Call of Juarez: Bound in Blood30.06.2009, Benjamin Schmädig
Call of Juarez: Bound in Blood

Im Test:

Drei Jahre ist es her. Drei Jahre, dass ich einmal als abgehalfteter Revolverheld den Mörder meines Bruders gejagt habe. Drei Jahre, seit ich auch in der Rolle des Gejagten durch die Prärie stolperte. Ich schlich durch gut bewachte Camps, ich ging für einen alten Indianer auf die Jagd, ich musste sogar einen Berg besteigen - ich sog die stille Freiheit des Wilden Westens in ganzen Zügen auf! Und jetzt, nach drei Jahren, stoße ich endlich wieder die Saloontüren auf. Die Sporne klimpern, das Holz ächzt, die Revolver sind geladen...

Der alte Wilde Westen

Doch der Wilde Westen ist nicht mehr, was er damals war! Genauer gesagt ist der neue Wilde Westen nicht mehr das, was er mal sein wird. Denn Techland hat keine Fortsetzung entwickelt; stattdessen erzählt Bound in Blood die Vorgeschichte zu Call of Juarez. Und so dreht sich die Handlung diesmal nicht um Pfarrer Ray McCall und seinen mexikanischen Neffen Billy, sondern darum, was den damaligen Revolverhelden Ray dazu trieb, seine Pistolen gegen die Bibel zu tauschen. Und weil Billy zum Zeitpunkt von Rays Bekehrung noch nicht am Leben war, steht

Video: Den Online-Modus konnten wir leider noch nicht ausführlich testen - der Trailer gibt euch aber einen kurzen Überblick. Außerdem empfiehlt sich ein Blick auf unser Video-Fazit!ein anderer Charakter neben ihm im Mittelpunkt: Rays Bruder Thomas. Und das ist eine ausgesprochen viel versprechende Konstellation!

Denn wer sind diese Brüder eigentlich? Alleine mit Ray könnte jeder Westernautor Romane füllen: Seine grantige Art und Weise, seine finstere Erscheinung - sowohl äußerlich als auch emotional - das ist der Stoff, aus dem Ikonen gestrickt sind! Und Thomas? Von Thomas wissen wir schon aus dem Vorgänger, dass er Billys Stiefvater sein wird. Ein Vater, der von seinem Sohn verachtet wird, weil er ihn mit der Rückseite seiner Hand erzogen hat. Ist er deshalb ein schlechter Mensch? Was ist den beiden widerfahren, das den schlechteren zum Priester, den besseren aber zu einem Säufer hat werden lassen? Und ja: Die polnischen Entwickler erzählen ihre Geschichte. Sie lösen alle offenen Enden auf, die sie vor drei Jahren hinterlassen haben.

"Aus besonders mach normal!"

Aber wieso muss ausgerechnet diese grandiose Vorgeschichte in einem so lieblos herunter-verkäschualisiertem Shooter-Einerlei erzählt werden? Ist das "Hauptsache massentauglich!"-Glitzern in den Augen etwa dafür verantwortlich, dass der Nachfolger kein großer Western mehr sein darf? Weitläufige Prärie, in der sich die Gedanken verlaufen dürfen. Ein manchmal schnelles, ein manchmal langsames Vorankommen. Klettern, Suchen, die Freiheit genießen. All dies ist für die Vorgeschichte nicht mehr modern genug -

Grandiose Sonnenuntergänge gehören natürlich dazu: Bound in Blood zeigt eindrucksvolle Panorama-Ansichten.
also rationalisiert man es einfach weg. Bei mir erreichte Bound in Blood nach den ersten Stunden deshalb vor allem eins: Ich bin so schnell wie möglich zurück in den Vorgänger geflüchtet! Auch der war nicht perfekt. Aber er war verdammt noch mal ehrlich. Vor allem war er aber authentisch.

Gringos und Latinos

Authentisch im Sinne Hollywoods, wohl gemerkt. Denn was in der Realität einst einfache Kuhtreiber waren, waren in Call of Juarez natürlich echte Männer! Männer mit Colts, mit vernarbten Gesichtern, mit schlechten Manieren und mit mehr Macho im Adrenalin als Blut in den Adern. Und was taten solche Typen? Sie lebten im Kugelhagel. Sie liebten die Gefahr. Sie zogen tödliche Shootouts an wie ihr Schweiß die Fliegen des staubigen Mexikos. Die Entwickler kennen die Klischees eines "Spiel mir das Lied vom Tod" oder eines "Open Range"! Und sie haben jedem einzelnen davon einen Tempel eingerichtet - das gilt nicht nur für den Vorgänger, das gilt umso mehr sogar für Bound in Blood! Vor dem einem Altar beweisen die McCall-Brüder deshalb in knisternden High Noon-Duellen Nerven, vor einem anderen ballert Thomas, indem er einfach nur den Abzug kurz hintereinander zieht, vor dem nächsten Altar fluchen Gringos und Latinos so schmutzig wie der Dreck, den ihnen die schwarze Rauchwolke einer Dynamitladung ins Gesicht bläst. Verklärt, dreckig, einzigartig!               

Aber gab es im frühen Amerika nicht so viel mehr zu entdecken? Gab es nicht auch Indianer, gab es nicht ein weites, unentdecktes Land? Gab es nicht Cowboys, die sich mit der Hand auf ihren Sattel lehnten, den Tabak zwischen den Zähnen, um die Aussicht zu genießen? Vor allem aber: Gab es das alles nicht bereits im Vorgänger? Ja, verdammt, aus all dem - und viel mehr - baute Techland vor drei Jahren einen Western, der nicht nur hervorragend aussah, sondern der auch einer der abwechslungsreichsten Shooter der letzten Jahre war. Und dieses Fundament nimmt man diesmal also, um es in einem geradlinigen, spielerisch oft uninteressanten Dauer-Shootout zu verballern!

Zwei Brüder - ein Spiel

Der Einstieg in jedes Level klingt dabei noch interessant, denn wo die Perspektive im Vorläufer abwechselnd zwischen Ray und Billy hin und her sprang, darf man jetzt in fast jedem Abschnitt wählen, ob man ihn in der Rolle von Thomas oder mit Ray erleben will. Der Knackpunkt ist aber: Es macht kaum einen Unterschied. Haben die McCalls verschiedene Fähigkeiten? Ja, denn während Thomas sich mit Lasso an hohe Äste oder Vorsprünge hangelt und sogar mit Pfeil und Bogen schießt, jongliert Ray mit zwei Revolvern und kann sogar Dynamitstangen verschießen. So erfrischend sich das auch anhört, der spielerische Unterschied ist leider unbedeutend: Thomas nimmt hier mal einen Weg über die Dächer, Ray sprengt sich da mal durch eine Mine. Doch letztlich geht man in Deckung, schießt in einem fort und ist ohnehin meist zu zweit unterwegs.

Rauchende Colts

Dabei wird die Action zumindest äußerlich richtig klasse in Szene gesetzt! Feindliche Kugeln zischen an mir vorbei und prallen irgendwo von einem Stein ab, Gewehre hallen über den steinernen Mauern eines kleinen mexikanischen Dorfes, Colts rauchen, hölzerne Brüstungen gehen zu Bruch - und mittendrin zwei coole McCalls, die sich gegen ausreichend clevere Banditen zur Wehr setzen. Die wechseln schließlich ihre Stellungen, nehmen die Brüder gerne vom Dach aus ins Visier und heizen ihnen mit Dynamit ein. Bestimmte Brücken und Gebäude gehen dabei unter herrlich sattem Getose entzwei und besonders coole Schusswechsel kommen zustande, wenn die Brüder mit erfolgreichen Schüssen ihren Konzentrationsmodus aufladen -

Das Feuer spielt im Nachfolger nur noch eine untergeordnete Rolle - hauptsächlich in großen Explosionen.
denn sobald ich den auslöse, schießt Ray z.B. automatisch auf zuvor markierte Ziele, während Thomas beim Zurückziehen des rechten Analogsticks im Schnelldurchlauf alle sichtbaren Gegner nacheinander erledigt. Das kracht, das ist cool - so spielt man Wilder Westen!

Mit gefällt allerdings nicht, dass Techland das klassische Gesundheitssystem zugunsten der spontanen Selbstheilung opfert. Wo ich in Call of Juarez nämlich noch vorsichtig aus meiner Deckung heraus schießen musste, brauche ich mich diesmal kaum um die Taktik zu kümmern. Gelegentlich umläuft mich zwar ein Bandit, während ich meine Gesundheit aufladen lasse, aber der ist ja schnell erledigt. Weil man sich nicht mehr wie in Hollywood lange hinter Kisten oder Fensterläden versteckt, fühlen sich die Bleiwechsel deshalb weniger wie die filmechtem Shootouts des Vorgängers an. Das Verstecken wird zwar durch ein Deckungssystem gefördert, ich habe den Automatismus allerdings abgeschaltet, da man sonst neben jeder hüfthohen Kiste automatisch in die Knie geht - eine denkbar unglückliche Aktion, wenn man gerade auf den Kopf eines Feindes zielt. Ärgerlich auch, dass das Fadenkreuz selbst bei abgeschalteter Zielautomatik auf anvisierten Gegnern kurz kleben bleibt. Ja, das sind Kleinigkeiten. Kleinigkeiten, die man hätte vermeiden können.      

"Na los!" "Komm schon!" "Mach endlich!"

Immerhin lockern auch diesmal einige Szenen das gewöhnliche Ballern auf, wenn man z.B. auf einer Postkutsche flüchtet, die von etlichen Feinden verfolgt wird, oder in einem von zwei Levels ein sehr weitläufiges Areal erkunden darf. Aber solche Momente sind leider die einzige Abwechslung und kein Vergleich zu den einzigartigen Aufgaben des Vorgängers. Brände, die z.B. durch angeschossene Petroleumlampen entstehen, spielen diesmal kaum noch eine Rolle; nur einmal wird das sich ausbreitende Feuer genutzt - für eine vorgefertigte Sequenz. Schlimmer ist, dass mein Partner nichts Besseres zu tun hat, als im Zehn-Sekunden-Takt nach mir zu rufen. Es gibt zwar Geheimnisse zu entdecken (Zeichnungen, zeitgenössische Fotografien und sogar gesprochene Monologe), aber die zu suchen, raubt mir dank der geschwisterlichen Nervensäge jeden Spaß! Noch schlimmer: Entferne ich mich in den eigentlich frei begehbaren Städten oder Wäldern zu weit von meinem Bruder, heißt es schlicht und ergreifend "Game Over". Wer denkt sich derart unsinnige Schikanen aus? Am PC darf ich dann immerhin meinen letzten Spielstand laden, den ich jederzeit aktualisieren kann, auf den Konsolen bin ich auf Speicherpunkte angewiesen. Gut, was bin ich auch so naiv und suche nach einem harten Gefecht in Ruhe nach Schätzen. Gefundenes Geld benötige ich ja nur für den Kauf besserer Waffen und frischer Munition...

Zieh!

Unausgewogen wirken auch einige Sequenzen, die beim ersten Mal nur deshalb kaum zu meistern sind, weil urplötzlich etliche Banditen von mehreren Seiten über mich herfallen. Solche Tode muss ein moderner Shooter zu vermeiden wissen. Und ich muss auch Fehlversuche einplanen, wenn ich mich auf ein Duell Mann gegen Mann einlasse.

Wer zieht gegen wen? Die Geschichte nimmt mehrere Wendungen...
In diesen Situationen ist das Motto "Trial & Error" allerdings verständlich, denn bei dem ikonischen Aufeinandertreffen kommt es nun mal auf jeden Bruchteil einer Sekunde an!

Da stehen sie dann: einer der McCalls links im Vordergrund - den Mantel zurückgeworfen, die Hand nah am Revolver - und der Widersacher Bildschirm füllend im Hintergrund. Langsam umschleichen sich die Männer, die leise Musik saugt alle Luft zum Atmen auf und ich muss aufpassen, den Schritten meines Gegners zu folgen. Mit der Maus oder dem Analogstick bewege ich meine Hand vorsichtig zur Pistole - dann ertönt plötzlich das Signal! Mit einem Ruck drücke ich den Controller nach links, reiße die Hand nach oben und muss nur noch im richtigen Moment abdrücken, falls ich den Gegner schon vorher richtig anvisiert habe. Der Schnellste gewinnt den Kampf, der Langsamere verliert alles. In solchen Momenten atmet Bound in Blood die freie Luft des verklärten frühen Amerikas!

Die große Freiheit?

Und auch in anderen Momenten versucht sich Techland an der großen Freiheit - besonders dann, wenn ich mich in zwei Abschnitten ohne Missionsziel völlig frei bewegen kann und erst wenn es mir in den Kram passt bei meinem Bruder zurückmelden muss. In diesen zwei Levels konnte ich mir endlich ein Pferd schnappen und minutenlang in den Sonnenuntergang reiten. Das Reiten hat mit der Realität zwar so viel zu tun wie Mein Pferdehof mit Shadow of the Colossus, allerdings sah der Wilde Westen - nicht nur hier, sondern in dem gesamten Abenteuer - nie schöner aus! Staub weht über die trockene Steppe, der Wind fegt durch grüne Baumwipfel und im Hintergrund erstrecken sich hohe Bergspitzen und unendliche Weiten. Im Detail tauchen kleine Büsche oder Felsen zwar erst spät auf, während die PS3-Version von flackernden Schattenrändern und teils starkem Tearing geplagt wird - die Postkartenmotive findet man aber auf allen drei Systemen. Die PC-Fassung lädt dank hochauflösender Texturen und der besten Weitsicht dabei am ehesten zum Schnappschießen ein.      

Gerade deshalb ist es aber so bedauerlich, dass den Entwicklern in den zwei offenen Abschnitten nichts Besseres einfiel als... nichts! Hier und da steht eine Hütte in der Prärie und ich kann mir die Reichtümer der dort lebenden Banditen erkämpfen. Gelegentlich darf ich sogar Wegelagerer beseitigen, die einen Wanderer überfallen oder ein Haus angreifen. Doch sind das tatsächlich Banditen - oder schießen die Kerle vielleicht auf mich, weil ich ungefragt ihren Grund und Boden betrete? Und waren die Apachen wirklich im Unrecht oder ist der Typ, dessen Haus sie angreifen, vielleicht ein ausgemachter Indianerfeind? Ich habe keine

So schön es auch aussieht: Leider sind selbst die wenigen frei begehbaren Abschnitte nicht so lebendig wie sie sein müssten!

Ahnung, und ich werde es nie erfahren. Denn niemand unterhält sich hier mit mir! "Rotes Fadenkreuz" heißt "böse" - das verstehen die Polen unter einer offenen Welt. Besser noch: Erst wenn ich einen von jeweils drei Aufträgen annehme, sind in wichtigen, sonst unbewohnten Häusern oder an verlassenen Baustellen plötzlich Menschen, die ich beschützen oder besiegen muss; Techland muss noch viel lernen. 

Überhaupt arbeiten die Entwickler viel zu oberflächlich mit dem Unterschied zwischen Gut und Böse. Haben sie Angst davor, in Grauzonen vorzudringen? Immerhin sind die McCalls keine Engel; im Gegenteil sogar: Sie überschreiten sogar die Grenze vom Rachefeldzug zur Ruchlosigkeit, und weil die Liebe zu derselben Frau einen Keil zwischen die Brüder stößt, treiben sie schließlich auf einen dramatischer Showdown zu! Aber weder die Erzählung noch das Spiel gehen darauf ein. Lediglich William, der jüngste McCall, reflektiert in Filmszenen und in Monologen über den Fall von Thomas und Ray - inszeniert wird der Wandel allerdings nur am Rande, spielerisch spielt er erst gar keine Rolle. Hier verschenkt Techland unglaublich viel Potential; gerade so, als wäre den Leveldesignern die eigentlich gut durchdachte erzählerische Tragweite überhaupt nicht bewusst.

Der rettende Ton

Die Regie muss sich hingegen die Frage gefallen lassen, ob man mit steifen Gesichtern und wie Luftballons hin und her wankenden Körpern tatsächlich einen packenden Western erzählen kann. So gut der Nachfolger die Ereignisse der beiden Spiele auch zusammenführt, so unbeholfen wirkt leider die Darstellung. Von den völlig unpassenden deutschen Sprechern ganz zu schweigen! Immerhin bietet Ubisoft auf allen Systemen die stimmungsvolle englische Version an. Und Glück im Unglück: Der Soundtrack agiert als Rettungsring, wenn die technische Inszenierung unbeholfen stolpert. Denn wo emotionale Momente fast untergehen, greifen Violinen nach den sinkenden Gefühlen und halten sie fest. Pawl Blaszczak, der auch für The Witcher verantwortlich zeichnet, zitiert gekonnt die Stilmittel des verklärten Hollywood-Klischees und leitet auch musikalisch gekonnt zur Handlung des Vorgängers über.

Überhaupt zieht Bound in Blood im abschließenden Viertel noch einmal an und gewinnt dadurch im letzten Moment sowohl erzählerisch als auch spielerisch an Fahrt. So besteht z.B. eine der späten Missionen plötzlich nicht mehr nur aus verschiedenen Schusswechseln. Auf einmal muss ich zwei Pferdewagen durch indianisches Gebiet begleiten, immer wieder absteigen, um Navajos zu bekämpfen, den Weg auszukundschaften oder einen im Fluss festgefahrenen Wagen anzuschieben. Später lege ich sogar einen gesamten See trocken - plötzlich lebt die Welt! Warum nicht gleich so? Techland weiß also, wie man auch

In fünf Multiplayer-Varianten können bis zu zwölf Banditen und Gesetzeshüter gegen- bzw. miteinander antreten - nur in "Wanted" dürfen sich maximal acht Cowboys jagen.

Schießerei: Jeder gegen jeden! Das klassische Deathmatch.

Bande: Team Deathmatch - wessen Bande zieht am schnellsten?

Wanted: Der Gesuchte sackt so lange Punkte ein, bis er selbst zu Boden geht - dann übernimmt sein Killer die Rolle des Gejagten.

Verbrecherjagd:  Der beste Spieler beider Teams ist der Gesuchte. Wenn er eine Minute lang überlebt, erhält sein Team einen Punkt. Stirbt er, wird der beste Spieler des gegnerischen Teams zum Gesuchten.

Historische Ereignisse: Während ein Team bestimmte Ziele erreichen muss (z.B. feindliche Positionen einnehmen), muss das andere Team die Gegner davon abhalten. Nach einer Runde wechseln die Rollen.innerhalb des Spiels eine Geschichte erzählt. Wieso verlassen sie sich dann über weite Strecken auf belanglose Dialogfetzen zwischen Ray und Thomas? Warum bauen sie nicht die gesamte Zeit über so geschickt Spannung auf wie in den letzten Stunden? Am Ende klafft da diese riesige Lücke zwischen dem großen Western, den man irgendwo in den Ideensammlungen der Entwickler funkeln sieht - und dem Durchschnitt, mit dem man sich zufrieden geben muss.

Gemeinschaftlicher Banküberall

Dabei zeigt Techland auch mit den Gefechten per Internet oder LAN (auf allen Systemen), welches Potential in ihnen steckt. Der "Wow!"-Faktor ist zwar geringer, weil weniger zu Bruch geht und die Entwickler auf sich ausbreitendes Feuer verzichten, dafür brennt in fünf Mehrspieler-Varianten die Luft! Neben den anders benannten Versionen von Deathmath und Team Deathmatch sind dabei vor allem die Historischen Ereignisse spannend. Da verteidigt das eine Team z.B. einen Schützengraber im Amerikanischen Bürgerkrieg, während das andere Position für Position bis an die letzte Verteidigungslinie vorrücken muss - in der folgenden Runde werden die Rollen getauscht. In einem anderen Szenario müssen die Banditen zunächst den Tresorraum einer Bank und später den Tresor sprengen, bevor sie schließlich das Lager der Gesetzeshüter stürmen. Es sind gewöhnliche Mehrspieler-Schusswechsel - in dem unverbrauchten Szenario rauchen die Colts aber einfach heißer als im Zweiten Weltkrieg oder irgendwo im Weltall.

Spannend ist auch die Kopfgeldjagd, bei der nur der gesuchte Spieler Punkte für Abschüsse erhält. Nur derjenige, der den Gesuchten erledigt, darf anschließend Punkte sammeln. Diese Punkte werden aber auch in den anderen Spielvarianten verteilt und entsprechen einem Kopfgeld, das entsprechend der Fähigkeiten des Opfers berechnet wird. Wer einen starken Gegner besiegt, streicht also eine höhere Belohnung ein - und das Geld wird immerhin für den Kauf von Upgrades benötigt! Das fast unscheinbare Erhöhen von Lebenskraft oder Geschwindigkeit wird allerdings nach jeder Runde zurückgestellt und ist daher eher ein vier Klicks entferntes Hindernis als eine sinnvolle Belohnung. In den meisten Fällen laufen die Online-Shootouts zudem fehlerfrei, gelegentlich sind sie allerdings unspielbar, weil man sich wegen zu großer Verbindungsstörungen z.B. nicht bewegen kann. Schade, dass Techland auf allen Systemen auf die Verbindung zwischen den Spielern setzt, anstatt eigene Server zu stellen. Verlässt der Ersteller sein Spiel, landet man somit auch ständig wieder im Hauptmenü. Das ist ähnlich ärgerlich wie die Tatsache, dass man im Mehrspieler-Gefecht das eigenwillige Deckungssystem nicht abstellen kann. 

Fazit

Packende High Noon-Duelle, knackige Schusswechsel sowie grandiose Panorama-Aussichten sprechen die Sprache Hollywoods! Hier noch eine Prise satte Explosionen, da noch ein wenig Zeitlupe - fertig ist doch das perfekte Action-Spektakel, oder? In der Tat: Als geradliniger Shooter im Stile von Call of Duty macht Bound in Blood viel richtig. Aber da sind eben auch merkwürdige Verrenkungen, mit denen die Figuren in Filmszenen auftreten. Warum wird die spannende Geschichte bloß so lieblos präsentiert? Da sind auch unnötige Levelgrenzen auf der einen Seite und spielerisch belanglose Offene-Welt-Abschnitte auf der anderen. Da sind kaum nennenswerte Unterschiede zwischen den beiden Protagonisten und da ist vor allem ein auf Dauer furchtbar eintöniges Abspulen der immergleichen Action. Wieso baut Techland nicht auf dem abwechslungsreichen Vorgänger auf, um einen lebendigen Western zu inszenieren? So nimmt das Prequel leider erst am Schluss Fahrt auf und schließt geschickt den dramatischen Bogen zu Call of Juarez - zu spät, als dass es dem Vorgänger noch das Wasser reichen könnte!

Der Test in Kurzform: Zum Video-Fazit!

Pro

grandiose Panorama-Ansichten
spannende Geschichte...
sehr (Film-)authentische Schusswechsel
im letzten Viertel abwechslungsreiche Missionen...
spielerisch und erzählerisch gelungener Übergang zum Vorgänger
englische Originalversionen auf PC und PS3

Kontra

beide spielbare Charaktere gleichen sich zu sehr- ... deren Inszenierung zu wünschen übrig lässt
Handlung spiegelt sich spielerisch nicht wider- ... aber zum großen Teil allzu einfallsloses Ballern
Schwierigkeitsgrad stellenweise plötzlich sehr hoch
spielerisch belanglose Offene-Welt-Abschnitte
unpassende deutsche Sprecher mit falscher Betonung

Wertung

360

Bound in Blood ist ein sehr stimmungsvolles, aber leider zu einfallsloses Wild West-Spektakel – das seinem Vorgänger nicht das Wasser reichen kann.

PC

Vor allem am PC laden die Postenkartenmotive trotz der durchschnittlichen Action zum Bleiben ein.

PlayStation3

Techlands PS3-Einstieg kämpft nicht nur mit spielerischen, sondern auch mit technischen Schwierigkeiten - bietet unterm Strich aber ebenfalls ein solides Action-Spektakel.

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