Planet 51 - Das Spiel17.11.2009, Mathias Oertel
Planet 51 - Das Spiel

Im Test:

Die Spiele, die dieses Jahr zu diversen Zelluloidwerken erschienen sind, hatten alle eines gemeinsam: Durchschnitt. Es war nicht ein Titel dabei, der sich von der Masse absetzen konnte. Allerdings blieb auch erfreulich festzuhalten, dass es keine absoluten Totalausfälle gab - obwohl z.B. Oben und Transformers 2 mit einer Wertung von jeweils 50% schon grenzwertige Eindrücke hinterließen. Doch kurz vor Jahresende kommt mit Planet 51 ein Titel, der unbedingt beweisen will, dass die Zeit der Lizenzgurken noch nicht der Vergangenheit angehört.

Über einen Kamm geschert

Auch wenn es hinsichtlich der Engine Unterschiede zwischen 360 und PS3 auf der einen sowie diesen und Wii auf der anderen Seite gib, teilen alle Fassungen ähnliche Kritikpunkte. Nehmen wir z.B. die Sprachausgabe in den Zwischensequenzen: Technisch zwar sowohl im englischen Original als auch in der deutschen Lokalisierung sauber, ist es verdammt nervig, dass Lippensynchronität offensichtlich nicht zum Wortschatz der Pyro Studios gehört, die immerhin mit der Commandos-Serie einen strategischen Meilenstein abgeliefert hatten. Doch der liegt mittlerweile mindestens ebenso lang zurück wie der Moment, in denen das Spieldesign aus Planet 51 noch begeistert hätte.

Das Figurendesign ist plastisch, doch ansonsten wird auf PS3 und 360 die Unreal-Engine nur unzureichend genutzt.
Aber ich schweife ab. Wo war ich? Ach ja: Lippensynchronität. Dass es manchmal im Rahmen der Lokalisierung zu leichten Abweichungen von gesprochenem Ton und der Mimik kommen kann, ist nicht ungewöhnlich. Dass aber selbst im englischen Original nicht eine einzige Szene, die in der Engine-Grafik entstanden ist, auch nur annähernd synchron ist, ist ärgerlich.

Daneben ist es fast schon vernachlässigbar, dass man als Spieler auf HD-Systemen mit einer verschwindend kurzen Filmsequenz und auf Wii mit einem inhaltlich gelungenen, aber erzählerisch vollkommen nutzlosen Tutorial ins Spiel geschmissen wird und somit nur oberflächlich in die Welt oder die Geschichte eingeführt wird. Noch deutlicher kann man nicht  machen, dass man sich als Zielgruppe definitiv die Zuschauer ausgesucht hat, die den Film bereits kennen. Wer keine Ahnung vom Film hat, bleibt erzählerisch außen vor.

Dabei hat die Geschichte über den von friedlichen "Außerirdischen" bewohnten Planeten 51, auf den es den Erd-Astronauten Chuck verschlägt, durchaus interessante Ansätze und weist (zumindest im Film) humorvoll auf den Umgang jedes einzelnen mit Vorurteilen hin.

Doch das ist letztlich vollkommen irrelevant, da der Film als Aufhänger ohnehin nur genutzt wird, um auf allen Systemen ein fahrzeugbasiertes Action-Adventure mit offener Welt zusammen zu kitten und  mit größtenteils banalen Standard-Missionen von der Stange aufzufüllen.

Nachholbedarf

Dass diese Missionen meist nur mit einem der zahlreichen verfüg- oder freispielbaren Vehikel erledigt werden können, kann die Monotonie nicht aufhalten. Ein langweiliger Hol- und Bringdienst bleibt ein langweiliger Hol- und Bringdienst - ob er nun zu Fuß oder mit einem Schwebefahrzeug bewältigt werden kann. Klar: Es gibt auch andere Missionstypen. Doch mit Rennen gegen schwache KI-Fahrer, Taxidiensten,  Rasenmähen etc. holt man wahrlich keine spielerischen Sterne vom Himmel. Zudem ist man teils länger unterwegs, um zum Auftraggeber zu gelangen (häufig auch, nachdem man alles erledigt hat), als man überhaupt benötigt, um die Mission zu bewältigen.

Langweiliges Missionsdesign, fehlerhafte Kulisse, fehlender Spielwitz: Planet 51 ist ein Rückschritt in die Filmumsetzungs-Steinzeit.
Und dennoch gibt es sie, diese Momente, in denen man positiv überrascht wird - obwohl die Faszination in diesen Fällen eher bei älteren Spielern auftauchen dürfte, da Planet 51 in seinen Nebenmissionen auch Retro-Highlights zitiert.

Vor allem die Paperboy-Variante, in der man wie im Midway-Klassiker auf seinem schwebenden Drahtesel Hunden, Passanten und anderen Fahrzeugen ausweichen muss, entfacht so etwas wie Spaß. Auf Wii sogar noch etwas mehr, da man die Remote auch nutzt, um die Zeitung aktiv zu werfen, nachdem man vorher so gut wie möglich in einem kleinen Zeitfenster gezielt hat, während man auf 360 und PS3 nur im richtigen Moment den richtigen Knopf drücken muss, um die maximale Punktzahl einzuheimsen. Auch der Destruction Derby-Verschnitt ist eine willkommene Abwechslung vom Missions-Einerlei, das einen über einen Großteil der Kampagne erwartet.

Wie es sich für ein Action-Adventure gehört, gibt es allerlei zu sammeln und zu entdecken. 70 Comic-Bilder sind in der Welt versteckt, die komplettiert ein durchblätterbares Heft ergeben, wie bei Burnout Paradise gibt es Schilder, die man mit seinen Gefährten zerstören kann und mit Sammelbildern als Belohnungen, die in ein virtuelles Heft gepappt werden, sollen die jungen Jäger und Sammler angespornt werden.

Doch all diese Elemente funktionieren auf Dauer ebenso wenig wie der auf zwei Spieler limitierte Mehrspieler-Modus, der das offenbar Spaß-resistente Duo vor dem Bildschirm mit öden Variationen bekannter Rennen vergeblich zu unterhalten versucht.

   

Der Fluch der offenen HD-Welt

Die Entscheidung von Pyro pro offene Welt ist per se nicht zu verdammen. Dass man aber auf HD-Konsolen auch noch daran festgehalten hat, obwohl man die Unreal-Engine verwendet, war nicht sehr klug. Es gab einige Titel, die bislang vergeblich versucht haben, diesen an sich potenten Grafikmotor so zu modifizieren, dass etwas Überzeugendes herauskommt. Zuletzt ist z.B. auch Destroy All Humans daran zerschellt. Und selbst Titel wie Borderlands sind sich dessen bewusst und haben zwar große, aber letztlich überschaubare Abschnitte angeboten. Einzig Midways Wheelman konnte ein zufrieden stellendes Ergebnis mit der Kombination Unreal-Engine/offene Welt abliefern.

Aber manche scheinen selbst aus dem Schaden anderer nicht klug zu werden. Natürlich muss man Pyro zugestehen, dass Planet 51 eine Klasse besser aussieht als das vorläufig letzte Abenteuer des griesgrämigen Aliens Krypto in Destroy All Humans - Der Pfad des Furons.

Dennoch dürfte dies nur ein schwacher Trost sein, denn eine Klasse besser als "mangelhaft" ist immer noch nicht

Auf den ersten Blick sieht die offene Welt von Planet 51 auf Wii ansprechend aus. Doch weder die Kulisse noch die Inhalte können überzeugen - und schon gar nicht unterhalten...
überzeugend.

Sicher: Die Welt ist farbenfroh, die Texturen gehen in Ordnung und sobald man einen potenten fahrbaren Untersatz hat, sorgt der Turboeinsatz für ein herrlich verzogenes Bild.

Doch die Probleme, die sich in Form von Tearing, Rucklern, Pop-Ups oder dem obligatorischen Textur-Reinploppen zeigen, sind nach wie vor offensichtlich. Und auch über die in zu vielen Situationen unglücklich positionierte Kamera braucht man sich nicht zu wundern.

Dass zudem noch unerklärliche Ladezeiten selbst zwischen Cutscenes auftreten und die Kollisionsabfrage bei Karambolagen mit anderen Fahrzeugen mitunter sehr zweifelhaft und ungenau arbeitet, macht weiterhin deutlich, dass Pyro nicht nur mit dem simplen Spielkonzept, sondern auch mit der Engine überfordert scheint.

Der Fluch der offenen SD-Welt

Es muss einen Grund haben, wieso außer No more Heroes kein Titel mit klassischer offener Welt auf Wii Fuß fassen kann. Und obwohl ich es für löblich halte, dass sich Pyro an dieser Thematik versucht und damit nicht nur die technischen Möglichkeiten der Nintendo-Konsole demonstrieren und ausreizen möchte, sondern auch die Anstrengungen unternimmt, keine "abgespeckte" Version, sondern ein gleichwertiges Spielerlebnis abzuliefern, lässt das Ergebnis weiterhin viele Wünsche offen.

Davon ist die Bildrate, die immer kurz vor dem Einbruch in inakzeptable Bereiche steht, nur die eine Seite der visuellen Medaille. Schwache Texturen, auffällige Pop-Ups und eine kaum mit Leben gefüllte Welt, die zudem kleiner scheint als bei den HD-Systemen, sind die andere. Die Kamera bockt auf Wii zwar weniger, wird intuitiv über Neigung der quer gelegten Remote justiert und auch hinsichtlich der störenden Ladeunterbrechungen zeigt sich die Wii-Version freundschaftlicher als ihre großen Kollegen. Aber wieso in aller Welt kann ich zumindest alternativ nicht eine Remote/Nunchuk-Kombination verwenden? Dass alle Kontrolloptionen auf die spärlichen Knöpfe der Fernbedienung gelegt und mit zumeist sinnvoller und größtenteils gut funktionierender Gesten-Erkennung ergänzt wurde, ehrt die Wii-Version. Doch das Spielerlebnis wird dadurch insgesamt nur unwesentlich verbessert. 

Fazit

Es gab viele passable Beispiele in den letzten zwölf Monaten, wie man eine Lizenzumsetzung (teils auch mit offener Welt) designen kann: Harry Potter, Bolt, Ice Age 3, Ghostbusters oder Monsters vs. Aliens, um nur einige zu nennen. Und auch wenn keiner der genannten Titel zum Überflieger wurde, konnte man doch langsam aber sicher den Ruf vom Lizenzmüll loswerden. Mit Planet 51 erlebt man einen Rückfall in die Filmumsetzungs-Steinzeit. Weder auf 360 noch auf PS3 (dort unterstützt von Unreal-Technologie) oder auf Wii kann das außerirdische Abenteuer visuell oder  inhaltlich überzeugen. Missionsdesign, das selbst bei jüngeren Spielern spontanen Gähnreiz hervorruft, wird nur durch Retro-Anspielungen wie die nette Paperboy-Variante aufgewertet, ohne jedoch in akzeptable Bereiche vorzudringen. Technisch nicht nur mit Pop-Ups, Kollisions-Problemen, Tearing sowie Rucklern gestraft, sondern auch noch mit einer komplett lippenasynchronen Tonspur gebrandmarkt, die sowohl in Deutsch als auch in Englisch befremdlich wirkt und nur seichte und bruchstückhafte Story transportiert, gibt es keinen plausiblen Grund, den Abstecher auf diesen weitestgehend spaßfreien Planeten zu wagen.

Pro

Lokalisierung inhaltlich gelungen
offene Welt
einiges zu sammeln und zu entdecken
unterhaltsame Paperboy-Variante als Minimission

Kontra

komplett lippenasynchrone Tonspur
Ladezeiten (PS3, 360)
ödes Missionsdesign
unnötig lange Wege
Grafikprobleme (Ruckler, Tearing, Pop-Ups)

Wertung

360

Öde Missionen, schwache Technik: Planet 51 zeigt, wie man eine Filmlizenz nicht umsetzen sollte.

PlayStation3

Schwach, einfach nur schwach: Planet 51 ist Lizenzmüll, dem jegliche Detailliebe fehlt.

Wii

Offene Welt und Wii: Pyro zeigt, wie es nicht funktioniert...

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