Inazuma Eleven Go: Licht & Schatten06.06.2014, Eike Cramer
Inazuma Eleven Go: Licht & Schatten

Im Test: Kampfgeister und Korruption

Mit Inazuma Eleven Go läuft pünktlich zur WM die nächste Generation von Anime-Kickern auf. Kann das erste für den 3DS entwickelte Fußball-Rollenspiel im Test frische Akzente setzen oder geht der Steilpass ins Nichts?

Gegen den modernen Fußball!

In der Welt der Raimon High läuft so einiges schief. 10 Jahre ist es her, dass das legendäre Team um Kapitän Mark Evans die Football Frontier Internation gewonnen hat.  Nach dem Triumph von Inazuma Japan hat die finstere Organisation Fifth Sector den Spielbetrieb übernommen. Mit standardisierten Trainings, einer völligen Gleichschaltung der Clubs sowie weitreichenden Spielmanipulationen ist Fußball nicht länger ein Sport – was auf dem Rasen stattfindet gleicht vielmehr einer Inszenierung, die mit echter Leidenschaft nichts mehr zu tun hat. In dieser düsteren Fußball-Welt will der junge Protagonist Arion Sherwind dem Fußballclub der Raimon-Highschool beitreten  und muss bald schmerzhaft erfahren, dass Fußball nicht mehr das ist, was es einmal war.

Ein Schelm wer Böses denken mag, aber: Level 5 zeichnet auf überspitzte Weise eine Welt, die viele Fans und Ultras auch in den realen Ligen wiederentdecken könnten. Manipulationen, Geld und Spielverschiebungen spielen leider auch in

10 Jahre nach dem Triumph von Inazuma Japan kontrolliert Fifth Sector den kompletten Spielbetrieb.
der Realität eine Rolle, wenn auch nicht in diesem Ausmaß. Trotzdem: wer bei dem über allem thronenden Imperator von Fifth Sector nicht an Sepp Blatter denkt, der hat wohl auch von der FIFA und ihrem Exekutivkomitee noch nie etwas gehört.

Die Handlung wird serientypisch in vielen Gesprächen, Zwischensequenzen und tollen Anime-Filmen präsentiert. Zwar gibt sich das Studio gewohnt kinderfreundlich, aber die witzigen Charaktere, interessanten Wendungen und vor allem die charmante Überhöhung des Fußballsportes können erneut überzeugen.  Wie immer hat jeder Spieler charakterliche Eigenheiten– so ist Airon über alle Maßen idealistisch, während der Kapitän Riccardo von Selbstzweifeln zerfressen wird. Neu und gelungen sind die vollvertonten Gespräche in der sogenannten „Gesprächsphase“, die vor wichtigen Spielen stattfindet.

Spielerischer Stillstand

Inazuma Eleven Go! Licht/Schatten ist der erste Teil, der für 3DS entwickelt wurde. In Japan ist das Spiel bereits seit 2011 verfügbar.
Technisch hat die Serie endlich den Sprung auf den 3DS gemeistert. Erstmals gibt es eine vollständige 3D-Kulisse und ordentliche Spielermodelle. Allerdings erreicht man nicht das Niveau von Pokémon X/Y – insbesondere bei den Spezialattacken ist hier noch Luft nach oben. Spielerisch hat sich so gut wie nichts verändert: Im Mittelpunkt stehen die 11v11-Matches, in denen man gegen andere Clubs antritt. Nach wie vor steuert man die eigenen Kicker mit dem Stylus und dirigiert Pässe, Schüsse und Laufwege. Das funktioniert auch bewährt ordentlich, allerdings wurde kaum an den Schwächen gearbeitet. Man kann immer noch keine hohen Flanken schlagen, die Auswahl ist oft recht hektisch und Abwehraktionen benötigen wenig Taktik.

Etwas nervig ist zudem, dass die ersten Spiele stark gescriptet und ständig durch Missionsziele à la „Laufe mit Spieler XY in den Kreis“ unterbrochen werden - glücklicherweise werden die Spiele im Laufe der Handlung offener.  Allerdings sind die Story-Matches nach wie vor zu einfach. Ja, das „Element“ der Kicker spielt eine  wichtige Rolle und man sollte immer das zugrundeliegende Stein-Schere-Papier-System im Blick haben, wenn man die Mannschaft zusammenstellt – dennoch kommt man mit der Standardaufstellung oft gut zurecht. Außerdem ist ärgerlich, dass ich zwar umfangreich an meiner Aufstellung, Formation und Spezialtechniken feilen darf, aber simple Verhaltensmuster oder einstudierte Standards nicht möglich sind.

Neu sind die Kampfgeister, die einige meiner Hauptfiguren entfesseln können. Ähnlich wie die Aeons in Final Fantasy unterstützen sie die Helden auf dem Spielfeld und ermöglichen starke Spezialaktionen – eine nette Dreingabe zu den ohnehin wichtigen Spezialangriffen.

Begrenzte Sammelwut

Die 5v5-Matches werden auf die gleiche Weise gesteuert und auch hier hat sich nichts verändert. Immerhin verzichtet man nun auf die teils nervigen Zufallsbegegnungen der Vorgänger und gibt mir die Möglichkeit an festgelegten Orten gegen andere Teams anzutreten. Hier können neben Elan-Punkten, der Währung des Spiels, auch neue Spieler und Gegenstände gewonnen werden. Schön: Neue Spieler müssen nicht mehr an Zufallsgeneratoren angeworben werden. Stattdessen kann ich bei Kartengebern Kicker rekrutieren, indem ich so genannte Kickerkärtchen erstehe. Erfülle ich alle Voraussetzungen, meist eine Kombination aus Items und Fotos von Objekten, kann ich die Spieler meinem Kader hinzufügen.

Neu sind die Kampfgeister, die starke Spezialaktionen ermöglichen.
Allerdings gibt es immer noch eine Maximalanzahl von 112 Kickern, die ich in meinen erweiterten Spielerkader aufnehmen kann. Mit mehr als 1000 Spielern, von denen es serientypisch einige in nur einer der beiden Editionen Licht und Schatten gibt, stellt sich mir die Frage, warum man überhaupt anfangen sollte akribisch jeden Spieler mitzunehmen, den man trifft – 100% sind ja ohnehin nicht möglich. Anders als bei Pokémon wird so die Lust am Sammeln für mich ziemlich schnell eingebremst. Nach wie vor ist diese Beschränkung eine für mich völlig unverständliche Designentscheidung, zumal Game Freak seit Jahren zeigt, wie es anders geht.

Auf großer Fußballtour

Anspruchsvoller als die Story-Matches sind wie schon beim Vorgänger die Partien der Fußballtour, bei denen man gegen bereits besiegte Gegner erneut antreten darf. Hier muss sowohl die Taktik als auch die Kaderzusammenstellung deutlich stärker beachtet werden, da die KI weniger Fehler verzeiht. Hier winken

Obwohl die Kulisse endlich 3DS-Niveau erreicht, ist noch Luft nach oben.
neben wichtigen Erfahrungspunkten  ähnliche Belohnungen wie in den 5v5-Begegnungen, was die Fußballtour zu einem guten Trainingsinstrument für das Team macht.

Ebenfalls schön: Im lokalen Netzwerk können bis zu vier Spieler mit- oder gegeneinander antreten oder Spieler tauschen. Allerdings gibt es leider nach wie vor keinen Online-Modus, in dem ich meine Mannschaft gegen Spieler aus aller Welt auf den Platz führen kann.

Fazit

In Trippelschritten nach vorne! Während Inazuma Eleven Go technisch endlich auf dem 3DS angekommen ist und mich mit ordentlichen Umgebungen und Spielermodellen überzeugt, tritt man spielerisch auf der Stelle. Zwar punktet die charmante Mischung aus Fußball und Rollenspiel nach wie vor mit einer netten Handlung, vielen Charakteren, guter Sprachausgabe und einer ordentlichen Spielmechanik, allerdings wurde zu wenig an vorhandenen Fehlern gearbeitet: Hohe Bälle, Verhaltensanweisungen oder Standards fehlen nach wie vor. Ja, die neuen Kampfgeister bieten mehr Abwechslung und auch die Abschaffung der Zufallsbegegnungen hat dem Spielfluss gutgetan, aber die Story-Matches sind oft zu leicht und gerade zu Beginn viel zu sehr von Scripts und nervigen Missionszielen unterbrochen. Dennoch: Inazuma Eleven Go bietet auch aufgrund der charmaten Überhöhung des Fußballsportes solide Unterhaltung.

Pro

endlich eine vollständige 3D-Kulisse ...
solide Spielmechanik ...
interessante Handlung mit fiesen Bösewichten
umfangreicher Spielerkatalog
gute Sprachausgabe, tolle Anime-Videos

Kontra

... die aber immer noch Luft nach oben hat
... mit alten Schwächen
Beschränkung auf 112 Spieler-Slots
keine Verhaltensanweisungen, Standards oder hohen Bälle
teils friemeliges Spielermanagement (5v5)
kein Onlinemodus
Story-Matches oft zu einfach

Wertung

3DS

Technischer Fortschritt, spielerische Stagnation: Das Fußball-Rollenspiel bietet erneut soliden Sport ohne großen Glanz.

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