Nintendo DSi17.11.2008, Paul Kautz
Nintendo DSi

Special:

Im März 2005 begann der Siegeszug des Nintendo DS, ein gutes Jahr später wehte die Flagge des Triumphes mit dem DS lite noch kräftiger im Spielewind. Und ab dem nächsten Jahr soll die Weltherrschaft für Nintendo nur noch einen Katzensprung weit entfernt sein - denn dann wird der DSi auch bei uns veröffentlicht. Das schmucke Teil ist bereits seit dem ersten November in Japan erhältlich. Also haben wir die Importmaschine angeschmissen und uns für euch intensiv mit der dritten DS-Generation beschäftigt.

GBA: Ich muss leider draußen bleiben

Vorfreude ist die schönste Freude: Die Verpackung vom DSi ist angenehm schlicht und klein.
 Understatement ist etwas Schönes: Ein kleines flaches Päckchen liegt da in meiner Hand, kaum größer als der DS. Aufgemacht, ausgepackt, nachgedacht - wie lade ich das gute Teil auf? Ein Stromwandler samt Adapter muss her, damit ich den kleinen weißen Kasten, der mich mit seinem außen liegenden Kameraauge misstrauisch beäugt, nicht gleich in den ersten Minuten sprenge. Gut, dass Ben alles außer der Bundeslade in seinen Schubladen gebunkert hat. Während der DSi also begierig den ersten fremden Strom seines Lebens schlürft, analysiere ich seine Oberfläche.

Das Bedienungslayout wurde im Vergleich zum DS komplett umgebastelt: Der Power-Knopf befindet sich nicht mehr an der rechten Außenseite, sondern tummelt sich im aufgeklappten Zustand des Handhelds links vom Touchpad - an seiner Stelle ist rechts jetzt der Schacht für SD-Karten. Der Lautstärkeregler wanderte von der linken Unter- an die Außenseite, außerdem ist er kein Schieberegler mehr, sondern besteht aus zwei Druckknöpfen. Die Stromversorgung ist Nintendo-typisch schon wieder anders als beim Vorgänger-Modell, damit man bloß nicht sein altes Kabel verwenden kann. Die gesamte Oberfläche des DSi ist nicht mehr auf Hochglanz lackiert wie beim Vorgänger, sondern fühlt sich im Gegenteil matt und ganz leicht rau an - dadurch gibt's keine Fingerabdrücke mehr. Das Digipad ist spürbar stabiler, der Druck fühlt sich präziser an.

Die wichtigste äußerliche Änderung betrifft den Modulschacht - den gibt's nämlich nicht mehr. Schon beim ersten DS hat Nintendo einen Strich unter die betagten Game Boy-Module gezogen, dasselbe wird jetzt mit GBA-Cartridges gemacht. Grundsätzlich mag das kein Problem sein: Der GBA wird nicht mehr weitergeführt, Spiele werden dafür kaum noch entwickelt.

Kein Herz für Advanceler: Mit dem DSi gehören GBA-Games in Modulform der Vergangenheit an.
Nichtsdestotrotz ist der Katalog an grandioser Software nach wie vor nicht zu verleugnen, die dem potenziellen DSi-Spieler vielleicht durch die Lappen geht. Außerdem sind dadurch einige DS-Spiele und -Applikationen auf dem DSi nicht mehr lauffähig: Die beiden Guitar Hero On Tour-Teile, der MP3-Player, das Rumble Pak oder diverse Pokemon-Spiele, die auf GBA-Datentausch setzten. Einfachste Lösung: Werft den DS nicht weg, wenn ihr weiterhin GBA-Spiele zocken wollt!

Schöner und besser

Physikalisch ist der DSi dem DS täuschend ähnlich, die Unterschiede verbergen sich im Detail: Das System ist ein klitzekleines bisschen länger als der DS, genauso breit, aber etwas flacher - gut zu sehen an den deutlich schmaleren Schulterbuttons. Die beiden Bildschirme sind etwas größer: Der DSi strahlt dem User über zwei Mal 6,6cm x 5cm entgegen, der DS beschränkte sich auf 6,2cm x 4,6cm - das sind immerhin gut 14% Bildfläche mehr, die allerdings im Spielalltag kaum auffallen. Viel wichtiger ist da schon, dass der DSi deutlich heller als der DS lite strahlt, der seinerseits bereits spürbar heller als der DS war (der wiederum den GBA SP in Sachen Leuchtkraft deutlich hinter sich ließ - im Nachhinein fragt man sich, wie man an dem Teil ohne Augenverlust zocken konnte). Es gibt fünf Helligkeitsstufen, die ihr entweder im Hauptmenü oder jederzeit über Hotkeys (Select + Lautstärke-Buttons) verstellen dürft. Standardmäßig ist er auf 4 von 5 eingestellt, 3 von 5 entspricht etwa dem DS lite.

Genug der Oberflächlichkeiten, steigen wir mal in die Tiefen der Software hinab. Und an dieser Stelle gleich eine Warnung: Wenn ihr mit dem Gedanken spielt, euch einen DSi zu importieren, solltet ihr wissen, dass die Sprache beim japanischen Modell anders als beim DS nicht verstellbar ist - solide Katakana-Kenntnisse sind also Voraussetzung, um euch wenigstens grob durch die Menüs hangeln zu können!

          

Die Menüführung erinnert stark an die Wii-Konsole: Es gibt bunte Icons für die einzelnen Bereiche, im Hintergrund düdelt eine beruhigende Melodei. Außerdem warten jede Menge noch leerer Felder darauf, zukünftig mit 

Die Menüführung ist komplett neu und erinnert an Wii: Große Icons repräsentieren die einzelnen Bereiche, weiter hinten liegende Felder sind noch leer - die warten auf ihre Shop-Füllung.
Software aus dem DSi-Shop gefüllt zu werden. In den Systemoptionen könnt ihr die üblichen Einstellungen vornehmen, euren Geburtstag eintragen, einen Wecker stellen und den Jugendschutz aktivieren (inkl. Passwort-Schutz). Zurück zum Hauptmenü: Auf dem oberen Bildschirm seht ihr hier nicht mehr übergroß Zeit und Kalender, sondern euch - oder was auch immer für ein Motiv ihr zur Begrüßung mit der internen Kamera aufgenommen habt. Es gibt direkte Links zur Kamerasoftware, zum Musikstudio, zum »Download-Play« und zum Pictochat, beide komplett zum DS kompatibel. Und selbstverständlich gibt es auch ein Icon, das direkt in den DSi-Shop führt (von einem WiFi-Optionen-Umweg mal abgesehen): Dazu kann ich aber leider nichts sagen, denn der gegenwärtig aktive Shop ist nur für Japaner gedacht - will ich mich darauf verbinden, bekomme ich eine »Das ist nicht für deine Region bestimmt«-Fehlermeldung. Einige Untermenüs (z.B. für die WiFi-Download-Verbindung bei Singlepak-Spielen) sind direkt vom DS übernommen - ein mittelschwerer Stilbruch. Sehr schön dagegen ist, dass man nicht mehr für jede Option, die man verstellt, den DSi neu starten muss - genau genommen muss man ihn überhaupt nicht mehr ausmachen, wenn man das nicht möchte. Denn alle Optionen werden sofort ohne Reset-Zwang umgestellt, Module können im laufenden Betrieb ein- und ausgesteckt werden. Und habt ihr keine Lust mehr auf ein Spiel, reicht ein einfacher Druck auf den Power-Button, um euch sofort wieder auf dem »Desktop« wiederzufinden.

Das Monster in mir

Bekanntermaßen hat der DSi zwei Kameras: Eine innen (die euch genau mittig neben dem Mikrofon anglotzt), eine außen - die von einem Deckglas abgesehen komplett ungeschützt ist; mal sehen, wie sich das dauerhaft auf die Bildqualität auswirkt. Ihr könnt direkt vom Desktop aus über beide Schultertasten in den Kameramodus wechseln, und dort per Touchpad

Größenvergleich: Der DSi (rechts) ist ein kleines bisschen handlicher als der DS (Mitte), unterscheidet sich aber sonst äußerlich kaum von ihm - vom Kameraauge mal abgesehen.
zwischen beiden Aufnahmegeräten wechseln. Klick, das Bild ist gemacht, was nun damit? Zum einen könnt ihr das aktuelle Bild auf den Desktop verbannen, zum anderen könnt ihr ins Kamerastudio wechseln. Hier wird automatisch ein Fotoalbum angelegt, das eure Bilder chronologisch in einem übersichtlichen Kalender sortiert - ihr könnt einzelne Bilder als Favoriten markieren, nachbearbeiten, löschen oder alle in einer von herzerwärmenden Geklimper begleiteten Slideshow anzeigen lassen. Und falls ihr mit euren Aufnahmen auch außerhalb vom DSi protzen wollt, könnt ihr sie auch von hier aus auf die SD-Karte kopieren. Spätestens dort dürfte allerdings auffallen, dass die Qualität der Aufnahmen nicht irre hoch ist: Die Bilder haben die Güte früherer Kamerahandy-Aufnahmen, eine Auflösung von 640x480 und eine verwaschene Darstellung - für den DSi reicht das aber aus, außerdem hat die kleine Größe den Vorteil, dass die Bildchen leicht in Echtzeit verarbeitet werden können.

Das hat nicht nur Auswirkungen auf kommende Spiele (ein Wario Ware, das die Kamera nutzen soll, ist bereits in Arbeit), sondern auch auf das Fotostudio. Hier könnt ihr euch an den Bildern austoben: Ihr könnt zwei Aufnahmen ineinander morphen, witzige Echtzeit-Verformungen mit dem Stylus malen, Spiegeleffekte und Kaleidoskope zaubern, Sprechblasen hinzufügen, aus vielen Rahmen und sonstigen Verzierungen wählen (inkl. eines nahe liegenden Mario-Outfits) und jeden Schnappschuss mit einem Kommentar versehen. Die Bedienung ist einfach und intuitiv, im Zweifelsfall greift euch auch ein ausführliches Tutorial unter die Arme, das zum ersten Start des Fotostudios automatisch eine Tour macht.

Im Fotostudio dürft ihr eure Bilder nach allen Regeln der Brachialkunst verbiegen und verknoten.
Eine nicht ganz so amüsante, aber ebenfalls interessante Spielerei ist der eingebaute Sound-Editor: Klickt ihr auf den Vogel im Hauptmenü, gelangt ihr quasi in den Warteraum. Hier zwitschert der Papagei drauflos, wobei nach kurzer Zeit die Augenbraue nach oben wandert: Das habe ich doch schon mal gehört? Ja, von mir, gerade eben! Genau: Das eingebaute Mikro zeichnet eine kurze gesprochene Passage auf (sofern man etwas gesagt hat), der Papagei wiederholt die krächzend verzerrt zwischen gelegentlichen Zwitschersounds - ach, wie süß! Aber nun ab zum eigentlichen Editor: Hier könnt ihr gezielt Stimmen und Geräusche aufnehmen, hinterher an Tonhöhe und -Geschwindigkeit herumschrauben sowie weitere grausame akustische Experimente daran ausführen. Beispielsweise dürft ihr die Aufnahme durch diverse Filter laufen lassen, um sie wie durch eine Trompete gespielt oder eben von einem Papagei geplappert klingen zu lassen. Ganz subversive Naturen lassen den Sprachfetzen rückwärts spielen, um perfide getarnte satanische Botschaften unters Volk zu bringen.          

Glänzende Zukunft?

Rechts befindet sich der Slot für SD-Karten, auf denen nicht nur Bilder und Musikstücke, sondern künftig auch Games und Programme gespeichert werden können.
 Der angesprochene SD-Schacht ist für mehr gut als nur Bilder zu speichern: Logischerweise könnt ihr das Modul auch mit eurer Lieblingsmusik vollstopfen, die allerdings im AAC-Format (hallo iTunes!) vorliegen muss - MP3 wird nicht unterstützt. Außerdem werden darauf auch Download-Spiele und -Programme aus dem DSi-Store gespeichert, sobald der interne Speicher (256 MB) voll ist. Außerdem bietet der DSi damit mehr als genug Platz für Demos, die zwar schon auf dem DS vorhanden waren, aber gerade hierzulande kaum genutzt wurden.

Als erster Nintendo-Handheld hat der DSi keine feste, sondern überschreibbare Firmware, was für künftige Updates genutzt wird. Diese Updates werden wie beim Wii automatisch ausgeführt, sobald man essentielle Online-Dienste wie den DSi-Shop aufruft - es führt also kein Weg dran vorbei; eine Tatsache, die auch dazu dienen soll, Raubkopierer vom DSi fern zu halten. Wie schon kurz nach der ersten Ankündigung bekannt wurde, verfügt der DSi über einen Regionscode, der allerdings ausschließlich DSi-Software sowie den Shop betrifft - DS-Spiele laufen ohne Probleme! Die meisten davon standardmäßig in Englisch, sofern ihr innerhalb des Spiels die Möglichkeit dazu habt, könnt ihr auch alle anderen Sprachen wählen. Darüber hinaus ist der Multiplayermodus komplett zum DS kompatibel: Spiele von DS zu DSi und umgekehrt sind problemlos möglich.

Die Bildschirme des DSi sind deutlich heller als die vom DS, die Farben wirken weitaus satter - ihr könnt die Leuchtstärke aber auch herunterregeln, um Strom zu sparen.
 Zur größten Verwirrung lässt sich noch nichts sagen: Der Bezahlung im Shop. Laut Nintendo wird es keine Möglichkeit geben, die obligatorischen Punkte zwischen DSi und Wii aufzuteilen oder gemeinsam zu nutzen - was natürlich aus Kundensicht nicht den geringsten Sinn ergibt. Da es zum gegenwärtigen Zeitpunkt für uns auch nichts zu kaufen gibt (für Japaner auch nicht - der einzige Posten im Shop scheint zur Zeit der DSi-Browser zu sein, und der ist kostenlos), warten wir einfach mal hoffnungsvoll ab. Und wir drücken die Daumen, dass Nintendo den Shop gerade angesichts der Tatsache, dass GBA-Module nicht mehr laufen, sinnvoll nutzen wird. Denn gerade im Bereich der Retro-Handheldspiele hat die Firma den wohl mit Abstand wichtigsten Katalog in der Hinterhand. Herunterladbare »Virtual Console DSi«-Spiele für Game Boy, Game Boy Color und konsequenterweise auch Game Boy Advance wären für Retro-Fans ein wunderbarer, hoffentlich nicht zu teurer Schritt.

Ersteindruck:

Seit zwei Tagen drücke und klicke ich am DSi herum und stoße immer wieder jauchzende Laute aus: Das schmucke Kästchen ist wunderbar verspielt! Das Bilderstudio und der Sound-Editor ermöglichen herrlich alberne Dinge, besonders Ersterer bietet mit dem Echtzeit-Morphing ungeahnt bekloppte Freiheiten. Auf der technischen Seite sind es vor allem die wunderbar hellen Bildschirme sowie das deutlich präzisere Digipad, die für Freude sorgen. Und dass der DSi nach wie vor die kompakten Ausmaße des DS lite hat, ist ein willkommener Bonus. Darüber hinaus bietet der DSi einige lang vermisste Komfortfunktionen: Das einfache Verlassen der Spiele, den Modulwechsel im laufenden Betrieb, keinen Neustart für veränderte Optionen - zum Teufel, ja! So hätte das von Anfang an sein müssen, im Grunde ist der DSi jetzt endlich der Handheld, welcher der DS hätte sein sollen. Allerdings hätten wir in diesem Falle von Anfang an auf einen GBA-Port verzichten müssen, was auch so schon genug schmerzt: Die einzige Möglichkeit für DSi-Besitzer, in den Genuss der vielen großartigen GBA-Spiele zu kommen, besteht entweder im Erwerb eines älteren Handhelds oder der Hoffnung, dass Nintendo den DSi-Store mit möglichst günstigen Download-Modulen vollstopft - mal sehen, gerade in Sachen Preispolitik sind wir ja von Big N einige schmerzliche Hürden gewohnt. Doch davon abgesehen ist die Frage nach Sinn und Zweck eines Kamera-DS' leicht beantwortet: Das Teil ist toll! Es fühlt sich gut an, es ist intuitiv zu bedienen, es macht Spaß, (fast) alle DS-Spiele laufen so, wie ich es gewohnt bin. Ich kann die Veröffentlichung in Europa jedenfalls kaum erwarten.        

 
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