Majin and the Forsaken Kingdom23.11.2010, Jörg Luibl
Majin and the Forsaken Kingdom

Im Test:

Game Republic ist ein junger Entwickler. Das Team wurde 2003 in Osaka gegründet und zeichnet seitdem für exklusiven Durchschnitt verantwortlich: Genji: Days of the Blade (50%) und Dark Mist (60%) gehören nicht gerade zu den Highlights für die PlayStation 3. Die Japaner konnten uns lediglich zum Start von Sonys Konsole mit Folklore (80%) gut unterhalten. Jetzt wollen sie erneut märchenhaftes Flair in einem Action-Adventure beschwören. Gelingt den Kreativköpfen um Yoshiki Okamoto endlich der große Wurf?

Die verlorene Heimat

Man schlüpft in die Rolle eines Diebes, der die Sprache der Tiere versteht und auf einen riesenhaften Begleiter trifft.
Wofür lohnt es sich zu kämpfen? Für Aktien! Für Gold! Für eine Prinzessin! Für die Freiheit! Oder für die verlorene Heimat: Vor allem, wenn Milch und Honig nur noch in der Erinnerung fließen, weil das Böse seine finsteren Schatten ausgebreitet hat. Was ehemals als Königreich blühte, siecht nur noch vor sich hin, während pechschwarze Monster durch Wald und Flur streifen. Was ist da los? Gab es nicht einen Wächter, der die Menschen beschützen sollte? Irgendetwas ging jedenfalls vor hundert Jahren so schief, dass die Bewohner jetzt noch in Angst und Schrecken leben.

Doch das will ein tapferer Dieb namens Tepeu ändern: Er sieht aus wie der großäugige Neffe des persischen Prinzen und versteht à la Mowgli die Sprache der Tiere - mehr erfährt man nicht über einen jungenhaften Helden, der ohne behutsame Vorstellung von der Decke ins Spiel plumpst und fortan seltsam altklug plappert, ohne sich allzu sehr über riesige Dämonen oder magische Apparaturen zu wundern. Ist er jetzt doch ein adliger Veteran? Ratten und Vögel müssen ihm jedenfalls auf seiner Reise durch das besetzte Königreich ständig helfen, indem sie ihm Hinweise in teilweise peinlicher deutscher Sprachausgabe geben. So erfährt man auch etwas über die erzählerischen Hintergründe, die immerhin märchenhaftes Flair verbreiten.

Die Sprache der Tiere

Schon sehr früh ist man im Team mit dem Majin unterwegs: Er wird von der KI gesteuert und kann Befehle annehmen.
Aber weder Story, Synchronisation noch Schauspiel gehören zu den Stärken dieses Spiels: Manchmal redet ein exotischer Papagei oder eine struppige Ratte wie ein gelangweilter Beamter vom Arbeitsamt. Vielleicht wäre weniger Sprachausgabe in diesem Fall mehr gewesen. Hier und in so manchen aufgesetzt wirkenden Dialogen verliert das Abenteuer leider recht früh etwas von seinem alpverträumten Flair, das vor allem von den gelungenen Rückblenden im Scherenschnitt-Stil sowie dem eigentlichen Helden lebt: dem Majin. Diese ebenso mächtige wie tollpatschige Kreatur zaubert einem mit ihrem breiten Knopfaugengrinsen recht früh ein Lächeln ins Gesicht.

Schon bald ist man zusammen mit diesem Ungetüm unterwegs, das ohne Magie und Erinnerungen noch hilflos wirkt, aber im Laufe des Abenteuers immer stärker wird: Der Majin beschwört starke Winde und funkende Blitze, mit denen man Apparturen in Gang bringt und Feinde niederstreckt. Er kann Tepeu heilen, schwere Türen öffnen, als Plattform dienen und Katapulte bedienen. Streng genommen soll er ja ein Oger sein, aber er sieht mit seinen Hörnern eher aus wie ein grobschlächtiger Minotaurus, der gerade aus einem Blumenbeet kommt. Da passt es sehr gut, dass er zwischendurch auch mal ausrutscht oder vor Angst fliehen will - gerade diese Kleinigkeiten verleihen ihm Charakter.

Der sanfte Riese kann nerven

Man trifft auf pechschwarze Schergen der Finsternis, die das Land heimsuchen und von Generälen angeführt werden.
Seine gutmütigen gelben Augen, sein freundliches Lächeln sowie all das Unkraut auf seinem Stiernacken machen einen sympathischen Begleiter aus ihm. Aber man hat nicht alles aus dieser tapferen Kreatur heraus geholt: Wer hat bloß seine schwach designte Rückseite mit den plumpen Beintexturen und dem Schwanz zu verantworten? Man darf die Kamera kaum drehen, denn von hinten sieht der Majin aus wie Fernsehtroll Hugo. Schade auch, dass er einen beim Öffnen von Türen wie auf Schienen zur Seite schiebt. All das hätte man eleganter und ansehnlicher lösen können.

Und der Majin kann aufgrund seiner Trägheit und vor allem der penetranten Babysprache nerven: Vor allem in den zeitkritischen Bosskämpfen will man ihn fast anschreien, damit er sich schneller bewegt. Die Dialoge und Gesten zwischen ihm und Tepeu bewegen sich zudem auf dem schmalen Grat zwischen putzigem Charme und peinlicher Dämlichkeit. Schade, dass man ihn über eine fremde Sprache und ein besseres Figurendesign nicht mysteriöser gestaltet hat. Aber was ist er genau für ein Wesen? Warum hilft er mir? Das gilt es in dem 15 bis 20-stündigen Action-Adventure mit seinen fünf Welten herauszufinden. Und dabei helfen die Rückblicke des Majin, die in stimmungsvollen 2D-Scherenschnitten aus der Vergangenheit erzählen.           

Rätselspaß im Team

Wer sich lautlos von hinten anschleicht, kann einen tödlichen Hieb landen - ansonsten heißt es: Kämpfen!
Ich kann dem von der KI gesteuerten Majin zwar nur rudimentäre Befehle wie Anhalten, Folgen oder Aktion einleiten geben, aber ohne ihn würde ich keinen Kampf bestehen und viele Rätsel nicht lösen - er kann z.B. elektrische Geräte in Gang, Gegenstände über Wind in Bewegung bringen und schwere Hindernisse aus dem Weg räumen. Und oftmals muss man die Akrobatik Tepeus mit der Kraft des Riesen verbinden: Erst eine Kiste verschieben, dann wie in einem Jump'n Run über Abgründe springen, per Hebel ganz oben einen Riegel entfernen, den Majin rufen, die Tür unten öffnen lassen - weiter geht`s. Das Schöne ist, dass seine Wegfindung selbst über weite Strecken optimal funktioniert: Wenn man ihn ruft, klettert er auch selbstständig über Hindernisse.

Der Großteil des Spiels lebt von cleveren Aufgaben in angenehm großen Arealen. Es gibt viel zu entdecken und auszuprobieren: Mal muss man metallene Gondeln wie in einem Logikspiel verschieben oder Wasser so transportieren, dass sich Apparaturen bewegen. Mal muss man Katapulte richtig mit Gewichten oder Munition bestücken und ausrichten, um Wege frei zu schießen oder Stromleiter so aneinander reihen, dass sie einen Kreis ergeben - es gibt immer etwas zu tun. Gerade Freunde mehrstufiger Puzzles kommen auf ihre Kosten, zumal der Majin immer mehr arkane Kräfte gewinnt, die dann blockierte Teile der Welt öffnen und die darin verborgenen Rätsel lösbar machen. Auch Schatzsucher werden sich freuen: Es gibt überall versteckte Kisten.

Kampf im Duett

Und das geht im Team wesentlich effizienter: Der Majin kann den Helden werfen, selbst zuschlagen oder laut brüllen.
Ich bin als menschlicher Held zwar flinker als der Majin, aber auch schwächer, so dass koordinierte Attacken und Teamwork gegen die feindlichen Kreaturen wichtig sind. Wenn Tepeu alleine antritt, hat er mit seiner Stoßattacke und der einfachen Ausweichrolle kaum eine Chance - nur wenn er sich ungesehen an die Monster heran schleicht, kann er sie auf einen Streich töten. In diesen Situationen serviert das Spiel mit seinen drei Alarmstufen durchaus so etwas wie Stealth-Action light, denn man muss auf seine Deckung und Patrouillenrouten achten. Sehr effektiv funktionieren auch hinterhältige Attacken im Team: Man kann den Majin an einer brüchigen Wand postieren, ein paar Monster dorthin locken und ihm den Befehl zum Einsturz geben.

Aber ist man einmal entdeckt, hat man in der offenen Schlacht alleine schlechtere Karten. Erst der riesenhafte Freund kann über sein Brüllen z.B. alle Feinde im Umfeld zurückwerfen oder mit mächtigen Hieben betäuben. Dann muss man schnell sein und die am Boden liegenden Feinde treffen - irgendwann blinkt ein Kombosymbol auf und man kann recht ansehnliche Spezialangriffe ausführen; mal macht man einen Salto plus Hieb, mal wirft einen der Majin auf die Gegner.

Fürsorge im Team

Mit der Zeit wachsen die körperlichen und magischen Kräfte des Riesen: Die kommen vor allem in vielen Rätseln zum Einsatz.
All das kann man noch mit magischen Angriffen kombinieren, aber unterm Strich ist das Kampfsystem sehr simpel und nicht gerade anspruchsvoll, was Konter, Immunitäten oder Ähnliches angeht. Man haut so lange drauf, bis die Kombo möglich ist, drückt den Knopf und wird quasi automatisch ins Gefecht bzw. auf den Feind geschmissen. Hinzu kommt eine gewisse Hektik, denn die Kamera schwenkt gerade bei den akrobatischeren Team-Kombos wild hin und her, so dass man manchmal gar nicht genau erkennt, welches Manöver man gerade ausgeführt hat oder wo man ist.

Trotzdem kann der Majin getötet werden und das sorgt durchaus für Spannung: Denn es gibt fiese Monster, die auf seinen Rücken springen und ihn quasi aussaugen, fliegende Kreaturen, die ihn von oben attackieren oder auch Fernkämpfer, die seine Lebenspunkte perforieren - in diesen Momenten ruft der Majin um Hilfe. Dann muss Tepeu schnell reagieren, indem er sie ausschaltet oder z.B. Geschosse einsetzt, um sie abzulenken. Manchmal helfen auch explosive Fässer oder gasgefüllte Vasen. Und wenn alle Stricke reißen, kann man ihn auch direkt heilen, wenn man denn die entsprechende Pflanze eingesammelt hat: Dann steht er da, bedankt sich artig und man muss wieder grinsen.    

Das Band der Freundschaft

Tepeu kann seine Kleidung wechseln und auch der Majin verändert sein Äußeres mit der Zeit.
Je mehr Team-Aktionen man ausführt, desto schneller wächst die Beziehung, dargestellt über rot statt blau blinkende Erfahrungspunkte. Je höher das Freundschaftslevel, desto mehr Fähigkeiten kann das Duo einsetzen. Man kann diese Beziehung allerdings nicht über Dialoge oder Entscheidungen stärken - das passiert leider nur über den Kampf. Schade ist auch, dass man bei einem Aufstieg der beiden keinerlei Einfluss hat: Man erfährt lediglich, dass Tepeu z.B. kräftiger oder der Majin ausdauernder geworden ist, aber man kann sich in der Karriere nicht für spezielle Fähigkeiten entscheiden. Schade ist auch, dass es keinen kooperativen Spielmodus gibt, den man mit einem Freund angehen könnte.

Dafür hat man im Team auch in den knapp einem halben Dutzend Bosskämpfen viel zu tun: Hier trifft man in klassischen Arenen auf riesenhafte Generäle der Finsternis, die wie mutierte Bestien aussehen. Wie üblich muss man in mehreren Phasen spezielle Schwachstellen finden und attackieren. Und meist gilt es, eine gerade erworbene Fähigkeit des Majin möglichst effektiv einzusetzen. Schön ist, dass man auch hier über Teambefehle und kleine Rätsel innerhalb der Gefechte gefordert wird, die Umgebung und den Gegner zu studieren - mit reinem Draufhauen kommt man nicht weiter. Trotzdem halten diese Gefechte nicht ganz das, was der Name verspricht, denn man kommt als einigermaßen erfahrener Spieler weder ins Schwitzen noch ins Staunen.

Märchenhafte Kulisse mit Brüchen

Was hat es mit dieser Lady auf sich? Das könnt ihr im Laufe des etwa 15-stündigen Action-Adventures heraus finden.
Leider kann die Kulisse en detail nicht so begeistern wie noch in Castlevania: Lords of Shadow : Beim Joggen durch die Landschaft ploppen immer wieder Büsche und Felsen ins Bild, in der Distanz wird vieles zu weich gemalt, einiges glänzt in der Nähe zu künstlich und man vermisst allgemein schärfere Texturen. Sehr ansehnlich sind die Szenen, in denen der Majin den Helden heilt, indem er ihn von der Schwärze befreit, die wie Pech an ihm klebt, oder wenn er neue Kräfte über große Beeren inhaliert. Das Leveldesign ist allerdings abwechslungsreich und zudem angenehm groß, bietet mehrstöckige Plattformen für ausgiebige Sprungakrobatik und Geheimgänge für langsames Kriechen.

Schon bald muss man sich anhand der zoombaren Karte orientieren, wo man überhaupt ist. Sie gibt aber nur sporadische Informationen über gefundene Schätze und kaum Hinweise, wenn man mal irgendwo nicht weiter kommt. Und es gibt Situationen, in denen man sich wie in einer Sackgasse fühlt, weil sich ein Tor partout nicht öffnen lässt oder ein Sims nicht erreichbar ist. Hat man etwas übersehen? Es ist zudem nervig, dass man erst so spät auf die Teleporter zurückgreifen darf, denn so wird man zu weiten Wegen durch die bereits bekannte Landschaft gezwungen, auf denen neu entstandene Feinde lauern. Gespeichert wird an fair verteilten Statuen, wo man seltsamerweise nur drei Plätze zur Verfügung hat und die Kleidung wechseln kann - das geht nicht im Menü oder Inventar.

Tepeu findet bald weitere Hüte bzw. Helme, Rüstungen und Gewänder, die sein Äußeres umgehend verändern und laut Text auch Einfluss auf Akrobatik und Gewandtheit haben, obwohl man das in der Praxis kaum merkt. Man hätte Ausrüstung und Fähigkeiten der beiden motivierender verzahnen müssen, indem man dem Spieler einerseits mehr Einfluss nach einem Aufstieg und andererseits exklusivere Manöver gewährt hätte. So wirkt vieles in der Karriere und Beziehung der beiden zu automatisiert.

     

Fazit

Nach Enslaved und Castlevania setzt auch Majin auf die motivierende Kombination aus Kampf, Erkundung und Rätsel. Der tollpatschige Riese war mir von der ersten Spielminute an sympathisch und ich habe die Finsternis sehr gerne bekämpft, weil Akrobatik, Grips und Teamplay hier der Schlüssel zum Sieg sind: Man muss clever Fähigkeiten kombinieren, Apparate in Gang bringen, mehrstufige Probleme in der Umgebung lösen und sich im Gefecht helfen. Aber Game Republic holt aus diesem im Ansatz zauberhaften Abenteuer einfach nicht alles raus. Da ist zum einen die Kulisse, die zwar von einem abwechslungsreichen und überraschend verschachtelten Leveldesign lebt, aber im technischen Detail genau so wenig begeistern kann wie die plumpe Rückenansicht des Majin oder die aufgesetzt wirkenden Dialoge; die deutsche Synchronisierung ist gerade bei den sprechenden Tieren grausam. Und der menschliche Dieb wirkt wie ein altkluges Plagiat des persischen Prinzen - was für eine Fehlbesetzung! Hier wird in der Präsentation einiges an märchenhaftem Flair verschenkt, zumal die Beziehung zwischen Mensch und Kreatur auf statistischer Freundschaftsebene verharrt. Hinzu kommt ein recht simples Kampfsystem, eine zu automatisiert ablaufende Karriere sowie die redundanten Laufwege. Unterm Strich funktioniert aber auch einiges sehr gut: Sowohl die Wegfindung als auch die Befehle für den Riesen laufen reibungslos, man freut sich über ein wenig Stealth-Action, Hüpfeinlagen sowie die arkanen Fähigkeiten. Und ab und zu, wenn dieser große Majin seine Angst zeigt oder sich schämt, blitzt auch mal eine emotionale Qualität auf, die sofort für Stimmung sorgt. Heraus kommt trotz verspielter Hitchancen gute Unterhaltung für Freunde klassischer Action-Adventures.

Pro

cleveres Teamplay wird belohnt
mehrstufige Umgebungsrätsel
arkane Fähigkeiten gewinnen
sympathisch tollpatschiger Riese
ausgedehntes Leveldesign
schöne 2D-Scherenschnitt-Rückblicke
sehr gute Wegfindung des Majin
einige coole Kampfmanöver im Duett
Majin mit emotionaler Gestik
KI reagiert gut auf Befehle+ intelligente Bosskämpfe
ab und zu Stealth-Action light

Kontra

Story kommt zu spät in Gang- einige aufgesetzt wirkende Dialoge
Hauptcharakter Tepeu schlecht designt
Beziehung des Duos bleibt Statistik
viele Pop-ups, matschige Texturen
automatisierter Aufstieg, kein Einfluss
recht simples Kampfsystem
hektische Kamera bei Teamkombos
zu spät Teleporter, einige lange Wege
grausam gesprochene Tiere

Wertung

360

Nicht so brillant wie Castlevania, nicht so klasse besetzt wie Enslaved, aber ein gutes Action-Adventure mit cleverem Teamplay!

PlayStation3

Ein Action-Adventure mit motivierendem Teamplay, aber Schwächen in der Präsentation - vor allem die Dialoge nerven.

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.