SupaBoy19.03.2012, Paul Kautz
SupaBoy

Special:

Modul rein, einschalten, abwarten, ausschalten, Modul raus, kräftig reinpusten, Modul rein, einschalten, abwarten... wer erinnert sich noch? Ja, die gute alte Modulzeit liegt jetzt schon eine ganze Weile hinter uns. Der SupaBoy gibt uns die Gelegenheit, die in die Gegenwart zu zerren.

Mega Drive vs. SNES, Runde Zehn! Ding-ding-ding!

Der SupaBoy ist weniger mobiles SNES als vielmehr Ersatz für die stationäre Konsole. Mit einigen guten Ideen, aber auch einigen echten Schwächen.
Der SupaBoy ist weniger mobiles SNES als vielmehr Ersatz für die stationäre Konsole. Mit einigen guten Ideen, aber auch einigen echten Schwächen.
Okay, legen wir die Karten gleich offen auf den Tisch: Ich war immer ein Mega-Drive-Jünger. Ich hatte ordentlich Spaß bei meinem Kumpel, der ein SNES unter dem Fernseher stehen hatte, aber zuhause waren meine Helden Sonic, Joe Musashi und Blaze Fielding. Ahhhh, Blaze... äh... tschuldigung... irgendwie hatte mich das SNES nie so richtig gereizt, jedenfalls nicht direkt zum Start. Erst später entdeckte ich tröpfchenweise die Perlen, die sich hinter den alles überstrahlenden Super Mario World und The Legend of Zelda: A Link to the Past versteckten: Das fantastische Yoshi’s Island. Das innovative Pilotwings. Das aus heutiger Sicht eigentlich unspielbare (10-15 fps!), aber damals alle Sinne von dannen blasende Starwing. Axelay, das Spiel mit dem fantastischsten Mode-7-Effekt überhaupt. Super Aleste, F-Zero, Actraiser, Turtles in Time, Super Mario Kart, Super Metroid, Street Fighter 2, Donkey Kong Country, Super Turrican, Contra 3, Mega Man X, Chrono Trigger. Die Liste könnte noch ewig so weiter gehen, was auch der Grund dafür ist, dass ich mit Luchsaugen über jeden Flohmarkt husche, immer auf der Suche nach dem einen oder anderen Modulschnäppchen, mit dem ich mein würdevoll in die Jahre gekommenes SNES füttern kann.

Und an dieser Stelle kommt der dezent dämlich betitelte Hyperkin SupaBoy ins Spiel. Denn anders als z.B. beim Mega Drive Portable sind hier keine Spiele vorinstalliert. Es gibt auch keinen Slot für SD-Karten, über den man »Sicherheitskopien« seiner Module in einem Emulator laufen lassen kann. Nein, es ist im Wesentlichen ein

Das Gerät ist im Vergleich zu heutigen Handhelds wirklich riesig.
Das Gerät ist im Vergleich zu heutigen Handhelds wirklich riesig.
SNES für unterwegs. Die Technologie ist bekannt, es gibt einen 3.5"-4:3-LC-Bildschirm sowie einen dicken Modulschacht, den man mit der Original-Software zustopfen muss. Dann einschalten, abwarten, ausschalten, Modul raus, kräftig reinpusten, Modul rein, einschalten, abwarten...

Ich habe da was Gigantisches in meiner Hose!

Der SupaBoy ist ein mächtiger Klotz: 21 cm breit, zehn cm hoch, knapp 4 cm dick - damit ist er zwar kein Rucksacksprenger wie das erste Lynx , aber nahe daran, und definitiv jenseits heutzutage akzeptierter Handheld-Definitionen. Wenn man nicht gerade in »Ey Alda Digga!«-Kreisen unterwegs ist, dürfte man das Teil kaum in eine Hosentasche bekommen - ein sehr deutlicher Unterschied zu der im Vergleich winzigen Mega-Drive- und Master-System-Konkurrenz. Wenn man nicht gerade Kinderhände hat, dann liegt das dröge-graue Teil ordentlich in der Hand, die Buttons sind gut erreichbar. Allerdings stehen sie alle sehr weit aus dem Gehäuse heraus, was gerade beim schwammigen Digikreuz nervt und auf Dauer auch weh tut.

Alle SNES-Bedienelemente sind vorhanden, dazu kommt noch ein Kopfhörerausgang auf der Unter-, sowie ein TV-Ausgang auf der Oberseite. Ein wiederaufladbarer 1500mAh-Lithium-Ionen-Block sorgt für etwa vier Stunden pausenlosen SNES-Spaß, das Ganze ist über das mitgelieferte Stromkabel auch direkt spiel- und ladbar.

Oh-oh - hässliche Grafikfehler! Die gibt es leider bei vielen Spielen, wenn auch bei wenigen so ausgeprägt wie bei Starwing.
Oh-oh - hässliche Grafikfehler! Die gibt es leider bei vielen Spielen, wenn auch bei wenigen so ausgeprägt wie bei Starwing.
Zusätzlich befinden sich an der Front noch zwei Buchsen für Original-SNES-Controller - für den eher unwahrscheinlichen Fall, dass man zwar noch diese, aber kein dazu passendes SNES mehr im Haus hat. Schade ist allerdings, dass es keine Helligkeitsregelung gibt.

Da machst du Augen

Schade deswegen, weil das Display in der unverrückbaren Standardeinstellung Mist ist. Guckt man gerade drauf, ist die Darstellung dunkel, kontrastarm und gerade bei Texten sehr verwaschen. Erst wenn man den SupaBoy ein ganzes Stück nach unten kippt, wird die Sache deutlich heller und schärfer - die Ausrichtung der Hintergrundbeleuchtung ist alles andere als optimal. Außerdem ist das Display nicht gut abgedichtet: Spielt man im Dunklen, sieht man um die Ränder herum ein störend durchschimmerndes Leuchten.

Über das beiliegende Kabel ist der SupaBoy ratzfatz an den Fernseher angeschlossen - und entfaltet dort seine volle Wirkung. Merkwürdigerweise kann man dann aber nicht mehr über das Gerät selbst steuern.
Über das beiliegende Kabel ist der SupaBoy ratzfatz an den Fernseher angeschlossen - und entfaltet dort seine volle Wirkung. Merkwürdigerweise kann man dann aber nicht mehr über das Gerät selbst steuern.
Deutlich besser wird die Laune, wenn man das Gerät mittels beiliegendem A/V-Kabel an den Fernseher anschließt: Der simplen Verbindung zum Trotz ist das Bild erstaunlich sauber und scharf, es gibt keine aufgezwungene 16:9-Skalierung wie noch beim Mega Drive Portable, die Spiele sehen hier deutlich besser aus als auf dem SuperBoy-Display. Allerdings wurde an dieser Stelle eine sehr fragwürdige Designentscheidung getroffen: Schließt man das Gerät an den Fernseher an, werden alle Tasten deaktiviert! Der Sinn dahinter ist vermutlich, dass man den SupaBoy in dieser Verkabelung als SNES-Ersatz nutzen soll, was in Kombination mit zwei angeschlossenen Pads ja auch schön und gut ist. Aber: Mit dem Gerät selbst habe ich bereits ein brauchbares Pad in der Hand. Wieso also diese künstliche Beschränkung, wenn ich einfach nur allein am Fernseher zocken will?

Wir müssen ein bisschen draußen bleiben

Komplette Klon-Systeme wie der SupaBoy oder das Mega Drive Portable gelangen früher oder später immer an ein Spiel, das deutlich macht, dass man es eben nicht mit dem Original, sondern mit einer billigeren Sparversion davon zu tun bekommt. Im Falle des SupaBoy sind es ziemlich viele, die von kleinen und großen Problemen geplagt werden. Ein paar blind ausgewählte Beispiele: Bei Starwing (auch als Star Fox bekannt) muss man mit einem dicken vertikalen Störstreifen mitten im Bild leben. Bei Pilotwings gibt es immer wieder Grafikfehler, wenn Texteinblendungen ins Bild kommen. Und der Regenbogenkreis im Hauptmenü von

Tja... dann eben nicht. Spätere PAL-Module laufen auf dem SupaBoy nicht.
Tja... dann eben nicht. Spätere PAL-Module laufen auf dem SupaBoy nicht.
Tiny Toon: Buster Busts Loose ist im unteren Drittel falsch dargestellt.

Das alles mag für sich genommen eine Kleinigkeit sein (bis auf Starwing: Der Fehler macht das Ganze nahezu unspiebar!), aber es summiert sich zu einem unschönen Bild, das nicht für die Sorgfalt beim Hardware-Design spricht. Denn neben dem erwähnt schwachen Display ist auch der Soundausgang alles andere als optimal: Nutzt man die zwei eingebauten Lautsprecherchen, gibt es neben der Spielbegleitung auch ein unangenehmes Fiepen und Brummen zu hören. Der Griff zum Kopfhörer ist in solchen Fällen normalerweise eine brauchbare Alternative, aber nicht hier. Die Störgeräusche bleiben auch da bestehen, was den Schluss zulässt, dass der Soundausgang einfach Dreck ist. Die beste Lösung: An den Fernseher anschließen - dann hat man Ruhe.

Das ärgerlichste Problem ist aber hausgemacht: Der SupaBoy ist ein NTSC-Gerät, das in erster Linie dazu gedacht ist, amerikanische und japanische Module abzuspielen. Mit den meisten PAL-Spielen gibt es keine Probleme, aber gerade spätere Games verfügten hardwareseitig über einen NTSC-Lock-Out - eine frühe Version der heute unverändert verhassten Regionalcodes. Die sorgen im Falle des SupaBoy dafür, dass einige nachweislich wichtige Spiele wie Super Mario All-Stars, Yoshi’s Island, Donkey Kong Country oder Super Metroid einfach nicht laufen - es gibt lediglich eine Fehlermeldung. Kein Problem für jemanden, der sich ständig in Akihabara günstig mit SNES-Ware eindeckt; sehr

Der Hyperkin SupaBoy ist bei uns exklusiv über AcmeGames zum Preis von knapp 90 Euro erhältlich. Das Verkaufspaket enthält das Gerät nebst Akku, ein A/V-Kabel, eine Stoff-Tragetasche sowie ein Ladegerät mit Adapter für hiesige Steckdosen. Ein Spiel liegt nicht bei.
wohl ein Problem für denjenigen, der bereits eine umfangreiche PAL-Sammlung hat.

Fazit:

Yeah, endlich mal wieder in Module pusten! Ich weiß, dass das für die nicht gut ist, aber das gehört für mich zum Oldschool-Spielerlebnis dazu. Und das liefert der SupaBoy auch - wenn man ihn an den Fernseher anschließt und über das Original-SNES-Pad loslegt. Beschränkt man sich allerdings auf den »Handheld«, dann überwiegen die Probleme: Das Display ist groß genug, aber dunkel und matschig, der Soundausgang eine Zumutung, die Digibuttons stehen etwas zu weit aus dem Gehäuse heraus - das Gerät fühlt sich trotz des stolzen Preises einfach billig an. Und vor allem verdammt groß: So toll ich es auch wirklich finde, einen wichtigen Teil der Software-Geschichte immer dabei haben zu können, so wenig Interesse habe ich gleichzeitig daran, mir meinen Rucksack nur damit zuzustopfen. Die elegantere Lösung wäre vermutlich, wenn Nintendo die Spiele über ihren eShop für den 3DS veröffentlicht, das würde auch das nervende Problem mit dem Region-Lock lösen. Somit bleibt der SupaBoy eigentlich nur eine passable Lösung für Import-Enthusiasten.

Eindruck: ausreichend

 
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