Spezialisierungen vergleichsweise spät, zum anderen verlangt der Grind mit verpflichtend anzuschauenden Matches ohne große Einflussmöglichkeiten unnötig viel Geduld: Selbst wenn man den Ligabetrieb mit seinen zehn regulären Spielen aufgenommen hat, kommt man nicht umhin, weitere Freundschaftsspiele anzusetzen - es sei denn, man will auf Trainingskarten verzichten oder muss seine angeschlagenen Spieler schonen. Immerhin gibt es die Option, bei lokalen Spielen gegen andere Manager um Ruhm und Ehre anzutreten oder per Street Pass neue Mannschaften für Freundschaftsspiele kennenzulernen. Doch auch dieser Reiz verflog bei mir schnell.