Fist of the North Star: Ken's Rage26.11.2010, Mathias Oertel
Fist of the North Star: Ken's Rage

Im Test:

All zu häufig kommt es nicht vor, dass sich Koei auf Lizenzen stürzt. Bei der Umsetzung der in Fernost und Amerika populären Comicbuch-Serie Fist of the North Star scheint sich das Risiko allerdings gelohnt zu haben: Im Land der aufgehenden Sonne unterstützen bereits über eine halbe Million Spieler den Helden Ken auf seinem Rachefeldzug! Kann der Anime-Prügler auch außerhalb Japans zünden?

North Star Warriors

Als Spieler japanischer Massenprügler kennt man die Situation: Man steht einer unverhältnismäßig hohen Anzahl an Feinden gegenüber, die sich nicht nur das Aussehen, sondern auch die Intelligenz teilen, wenn sie auf einen zumarschieren und eigentlich nur darauf warten, dezimiert zu werden. Das kennt man aus Titeln wie Ninety Nine Nights, Sengoku Basara oder den Dynasty Warriors. Und das ist in Fist of the Northstar (FNS) nicht anders. Das Umfeld entspringt zwar den Manga-

Allein gegen allle: Der Manga-Prügler orientiert sich an Dynasty Warriors-Mechaniken, hat aber Defizite hinsichtlich der Dynamik.
Comics, die sich eine stattliche Fangemeinde sichern konnten und wie das Spiel auf eine gehörige Portion Gewalt setzen. Doch der Rest ist weitestgehend bekannt.

Der deutlichste Unterschied dürfte daher auf den ersten Blick in der Kulisse liegen. Die Hauptfiguren sind  detaillierter als bei den Krieger-Dynastien, die Gesichter feiner animiert und die Engine, die das staubige Endzeit-Szenario auf den Bildschirm zeichnet, insgesamt sauberer und nicht so fehleranfällig, was Pop-Ups etc. betrifft. Natürlich wird das durch die meist relativ engen Gassen und nicht allzu großen Areale begünstigt, in denen man sich mit den Feinden prügelt oder Zivilisten rettet - dennoch ist der Unterschied spürbar. Dann wiederum muss auch relativierend gesagt werden, dass die DW-Titel insgesamt nicht zu den Grafikbomben gehören. Dementsprechend schafft es FNS im Bestfall auch nur auf durchschnittliche Werte - die dann jedoch noch durch übermäßige Nutzung von Klongegnern und insgesamt verwaschenen Bodentexturen wieder auf den harten Boden der Realität geholt werden. Im Gegenzug gibt es zwar eine nicht zu knapp bemessene Ausschüttung an zinnoberroten Pixeln, wenn die Gegner getroffen oder von einer Spezialattacke in ihre Einzelteile zerlegt werden, bevor sie langsam von der Bildfläche verschwinden. Doch man hat sich an der gut zum Szenario passenden, vollkommen dem Comic entsprechenden und hanebüchen überzeichneten Gewaltdarstellung schnell sattgesehen, so dass auch dieses Stilmittel der Kulisse nicht zu neuem Glanz verhilft.

Auch inhaltlich hat sich einiges getan - allerdings nicht immer zum Positiven. Dabei ist nicht einmal die Reduzierung der Gegnerzahl, gegen die man maximal antreten muss, das größte Problem. Denn sie greifen tatsächlich nicht ganz so halbherzig an wie ihre Kollegen aus dem feudalen China. Dass man dabei dennoch zu selten gefordert wird und trotz allem mehr oder weniger ungehindert den KO-Zähler nach oben treiben kann, ist weniger schön.

Mangelnde Dynamik, ansprechender Umfang

Vor allem auch, weil man bei den Gefechten zu selten die Dynamik erreicht, die man mit Koeis Massenprüglern assoziiert oder die man auch vor kurzem bei Capcoms Sengoku Basara - Samurai Heroes spüren konnte. Die Kombos, die Ken und den anderen spielbaren Figuren zur Verfügung stehen, sind zwar mitunter spektakulär und zeigen verheerende Auswirkungen, wirken aber vergleichsweise behäbig und sind unter dem Strich nicht so elegant wie bei den Dynasty Warriors. Wieso sich ausgerechnet hier die größte negative Diskrepanz finden lässt, ist für mich schwer nachvollziehbar.

Denn mit dem Umfeld, der interessanten Story, dem relativ unverbrauchten Szenario sowie weiteren inhaltlichen Vorzügen, hätte man locker an der Konkurrenz aus eigenem Hause vorbei ziehen können. Nicht nur, dass innerhalb des sich anfänglich auf Ken fixierten Legenden-Modus neue Figuren freigeschaltet und gespielt werden können, damit man durch eine andere Erzählperspektive das Gesamtkonzept erfassen kann. Jede diese Figuren hat auch einen eigenen so genannten "Meridian", 

Wie in der Manga-Vorlage zeigt sich Fist of the Northstar wenig zimperlich.
auf dem man sich quasi wie auf einer Ultralight-Version des Final Fantasy X-Sphärenbretts fortbewegt, solange man ausreichend Aufstiegspunkte hat und damit Eigenschaftswerte verbessern oder gar neue Fähigkeiten freischalten kann.

Auch der von der Kampagne losgelöste so genannte "Traum-Modus" ist interessant und schafft endgültig den Schulterschluss zu den Dynasty Warriors. Denn hier geht es nicht nur darum, sich auf einem Schlachtfeld, das deutlich größer als die Kampagnen-Abschnitte ist, zum Boss durchzuprügeln. Man muss bzw. kann auch noch Posten einnehmen, um so z.B. Moral und Nachschub der Feinde einzudämmen. Zwar orientiert man sich hier mehr als in jedem anderen Bereich an den Fernost-Kriegern, ist ihnen aber hinsichtlich des Anspruches voraus. Denn während Feudalchina mehr oder weniger problemlos eingenommen werden kann, reagieren die Feinde in FNS sehr aggressiv auf Lager-Übernahmen und ehe man sich versieht, unternehmen sie einen Versuch, den Vorteil wieder für sich zu beanspruchen. Doch auch das kann nicht verhindern, dass hier wie da Eintönigkeit vorherrscht. Und daran können auch die brachiale gitarrenlastige Musikspur sowie die gute, wenngleich etwas zu sehr in die Klischee-Schublade greifende englische Sprachausgabe nichts mehr ändern.    

Fazit

Dass sich Koei bei der Umsetzung dieser hochrangigen Comic-Lizenz im Wesentlichen auf die Dynasty Warriors-Mechaniken verlässt, die vor allem in Fernost sehr beliebt sind, kann man ihnen nicht vorwerfen. Dass man es dabei aber nicht einmal schafft, die Dynamik zu replizieren, die nicht nur die Koei-Krieger, sondern auch die Konkurrenz wie Sengoku Basara kennzeichnet, ist bedenklich. Die Steuerung ist zu träge, die Kollisionsabfrage zu ungenau und die Auseinandersetzungen sind nur leidlich fordernd. Nicht einmal die explizite Gewaltdarstellung hat das Potenzial, die Kohlen aus dem Feuer zu holen, da man sich schnell an den wenigen Finishern sattgesehen hat. Man findet zwar hinter der staubigen Endzeit-Kulisse auch gelegentlich ein paar gute Ideen wie die Figuren-Entwicklung oder die sich an den Mangas orientierende Geschichte. Doch das reicht bei weitem nicht aus, um die mechanischen Unzulänglichkeiten zu kaschieren.

Pro

interessanter Endzeit-Prügler mit Comic-Lizenz
gelungene Figuren-Entwicklung
gut inszenierte Spezial-Angriffe
eingängige Steuerung

Kontra

träge Steuerung
eintöniges Dauerprügeln
Klongegner
wenig Herausforderung

Wertung

360

Träge Massenprügelei statt flotter Manga-Action: Kens Rachefeldzug scheitert vor allem an der mangelnden Dynamik.

PlayStation3

Die Verbindung aus Dynasty Warriors-Mechanik und Manga-Action geht leider nicht auf. Vor allem die Kampfdynamik hat Luft nach oben.

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