Resonance of Fate09.04.2010, Jens Bischoff
Resonance of Fate

Im Test:

Mit Resonance of Fate (ab 12,45€ bei kaufen) entführen die Star Ocean -Macher in eine vergleichsweise düstere Steampunk-Welt - es gibt keine natürliche Vegetation und nur einen Schauplatz: Der als letztes Refugium der Menschheit dienende Turm Basel. Also das genaue Gegenteil von dem, was man bisher von tri-Ace kennt. Auch spielerisch beschreitet man neue Wege. Kann man mit diesem ungewöhnlichen Ansatz überzeugen?

Gefangen in einem Turm

Die Welt von Resonance of Fate ist kalt und trostlos: Man ist gefangen in einem riesigen Turm, in dessen Spitze sich die Reichen und Mächtigen versammeln, während in den unteren Etagen soziales Elend und Kriminalität herrschen. Die Welt außerhalb des Turms liegt in Trümmern, ein Leben scheint dort unmöglich.

Video: Der Launch-Trailer gibt einen kurzen Überblick über Story und Kampfsystem.Doch auch der einst als experimentelles Lebenserhaltungssystem errichtete Turm birgt dunkle Geheimnisse. Allen voran eine uhrwerkähnliche Maschine im Zentrum, die als Gott angebetet wird und das Schicksal der Menschen zu kontrollieren scheint, was aber selbst unter den religiösen Führern nicht alle so einfach akzeptieren wollen.

Von alle dem bekommt man zunächst jedoch kaum etwas mit. Zu Spielbeginn schlüpft man in die Rollen von Vashyron, Zephyr und Leanne, die gemeinsam Aufträge für die Obrigkeit erledigen und damit ihren Lebensunterhalt verdienen. Wer die drei sind, wie sie zusammen kamen und was sie wirklich verbindet, erfährt man erst später. Im Prinzip scheinen sie Freunde zu sein und ein recht unbekümmertes Dasein zu fristen. Andererseits sieht man schon im Intro wie Vash und Zeph später einen Kampf um Leben und Tod führen und Zephyr beim Versuch den Selbstmord eines Mädchens zu vereiteln mit ihm zusammen in die Tiefe stürzt und eigentlich bereits tot sein müsste. Dramaturgisch ist der jede Menge Fragen aufwerfende Auftakt interessant, aber es dauert ungemein lange, bis die Story mit klärenden Rückblicken endlich in die Gänge kommt und Spannung aufbaut.

Zäher Einstieg

Die ersten Kapitel ist man quasi nur damit beschäftigt, einen belanglosen Auftrag nach dem anderen zu erledigen, vorwiegend unwichtige Personen kennen zu lernen und die trostlose Spielwelt zu erkunden. Diese besteht nur aus aneinander gereihten Sechsecken, die man mit einem symbolischen Cursor bereist, um Zielpunkte wie Städte, Dungeons oder einzelne Gebäude zu erreichen. Unterwegs kommt es immer wieder zu altmodischen Zufallskämpfen, während man über Aufzüge zwischen den einzelnen Stockwerken des Turms wechselt. Selbst die Dungeons sind lediglich eine Reihe von quadratischen Räumen, die nach und nach von Gegnern gesäubert werden müssen, bevor am Ende der obligatorische Bossfight ansteht.

Doch auch wenn das Leveldesign kaum öder sein könnte, kann die Erkundung der Spielwelt durchaus begeistern: Das liegt daran, dass sämtliche Spielumgebungen erst frei gepuzzelt werden müssen. Erledigte Gegner hinterlassen immer wieder Puzzlestücke, mit denen man sich seinen Weg zum nächsten Ziel bahnen muss.

Was aussieht wie Hexfeld-Rundentaktik ist die ungewöhnliche Darstellung der Spielwelt, die nach und nach frei gepuzzelt werden muss und neben Städten, Dungeons, Schätzen und Zufallsgegnern auch manipulierbare Gebietseffekte über mehrere Ebenen bietet.
Manche Gebiete sind nur mit speziellen Puzzleteilen erreichbar und unter manchen Feldern sind sogar Schätze versteckt. Neben verschiedenen Formen gibt es auch unterschiedliche Farben, mit denen man bestimmte Orte frei schalten und mit gleichfarbigen Terminals verbinden kann, die spezielle Boni wie häufigere Beutestücke, zusätzliche Erfahrungspunkte oder elementaren Extraschaden gewähren.

Man kann sogar Heil- und Speicherpunkte als Puzzleteile setzen und wer alle Felder einer Ebene frei räumt, kann sich von seinen Speicherpunkten aus direkt ins Hauptquartier teleportieren, in dessen Umfeld man auch Geschäfte und eine Gilde vorfindet, die optionale Aufträge erteilt. Darüber hinaus gibt es auch eine Arena, in der man sich nicht nur in einer Reihe von Tutorien mit der Kampfsteuerung vertraut machen, sondern sich auch gegen immer stärkere Kontrahenten in einer Rangliste nach oben arbeiten kann. Die Übungen sollte man sich auf jeden Fall zu Gemüte führen, bevor man irgendetwas anderes macht, denn der Kampfverlauf ist recht ungewöhnlich und der Schwierigkeitsgrad nicht ohne, wodurch sich der Anfang recht zäh gestalten kann.    

Akrobatische Schusswechsel

Hat man die Feinheiten des Kampfsystems aber erst einmal verinnerlicht, geht die Mischung aus Rundentaktik und Echtzeitgefechten gut von der Hand. Hin und wieder ärgert man sich zwar über ungewollte Kollisionen mit der Spielumgebung oder das teils etwas hakelige Wechseln anvisierter Ziele, aber im Großen und Ganzen klappt die Bedienung irgendwann genauso elegant wie die Darstellung der Kämpfe als akrobatische Schusswechsel in bester Hong Kong-Filmtradition.

Die Kämpfe werden trotz rundentaktischer Basis rasant und spektakulär in Szene gesetzt. Hektik kommt nur selten auf, Planung und Timing stehen im Vordergrund.
Für das Vorbereiten von Aktionen hat man alle Zeit der Welt: Man wechselt auf Knopfdruck zwischen den drei Protagonisten, wählt einen Gegner als Ziel und erst wenn man sich bewegt oder zum Schuss ansetzt, beginnen auch die Gegner zu agieren.

Im Prinzip kann man sich, so lange der Aktionsbalken nicht aufgebraucht ist, frei über das Schlachtfeld bewegen - sobald man stehen bleibt, halten auch sämtliche Kontrahenten inne. Ist der eigene Aktionsbalken komplett geleert, hat man einen Schuss abgefeuert oder seinen Zug manuell beendet, ist der nächste Charakter an der Reihe. Waren alle drei Protagonisten dran, startet die nächste Runde. In der Praxis wird man sich aber eher selten frei bewegen oder Schüsse aus dem Stand abfeuern. Stattdessen wird man auf so genannte Heldenaktionen zurückgreifen, bei denen man seine Spielfigur quer über das Schlachtfeld sprinten und angreifen lässt. Dazu legt man einen Zielpunkt fest, zu dem sich der aktuelle Charakter automatisch bewegt, während man selbst Schüsse abfeuert und Sprünge initiiert.

Zwar verbraucht jede Heldenaktion einen Punkt auf der Heldenanzeige, aber dafür ist man während der kompletten Aktion unverwundbar, kann mehrere Ziele unter Beschuss nehmen und nebenbei auch noch leichte Schäden kurieren. Darüber hinaus bekommt man für jeden eliminierten Gegner bzw. jedes zerstörte Schutzschild oder Körperteil wieder einen Heldenpunkt gut geschrieben, so dass man eigentlich nur bei Kontrahenten mit besonders dicker Panzerung oder Lebensenergie in die Bredouille kommt, zu wenige Heldenpunkte zur Verfügung zu haben. Doch auch dafür gibt es ein Gegenmittel: Spezialmunition. Es gibt spezielle Geschosse für organische Gegner und Maschinen, elementare Ummantelungen für Feuer-, Eis-, Strom- oder Giftempfindlichkeit und Munition, die mehrere Feinde hintereinander durchbohren kann.

Taktische Action

Am wichtigsten sind aber die zwei Arten der Schadenserzeugung, die von der verwendeten Waffenart abhängen: Normale Pistolen und Granaten richten vergleichsweise geringen, aber direkten Schaden an, während Maschinenpistolen so genannte Streifschäden erzeugen, die zwar massiv sind, die eigentliche Lebensenergie jedoch unberührt lassen. Man kann sich das so vorstellen, dass Streifschäden die Panzerung eines Gegners oder Körperteils aufweichen, bevor sie durch Direktschaden zerstört werden können.

Bevor man einem Gegner ernsthaften Schaden zufügen kann, muss man zunächst dessen Panzerung(en) aufweichen.
Je mehr Streifschaden man mit Maschinenpistolen anrichtet, umso verheerender das Ergebnis durch anschließenden Direktschaden. Zudem spielt es oft auch eine entscheidende Rolle, wo man den Gegner trifft. Manche besitzen mehrere Schutzschilde, durch die man sich erst vorarbeiten muss, andere sind nur von bestimmten Seiten gepanzert und dazwischen enorm verwundbar. Zudem lassen sich auch gezielt bestimmte Partien aufs Korn nehmen, um besonders verheerende Waffensysteme auszuschalten.

Das Interessante dabei ist, dass man nicht einfach die bevorzugte Schwachstelle anvisieren und zerstören kann, sondern im richtigen Moment aus der passenden Position das Feuer eröffnen muss. Dabei ist oft auch Zusammenarbeit gefragt, indem man einen Charakter als Köder benutzt, um dann mit einem anderen von hinten zuzuschlagen oder verheerende Teamangriffe einzuleiten. Mit etwas Glück und Geschick kann man Gegner auch in die Lüfte befördern, Bonustreffer anbringen oder sie zu Boden schmettern. Man kann Deckungen nutzen, herum stehende Benzinfässer in die Luft jagen, zwei Waffen gleichzeitig ausrüsten und sogar mit bloßen Fäusten attackieren. Je länger man mit dem Schießbefehl wartet, desto mehr Geschosse bohren sich am Ende ins Ziel. Wartet man jedoch zu lange, verpufft die ganze Aktion. Auch waffenabhängige Angriffsboni wie Schadensmultiplikatoren oder Taumeln nehmen mit verzögerter Schussfreigabe zu. 

Mit der Zeit kehrt zwar eine gewisse Routine ein, aber aufgrund des eher gehobenen Schwierigkeitsgrads wird man stets gefordert, das Knacken von Bossen ist teils eine echte Herausforderung. Ärgerlich ist nur, dass man in Dungeons auch nach gewonnenem Kampf keinen Zugriff aufs Hauptmenü hat, um seine Ausrüstung anzupassen. Manche Bosskämpfe können ohne die passenden Utensilien und Schutzkleidungen nämlich ungemein frustrierend sein und nicht immer weiß man schon im Voraus, was einen am Ende erwartet.

Kreative Bastelstunde: Das Personalisieren der verschiedenen Waffen ist sehr facettenreich und motivierend.
Zwar kann man verlorene Kämpfe gegen einen kleinen Obolus beliebig oft wiederholen und sich gegen einen satten Aufpreis auch komplett heilen lassen, aber oftmals ist man einfach besser beraten, den letzten Spielstand zu laden und den ganzen Weg mit passender Ausrüstung ein weiteres Mal auf sich zu nehmen.

Innen hui, außen pfui

Ungewöhnlich ist auch die Charakterentwicklung, denn statt der Figuren sammeln hier die Waffen Erfahrung - oder besser gesagt: die Waffengattung. Diese wächst mit jedem angerichteten Schaden und hebt nach und nach die Stufe der Waffenklasse an. Die Summe aller Waffenstufen (Maschinenpistolen, normale Pistolen und Wurfwaffen) ergibt wiederum die Stufe des Charakters. Je höher diese ist, desto mehr Lebensenergie und Traglast stehen zur Verfügung. Daher ist es wichtig, sich nicht zu sehr auf eine Waffengattung zu spezialisieren, sondern möglichst oft die Waffen untereinander zu tauschen und auch einzusetzen, um besonders bei Bosskämpfen ein möglichst dickes Energiepolster zu haben.

Interessant ist auch die Möglichkeit, Waffen individuell zu modifizieren: Dabei verbessert man nicht nur schnöde irgendwelche Werte, sondern muss Zusätze auf einer gerasterten Blaupause passend anbringen, um diese auch nutzen zu können. Der Platz ist beschränkt, nicht alle Teile lassen sich beliebig miteinander verbinden und die Tragkraft des Schützen darf auch nicht überschritten werden. Ein echtes Fest für Hobbybastler, die gerne experimentieren, um die perfekte Zusammensetzung auszubaldowern.

Individualisten dürften sich auch über das optische Anpassen der drei Protagonisten freuen. Man kann Klamotten anlegen, modische Accessoires ausrüsten und sogar farbige Kontaktlinsen einsetzen, die selbst in Zwischensequenzen Verwendung finden. Auf die Charakterwerte hat das jedoch keine Auswirkungen. Aber auch wer mit modischem Schnickschnack nichts am Hut hat, kommt nicht ganz um die Umkleidekabine herum, da manche Auftraggeber Wert auf besondere Outfits legen.

Individueller Look: Wer will, kann sein Heldentrio regelmäßig neu einkleiden. Bei manchen Aufträgen ist ein Klamottenwechsel sogar Pflicht. Auf die Charakterwerte haben Kleidungswechsel jedoch keinen Einfluss.
Andere sind wiederum nur zu bestimmten Zeiten anzutreffen - der dynamische Tageszyklus ist jedenfalls nicht nur optisches Beiwerk. Praktisch ist auch das leider nur im Hauptquartier und der Gilde einsehbare Monsterkompendium, das nicht nur über individuelle Schwachstellen informiert, sondern auch mögliche Beutestücke auflistet, falls man gerade mal dringend eine Zutat für das Anfertigen von Spezialmunition, Waffenaufsätzen oder anderer Ausrüstungsgegenstände benötigt. Auch nicht mehr benötigte Gegenstände in ihre Einzelteile zu zerlegen, ist in der örtlichen Schmiede möglich.

Löblich ist auch, dass man sowohl der englischen Synchro als auch dem japanischen Originalton lauschen kann; Menüs und Untertitel gibt es auch auf Deutsch. Die Sprecher haben zwar nicht viel zu tun, leisten aber solide Arbeit. Auch die Soundkulisse kann sich hören lassen. Die grafische Präsentation lässt hingegen stark zu wünschen übrig: Die übertrieben akrobatischen Kampfanimationen wissen zwar zu gefallen. Wenn man die Charaktere jedoch kampflos durch die tristen Dungeons staksen sieht, kann man nur noch mit dem Kopf schütteln. Zudem wirkt die Grafik insgesamt extrem grobpixelig und verwaschen. Man hat manchmal das Gefühl ein PS2-Spiel im Laufwerk zu haben. Unterschiede zwischen 360 und PS3 halten sich in Grenzen, wobei die Schatten auf der Sony-Konsole teilweise deutlich grobschlächtiger dargestellt werden und auch mal Ruckler auftreten. Ansonsten gleichen sich jedoch beide Versionen wie ein Ei dem anderen und auf den Spielspaß wirken sich die minimalen Abstriche ohnehin nicht aus.

Fazit

Resonance of Fate braucht eine Weile, um seine Qualitäten zu entfalten. Es sieht nicht gut aus, der Einstieg gestaltet sich reichlich zäh, die Story plätschert zunächst belanglos vor sich hin und der Schwierigkeitsgrad zieht schnell und gnadenlos an. Gerade Letzteres kann allerdings auch ungemein motivierend sein - vor allem, wenn man zuvor gelangweilt durch ein Final Fantasy XIII gepflügt ist. Hat man alle Facetten des ungewöhnlichen Kampfsystems verinnerlicht, machen die taktischen Schusswechsel richtig Laune: Man legt Laufwege und Zugfolgen fest, nutzt die Spielumgebung zu seinem Vorteil, wechselt Waffen und Munitionsarten, lotet Schwachstellen aus, macht sich diverse Spezialangriffe zunutze und zerstört feindliche Waffen sowie Schutzschilde. Mit der Zeit wird auch die Hintergrundgeschichte interessanter, man experimentiert mit Zusätzen für seine Waffen herum, puzzelt auf originelle Weise neue Schauplätze frei und belegt ganze Areale mit hilfreichen Spezialeffekten. Abseits der Story kann man auch optionale Gildenaufträge bewältigen, sich in einer Arena verdingen oder die Protagonisten neu einkleiden. Etwas enttäuschend ist hingegen das sterile Leveldesign der Dungeons, in denen man nicht mal Zugriff aufs Hauptmenü hat, um Waffen anzupassen, Aufstellungen zu ändern oder Ausrüstung zu wechseln. Es gibt zwar eine kostenpflichtige Heil- und Continue-Funktion, aber mit ungeeigneter Ausrüstung hat man auch im zweiten oder dritten Anlauf gegen einen mit Statusbeeinträchtigungen um sich schmeißenden Boss kaum Chancen. Wer eine Herausforderung sucht und offen für ungewöhnliche Spielelemente ist, wird von Resonance of Fate trotzdem gut und lange unterhalten.

Pro

üppiger Umfang
stylische Kampfaction
originelles Kampfsystem
individuelles Waffen-Tuning
motivierende Hexfeld-Puzzles
optionale Gildenaufträge & Arenakämpfe

Kontra

antiquierte Optik
ödes Leveldesign
mäßige Storyinszenierung
kein Menüzugriff in Dungeons

Wertung

360

Interessante Mischung aus Rundentaktik & Echtzeit-Action, die trotz zähen Einstiegs angenehm fordernd und kreativ bei Laune hält.

PlayStation3

Interessante Mischung aus Rundentaktik & Echtzeit-Action, die trotz zähen Einstiegs angenehm fordernd und kreativ bei Laune hält.

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