Bionic Commando07.12.2007, Jörg Luibl
Bionic Commando

Special:

Auf dem Capcom Gamers Day in London präsentierte Ben Judd den neuen Titel Bionic Commando (ab 3,10€ bei GP_logo_black_rgb kaufen). Damit will sich der japanische Entwickler nicht nur weiter dem Westen öffnen, sondern auch ganz unterschiedliche Designstile verbinden. Amerikaner, Japaner und Schweden werkeln derzeit am Revival des Klassikers. Wir waren neugierig auf die Hintergründe.

4Players: Für unsere Leser unter 27: Was ist so besonders am Klassiker Bionic Commando (BC), der 1988 auf diversen Systemen erschien? Sie haben sich während der Präsentation als eingefleischter Fan geoutet...

Ben Judd, Producer von Bionic Commando,  auf dem Capcom Gamers Day in London.
Ben Judd: Als BC vor etwa 20 Jahren erschien, war die Spielebranche noch eine kleine. Weil alles neu war, brachte quasi auch jedes Spiel irgendwas Innovatives mit sich, das es so noch nicht in anderen Spielen gab. Nichtsdestotrotz war BC schon in 8-Bit-Zeiten eines der innovativsten Spiele überhaupt, denn es revolutionierte etwas, was damals noch als 2D-Sidescrolling-Standard galt: Man konnte NICHT springen. BC beruhte auf einer neuen Schwung-Mechanik, die den Spieler richtig forderte, indem er bestimmte, teilweise sogar mehrere Punkte in der Umgebung erreichen musste, um erfolgreich durch gefährliche Gebite zu kommen. Für mich fühlte sich das damals einfach klasse an, weil es so originell war. Und genau daran erinnere ich mich heute noch. Natürlich gab es noch andere Merkmale wie die für damalige Verhältnisse recht erwachsene Story, die Kombination aus Seitenansicht und Vogelperspektive sowie die Mixtur aus Jump`n Run, Strategie und Rollenspiel.

4Players: Sie sind der erste amerikanische Producer für einen Capcom-Titel. Und wir leben in unsicheren Zeiten - Studios werden geschlossen, kreative Spiele scheitern. Wie konnten Sie Capcom-Chef Kenzo Tsujimoto überreden, ein technisch anspruchsvolles Remake eines NES-Klassikers zu entwickeln?

Ben Judd: Ich habe ihn erpresst. Nein, ich mach nur Witze. Ohne Zweifel gibt es zwei Faktoren, die für dieses Projekt sprechen: Zunächst durfte ich in meiner fünfjährigen Zeit bei Capcom mit sehr vielen talentierten Proucern zusammen arbeiten. In dieser Zeit habe ich auch viel mit Inafune-san gearbeitet, der später Chef von CAPCOM R&D wurde. Ich denke, er hat gemerkt, mit wie viel Begeisterung ich die Dinge vorwärts treibe, von denen ich überzeugt bin. Er hat mich unterstützt, als ich die Idee für BC entwickelt habe - und ohne seine Hilfe wäre es wohl bei einem Projekt in der Schublade geblieben. Die andere Sache ist, dass Capcom wohl einer der aktivsten und risikoreichsten japanischen Publisher ist. Sie haben begriffen, dass es unheimlich wichtig ist, innovative Spielkonzepte zu fördern, wenn man an der Spitze bleiben will. Innovation gibt es natürlich in unterschiedlicher Form.  Aber wenn man japanische Designfinesse mit einem amerikanischen Producer und einem schwedischen Entwicklerteam verbindet, dann ist das nicht nur für japanische Verhältnisse, sondern für jeden Publisher etwas Besonderes.

4Players: Bionic Commando will auch technisch Zeichen setzen. Warum hat sich Capcom für das schwedische Team von Grin entschieden?

Ben Judd: BC war damals nur in Europa und den USA populär. Wir haben nach einem Team gesucht, das die Qualität des Klassikers wirklich verstehen kann. Außerdem wollten wir sicher gehen, dass es sich wie ein westliches Spiel anfühlt, um nicht nur Veteranen, sondern auch auch neue Spieler zu begeistern. Nichtsdestotrotz sollte dieses gewisse Capcom-Flair

Freier Fall: In Bionic Commando geht es per Greifhaken durch Häuserschluchten. Die komplett manuell steuerbare Schwungmechanik soll ein ganz neues Spielgefühl entfachen. 
erhalten bleiben, weshalb wir den Schweden einen japanischen Designer beratend zur Seite stellen. Unser Hauptgrund für Grin war schließlich, dass sie das technische Know-how mitbringen, um die neuen Schwingmechaniken imposant darzustellen. Viele Leute erwähnen Spider-Man, wenn sie den Trailer sehen, aber BC entfaltet eine sehr viel umfangreichere, in jeder Sekunde manuell zu kontrollierende Schwungmechanik, die sich wie Tag und Nacht von dem unterscheidet, was aktuelle Spiele bieten.

4Players: Nach unseren ersten Eindrücken zu urteilen, sieht die Kulisse wirklich klasse aus. Welche Engine nutzt das Spiel und wird es auch Drect X10 am PC unterstützen?

Ben Judd: Wir nutzen Grin's Proprietary-Engine, die auch DX10 unterstützen wird. Die Bilder, die wir bisher gezeigt haben, hatten allerdings keine volle DX10-Unterstützung - die Qualität wird noch steigen. Einige der späteren Level sehen wirklich atemberaubend aus. 

            

4Players: Lost Planet hatte einen Greifhaken, Spider-Man schwingt sich durch New York. Was wird so besonders am Schwingen in Bionic Commando?

In der Rolle von Nathan Spencer kämpft ihr in einer futuristischen Welt inkl. Mechs und Monster.
Ben Judd: Der beste Vergleich ist vielleicht, dass wir viele Jahre viele viele Rennspiele hatten, die sich ganz unterschiedlich anfühlten. Man nehme das Arcadegefühl von Ridge Racer und daneben die technische Simulationsbrillanz eines  Gran Turismo. Nur weil beide eine Fahrmechanik nutzen, heißt das nicht, dass sie sich nicht komplett unterschiedlich anfühlen. Die Schwungmechanik von BC muss man erfahren, um sie zu verstehen. Und dann wird klar, dass sie sich total von Lost Planet oder Spider-Man unterscheidet. Außerdem ist es verdammt spaßig, während des Schwingens eine Rakete auf ein Fahrzeug oder ein Monster abzuschießen - das kann man in keinem anderen Spiel, das ich kenne.

4Players: Wir können also schwingen, und in einer Science Fiction-Welt kämpfen. Könnten Sie uns weitere Einzelheiten über das Spieldesign nennen? Können wir ein pures 3rd-Person-Actionspiel erwarten oder wird es auch ruhige Momente geben? In welchem Verhältnis stehen Kampf und Erkundung?

Ben Judd: Es wird Upgrades geben, actionreiche Schwungsequenzen, freie Erkundung, dazu auch Rätsel- und Strategie-Elemente. Der Klassiker war innovativ, weil er so viel vermischte, so viele Stile unter einen Hut brachte - und genau das wollen wir auch erreichen.

4Players: Was ist mit Interaktion in der Spielwelt oder physikalischen Elementen?

Freie Fahrt für Schwinger: In den großen Levels entscheidet ihr, wann, wo und wie geschwungen wird.
Ben Judd: Dank des technischen Know-hows von Grin können sich Spieler auf EINE MENGE physikalischer Interaktion freuen. Alles dreht sich um das Schwingen, das in allen Facetten dargestellt wird. Selbst wenn man nicht von haus zu haus schwingt, kann man z.B. den bionischen Arm nutzen, um Hindernisse aus dem Weg zu scahffen oder mit der Umgebung zu interagieren.

4Players: Worum geht es in der Story? Wer ist der akrobatische Rastafari?

Ben Judd: Nathan Spencer. Er ist der Hauptcharakter aus dem Original. Zeitlich spielt das Ganze zehn Jahre nach dem explosiven Ende des Klassikers. Nathan findet sich im Knast wieder, nachdem er eine geheime Mission absolvieren sollte. Die Zeit im Gefängnis hat ihn verändert, denn er hat alles verloren, was jemals einen Wert für ihn besaß. Die Regierung hat ihn nach der Operation im Regen stehen lassen und so hat er eine Antipathie gegen alles entwickelt, was die militärische Führung repräsentiert. Seine Rasta-Locken repräsentieren quasi den Wandel vom adretten amerikanischen Helden hin zu einem freieren, wilderen Typen, der von den Leuten im Stich gelassen wurde, für die er mal sein Leben riskierte.

4Players: Japaner pflegen ihre Traditionen. Und Sie haben uns in London verraten, dass Sie Selbstmord begehen müssten, wenn Bionic Commando scheitert. Welche Art Feedback brauchen Sie, um zu überleben? Gute Kritiken in Famitsu und auf IGN? Oder einen Mindestverkauf von weltweit 500.000 Einheiten?

Ben Judd: Ich hoffe wirtschaftlich auf plusminus Null. BC ist wirklich eine fantastische Serie und dso innovativ, dass sie einen guten Nachfolger mit moderner Technik verdient. Ich bin überzeugt davon, dass das Spielprinzip wunderbar in den heutigen Trend passt und ich hoffe, dass die Leute diesem Spiel eine Chance geben. Wir glauben daran, dass wir hier etwas ganz Besonderes entwickeln. Wenn die Fans des Klassikers und auch neue Spieler diesen Titel mögen und die Schwingmechanik zu schätzen wissen, dann ist mein Ziel erreicht. Als Entwickler will man die Leute unterhalten. Wenn sie BC mit einem Lächeln im Gesicht spielen, dann kann ich mir nichts vorwerfen.

4Players: Vielen Dank für das Interview! 

 
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