The Legend of Spyro: Dawn of the Dragon14.11.2008, Paul Kautz
The Legend of Spyro: Dawn of the Dragon

Im Test:

Eine der grundsätzlichsten Regeln für eine Trilogie lautet: Lass sie mit einem Knall enden! Das klappt mal mehr (mit einem zurück kehrenden König in Mittelerde), mal weniger (mit Ewoks) gut. In der Spielewelt gilt das selbstverständlich genauso, wenngleich man sich hier nur selten auf lediglich drei Teile beschränkt. Wie auch immer: Der Abschluss der »The Legend of Spyro«-Trilogie hatte denkbar gute Startbedingungen, waren doch die beiden vorherigen Teile ziemlicher Mist. Und doch hat sich auch der neue Entwickler Etranges Libellules zu viele Chancen durch die Lappen gehen lassen.

Beim dritten Mal wird alles gut?

Wie das bei Trilogien so ist - Vorwissen wird vorausgesetzt: Wieso sind Spyro und Cynder in einem gigantischen Kristall gefangen? Wer ist Cynder? Was machen die beiden in einer dunklen Höhle? Wer ist Hunter? Wieso verfolgt er Spyro seit Jahren? Ignitus, Malefor, Bahnhof? Antworten auf diese Fragen gibt es nicht, ihr werdet direkt in die Action

Spyro und seine ehemalige Erzfeindin Cynder sind jetzt ein Team: Ihr dürft entweder jederzeit zwischen den beiden wechseln...
gestürzt. Das ist wörtlich gemeint, denn nach dem langen Intro stehen Spyro und Cynder per unsichtbarem Band aneinander gekettet auf einer Plattform über feurigem Grund, und wehren ein paar lästige Kleingegner ab - bis auf einmal die Erde bebt, eine gigantische Hand auf die Ebene greift und ein Balrog... Verzeihung, ein Feuergolem einen flammenden Schrei loslässt und etwas mehr Herausforderung bietet. Dieser Kampf, der sich über den gesamten folgenden Level verteilt, dient gleichsam als Tutorial, denn es gibt allerhand Neues zu lernen im Drachenland.

Da wäre z.B. der Koop-Modus: Da Spyro und Cynder nie getrennt werden, wird die schwarze Jungdrachin normalerweise von der KI kontrolliert. Meist gelingt ihr das gut, gelegentlich bleibt sie aber an Kanten und Vorsprüngen hängen, wodurch es auch für Spyro nicht weiter geht, denn das verbindende Band lässt nicht viel Freiraum - in diesem Fall muss man zwischen beiden Drachen umschalten und der KI manuell Beine machen. Oder man lässt gleich einen Freund aus Fleisch und Blut ran, der jederzeit ein- und aussteigen darf. Der Koop-Modus funktioniert wunderbar unkompliziert, aufgesammelte Reichtümer und sonstige Boni werden brav geteilt (wobei der Aufsammelnde den größeren Anteil bekommt) und gelegentliche Koop-Puzzles machen zusammen einfach mehr Spaß als allein: So muss sich z.B. ein Drache in einem Boot verhaken, während der andere dann den Zugesel spielen darf. Leider ist die gemeinschaftliche Variante nur lokal und nicht online erlaubt, dafür funktioniert sie auf allen Plattformen problemlos. Einen weiteren Vorteil hat der menschliche Drache auch noch: Er kämpft vermutlich besser als die KI-kontrollierte Kratzbürste.

Schatten, Wind, Feuer und Eis

Einen großen Teil der etwa zwölf zum Durchspielen benötigten Stunden verbringt ihr damit, wild auf die Angriffstasten einzuhämmern: Das Kampfsystem bietet zwar prinzipiell eine ganze Reihe Kombos, mit stupidem Buttonmashing kommt man aber im Normalfall auch problemlos über die Runden - was ohnehin meist die sinnvollere Wahl ist, denn gerade in den vielen Arenakämpfen ist vor lauter Feindesfleisch ohnehin kaum ersichtlich, in welche Richtung gerade welcher Drache prügelt. Ihr

...oder gleich kooperativ zu zweit spielen - leider nur offline an einem Fernseher.
könnt euch auch Gegner schnappen und sie sowohl auf dem Boden als auch in der Luft nach allen Regeln der Drachenkunst bearbeiten - wobei allerdings gerade der Luftkampf speziell gegen schnellere Widersacher eine echte Qual ist.

Bloß gut, dass ihr nicht nur auf eure Klauen angewiesen seid: Was ein echter Drache ist, der kann natürlich Feuer speien! Im Falle von Spyro und Cynder ist das allerdings nur ein Achtel der Möglichkeiten, denn jeder der beiden verfügt von Anfang an über jeweils vier Fertigkeiten, mit denen sich Gegnern besonders gut einheizen lässt. Feuer, Eis, Elektrizität und Erde sind Spyros Spezialität, Cynder sorgt mit Gift, Angst, Schatten und Wind für Schrecken unter den Feinden. Diese Sonderkräfte sind allerdings nicht unbegrenzt einsetzbar, benötigen sie doch grüne Elementarenergie - die ihr entweder von gefallenen Feinden oder überall blühenden (und schnell nachwachsenden) Kristallen bekommt. Darüber hinaus bergen die Klunker auch abhängig von ihrer Färbung Erfahrungspunkte und Verlängerungen eurer Lebens- und Elementarenergie-Leisten - Letztere sind allerdings gut versteckt. Die Erfahrungspunkte sind das Pendant zu den roten Seelen aus God of War : Habt ihr genug davon eingesammelt, könnt ihr sie dazu nutzen, eure Elementarkräfte in jeweils drei Stufen auszubauen - dadurch werden die Angriffe noch stärker, bessere Kombos sind möglich. Ihr solltet darüber hinaus auch die Augen nach schimmernden Kisten aufhalten, die selten und oft genug von Elite-Gegnern gut bewacht sind. Die Gefechte lohnen sich allerdings, denn in den Behältern finden sich neue Rüstungsteile für beide Drachen - wodurch sie besser geschützt sind, schneller angreifen oder stärkeren Schaden anrichten. Was besonders im Falle der gelegentlichen Bosskämpfe ein lohnender Vorteil ist.

Flugunfähigkeitsbescheinigung

Ein Drache kann per mythologischer Definition fliegen - Spyro konnte das bislang nur kurz. Er war ja auch noch ein Babydrache, seine Schwingen waren nicht viel mehr als

Theoretisch könnt ihr frei drauflosfliegen - praktisch sind eure Routen strikt limitiert.
Stummel. Die Zeit vergeht, die Flügel wachsen - Dauerfliegen ist angesagt! Drückt ihr dreimal hintereinander auf die Sprungtaste, geht es ab in die Lüfte, außerdem wird automatisch  geflogen, sobald ihr irgendwo runterfallt - ein Tod durch Dusseligkeit ist also nicht mehr möglich. Allerdings klingt die Freiheit viel freier, als sie tatsächlich ist, denn ihr könnt mitnichten frei durch die Levels schweben und alle Höhen problemlos erklimmen. Stattdessen haben die Entwickler überall fiese Winde platziert, die Spyro und Cynder in bestimmte Richtungen drücken, was zu abstrusen Situationen führt: Wieso muss ich als Drache an Ranken nach oben klettern, wenn ich doch einfach hinfliegen könnte? Wieso muss ich Prince of Persia -kompatibel an Wänden entlangrennen, wenn ich doch einfach an ihnen vorbeischweben könnte? Es ergibt einfach keinen Sinn. Ich verstehe natürlich, dass den Entwicklern wichtig war, dass ihr Spiel auf ihre Weise gespielt wird und der Drachenlenker nicht einfach vom Start aus direkt zum Endboss schwirren kann. Aber wenn ich dazu gezwungen werde, wie ein Blödmann wieder und wieder an einer Steinmauer hochzukraxeln, nur um danach einen pixelgenauen Doppelsprung-Pseudoflug ausführen zu müssen, dann geht mir diese Willkürlichkeit des Designs schnell auf die Nerven.

Immerhin habt ihr im Rahmen dieser Konventionen viele Freiheiten: Das Spiel geht erst weiter, wenn ihr es wollt. Bevor ihr in den nächsten Abschnitt wechselt, könnt ihr euch auch im gegenwärtigen Areal auf die Suche nach den vielen versteckten Boni machen. Allerdings unterliegt auch diese Freiheit teilweise gemeingefährlich eingrenzenden Einschränkungen - Bäume stellen z.B. undurchdringliche Hindernisse dar. Zwischendurch dürft ihr an violett leuchtenden Ringen den Spielstand speichern, allerdings nur, wenn sich gerade kein Feind in der Nähe tummelt.

Kameraführung zum Wegfliegen

Technisch ist der neue Spyro eine zweischneidige Klaue: Auf der einen Seite sind die Drachen wirklich putzig designt und gut animiert, die Lichteffekte sind im Allgemeinen sehr gelungen, es gibt putzige Details (wie Feinde, denen man den Arsch verbrennt, woraufhin sie krakeelend hin und her rennen). Und einige Levels wie das »Tal von Avalar«

Einige Levels sind zum Niederknien schön, andere abgrundtief hässlich - Dawn of the Dragon ist auch technisch ein Auf und Ab der Gefühle.
sind zum Niederknien idyllisch geraten - eine prachtvolle Wiese mit im Wind wiegenden Bäumen und Gräsern, schwirrenden Käfern und Blättern, sanft kräuselnden Flüssen und lebensbejahend blauem Himmel samt fröhlicher Sonne lädt zum Verweilen und Picknicken ein. Blickt man allerdings genauer hin, offenbaren sich technische Mängel, die paradoxerweise erst aus weiter Entfernung (sprich: beim Fliegen) auffällig werden: Texturen verschwinden, es gibt fiese Fade-Ins und teilweise extrem starke Ruckler - auf allen Plattformen, auch auf 360 und PS3! Darüber hinaus sind einige Abschnitte auch sehr abstoßend geraten, die Einstiegs-Höhle könnte mit ihren Vierkant-Blöcken und rechteckigen Ranken direkt aus den 90ern stammen. Außerdem gibt es sichtbare Qualitätsunterschiede bei den Figuren - Wildkater Hunter sieht z.B. ebenso lächerlich aus wie er sich bewegt.

All diese Durchschnittlichkeit wird von einer Kameraführung gekrönt, die im Normalfall okay funktioniert. Hin und wieder beschränken die Entwickler sie aber absichtlich, um den Blick auf ein bestimmtes Objekt (wie z.B. das Sprungziel) zu fixieren. Netter Gedanke, furchtbare Umsetzung: In diesen Fällen lässt sich die Kamera nämlich meist gar nicht mehr bewegen, wodurch Sprünge oftmals unberechenbar werden, was den Sinn der gesamten Aktion ad absurdum führt. Hin und wieder dreht die Perspektive völlig verrückt und zeigt z.B. stur auf eine Wand - während man blind weiter rennen muss, in der Hoffnung, dass es bald mal wieder etwas anderes zu sehen gibt.

Der Herr der Drachen

Immerhin gibt es von akustischer Seite aus nur wenig Grund zur Klage: Cynder klingt in der deutschen Fassung weniger heroisch als vielmehr überbetont und gelangweilt. Gut, dass es das Optionsmenü gibt: Auf allen Plattformen habt ihr sechs Sprachen zur Wahl, auf der PlayStation 3 sind es derer gar zehn! Darunter tummelt sich auch die famose englische 

Das Kampfsystem bietet zwar einige Kombos, generell fährt man aber mit Buttonmashing am besten - schlicht, weil es an der Übersicht fehlt.
Originalversion, die mit einer bemerkenswerten Sprecherriege aufwarten kann: Elijah Wood, Christina Ricci, Mark Hamill oder Gary Oldman erledigen ihre Jobs hervorragend - dasselbe gilt auch für den Komponisten des angenehm ruhigen, atmosphärischen Soundtracks.

Das Spiel ist auf 360, PS3, PS2 und Wii identisch. Die Unterschiede beschränken sich in erster Linie auf die technische Inszenierung, die auf PS2 und Wii logischerweise zwei Stufen unter den anderen Plattformen rangiert. Der wichtigste Unterschied betrifft die Wii-Fassung die natürlich wieder auf eine Bewegungssteuerung setzt: Um zu blocken, müsst ihr den Nunchuk vertikal nach oben reißen, den schweren Schlag gibt's via Schütteln der Wiimote, ausgewichen wird, indem ihr eine Richtung per Stick angebt und gleichzeitig den Nunchuck seitlich schüttelt - klingt fummelig, ist fummelig und wenig präzise, aber man gewöhnt sich daran. Wie übrigens auch an die dezente Ideenlosigkeit der Story-Schreiber: Der Bösewicht regiert von einem flammenden Berg aus, das Spiel beginnt mit erwähntem Feuerdämon-Kampf und nach kurzer Zeit seid ihr in einer weißen Stadt, die von einer gigantischen Troll- und Ork-Armee angegriffen wird...      

Fazit

Der neue Spyro hat mit dem alten Spyro mit Ausnahme seiner violetten Haut ziemlich genau nichts mehr zu tun - das ist zwar schade, aber man muss ja auch mal loslassen können. Im Falle von Dawn of the Dragon bedeutet das leider auch, sich von entspannter Unterhaltung zu verabschieden: Die Unschuld, das Verspielte früherer Abenteuer ist dahin, Spyro bedeutet mittlerweile mehr Arbeit als Spielspaß, mehr Frust als lockeres Hüpfen. Keine Frage, einige Abschnitte sind herzerweichend schön in Szene gesetzt, das kooperative Spiel funktioniert ganz wunderbar, die ausbaubaren Elementarkräfte sorgen für großen Kombo-Spaß und der Soundtrack schallt betörend aus den Boxen. Auf der anderen Seite ist die Kameraführung zum Teil haarsträubend, sind die Kämpfe chaotisch und die künstlichen Flug-Beschränkungen nervend - und ein Teil der Präsentation ist schlicht veraltet. Der Abschluss der Legend of Spyro-Trilogie ist zwar immer noch besser als seine beiden Vorgänger, aber dennoch hat auch Etranges Libellules das vorhandene Potenzial verschenkt. Schade.

Pro

teilweise sehr gute Grafik
einfache Steuerung
einige wunderschön designte Levels
solider Koop-Modus mit einigen schönen Puzzles
atmosphärischer Soundtrack

Kontra

teilweise erhebliches Ruckeln
störrische Kamera
fummeliges Fliegen
chaotische Kämpfe
einige nervende Hüpf-/Flieg-Abschnitte
unnötig umständliche Wii-Steuerung

Wertung

360

Technisch und spielerisch ein Auf und Ab der Gefühle - kein Totalversagen wie die beiden Vorgänger, aber auch kein feuriger Spaß!

PlayStation3

Technisch und spielerisch ein Auf und Ab der Gefühle - kein Totalversagen wie die beiden Vorgänger, aber auch kein feuriger Spaß!

Wii

Inhaltlich zu den anderen Versionen identisch - aber auch Wii kommt noch eine fummelige Steuerung dazu.

PlayStation2

Technisch und spielerisch ein Auf und Ab der Gefühle - kein Totalversagen wie die beiden Vorgänger, aber auch kein feuriger Spaß!

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