Harry Potter und der Stein der Weisen31.12.2003, Mathias Oertel
Harry Potter und der Stein der Weisen

Im Test:

Auch wenn 2003 kein neuer Harry Potter-Film ins Kino kam, brauchen die Fans des Zauberlehrlings nicht auf ein neues Spiel verzichten. Allerdings findet ein Ausflug in die Vergangenheit statt. Denn mit Harry Potter und der Stein der Weisen (ab 13,97€ bei kaufen) erwartet die Konsolenzocker die Umsetzung des ersten Films, die bereits 2001 u.a. auf PSone und PC erschien. Doch kann der Stein der Weisen genau so überzeugen wie letztes Jahr die Kammer des Schreckens? Im Test erfahrt ihr die Antwort.

Aus alt mach neu

Nachdem uns Eurocom im November 2002 mit der Umsetzung zum zweiten Film Harry Potter und die Kammer des Schreckens gezeigt hat, dass eine hochrangige Lizenz durchaus zu einem ansehnlichen und motivierenden Spiel genutzt werden kann, fiel die Wahl des Entwicklers für den Stein der Weisen auf das Team von Warthog. Auf den ersten Blick keine schlechte Entscheidung – immerhin haben die Briten für EA vor kurzem mit Looney Tunes – Back in Action eine passable Leistung abgeliefert.

Doch was Warthog in Zusammenarbeit mit EA UK hier abgeliefert hat, dürfte selbst eingefleischte Harry Potter-Fans nicht zufrieden stellen und bleibt locker hinter der letzten Filmumsetzung zurück.

Trotz identischer Gameplay-Formel wie die Kammer des Schreckens ein deutlicher Schritt zurück!

(GameCube)

Und das, obwohl man den Entschluss gefasst hat, die erfolgreiche Gameplay-Formel der Schreckenskammer zu wiederholen. Dementsprechend seid ihr in Harry Potters erstem Hogwarts-Jahr damit beschäftigt, Gegenstände zu sammeln (die allseits bekannten Bohnen und die Zaubererbildchen kehren zurück), Gegner mit euren Zaubersprüchen zu erledigen und Rätsel zu lösen.

Auch die einfache Steuerung hat man unverändert übernommen: Wie gehabt steuert ihr Harry und könnt mit einer Taste kontextsensitiv Aktionen durchführen, während die übrigen Tasten auf dem Pad mit Zaubersprüchen belegt sind bzw. die Schulterknöpfe zum Schnelljustieren der Kamera und zur Zielerfassung genutzt werden.__NEWCOL__An genaues Absprungtiming bei den Hüpfeinlagen braucht ihr keinen Gedanken verschwenden: der Zaubelehrling springt automatisch – eine Technik, die bei Link in den Zelda-Abenteuern bereits wunderbar funktioniert hat und euch auch hier Frusterlebnisse erspart.

In Jahr 1 des Zauberlehrlings darf das Schachspiel natürlich nicht fehlen.

(Xbox)

Zurück auf die Schulbank

Doch Frust gibt es genug. Denn obwohl man eigentlich nicht viel falsch machen kann, hat es Warthog geschafft, dass man immer wieder das Pad an die Wand schmeißen möchte.

Das beginnt schon mit dem Tutorial. In sich zwar durchdacht und umfangreich, bekommen Anfänger schnell und übersichtlich alle Steuerungsfinessen und die Menübildschirme erklärt.

Doch gleichzeitig wird man mit dem größten Atmosphärekiller des Spieles bekannt gemacht: den Erzählsequenzen. Versteht mich nicht falsch - ich halte spannend erzählte und gut inszenierte Cut-Scenes für absolut lobenswert.

Doch wenn ich –wie in diesem Fall- den langatmigen, unkreativen und absolut unspektakulär in Szene gesetzten Unterhaltungen beiwohnen muss, weil ich sie nicht abbrechen kann, platzt mir der Kragen. Da drängt sich in mir automatisch der Verdacht auf, dass die Entwickler die Spieldauer umständlich verlängern müssen. Angesichts einer finalen Spielzeit von etwa zehn bis 15 Stunden zwar sicherlich bis zu einem gewissen Maße legitim, aber dennoch extrem nervend.

Und auch das spielerische Umfeld erreicht mit Ausnahme der gut gelungenen und abwechslungsreichen Rätsel niemals das Niveau der Kammer des Schreckens.

Was größtenteils der verunglückten Kameraführung zuzuschreiben ist. Denn die dank Sprungautomatik so einfach geglaubten Hüpfabschnitte schaffen mit ihrer sich immer im letzten Moment noch einmal ausrichtenden Kamera das Unglaubliche: einen sicher geglaubten Sprung massiv in den Sand zu setzen und damit den Aggressionslevel ein kleines Stück nach oben zu schrauben.

Sicher: ich kann vor jedem Sprung noch einmal die Kamera manuell ausrichten, doch was das für den Spielfluss bedeutet, könnt ihr euch selber ausmalen...

Da sämtliche anderen Spielelemente ebenfalls seit Harry Potter Jahr 2 mittlerweile alter Tobak sind, fehlt dem neuen (alten) Potter-Abenteuer vor allem eins: das magische Gefühl, einfach weiterspielen zu müssen.

Schöne Grüße von Fluffy!

(Xbox)

Verschlimmbesserung

Schaffte es Eurocom Anno 2002 mit stimmungsvoller Grafik auf allen Konsolen die Welt von Harry Potter zu ansprechendem Leben zu erwecken, ist Warthog nach der nicht gerade außergewöhnlichen, aber insgesamt passenden grafischen Umsetzung der Looney Tunes hier keinesfalls der große Wurf geglückt.

Viele Textur-Versatzstücke im Stein der Weisen kommen einem zwangsläufig aus der Kammer des Schreckens bekannt vor, erreichen aber weder auf Xbox noch auf GameCube und schon gar nicht auf der PS2 deren Qualität.__NEWCOL__Zudem haben alle Fassungen immer wieder mit Rucklern zu kämpfen – ebenfalls ein deutlicher Rückschritt zur Fassung 2002. Auf der Xbox und dem Würfel halten sich die Grafikstottereien zwar noch in einigermaßen erträglichen Grenzen, doch auf der PS2 schaffen es die Entwickler nur selten, die Engine flüssig am Laufen zu halten.

Da können auch die netten Animationen der Figuren, die trotz erschreckend kleiner Polygonzahl den Filmcharakteren ähneln und die sorgsam und effektiv eingesetzten Lichteffekte die Grafikwertung nicht mehr auf ein passendes Niveau heben.

Einzig die Lichteffekte und Animationen sind sehenswert - ansonsten ist der Stein der Weisen grafisch schlechter als die Kammer des Schreckens!

(PS2)

Passable Soundkulisse

Wenigstens die Akustik schafft es weitestgehend, den Standard der letztjährigen Potter-Abenteuer zu halten. Umfangreiche und gut gelungene Sprachausgabe (auch wenn nicht die Originalsprecher gewonnen werden konnten) sorgt genauso für Stimmung wie die dezent eingesetzte Musik, die vom Londoner Philharmonie-Orchester eingespielt wurde. Auch die Effekte können sich hören lassen, schaffen es aber unter dem Strich nicht, die Qualität von Musik und Sprache zu erreichen. Dennoch hinterlässt die Lokalisierung in manchen Momenten einen schalen Beigeschmack – nämlich immer dann, wenn euch noch irgendwelche Texte ins Ohr säuseln, die Figur auf dem Bildschirm aber schon längst den Mund geschlossen hat. Natürlich gibt es auch das entgegen gesetzte Bild: der Charakter redet offensichtlich, aber Sprache ist entweder gar nicht oder verzögert zu hören – von Lippensynchronisation ist nicht mal ansatzweise etwas zu spüren.

Fazit

Der spielerische Rückblick auf das erste Jahr von Harry Potter in Hogwarts präsentiert sich in allen Belangen schwächer als die von Eurocom entwickelte Umsetzung zur Schreckenskammer. Zwar bemüht man sich, die im letzten Jahr erfolgreiche Gameplaymischung aus Erforschen, Kämpfen und Rätseln zu replizieren, doch die Umsetzung ist nur mäßig gelungen und bleibt deutlich hinter den Erwartungen zurück. Kameraprobleme und Ruckler in allen Fassungen zeigen zudem grafische Schwächen auf, die es in dieser Form letztes Jahr nur selten gab. Überhaupt bleibt Harrys Suche nach dem Stein der Weisen grafisch unerklärlicherweise deutlich hinter der Spieladaption zum zweiten Film zurück. Deshalb: nur für eingefleischte Hardcore-Potter-Fans empfehlenswert, die statt des Buches oder der Zelluloidumsetzung selber Hand an das Schicksal des Zauberlehrlings legen möchten. Wer unbedingt ein Harry Potter-Spiel im Archiv braucht, ist mit der Kammer des Schreckens wesentlich besser bedient.

Pro

gutes Tutorial
einfache Steuerung
nette Animationen
abwechslungsreiche Rätsel
gelungene Lichteffekte
gute Sprachausgabe
stimmige Musik

Kontra

langatmige Erzählsequenzen
Cut-Scenes können nicht abgebrochen werden
Logik-Fehler
Ruckler (alle Fassungen, aber hauptsächlich PS2)
recht kurz geraten
grafisch schwächer als Kammer des Schreckens
Kameraprobleme

Wertung

GameCube

XBox

PlayStation2

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.