Rocket Knight12.05.2010, Jan Wöbbeking
Rocket Knight

Im Test:

Konami holt wieder einmal einen alten Bekannten aus der Mottenkiste: 15 Jahre nach seinem letzten Auftritt schlüpft das gut gelaunte Opossum Sparkster wieder in seinen Raketenanzug und begibt sich in ein neues Abenteuer für Xbox Live Arcade und den PSN-Store (Die in einem US-amerikanischen Trailer angekündigte Steam-Fassung erscheint in Europa nicht). "Rocket Knight (ab 14,99€ bei kaufen)'" ist kein Remake, sondern der dritte Teil der Serie, orientiert sich aber stark an den zwei Vorgängern auf Mega Drive und Super Nintendo. Wie damals düst der dauergrinsende Held durch die Luft, über Plattformen und kloppt aufdringliche Anfreifer mit dem Schwert aus dem Weg.

Auf sie mit Geheul!

Die Welt hat sich zwar weitergedreht und besteht mittlerweile aus Polygonen, trotzdem geht es immer noch aus der Seitenansicht zur Sache. Das Volk der »Zephyrus« genannten Opossums hat sich mit den einst verfeindeten Schweinen verbündet. Mit vereinten Kräften ziehen sie nun gegen die marodierenden Wölfe in die Schlacht. Ohne ausufernde Filmsequenzen oder andere Umschweife stürze ich mich in die Action. Rocket Knight gehört zur altehrwürdigen Zunft der Jump'n'Shoot-Spiele:  Wie in Contra , Turrican oder Dynamite Headdy steuere ich meinen Helden aus der Seitenansicht durch eine Welt voller auf mich zustürmender Feinde. Zwischendurch erhebt Sparkster sich in die Lüfte und ballert sich kurzzeitig durch einen klassischen Horizontal-Shooter wie R-Type.

Die Hüpfsequenzen dienen nicht nur zur Auflockerung der zahlreichen Kämpfe, sondern fallen angenehm knackig aus.

In den Levels am Boden kann der Held auf starke Gadgets zurückgreifen: Sein Schwert wuchtet aufdringliche Gegner direkt ins Jenseits - oder fügt stärkeren Exemplaren zumindest empfindlichen Schaden zu. Außerdem feuert es auf Wunsch eine Art Energieball ab, welcher immerhin ein paar Meter weit fliegt. Oder das Opossum vollführt ein paar Salti auf der Stelle und erzeugt mit dem Schwert einen tödlichen Kreisel. Die stärkste Waffe wird aber durch den Raketenantrieb ermöglicht: Der Dash katapultiert meine Helden im Sauseschritt in eine von acht angepeilten Richtungen. Alles, was ihm dabei in die Quere kommt, wird gnadenlos mit dem ausgestreckten Schwert malträtiert. Drücke ich die Taste ein zweites mal, lassen sich auch poröse Mauern vor kleinen Geheimgängen durchbrechen.

Spiel über Bande

Mit der Hilfe dieses Angriffs kann ich sogar mehrmals an Wänden apprallen. Wie eine Billiard-Kugel katapultiere ich mich in schmalen Felsspalten von Wand zu Wand und erklimme ungeahnte Höhen. Unendlich lange funktioniert die Flummi-Technik allerdings nicht. Sämtliche Raketenkräfte zehren an der entsprechenden Energieleiste, welche sich aber nach ein paar Sekunden von alleine erholt.  Die Dash-Attacke ist trotzdem das Sahnehäubchen des Spiels: Es macht unheimlich viel Spaß, sich flink wie ein Hochseilartist von einer Wand zur anderen zu

Schon der erste Endgegner wartet mit einer amtlichen Größe auf.
katapultieren, auf dem Weg elegant drei Wölfe von der Plattform zu kloppen, in letzter Sekunde unter einem fliegenden Ninja-Stern abzutauchen und zu guter Letzt dessen Werfer aufzuspießen.

So brutal all das klingt, es ist absolut harmlos umgesetzt: Ketchup oder Pixelblut gibt es nicht zu sehen. Stattdessen gröhlen die Wölfe wie Chewbacca und fliegen schlimmstenfalls mit verdutzter Mine von der Plattform, nachdem ich eine ihrer Dynamitstangen zu ihnen zurück geprügelt habe. Auch anderswo erinnert die Aufmachung stark an die Vorgänger: Der Ausflug führt mich durch grüne Wälder, Bergwerke samt großer Zahnräder und Fallen sowie Kläranlagen voller verseuchter, grün vor sich hin blubbernder Zähflüssigkeiten.          

Wo ist die Dynamik?

Im Hintergrund erklingen die euphorischen Stücke aus dem ersten Teil - allerdings in Orchester-Remixes. Schade, dass die Tracks sich weniger dynamisch präsentieren als der smarte Held. In Mechano-Labor z.B. stampft die Techno-Mucke stets stoisch vor sich hin - egal, ob ich mich im wildesten Kampf gegen fünf fliegende Robo-Köpfe und einen gigantischen Mecha-Walker befinde oder gelangweilt ein Rätsel mit hüpfenden Herdplatten löse. Die Bosse sind übrigens ein weiteres Thema, bei welchem sich das Spiel treu bleibt. All zu viele Obermotze begegneten mir zwar nicht - einige von ihnen waren aber größer als der Bildschirm und gaben sich erst nach mehreren Anläufen geschlagen. Ab und zu taucht auch Sparksters Gegenspieler Axel Gear auf. Er ist zwar ebenfalls nur ein kleines Opossum, macht als "Dark Knight" aber gemeinsame Sache mit den Wölfen und ist nicht weniger zäh als meien großen Widersacher.

Zwischendurch geht es standesgemäß gegen fette Luftschiffe zur Sache.
Es ist schade, dass Sparkster im Laufe des Spiels keine neuen Fähigkeiten dazu lernt. Das mag zwar in der Tradition der Serie liegen, wirkte in meinen Augen aber schon 1993 veraltet. Im Gegenzug haben die Entwickler sich bei den Sprungsequenzen umso mehr Mühe gegeben. Schon auf dem einfachsten Schwierigkeitsgrad sind die Balanceakte über fahrende Plattformen alles andere als ein Kinderspiel - wirklich unfair wird es aber nur selten. Außerdem bin ich nicht mehr so stark wie früher darauf angewiesen, die Levels auswendig zu lernen. Wenn im ersten Teil ein fetter, mit Schweinen besetzter Wagen ins Bild bretterte, halfen nur gute Reflexe oder rechtzeitiges Aufladen der Dash-Attacke. Dank der großen HD-Levels herrscht neuerdings mehr Übersicht, so dass man sich besser auf anrückende Feinde einstellen kann.

Über den Wölfen...

Als Auflockerung zum harten Jump'n'Run-Alltag geht es zwischendurch immer noch in die Luft. Bei den Horizontal-Shooter-Einlagen warten Wölfe mit Propellern am Rücken darauf, mit Standard-Projektilen oder einem aufgeladenen Superschuss vom Himmel gepustet zu werden. Leider muss ich den Feuerknopf wie ein hyperaktiver Specht mit dem Daumen malträtieren, denn serienmäßiges Dauerfeuer gibt es nicht. Auch fette, aus Holz gezimmerte Luftschiffe warten auf ihre Demontage. Bin ich nah genug dran, kann ich die daran befestigten Kanonen sogar direkt mit dem Schwert bearbeiten. Ähnlich wie am Boden gibt es auch hier keine neuen Superschüsse oder ähnliches einzusammeln. Lediglich ein Kombo-Multiplikator sorgt für Rekordpuntzahlen, die sich in den Leaderboards vergleichen lassen. Zwischen der PSN- und der Xbox 360-Fassung gibt es übrigens kaum Unterschiede. Auf Sonys Konsole haben wir etwas mehr Bildrateneinbrüche beobachtet - doch auch hier hielt sich das Geruckel in engen Grenzen, so dass das Spiel fast immer flüssig spielbar blieb.      

Fazit

Schwein gehabt: Konami hat seine altehrwürdige Rocket Knight-Serie erfolgreich wiederbelebt. Die ersten, hässlich-kahlen Screenshots erinnerten eher an Grabschändung, doch seit dem vergangenen Herbst haben die Entwickler ordentlich zugelegt. Das Endergebnis kann sich sehen lassen: Sparkster grinst als Polygonfigur zwar nicht mehr ganz so putzig wie sein handgezeichnetes Gegenstück, davon abgesehen hat Konami aber den Charme der Vorgänger wunderbar eingefangen. Rocket Knight ist waschechte Plattform-Action alter Schule, mit viel Geballer, erfreulich knackigen Sprungsequenzen und zähen Kämpfen gegen dicke Bossmonster. Das Highlight des Spiels sind die Akrobatik-Einlagen in Kombination mit der flüssig flutschenden Steuerung: Es macht unheimlich viel Laune, Sparkster wie einen Flummi durch die Level zu schnipsen und nebenbei ein paar aufmüpfige Wölfe aufzuspießen. Die Flug-Levels sind nach wie vor eine willkommene Auflockerung. Schön, dass auf der HD-Glotze nun mehr Übersicht ins Spiel kommt als in den Vorgängern. Andererseits hätten sich die Entwickler ruhig ein paar frische Ideen einfallen lassen können. Die Tradition in allen Ehren, aber Rocket Knight will schließlich ein Nachfolger sein und kein bloßer Neuaufguss. Warum muss ich z.B. mit derart wenigen Attacken auskommen? Das wirkt alles andere als zeitgemäß - Megaman war schließlich schon in in den Achtzigern lernfähig. Trotzdem: Wer mal wieder nach Herzenslust in klassischen Stil hüpfen und ballern möchte, liegt bei Rocket Knight goldrichtig - und trotz einiger recht knackiger Passagen wird es auch nicht so frustig wie bei Capcoms blauem Maskottchen.

Pro

<P>
herrlich unkompliziertes Jump'n'Shoot
erinnert stark an den Vorgänger...
knackige Sprungsequenzen und Kämpfe
intuitive Steuerung
coole Dash-Akrobatik
abwechslungsreiche Kulissen
Flug-Abschnitte lockern die Action auf</P>

Kontra

<P>
Held lernt keine neuen Angriffe
...bietet aber kaum neue Ideen
kein Dauerfeuer im Luftkampf
nur rund vier Stunden Spielzeit</P>

Wertung

360

Rocket Knight transportiert den spaßigen Arcade-Mix aus 16-Bit-Tagen auf gelungene Weise in größere HD-Levels - etwas mehr frische Ideen hätten es aber ruhig sein dürfen.

PlayStation3

Rocket Knight transportiert den spaßigen Arcade-Mix aus 16-Bit-Tagen auf gelungene Weise in größere HD-Levels - etwas mehr frische Ideen hätten es aber ruhig sein dürfen.

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