Puzzle Quest 226.07.2010, Benjamin Schmädig
Puzzle Quest 2

Im Test:

Puzzle Quest ist eine der sympathischsten Erfolgsgeschichten: Ein kleines Team entwickelt aus finanzieller Not heraus nur eine Art »Rollenspiel light« mit dem Kampfsystem eines Puzzlespiels. Die Mischung aus Warlords und Bejeweled wurde zum Straßenfeger - und eine halbe Armada ähnlicher Spiele sollte folgen. Doch nicht einmal der Quasi-Nachfolger Puzzle Quest: Galactrix erreichte die Klasse des Originals. Es wurde Zeit für die große Zwei. Es wurde Zeit, dass Infinite Interactive endlich nachlegt!

Faszination Knobelkampf

Wer Bejeweled mag, versteht auch die Faszination Puzzle Quest: Hier wie da müssen mindestens drei gleichfarbige Steine durch Verschieben eines einzigen nebeneinander gelegt werden - die Kombination verschwindet daraufhin und von oben fallen neue Steine ins Feld. Aber Puzzle Quest geht noch einen Schritt weiter, denn das Abräumen farbiger Steine füllt die gleichfarbige Manaleiste. Ist genug Mana vorhanden, darf man statt eines normalen Zuges einen Zauberspruch, der genau dieses Mana benötigt, auslösen. Ziel ist immerhin das Auslöschen der Lebenspunkte des Gegners!

So einfach die Regeln auch waren, so überwältigend war das Spiel. Denn es ging nicht nur um das schnelle Erfassen des Prinzips. Vielmehr wählte man in Puzzle Quest auch einen Charakter, der seine Fähigkeiten

Video. Spielszenen vom neuen Knobelkampf.mit Erfahrungspunkten aufwerten, eine Festung aufbauen, fremde Städte einnehmen, einen tierischen Begleiter einfangen sowie neue Ausrüstung schmieden konnte. In einer weitläufigen Fantasywelt zog man umher, um Etheria von Lord Bane zu befreien. Es war kein spielerischer Roman, aber ein Rollenspiel mit einem faszinierenden Kampfsystem!

Zeit für Helden!

Viel hat sich seitdem getan: Die Entwickler wandelten ihr Spielprinzip für z.B. Puzzle Kingdoms, Puzzle Chronicles oder Neopets ab, nutzten aber andere Knobeleien als Grundlage für die Taktikkämpfe. Doch nicht einmal im einzigen halbwegs offiziellen Nachfolger Puzzle Quest: Galactrix bauten sie den Anteil des Rollenspiels aus. Haben die berüchtigten Fokusgruppentests etwa ergeben, dass sich Fokusgruppenspieler nicht für diesen Aspekt interessieren? Für mich machte die umfangreiche Charakterentwicklung jedenfalls einen wichtigen Teil der Faszination aus und ich habe sie in den Ablegern stets schwer vermisst. Umso bedauerlicher, dass die Entwickler diesen Aspekt ausgerechnet in Puzzle Quest 2 (ab 55,99€ bei kaufen) empfindlich zurückfahren.

Wir befinden uns noch immer in Etheria, doch anstatt das gesamte Land zu bereisen, sind die Helden der Fortsetzung in einem wesentlich kleineren Gebiet unterwegs. Verloren heißt zunächst die einzige größere Stadt, die mit dem deutschen Wort im eigentlichen Sinne nichts zu tun hat. Ein uraltes Geheimnis dreht sich um Verloren und seit einiger Zeit verschwinden gar ganze Familien - Zeit für Helden! Wieder wählt man den Recken oder die Reckin aus vier Klassen:

Die einen Helden sind stärker im Umgang mit Magie, andere suchen ihren Vorteil im Vorstoß mit den neuen Waffen.
Attentäter, Barbar, Zauberer sowie Templar stehen zur Wahl und jede Typ Kämpfer verfügt über unterschiedliche Eigenschaften. Dabei gibt es wenige Überraschungen, wenn der Templar besonders gut verteidigt und der Zauberer vor allem Magie nutzt.

Überrascht war ich stattdessen vom eingeschränkten Bewegungsfeld, denn anstatt auf einer Übersichtskarte zu reisen, klicke ich mich diesmal zu den nördlichen, südlichen, östlichen oder westlichen Ausgängen des jeweiligen Bildschirms. Ein Schauplatz erstreckt sich über zahlreiche solcher Bildschirme, so dass der Fokus auf dem genauen Erforschen von Städten oder Höhlen liegt. Das tut dem Spiel richtig gut, denn in jedem Abschnitt gibt es viel zu tun: In Ortschaften geben mir Einwohner optionale Aufträge oder die Marschrichtung zum nächsten großen Ziel vor. In feindlichen Gebieten kann ich hingegen Schatzkisten öffnen, versperrte Türen eintreten oder eines der vielen lauernden Monster angreifen. Das meiste davon ist optional - wer der Geschichte folgt, kommt deshalb bedeutend schneller voran als penible Entdecker. Portale bringen mich in entfernte Gegenden, so dass Laufwege nicht ausufern.   

Mana Mana

Wenn ich schließlich einen Gegner anklicke, erscheint der »Bejeweled-Bildschirm«. Rechts und links davon sehe ich die Zaubersprüche meines Helden sowie die meines Feindes. Geknobelt wird abwechselnd, nur wer mindestens vier gleichfarbige Steine kombiniert oder entsprechende Zauber einsetzt, darf mehrmals ziehen. Anders als im Vorgänger gibt es allerdings kein Gold und keine Erfahrungspunkte mehr, mit denen ich meinen Geldbeutel aufbessern und die Charakterentwicklung vorantreiben könnte. Gut so! Denn damit stehen die Kampfhandlungen stärker im Vordergrund. Dafür gibt es jetzt fünf statt

Mana ermöglicht das Wirken von Zaubersprüchen - manche Zauber füllen das Mana dabei besonders schnell auf.
vier verschieden farbige Manasteine; hinzugekommen sind auch Symbole, mit denen ich meine Aktionspunkte erhöhe. Mit diesen aktiviere ich meinen Schwert oder mein Schild - ähnlich wie ich mit Mana Magie wirke.

Doch wofür gibt es Aktionspunkte, wenn sie im Grunde wie Zaubersprüche funktionieren? Zum einen kann ich die Ausrüstung bei Schmieden gegen eine Gebühr verbessern. Zum anderen sind verschiedene Widersacher gegen unterschiedliche Attacken anfällig - die einen schütteln Axthiebe einfach ab, die anderen sind gegen Magie resistent. Nach dem gleichen Prinzip entwickele ich immerhin meinen eigenen Helden: Das Aufwerten einer meiner Fähigkeiten beim Stufenaufstieg verbessert nämlich nicht nur Verteidigungs- oder Angriffswerte bestimmter Attacken (Magie oder Waffe), sondern erhöht auch den Maximalwert des damit verbundenen Manatyps und gibt mir zu Beginn des Kampfes einen Bonus entsprechender Manapunkte. Und so ist es erneut die taktische Tiefe, die die Knobelkämpfe so fesselnd macht. Soll ich Totenschädel für einen unmittelbaren Angriff aneinanderreihen, soll ich auf eine bestimmte Manafarbe »sparen«, einen Zauberspruch einsetzen, Aktionspunkte sammeln oder gar einen gefährlichen Zauberspruch des Feindes blockieren, indem ich ihm ein Dreierreihe vor der Nase wegschnappe, die ich eigentlich gar nicht benötige?

Im Gegenzug gibt sich die Entwicklung des Helden sehr nüchtern. Beim Waffenhändler genügt z.B. ein Klick auf die gewünschte Waffe und schon richtet sie mehr Schaden an. Voraussetzung ist, dass sich genug Geld im Rucksack befindet, in dem man übrigens schlecht wühlen kann, weil man nicht mit Schultertasten durch die Kategorien von Gegenständen schalten darf. Auf dem Point&Drück-DS spielt das natürlich keine Rolle. Abgesehen von den Händlern fällt den Entwicklern diesmal leider nichts weiter ein:

Anders als im Vorgänger knobelt es sich auf dem DS ebenso leicht wie mit dem Gamepad.
Weder trainiere ich im zweiten Teil mein Reittier noch darf ich Städte einnehmen, Gegenstände schmieden oder meine heimatliche Zitadelle ausbauen. Dass ich unterwegs in Schatztruhen nach Geld und Ausrüstung wühlen kann, ist schon das höchste der Gefühle. War Puzzle Quest ein vergleichsweise umfangreiches Rollenspiel, ist sein Nachfolger nur noch ein flottes Action-Rollenspiel: dank seines Spielprinzips ungemein motivierend - ohne auch nur im Ansatz darüber hinaus zu gehen.

Immer anders - immer gleich

Immerhin führt Puzzle Quest 2 die Tradition des abgewandelten Kampfsystems fort, da man für verschiedene Aufgaben andere Puzzle lösen muss. Zum Entschärfen von Fallen muss etwa eine vorgegebene Anzahl bestimmter Steine kombiniert werden, zum Eintreten von Türen ergibt das Zusammenlegen gleicher Steine Türsymbole, die anschließend ebenfalls kombiniert werden müssen. Beim dem häufigen Wühlen in Schatztruhen ergeben unterschiedliche Symbole hingegen zwei verschiedene Arten von Schatzkisten, während das Spielfeld nach jedem zweiten Zug um eine Reihe verkleinert wird. Will man versteckte Gegenstände aufspüren, zählt wiederum der Ort des Spielfelds, an dem man Steine abräumt und manchmal blockieren sogar im normalen Duell feste Steine das Feld und damit den Handlungsspielraum. Die Varianten sind nach wie vor eine willkommene Abwechslung; spätestens vom offiziellen Nachfolger hätte ich mir allerdings mehr erhofft. Wie wäre es z.B. damit, dass ich mit einem Feind um die Wette nach einer vorgegebenen Kombination suche - wer sie zuerst findet, erhält die Punkte fürs Abräumen. Und wieso gibt es nicht wenigstens für Experten vertrackte Puzzles, die sich über mehrere Bildschirme erstrecken?

Immerhin führt Infinite Interactive eine interessante Idee im Mehrspieler-Duell ein, denn im Turniermodus treten auf jeder Seite nacheinander vier verschiedene Monster gegeneinander an - ist eines besiegt, tritt das nächste in den Ring, ohne dass sich die Gesundheit des Gegners erholen könnte. Schade, dass es das unterhaltsame »Rumble« nur auf Xbox 360 gibt und auch dort ausschließlich offline. Dafür dürfen sich Konsolentüftler per Internet um Ranglistenplätze oder nur zum Spaß miteinander messen. Im Gegenzug können sie jeweils ihren eigenen Charakter oder eine flink ausgesuchte Figur wählen. Handheld-Recken tragen die Duelle ausschließlich über die lokale W-LAN-Verbindung aus.  

Fazit

Puzzle Quest ist noch immer der König unter den Knobelkämpfen! Nach einem halben Dutzend ähnlicher Spiele vom gleichen Entwickler beweist die Fortsetzung, dass das zur Kampfmechanik umfunktionierte Bejeweled einfach am besten funktioniert. Das Prinzip ist schnell erfasst und bietet eine enorme taktische Tiefe. Mehrere Variationen sorgen für Abwechslung und beim Sammeln von Geld und Erfahrungspunkten springt sofort der »Nur noch eine Runde!«-Reflex an - als Action-Rollenspiel mit einzigartigem Kampfsystem ist Puzzle Quest 2 kaum zu schlagen! Es gefällt mir aber ganz und gar nicht, dass sich bei allen Nachahmern desselben Entwicklers alles nur ums Knobeln und so wenig ums Rollenspiel dreht. Anstatt ein ungewöhnliches Fantasy-Abenteuer zu erleben, klappere ich deshalb einen Kampf nach dem nächsten ab - so spannend das auch heute noch ist, so austauschbar wirkt es inzwischen. Deshalb und wegen der Ranglistenspiele bleibe ich auch diesmal dabei. Geht die Entwicklung so weiter, könnte Puzzle Quest 2 aber der letzte Stern am martialischen Knobelhimmel sein.

Pro

fesselnde Mischung aus Bejeweled und Taktikkampf
unterschiedliche Spielvarianten für kleine Aufgaben...
Charakterentwicklung über Erfahrungspunkte
Waffen/Schilde als Ergänzung zu Zaubersprüchen
Aufwerten/Kauf von Waffen und Ausrüstung
etliche optionale Kämpfe / zahlreiche Nebenaufgaben
Schnellreise kürzt Laufwege ab
Onlinespiele wahlweise um Ranglistenpunkte (360)
Turniermodus vor einer Konsole (360)

Kontra

bedeutend weniger Rollenspielinhalte als Vorgänger- ... die insgesamt mehr Abwechslung bieten könnten
trockene Textfenster / Geschichte spielt keine Rolle
unhandliche Rucksack-Verwaltung (360)
kein Turniermodus (DS)

Wertung

360

Weniger Rollenspiel und wenig neue Ideen: Spätestens mit Puzzle Quest 2 zeigt sich, wie sehr der Knobelkampf auf der Stelle tritt.

NDS

Die DS-Version spielt sich besser als der Vorgänger, leidet aber unter dem gleichen Ideenmangel wie die 360-Fassung.

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