Special: Quo Vadis 2007 (Messen)

von Julian Dasgupta



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Ist das Glas dennoch halb voll?

Martin Löhlein entgegnet, dass es zwar Nachholbedarf bei den Konsolen gebe - insgesamt stehe die deutsche Szene aber derzeit wesentlich besser da als noch vor fünf Jahren. So gebe es eine Reihe von Firmen, die mittlerweile an Spielen für NDS, Wii, Xbox 360 oder PS3 arbeiten. Deutsche Entwickler seien außerdem sogar in gewissen Bereichen führend, fügt Weidemann hinzu. So würden sich hier produzierte Handy-Spiele und browser-basierte Titel großer Beliebtheit erfreuen.

Im Mittelpunkt des Interesses stand der kommende Shooter Crysis; hier präsentiert von Bernd Diemer, Designer bei Crytek.
Internationale Publisher würden den deutschen Markt außerdem nicht aus dem Blickfeld verlieren. Schließlich würde ein Spiel wie Crysis zeigen, dass derartig ambitionierte Produktionen auch hier möglich seien. Der Publisher jenes Titels, Electronic Arts, hätte außerdem auch mit der Übernahme von Phenomic ein Zeichen gesetzt. Die Stimmung unter den Entwicklern, so der generelle Konsensus der Teilnehmer, sei auf der ersten Quo Vadis insgesamt schlechter gewesen. Dennoch habe man noch viel Arbeit vor sich, gerade im Bezug auf die anfangs diskutierte Internationalisierung der Teams.

Unfertige Cash-Burner

Strukturelle Probleme standen auch im Mittelpunkt eines Panels zum Thema "Dead Horse Riding bzw. wie man tote Pferde reitet". Ralf Adam, schon bei Firmen wie Sunflowers, Atari und Jowood tätig und mittlerweile als selbständiger Produzent und Berater unterwegs, Marc Huppke, Christopher Schmitz und Christian Braun (allesamt 10tacle) monieren insbesondere Probleme im Bereich der Planung von Projekten. Keiner der Diskussionsteilnehmer zweifelt daran, dass gerade in diesem Bereich unnötig an Geld gespart werde. Die vermeintliche Ersparnis werde in der späteren Produktion in der Regel zum Bumerang für alle Beteiligten, denn die spätere Korrektur von eigentlich vermeidbaren Fehlern komme diese teuer zu stehen. Steckt eine Entwicklung erstmal in der Sackgasse (bzw. das Pferd ist tot), werden oft noch extrem gut bezahlte Berater von außen angeheuert, um die rettende Kavallerie zu spielen.

Bei vielen Projekten, so Adam, fehle den Firmen der Mut, diese einzustellen, sobald man sich verfahren habe. Die Angst um das investierte Geld und die Arbeit resultiere dann in weiteren Zuschüssen - oft sei dann der berüchtigte 'Point of no Return' erreicht, bei dem es für die Hersteller kein (gefühltes) Zurück mehr gebe. Dabei, führt Adam weiter aus, sei "jede einsgestellte Pre-Production eigentlich ein Erfolg", weil die Entwickler so anerkennen würden, dass die ursprünglich anvisierten Ziele vor der Vollproduktion nicht erreicht werden konnten, anstatt weiter Geld zu verpulvern.

Schwammige Definitionen und fehlende Konsequenz in der Planung hätten entsprechende Konsequenzen. Oftmals gebe es keine Einteilung der Features in die zwingend erforderliche (Must-Haves), gewünschte (Should-Haves) sowie schöne aber im Notfall vernachlässigbare (Nice-to-Haves). Auch werden oft an den Designdokumenten herumgespielt, ohne dass dazu ein von beiden Seiten vereinbarter Abstimmungsprozess (Change Control) stattfinden würde.

Das deutsche Dream-Team?

Nachdenkliche Gesichter gibt es in der Runde, als die Frage gestellt wird, welchem deutschen Team man zutraue, ein Projekt unter den ursprünglich gesetzten Bedingungen umzusetzten. Chris Braun, vor seinem Wechsel zu 10tacle bei Sunflowers als Producer von Anno 1701 tätig, nennt Related Designs, die Entwickler jenes Spiels - muss aber auch eingestehen, dass das eine oder andere Feature aus Zeitgründen fallen gelassen werden musste.

"Dafür habt ihr aber das Budget überzogen", wendet Adam ein und legt sich fest: "Weltweit gibt es meiner Meinung nach kein Team, dass ein Spiel komplett mit allen geplanten Features im Rahmen des festgelegten Budgets und der vereinbarten Zeit verwirklichen würde." Eines der drei Kriterien werde immer überschritten bzw., im Falle der Features, gekürzt werden.

Ein weiteres typisches Problem verdeutlicht Schmitz anhand eines Beispiels: Oftmals werde der beste Programmierer zum Leiter seines Teams gemacht. Was bei einem kleinen Team noch Sinn machen könnte. Sobald man mehr als 6-7 Mitglieder in einer Abteilung hat, dürfte dies eher problematisch werden. Dann nämlich sei ausgerechnet die eigentlich produktivste Person mit administrativen Ausgaben ausgelastet, anstatt direkt am Produkt wirken zu können. Auch sei der beste Coder nicht automatisch derjenige, der am effizientesten ein Team zu leiten vermag.

Aber auch eine entsprechende Teamstruktur und gute Planung nützen nichts, wenn bei der Umsetzung geschlampt wird. Sollte sich eine Idee nicht innerhalb der zur Verfügung stehenden Zeit verwirklichen lassen, muss der Entwickler, so die Empfehlung der Runde, diese konsequent fallen lassen und auf den hoffentlich erarbeiteten Plan B zurückgreifen, anstatt mehr als die intendierten Ressourcen zu verschwenden in der Hoffnung, dass man dies doch irgendwie bewerkstelligen könne.
     

Kommentare

Wuff66 schrieb am
@Kollege Bratwurst: Ich konnte keinerlei Ironie in ihrem Kommentar entdecken weshalb ich annehmen muss sie nehmen geschriebenes ernst.
Es gibt mehr als genug Spielefirmen in aller Welt die immer wieder.
Ein Blick auf die Amazon Charts genügt.
1. England, 2. Japan, 3. USA, 4. USA, 5. Japan, 6. Japan
Mit G3 kommt die erste Deutsche Firma zwar erst auf Platz 20. Doch gibt es keinen Grund sich zu fürchten da die Qualität Deutscher Games in den letzten Jahren auch über die Masse betrachtet besser wurde.
Mit Mafia und Stalker hat Osteuropa auch zwei ganz große Namen ins Rennen geschickt.
Als Ösi war ich Jahrelang stolz auf Max Design und Studio Ebensee(in memory for their best Games).
Man sieht also die USA sind am Spielemarkt nicht allmächtig sondern müssen um den Markt kämpfen, auch gegen Deutsche Entwickler.
Kollege Bratwurst schrieb am
nischen gut, künstler gut..ich weiss nich was so ein kleines kackland wie deutschland erwartet
kein budget heisst man braucht eine gute idee und wenn das scheitert kann man das project abschreiben(was dt. firmen dann doch nicht machen und es als flop rauszubringen)
welches land liefert denn regelmäßig referenztitel ausser amerika?
Kajetan schrieb am
TNT.sf hat geschrieben: deutsche entwickler wollen halt lieber künster sein, statt entertainer.
Das ist vollkommen richtig. Denn für viele deutsche Entwickler hat sich der Markt gefälligst ihnen anzupassen und nicht umgekehrt ...
TNT.sf schrieb am
naja man hat ja versucht in gewisse nischen vorzustoßen, ist aber dann doch kläglich gescheitert. bestes beispiel ist doch paraworld.
da hat man doch eigentlich alles richtig gemacht, riesen budget, dickes marketing, aber trotzdem war das wohl der größte flop der deutschen spielegeschichte.
und warum? ganz einfach weil man das spiel für die falsche zielgruppe gemacht hat. die einzigen leute, denen das spiel gefallen hat, waren deutsche dinosaurier fans, die sonst nie oder kaum rts games zocken. und von dieser art gibt es halt nicht soviele, aber das schien man nicht gewusst zu haben (darauf wurde ja im text hingedeutet). allein schon die ganzen innovationen die das genre voranbringen sollen waren vollkommen am gewöhnlichen rts spieler vorbei entwickelt. sachen wie dieser army commander machten das spiel nicht wirklich einfacher, sondern schränkten es sogar noch eher ein.
das problem ist wirklich das die deutschen entwickler wirklich nicht wissen, was die spieler wollen oder höchstens wissen was deutsche spieler wollen. deutsche spiele sind in deutschland fast immer ein erfolg kränken dafür aber im ausland.
deutsche entwickler wollen halt lieber künster sein, statt entertainer.
ratzinger schrieb am
Solange hier immer wieder nur Firmen wie Crytek genannt werden, wird es in Deutschland nicht voran gehen. Die Entwickler in Deutschland sollten sich die Marktnischen suchen, in denen die internationale Konzerne noch Platz lassen, ein Unternehmen wie Crytek ist eine absolute Ausnahmeerscheinung und sollte deutschen Entwicklern nicht die Sicht auf die Realität nehmen, auch wenn deren Produktqualität sicher das Ziel der meisten ist...
schrieb am