WWE All Stars01.04.2011, Mathias Oertel
WWE All Stars

Im Test:

Macho Man Randy Savage, Ultimate Warrior, Hulk Hogan oder Jake "The Snake" Roberts in einem Ring mit heutigen Stars wie John Cena, Sheamus oder Randy Orton: Diese Träume von Wrestling-Fans und potenzielle Grundlage für legendäre Matches kann man mit WWE All Stars (ab 10,95€ bei kaufen) wahr werden lassen. Doch hat das Prügel-Spektakel mehr auf dem Kasten als muskelbepackte Nostalgie?

Super Street Wrestler II

Keine Angst: WWE All Stars (AS) versucht gar nicht erst wie die Smackdown-Serie ein möglichst authentisches World Wrestling Entertainment-Erlebnis zu bieten. Ähnlich wie das vor etwa zwei Jahren veröffentlichte Legends of Wrestlemania setzt man auf ein arcadiges Konzept - also auf vollkommen überzogene Action ohne den Anspruch von Realismus.

Die Muskeln sind hier mindestens zwei Nummern größer als in der Realität und die Moves orientieren sich zwar an dem, was die Stars des Sports Entertainment seit Jahrzehnten im TV praktizieren, hauen aber deutlich stärker ins Gebälk. Und spätestens, wenn es an die Spezialangriffe oder die Finisher geht, bei denen die Gesetze der Schwerkraft aufgehoben werden, die Figuren meterhoch in die Luft springen, Salti schlagen und den Gegner mit einer vernichtenden Druckwelle auf den Ringboden schmettern, ist klar, dass man hier mit Action-Figuren spielt.

Leichter Zugang, ungezwungener Spaß

Dementsprechend kann man einfach nur das Pad in die Hand nehmen und sich ohne große Eingewöhnung schnell an spektakulären Moves und Angriffs-Kombinationen erfreuen. Dennoch hätte ein Tutorial nicht geschadet: Denn auch wenn mit dem leichten und schweren Schlag, dem leichten und schweren Griff sowie Block und Konterauf dem Papier nur vergleichsweise wenig steht, ist erstaunlich viel möglich. Hinzu kommen nämlich Richtungseingaben und weitere Modifikatoren wie der Wechsel der Griffposition, von der aus wiederum ein neues Moveset erreicht werden kann.

Erwähnenswert ist auch die gelungene Kontermechanik: Es gibt kaum einen Angriff, den man nicht mit gutem Timing blocken oder kontern kann, wobei selbst Konter abermals gekontert werden können und es auf diese Weise schnell zu dynamischen Gefechten kommt, bei denen pure Knopfhämmerer zwar eine Chance haben, aber gegen erfahrene Taktiker den Kürzeren ziehen.

Abwechslung wird u.a. dadurch erreicht, dass die insgesamt 30 Kämpfer (15 Legenden, 15 Gegenwarts-Athleten) in vier Klassen mit besonderen Eigenschaften eingeteilt sind, die ihnen bestimmte Vor-, aber auch Nachteile bringen. "Grappler" wie Bret Hart oder Triple H z.B. haben mehr Griffmöglichkeiten zur Auswahl, während die "Brawler" wie Undertaker oder Randy Orton verheerende Schlagkombos vom Stapel lassen können. Riesen (die offensichtlichen Vertreter sind Big Show und natürlich André the Giant) sind kaum auf den Boden zu bringen und können mit ihren Gegnern "jonglieren", aber dürfen dafür den Ring nicht verlassen. Ganz im Gegensatz zu den Akrobaten wie Rey Mysterio oder Randy Savage, denen kein Sprung zu waghalsig und kein Ringpfosten zu hoch ist.

Wer ist der bessere "Krieger"? Diese und andere Fragen werden im "Fantasy Warfare" beantwortet!
Noch interessanter hätte man es allerdings gestalten können, wenn nicht jede Klasse sehr häufig auf ähnliche Movesets zurückgreifen würde. Natürlich findet sich z.B. in Bret Harts Repertoire sein "Sharpshooter" und der Undertaker kann zusätzlich zu seinen Schlagkombos selbstverständlich einige charakterisierende Slams anbieten. Doch es gibt auch sehr viele Aktionen, die sie sich mit Kollegen teilen. Das tut dem Spaß im Ring zwar keinen Abbruch - vor allem, wenn man nicht gegen die knackige sowie mitunter grenzwertig unfair agierende KI antritt. Doch es ist sinnbildlich für ein Problem, das sich durch das ganze All Stars-Erlebnis zieht: Der geringe Umfang.

Wenig drin, viel dran

Dass es vor allem mit der Smackdown-Serie im Hinterkopf enorm wenig Matchtypen gibt, lässt sich noch verschmerzen. Etwas heikler wird es da schon beim Editor, der sich bei der Figurenerstellung auf eine überschaubare Anzahl an Versatzstücken verlässt. Darüber hinaus kann man sich nur für ein festgelegtes Moveset entscheiden und dieses nur durch einen anderen Finisher ergänzen.

Und wer ohnehin hauptsächlich mit Freunden durch den Ring rast und sich gegenseitig die Hucke voll haut, wird sich auch nicht an den überschaubaren Solo-Spielmodi stören. Zur Ehrenrettung muss man allerdings sagen, dass sowohl der "Fantasy Warfare" als auch der "Path of Champions" für die kurze Zeit, die man mit ihnen zubringt, verdammt gut unterhalten und prächtig inszeniert werden.

     

Vor allem die coolen Videoschnipsel im Fantasy Warfare, bei dem eine Legende auf einen vergleichbaren Gegenwartsstar trifft oder bei dem eine längst beigelegt geglaubte Fehde ein neues Ende findet, können sich sehen lassen. Speziell für das Spiel arrangiert sowie auf höchstem Standard produziert und vertont (es gibt keine deutsche Sprachausgabe, sondern nur saubere deutsche Untertitel), wird man perfekt auf das anstehende Spektakel eingestimmt.

Kurz, aber knackig

 

Ähnliches gilt für den "Path of Champions", bei dem man sich jeweils durch zehn Matches ackern muss, bevor man den Sieg

Die Angriffe sind ebenso überzogen wie das an Action-Figuren erinnernde Athleten-Design.
über den Undertaker (Legende), Randy Orton (Gegenwart) oder D-Generation X als Tag-Team feiern kann.

Hier gibt es allerdings keine Realvideos, sondern auflockernde Sequenzen mit den überzeichneten Figuren aus dem Spiel, die aber ebenfalls hochwertig produziert wurden und mit Original-Sprachausgabe der Akteure (inkl. Paul Bearer innerhalb der Undertaker-Storyline) versehen wurden.

Und selbst der knackige Schwierigkeitsgrad (bereits auf Normal) kann nicht verhindern, dass nach den 45 Matches (klingt nach mehr als es letztlich ist) die Motivation deutlich absinkt - es sei denn, man will wirklich jedes alternative Ring-Outfit freispielen, das im Champions-Modus versteckt ist. Auch die grundsätzlich gute Mechanik, die Abwechslung der angewendeten Moves mit erhöhtem Schaden belohnt, während bei Nutzung immer gleicher Moves die KI-Gegner zunehmend besser kontern, kann die Kohlen nicht mehr aus dem Feuer holen.

Bleiben noch die Mehrspieler-Auseinandersetzungen, die sowohl lokal als auch online Duelle mit bis zu vier Kämpfern im Ring erlauben. Hier stehen die gleichen wenigen Matchtypen wie im Solospiel zur Auswahl, die wahlweise als Schauplatz für Ranglisten-Duelle oder Spaß-Kämpfe dienen. Der Netzcode gab sich bei den Testmatches keine Blöße, was vor allem angesichts der sensiblen Kontermechanik eine angenehme Begleiterscheinung ist.

Enttäuschung auf PSP & Wii

An dieser Stelle möchte ich kurz auf die für PSP und Wii erscheinenden SD-Versionen eingehen und eine Warnung aussprechen: Haltet euch fern von diesen Fassungen. Inhaltlich bieten sie zwar ein identisches Erlebnis, doch technisch und hinsichtlich der Steuerung liegen Welten zwischen den HD-Wrestlern und ihren niedrig aufgelösten Kollegen. Man merkt zu deutlich, dass ein anderes Team am Werk war, das weder mit technischer Finesse noch mit dem Enthusiasmus ausgestattet war, um die SD-Versionen zumindest ansatzweise unterhaltsam zu gestalten. Und das, obwohl THQ bei der Smackdown-Serie bewiesen hat, dass man durchaus Wert darauf legt, auch abseits von PS3 und 360 ein vernünftiges Spielerlebnis anzubieten.

Trotz identischer Inhalte ist von der Wii-Variante und vor allem der PSP-Version abzuraten.
Doch davon ist hier nichts zu spüren. Die Ladezeiten sind vor allem auf PSP extrem und die Kulisse unzeitgemäß. Stockende, unsaubere Animationen, eine deutlich reduzierte Spielgeschwindigkeit, mitunter hanebüchene Kollisionsabfragen sowie ein deutlich sichtbares Clipping von Figuren, Ringseilen und anderen Figuren machen keine Freude. Was man auch für die Akustik sagen kann, bei der immer wieder Soundeffekte mit Abwesenheit glänzen. Immerhin leistet sich die Wii-Variante im Gegensatz zur unnötig überladenen PSP-Version keine Steuerungs-Aussetzer - der zahlreichen Konfigurationsmöglichkeiten von Remote/Nunchuk über Classic Controller bis hin zum GameCube-Pad sei Dank.

Doch dann bleiben noch die KI-Probleme, die z.B. auf dem Sony-Handheld dazu führten, dass der KI-Gegner selbst bei fehlender Gegenwehr meinerseits partout keinen Finisher anbringen wollte, so dass ich ihn schließlich doch noch bezwingen konnte. Und nur auf Wii hat es die KI geschafft, das Timing bei einem Finisher zu versauen - was unter anderem daran lag, dass sie ihn gestartet hat, als sie mir mit dem Rücken zugewandt war und dann vollkommen ins Leere griff.

   

Fazit

Ein cooles Actionfiguren-Design der Legenden und aktuellen Superstars, verbunden mit vollkommen überzogenen Moves und einer leicht zugängigen Arcade-Mechanik: Trotz Wrestling-Hintergrund sind die All Stars des Sports Entertainment eine sinnvolle Bereicherung im Prügelgenre - auch wenn sie letztlich ein gutes Stück von den Platzhirschen wie Tekken & Co entfernt sind. Dennoch  verbergen sich hinter der einfach anmutenden Steuerung mit ihren gelungenen Block- und Kontermöglichkeiten mehr Angriffs-Kombinationen, als man anfänglich meinen möchte. Nicht nur Hardcore-Wrestling-Fans dürfte das Aufeinandertreffen der Generationen Spaß machen. Ist man vornehmlich solo unterwegs, wird man trotz mitunter harter und sogar unfair scheinender KI mit den beiden gut inszenierten Hauptspielmodi richtig gut, aber letztlich auch kurz unterhalten. Will man nicht unbedingt ausnahmslos jedes Outfit freispielen, kann man Hulk Hogan, Ultimate Warrior und Co nach gut vier bis fünf Stunden ins Regal stellen. Kämpft man gegen Freunde oder online gegen die ganze Welt, verlängert sich die Zeit entsprechend. Doch auch hier wird dem konzeptionell interessanten und technisch gut umgesetzten Titel der geringe Umfang zum Verhängnis: Wenige Matchtypen, ein für ein WWE-Spiel schwacher Figureneditor und zu wenig Unterscheidung innerhalb der einzelnen Archeklassen machen den All Stars das Leben unnötig schwer. Inhaltlich zwar identisch zu den großen Brüdern, kranken die SD-Wrestler mal mehr (PSP), mal weniger (Wii) an technischen Mankos oder Steuerungsproblemen, so dass die niedrig aufgelösten Legenden und Superstars deutlich schlechter abschneiden.

Pro

<P>
gelungene Arcade-Prügelei mit Wrestling-Figuren
knackige KI... (360, PS3)
nahezu jeder Move ist mit gutem Timing block- oder konterbar
eingängige Steuerung
30 Kämpfer aus verschiedenen Epochen
spektakuläre Finisher
überzogenes Figurendesign im Stil von Comics/Action-Figuren
gute Animationen
vier Kämpferklassen mit spürbaren Auswirkungen...
lagfreie Online-Auseinandersetzungen (PS3, 360)</P>

Kontra

Ladezeiten
...&nbsp;die allerdings mit unfairen Aktionen frustrieren kann&nbsp;(360, PS3)
geringer Umfang
schwacher Figuren-Editor
technisch schwach (PSP, Wii)
KI-Macken (PSP, Wii)
magere Akustik mit Sound-Aussetzern (PSP, Wii)
herbe Clipping-Probleme (PSP, Wii)-&nbsp;... aber auch vielen Ähnlichkeiten in den Movesets
überladene, unsaubere Steuerung (PSP)

Wertung

360

Unterhaltsames Arcade-Wrestling, dessen spektakuläre Kämpfe und durchdachte Mechanik nur vom geringen Umfang ausgebremst werden.

PSP

Inhaltlich identisch zu den HD-Versionen, doch Steuerung und Technik sind teilweise grausam.

Wii

Inhaltlich identisch zu 360 und PS3, sorgen herbe technische Schwächen für deutliche Abzüge.

PlayStation3

Unterhaltsames Arcade-Wrestling, dessen spektakuläre Kämpfe und durchdachte Mechanik nur vom geringen Umfang ausgebremst werden.

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