FIFA 1726.09.2016, Jörg Luibl

Special: Der große Fußballvergleich

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Der große Fußballvergleich: PES 2017 vs. FIFA 17

In drei Teilen werden wir den virtuellen Fußball

von Konami und EA vergleichen. Wir starten mit

Präsentation & Atmosphäre, es folgen Figurenverhalten

sowie Umfang und wir finalisieren den Vergleich

mit der wichtigen Spielmechanik.

Teil 1: PRÄSENTATION & ATMOSPHÄRE (PES : FIFA)
Spieler-Animationen

PES 2017 sieht deutlich harmonischer aus als letztes Jahr - vor allem in den Zweikämpfen: Egal ob Gerempel oder Vollkontakt über Grätschen, gibt es kaum noch Brüche oder Clippings, sondern sehr natürlich wirkende Kollisionen. Hinzu kommen viele neue Abschluss- und vor allem hervorragende Torwartanimationen, so dass es richtig Spaß macht, sich die besser choreografierten Zeitlupen anzusehen. Manche Dribblings wie der Regenbogenschnipser wirken aber immer noch übertrieben zirkusreif und einige Bewegungen zu künstlich. Stichwort: Oberschenkelanimationen beim normalen Gehen.

FIFA 17 sah schon letztes Jahr mit seinen vielen feinen Bewegungs- und Abschlussaktionen richtig gut aus, zumal es harmonischere Übergänge in den Zweikämpfen vom Rempeln bis hin zum Trikotzupfer gab, den man quasi in kleinen Etappen bis zum Foul beobachten kann. Dieses Jahr fällt vor allem der Körperkontakt deutlicher auf: Das neue Abschirmen und Annehmen des Balles (auch aus der Luft sieht das elegant aus!) wird inklusive des Haltens und Schiebens gut inszeniert, aber wirkt manchmal noch etwas statisch. Hinzu kommen ebenfalls einige künstlich wirkende Verrenkungen bei Abschlüssen.

Fangesänge

PES 2017 stagniert im Singsang. Auch wenn man seit PES 2015 ein solides Niveau hinsichtlich der Fangesänge erreicht hat, vermisst man mehr Vielfalt und vor allem mehr dynamisch ans Spielgeschehen angepasste Reaktionen. Auch die Atmosphäre bei den offiziellen Partnern wie Barcelona, Liverpool und Dortmund müsste deutlich markanter sein, was Fangesänge betrifft. Kommt es zu einem Derby im Ruhrgebiet, gibt es  akustisch keine Unterschiede - das darf nicht sein. Schade: Man kann erneut keine Audiodateien importieren; nur auf PS3 ist das möglich.

FIFA 17 stagniert ebenfalls, aber liegt immer noch vorne, was Vielfalt und Masse an Gesang angeht, zumal man hier eben auch die erste und zweite Bundesliga singen hört. Die Stimmung in den Stadien ist richtig gut und auch bei Derbys deutlich spürbar. Und auch ohne offizielle Partnerschaft hört man z.B. mehr Fangesänge beim BVB. Allerdings könnten es vom HSV bis S04 auch mehr Schlachtgesänge sein und die Abstimmung auf die Spielsituation ist nicht immer optimal. Man kann auch hier keine Fangesänge importieren.

Soundeffekte

Eine akustische Stärke ist auch in PES 2017 das Pfeifen, Raunen oder Mitgehen der Zuschauer in heiklen Situationen von Foul bis Tempowechsel. Schön auch, das typische Spanische "Olé" bei Barcelona, wenn man hoch führt und den Ball in Camp Nou laufen lässt. Allerdings entspricht diese Emotion nicht immer dem Spielstand und die Schüsse klingen vor allem im Training alle gleich blechern.

Auch in FIFA 17 klingt das Drumherum gut: Man hört ab und zu das Reinrufen von der Seitenlinie, das Publikum geht auch abseits der Fangesänge in den Situationen mit, so dass sich die Spannung vom Rasen auch akustisch überträgt. Auch Schüsse, Lattentreffer & Co klingen gut. Trotzdem gibt es auch hier einige unpassende oder ganz ausbleibende Zuschauer-Reaktionen, so dass noch Luft nach oben ist.

Spielergesichter

Welcher Aubameyang, Iniesta oder Coutinho sieht realistischer aus? Die in PES 2017. Aber selbst wenn Konami en detail hohe Wiedererkennungswerte vor allem in den Kadern der offiziellen Partner bietet, gibt es auch beim BVB, Liverpool und Barcelona einige Lücken und immer noch lippenasynchrones Singen.

FIFA 17 trifft einige Profis und erstmals auch Trainer wie Klopp, Mourinho & Co sehr gut, obwohl man Arsène Wenger z.B. fast gar nicht erkenn. Trotz neuer Frostbite-Engine wirken die Gesichter insg. zu wachsig, glatt und faltenfrei. Und trotz offizieller Bundesliga-Lizenz erkennt man z.B. beim HSV, Schalke oder Gladbach kaum einen Profi. Unterm Strich zieht FIFA aber aufgrund seiner Vielfalt gleich.

Stadien & Platzdesign

In PES 2017 sieht der Rasen auch in Wiederholungen endlich gut aus! Ich kann erneut drei Längen einstellen, es gibt dynamisch einsetzenden Regen, der sich spürbar auswirkt. Außerdem sehen die Kamerafahrten aus der Vogelperpsektive ins exklusive, nur in PES verfügbare Camp Nou richtig gut aus. Aber trotz einer Aufstockung auf 14 reale und 14 fiktive Stadien, darunter auch Meazza, San Siro und einige südamerikanische Arenen wie das Maracana, vermisst man zum Start noch die beiden Tempel von Liverpool und Dortmund - dass gerade Anfield und Westfalenstadion nicht dabei sind, ist angesichts der offiziellen Partnerschaft sehr ärgerlich; die 30 Stadien werden also erst mit einem Update voll gemacht.

FIFA 17 bietet mehr Wettereffekte wie diesig, neblig, bewölkt und eine bessere Rasenabnutzung. Außerdem wirken die Fans und das Drumherum an der Seite des Platzes lebendiger. Hinzu kommen erneut an die 80 offizielle Stadien aus aller Welt, darunter auch ohne offizielle Partnerschaft z.B. der Signal Iduna Park, dazu die Veltins Arena etc.

Kommentare

Die Kommentare in PES 2017 sind schrecklich schwach. Hansi Küpper kann mit seiner markanten Stimme manchmal für Akzente sorgen, Marco Hagemann fällt mit seinen meist trockenen Beiträgen aber deutlicher ab. Sätze wie "Er haut das Ding vor!" haben schon letztes Jahr genervt, zumal sich beide viel zu oft mit Sprüchen über "die Gasse" wiederholen, kaum Ankdoten zu Teams anbieten. Ein Derby zwischen dem BVB und S04 wird wie kommentiert? Gar nicht. Immerhin kann man auch auf das bessere englische Duo schalten. Auch akustisch müsste Konami seine offizielle "Partnerschaft" über mehr Informationen rund um Spieler sowie Verein hörbar machen.

FIFA 17 hat mit Frank "Buschi" Buschmann und Wolff-Christoph Fuss in allen Bereichen deutlich mehr zu bieten: Auch wenn einiges wiederholt wird, gibt es trotz Phrasendrescherei erstens mehr Vielfalt in der Tonalität der beiden und zweitens interessante Anekdoten zur Vereinshistorie oder Spielern. Zudem werden verblüffend oft auch kleine Spielsituationen gut besprochen, so dass "Live-Charakter" entsteht. Sehr schön: Auch die neue Karriere wird auf Deutsch kommentiert! Sehr ärgerlich: Die beiden vertun sich in "The Journey" schonmal beim Spielstand und sprechen beim Unentschieden von einer Führung.

Menüdesign & Benutzerführung

PES 2017 sieht im Menü etwas fade aus, behält ansonsten sein Kachel-Layout, aber wiederholt alte Fehler: Wer spezielle Dribblings üben will, muss im freien Training zig mal pausieren und klicken, bevor man endlich die Kombo sieht - Komfort ist anders. Sehr schön ist, dass bei den Taktiken kleine animierte Schautafeln die Effekte zeigen.

FIFA 17 wirkt stylischer, lässt sich intuitiv navigieren, aber im freien Training kann man gar nichts an Tricks & Co einblenden. Sehr nützlich ist die neue Rückspielfunktion z.B. bei Freundschaftsspielen, die sofort Stadion & Co wechselt. Und während beide auf den Anpfiff warten, können sie neue kooperative Trainingsübungen absolvieren - gute Idee! Die taktischen Einstellungen sind hier nicht ganz so verschachtelt und unterm Strich wirkt die Benutzeroberfläche mit integrierten Videos, Submenünavigation per Analogstick & Co moderner.

Zwischenstand
 18
     23

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Der große Fußballvergleich: PES 2017 vs. FIFA 17

In drei Teilen werden wir den virtuellen Fußball

von Konami und EA vergleichen. Wir starten mit

Präsentation & Atmosphäre, es folgen Figurenverhalten

sowie Umfang und wir finalisieren den Vergleich

mit der wichtigen Spielmechanik.

Zwischenergebnis Teil 1:

18
    22

Teil 2: FIGURENVERHALTEN & UMFANG (PES : FIFA)
Gegner-KI
Schon in PES 2016 wurde man der vierten und fünften Stufe endlich wieder gefordert und die Gegner-KI macht auch dieses Jahr einen sehr guten Eindruck. Vor allem, weil sie nicht nur die neuen taktischen Finessen aktiv einsetzt, sondern auch auf eigene Umstellungen wie Tika-Taka oder Gegenpressimg reagiert. Hinzu kommen sympathische "menschliche" Fehler oder aktives Zeitspiel, so dass auch Partien gegen den Computer natürlich wirken. FIFA 17 fordert ebenfalls auf den höchsten seiner sechs Schwierigkeitsgrade, auch hier reagiert die KI taktisch auf Rückstände oder Führungen, nur fühlen sich die Partien etwas mechanischer an.

Offensiv-KI

Die Laufwege in die Spitze waren schon eine große Stärke von PES 16, die jetzt z.B. durch das Hinterlaufen der Außenverteidiger nochmal Impulse gewinnen. Weil die neuen taktischen Manöver wie Tiki-Taka oder Flügelspieler deutlich umgesetzt werden, entstehen viele Bewegungen und Züge in die Spitze - etwas umständlich bleibt das manuelle Schicken nach vorne über Schultertaste plus Analogstick. Hier ist FIFA 17 zwar einen Tick komfortabler, außerdem beobachtet man etwas mehr Bewegung ohne Ball als noch in FIFA 16, aber ansonsten ist das Laufverhalten der Offensive weder so vielfältig noch direkt im Spiel steuerbar wie in PES. Zu selten hat man das Gefühl, dass die Offensive "mitdenkt" und sich enstprechend freiläuft, so dass Tempowechsel & Co eher Seltenheitswert haben.

Defensiv-KI
PES 2017 hat sich in der Defensive so verbessert, dass tödliche Pässe in die Tiefe häufiger von den klug zustellenden Innenverteidigern abgefangen werden; auch das Laufverhalten der nicht selbst gesteuerten Defensivleute ist sehr gut. Hinzu kommen tolle Kombos wie tief stehende Abwehr plus Zustellen der Mitte, so dass man ein Bollwerk gegen Flügelspiel aufbauen kann. Auch in FIFA 17 werden Pässe gut abgefangen, aber die eigenen Verteidiger wirken trotz aktiviertem Pressing manchmal zu passiv - sie lassen den Ballführenden zu lange ohne Druck machen, auch nach einerm Tackling wird der direkt vor ihnen liegende Ball nicht immer erobert. Außerdem hat man weniger Möglichkeiten auf die defensiven Laufwege Einfluss zu nehmen.

Torwart-KI
Letztes Jahr hatte FIFA 16 ganz klar die besseren Torhüter und auch dieses Jahr machen sie eine gute Figur mit tollen Glanzparaden, nur fausten sie immer noch eher weg als Bälle sicher zu fangen. PES 2017 hat sich hier deutlich verbessert und kann gleichziehen: Die Torhüter halten teilweise spektakulär und sind vor allem gegen die mächtigen Schlenzer besser gewappnet.

Schiedsrichter-KI
Dass die Schiedsrichter letztes Jahr "englisch blutig" in PES pfiffen und vieles laufen ließen, sorgte für Unmut. Konami hat reagiert und jetzt wirkt die Spielleitung deutlich reifer und nachvollziehbarer, so dass man bei Fouls und Grätschen aufpassen muss. FIFA 17 bleibt auf dem soliden Niveau des Vorjahres und leistet sich keine groben Aussetzer.

Spielmodi offline
Glückwunsch an EA: Endlich gibt es mit "The Journey" auch ein Fußballspiel mit einer Karriere, die den Namen verdient hat! Geführt von guter Regie, mit kleinen Entscheidungen sowie Rivalitäten gewürzt, erlebt man den Aufstieg vom Talent zum Star. Und nebenbei wertet man auch den normalen Karrieremodus auf, wo man als Spieler oder Manager jetzt auch in Japan oder Brasilien antreten kann. Konami hat offline nichts dagegenzusetzen: Auch wenn es kleine Änderungen in der Meisterliga sowie Versus-Statistiken gibt, herrscht hier Stillstand pur. Der Karrieremodus "Werde zur Legende" ist ein Witz, das Training nahezu identisch und in der offiziell lizenzierten Champions oder Euro League fehlen natürlich Vereine. Die Ligen und Pokale werden in beiden Spielen immer noch zu statisch inszeniert, auch wenn Konami zumindest in Südamerika etwas lebendiger inszeniert.

Spielmodi online
In beiden Spielen kann man online freundschaftlich, in Ranglisten oder an Turnieren kompetitiv oder kooperativ teilnehmen - auch im 11 gegen 11. Während EA seine Cashcow Ultimate Team um neue Herausforderungen sowie eine App ergänzt hat, hat Konami sein Pendant myClub um neue Scoutmechaniken erweitert - trotzdem wirkt das immer noch wie ein künstlicher Mischmasch aus Management und Sammelkartenflair. Unterm Strich bekommt man mit dem besseren Ligen- & Pokalsystem sowie Pro Clubs immer noch mehr geboten.

Lizenzen & Aktualität
Konami robbt sich mit südamerikanischen Pokalen und Teams sowie attraktiven offiziellen Partnerschaften (BVB, Liverpool, Barcelona) zwar ran, außerdem hat man diesmal endlich zum Start alle aktuellen Kader und recht früh Aktualisierungen parat. Aber das ist bei der Konkurrenz seit Jahren so und noch holt man nicht alles aus den Traditionsmannschaften raus (Stadien fehlen, Fangesänge etc.), zumal auch in der Champions sowie Euro League einige Mannschaften wie der FC Bayern komplett fehlen; immerhin sind mit Schalke und Leverkusen drei deutsche Teams vertreten. FIFA 17 hat nicht nur die komplette erste und zweite Bundesliga in petto, sondern auch aktuelle Nachrichten aus der Fußballwelt und unterm Strich mehr Lizenzpartner.

Training
Nicht nur in der Karriere, auch im Training herrscht Stillstand in PES: Man bekommt die nahezu identischen Übungen, kann einzelne Dribblings und Finten nicht gezielt üben und muss umständlich Befehlslisten studieren. Zwar muss man auch in FIFA für alle Funktionen eine Liste aufrufen und kann einzelne Tricks nicht im freien Training im 1-gegen-1 nachahmen, aber dafür sind die Skill-Trainings umfangreicher und kreativer als bei der Konkurrenz, zumal es dieses Jahr auch coole neue kooperative Übungen in den Ladephasen gibt. Außerdem bietet FIFA für Einsteiger eine optionale Trainerfunktion in sechs Stufen, die Aktionen auf dem Platz einblendet.

Editor
Warum kann ich weder in PES (bis auf die PS3-Version) noch in FIFA eigene Fangesänge hochladen? Das ist schade, aber immerhin kann man in PES grafisch Hand anlegen, um Gesichter, Frisuren etc. anzupassen, wobei man mehr Details bis hin zum Vereinswappen anbietet. In FIFA ist deutlich weniger möglich - nicht mal die Frisuren lizenzierter Spieler sind editierbar. Außerdem ist der Editor jetzt in der PS4-Version von PES deutlich mächtiger, denn über den USB-Stick kann man nicht nur Logos und Trikots, sondern die komplette Bundesliga oder andere Ligen schnell auf die Platte laden - ein klarer Fortschritt. In FIFA 17 wird übrigens auch der selbst erstellte Manager erstmals in der Karriere dargestellt.

Zwischenergebnis Teil 2:
 46
    53
Zwischenstand Teil 1 + Teil 2:
 64
    76

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Der große Fußballvergleich: PES 2017 vs. FIFA 17

In drei Teilen werden wir den virtuellen Fußball

von Konami und EA vergleichen. Wir starten mit

Präsentation & Atmosphäre, es folgen Figurenverhalten

sowie Umfang und wir finalisieren den Vergleich

mit der wichtigen Spielmechanik.

Zwischenergebnis Teil 1 + 2:
64
  76

Teil 3: SPIELMECHANIK (PES : FIFA)
Spielaufbau
PES spielt sich hervorragend. Es fühlt sich in den Animationen weicher, in den Kollisonen klarer, im Figurenverhalten intelligenter, in der Ballphysik authentischer, weil fehleranfälliger, und im Spielablauf noch runder an. Das äußert sich vor allem in der angenehmen Balance zwischen Ballbesitz und Umschaltspiel bei hohem Tempo. Zwar vermisst man Neuerungen in der Steuerung, aber dafür sorgen die neuen Taktiken dafür, dass man viel mehr Einfluss auf den Spielaufbau hat und diesen auch kurzfristig ändern kann, was sich spürbar auf die vielfältigen Laufwege auswirkt. Was man vermisst: Ein Regulativ für das sehr starke Gegenpressing, das zu schnell zu Ballverlusten führt - man kann die Pille mit dem Körper nicht schützen.

FIFA 17 spielt sich auch richtig gut, aber erreicht nicht die Vielfalt im Spielaufbau, wirkt immer noch etwas zäh im Mittelfeld und im Passspiel. Aber im Gegensatz zu PES bietet es ein neues Steuerungselement, das sich spürbar auswirkt: das manuelle Abschirmen. Man kann auf Knopfdruck den Körper zwischen Ball und Gegner stellen, um sich auch in bedrängten Situationen etwas Zeit für Dribbling oder Pass zu verschaffen. Das bereichert das Spielgefühl gegenüber FIFA 16 deutlich, sorgt auch für Tempowechsel und bildet einen wichtigen Teil des realen Fußballs ab. Aber das Abschirmen ist aktuell auch so mächtig, dass man es teilweise unrealistisch lange und für Zeitspiel missbrauchen kann.

Taktiken & Formationen
PES steigert auch dieses Jahr sein taktisches Potenzial: Die erweiterten Taktiken wirken sich auf Knopfdruck spürbar auf den Spielaufbau aus und ermöglichen eine Art "Auscoachen". Man kann mit sieben offensiven und fünf defenisven Manövern wie tiefe Abwehrreihe & Co experimentieren, bis zu vier kombinieren und z.B. Gegenpressing mit weiter Staffelung und Tiki-Taka kontern. Wer "Weit nach außen" und "Offensiver Außenverteidiger" aktiviert, der dann auch hinterläuft, wird sehr mächtig auf den Flügeln. Zusammen mit den flexiblen Taktiken aus dem letzten Jahr ist PES 2017 ein komplexes Biest für Trainer.

FIFA ist im taktischen Bereich klar unterlegen. Es hat zwar über 30 mögliche Aufstellungen von 5-3-2 bis 4-3-3 zu bieten und taktische Anweisungen für das Team sowie jeden einzelnen Spieler, aber all das wirkt sich nicht immer spürbar auf dem Platz aus. Man kann die Tektonik des Spielaufbaus und die Laufwege nicht so sichtbar verändern, dass sich umgehend neue Passoptionen ergeben. Hier reicht es, sein Team defensiver oder offensiver einzustellen.

Pässe und Flanken
PES bietet keine neuen Pass-Möglichkeiten, aber ein sehr gutes Fundament vom scharfen Zuspiel bis zur frühen Hereingabe. Man kann neben diversen Flanken aus dem Halbfeld oder von der Strafraumgrenze auch gezielt sehr hohe Flanken schlagen, um Kopfballspieler zu bedienen. Man kann Kurzpass-Stafetten einleiten, tödliche Pässe in die Spitze oder scharf in den Rücken der Abwehr spielen, dazu jederzeit manuell in alle Richtungen passen.

FIFA hat den neuen präzisen Steilpass in petto - und der hat es in sich: Drückt man die Schultertaste plus Dreieck, wird der Ball z.B. tödlich in die Schnittstelle der Viererkette gespielt oder fast schon chirurgisch genau in den Lauf des Stürmers. Hinzu kommt der stramme Kurzpass aus dem letzten Jahr, allerdings versackt der Ball immer noch oft im Mittelfeld, man vermisst mehr Möglichkeiten bei hohen Flanken und manche Flankenwechsel brauchen gefühlt ewig, weil der Ball zu lange in der Luft ist.

Schüsse
PES bietet keine neuen Schussoptionen, aber hat den Schlenzer bzw. präzisen Schuss sowie die Freistöße in der Flugkurve etwas entschärft. Sprich: Man kann nicht mehr so leicht einnetzen wie in PES16, was dem Spiel gut tut. Ansonsten hat man vom Vollspannschuss bis zum Volley oder Flatterball viele Möglichkeiten.

Letzteren bietet FIFA zwar nicht, hat aber etwas Neues im Angebot: Man kann Schüsse über das erneute kurze Drücken der Schusstaste gezielt in Flachschüsse verwandeln. Aber die gibt es praktisch auch schon lange in PES, wenn man das manuelle System nutzt und man vermisst immer noch allgemein mehr Wucht in den Schüssen - gerade bei Direktabnahmen.

Kopfbälle
In beiden Spielen kann man vom wuchtigen Kopfball nach Ecken oder Flanken bis hin zum akrobatischen Flugkopfball alles sehen, aber nur in FIFA gibt es eine zusätzliche Steuerungsoption: Wie beim Schuss kann man durch das erneute Drücken der Taste die Flugkurve ändern, so dass der Kopfball zum Aufsetzer wird. Nutzt man in PES das manuelle System kann man allerdings auch nach unten köpfen.

Tacklings
Konnte man in PES 16 noch einige künstlich wirkende Übergänge in den Zweikämpfen sehen, wirkt PES 17 deutlich weicher und im Vollkontakt mit seinen Stürzen authentischer. Aber spielmechanisch hat das Gerangel um den Ball keine Fortschritte gemacht. Auch in FIFA 17 werden die Zweikämpfe sehr ansehnlich inszeniert, zumal hier wie letztes Jahr das Ziehen am Trikot cool aussieht und in seiner Stärke dosiert werden kann sowie die einmal eingeleitete Grätsche abbrechbar ist und man weiterlaufen kann. Da wir das neue Abschirmen des Balles mit seinem Körperkontakt auch unter "Tacklings" verbuchen, weil der Verteidiger sich mit dem Analogstick ausrichten und mit seinem Körper wegdrücken kann und der Angreifer darauf reagieren kann, hat FIFA 17 hier die Nase vorn.

Dribblings
PES bietet in der Steuerung der Dribblings oder der Ballführung leider gar keine Neuerungen an, also lediglich das bekannte Repertoire von Elastico, Sombrero bis Roulette, das man erneut nicht siuativ üben kann. FIFA bietet auch viele Finten, darunter die "No Touch Dribblings" und Körpertäuschungen aus dem letzten Jahr. Zudem kann man das neue Abschirmen als einleitendes Manöver für oder sogar selbst als Dribbling nutzen, wenn man sich damit z.B. einmal um den Gegner dreht.

Standards
Es tut sich was in PES: Man kann sich an der Eckfahne über das Steuerkreuz für vier Varianten wie z.B. den "D-Zug" entscheiden, der dafür sorgt, dass sich die eigenen Spieler erst an der Strafraumgrenze sortieren und dann alle mit vollem Tempo hinein stürzen. Und man kann als Verteidiger drei Gegenmaßnahmen ergreifen, indem man Manndeckung, Raumdeckung oder eine Kombination aktiviert. Bei den Freistößen gibt es lediglich kosmetische Änderungen, außerdem sind Treffer aus dem ruhenden Ball etwas schwerer.

FIFA hatte hier immer das reichhaltigere Repertoire, man konnte gezielt Läufe auf den kurzen Pfosten oder die Verwirrung des Torwarts einleiten und dynamischere Standards kreieren. Neu ist, dass man als Ausführender über ein Fadenkreuz den anvisierten Zielort des Balles festlegen kann, so dass auch im Vorfeld mehr Gerangel um die Stelle entsteht. Bei Freistößen kann man jetzt den Anlaufabstand ändern - ein Nachteil bleibt, dass Tore immer noch recht leicht zu erzielen sind. Das gilt nicht mehr für Elfmeter, die aufgrund neuer Richtungs- und Kraftabfrage etwas kniffliger zu verwandeln sind.

Ballphysik
PES bleibt hier klar vorne. Egal ob Pass oder Schuss, Abpraller oder Aufsetzer wirkt die Ballphysik griffiger und authentischer, die Kugel eher wie ein eigener Körper. Es gibt wesentlich mehr Variation in den Flugkurven und bis auf wenige Ausnahmen wie den manchmal etwas unrealistisch anmutenden Schlenzer mit seinem extremen Drall kaum künstliche Brüche. FIFA hat schon letztes Jahr vor allem bei den Schüssen gut aufgeholt, aber deutlich mehr Situationen zu bieten, in denen sich die Pille seltsam verhält. Immer noch hat man manchmal das Gefühl, dass der Platz abschüssig ist, weil der Ball ewig weiterrollt, oder dass ein Flankenwechsel von einer Brieftaube vollzogen wird, die einfach nicht landen will.

Zwischenergebnis Teil 3:
68
   58
Gesamtergebnis:
132
  134

Fazit:

Beide Spiele haben sich in unserer Wertung leicht verbessert, Pro Evolution Soccer 2017 auf 82% und FIFA 17 auf 84%.  Auch wenn PES im Test sowie in diesem Vergleich insgesamt das Nachsehen hat, bleibt man im wichtigen spielmechanischen Bereich zehn Punkte vorne, zumal man taktisch und hinsichtlich der KI überlegen ist. Aber Konami muss aufpassen, denn Electronic Arts hat den Abstand vor allem durch das neue Abschirmen ein wenig verkürzt, mehr frische Steuerungszusätze zu bieten und vor allem mit der neuen filmischen Karriere "The Journey" gepunktet, so dass man unterm Strich vorne liegt. Was bedeutet das für das nächste Jahr? Konami muss etwas in den stagnierenden Spielmodi tun und wird vermutlich auch eine Art Abschirmung des Balles integrieren, um das zu starke Gegenpressing zu kontern. EA wird das Abschirmen etwas abschwächen, seine gute Karriere ausbauen, muss die Ballphysik verbessern und wird hoffentlich mehr aus der Frostbite-Engine herausholen.

Zum Test von PES 2017Zum Test von Fifa 17

 
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