Test: Lionheart: Kings' Crusade (Taktik & Strategie)

von Bodo Naser



Lionheart: Kings' Crusade
Entwickler:
Release:
08.10.2010
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Nach King Arthur wünschte man sich, das nächste Spiel von Neocore Games möge sich an diesem atmosphärischen Strategie-Mix orientieren. Jetzt ist Lionheart: King's Crusade bei Paradox erschienen, das wiederum eine legendären mittelalterlichen Herrscher zum Thema hat - Richard Löwenherz. Kann es sich trotz ähnlicher Thematik vom verkorksten Vorvorgänger Crusaders lösen?



Königreich des Untergangs

Der erste Kreuzzug hatte zur Folge, dass Jerusalem schließlich von den Kreuzrittern blutig eingenommen wurde.
Wer Löwenherz sein möchte, sollte auch Belagerungen mögen. Allerdings halten die Mauern weniger aus als gedacht - Breschen sind viel zu schnell geschlagen.
Doch dieses christliche Königreich geriet immer mehr in Gefahr und nach der Rückeroberung der Heiligen Stadt durch Saladin 1187 drohte ihm die Auslöschung. Um das zu verhindern, wurde ab 1189 ein dritter Kreuzzug initiiert, den der Deutsche Friedrich Barbarossa, Phillip II. von Frankreich und Richard Löwenherz von England gemeinsam anführten. Nach dem plötzlichen Tod des staufischen Kaisers übernahm Richard I. die Leitung, der auf dem Seeweg ins Heilige Land zog. Nach der handstreichartigen Einnahme Zyperns wandte sich der Normanne der Belagerung Akkons zu, die bereits Jahre dauerte. Im Juli 1191 fiel die Hafenstadt in die Hände der Kreuzfahrer, was mit einem Blutbad an muslimischen Gefangenen endete.

Genau diese Belagerung kann man in Lionheart zuerst nachspielen, wenn man sich für die Kampagne der Kreuzfahrer entscheidet. Allerdings läuft das Ganze etwas anders ab als in der Realität, denn man kann im Spiel natürlich nicht monatelang belagern, da das zu langweilig wäre. Also landet man flugs an der Küste, kämpft sich durchs hügelige Hinterland und beschießt die Stadt. Dann stürmt man rein, tötet alle sarazenischen Besatzer und besetzt den Marktplatz wie man das von Spielen à la Total War kennt. Allerdings halten die Mauern Akkons weniger aus, als die jahrelange Umklammerung vermuten ließe, denn sie fallen schon kurz nach dem ersten Beschuss zusammen. Hier hätte man sich doch mehr Realismus erwartet, denn so hätte man sich das Belagern auch sparen und immer gleich zum Sturm übergehen können.

Löwenherz vor Jerusalem

Und fiktiv geht's weiter, denn es folgt gleich die nächste Belagerung - dieses Mal Jerusalems.
Löwenherz wäre sicher erfreut: Das Spiel meint es nämlich gut mit den Kreuzrittern, denn sie dürfen noch einmal Jerusalem einnehmen.  
Richard Löwenherz war das leider nie vergönnt, denn in der Realität schloss er zuvor einen Waffenstillstand mit dem Lieblingsfeind Saladin. Der König hatte es eilig, denn er musste zurück nach England, um sich dem Machtkampf mit seinem aufmüpfigen Bruder Johann zu widmen, wofür er im Herbst 1192 unerkannt durch Europa reiste. Doch in Österreich wurde er erkannt und festgesetzt, was aber eine andere Geschichte ist. Jedenfalls tut das Spiel so, als ginge es nach dem Fall Akkons mit dem Einsacken munter weiter. Man muss der Reihe nach alle Länder im Nahen Osten erobern, was vorgegeben ist, da man die Reihenfolge zunächst nicht wählen darf. Nur die Ungläubigen dürfen von Anfang an das nächste anzugreifende Land wählen - die Christen müssen drei Missionen warten, bis sie die heiligen Stätten haben.

Obgleich die heilige Stadt eine Ecke größer aussieht als Akkon, läuft die Eroberung ziemlich ähnlich. Wieder muss man ein paar Ziele hintereinander einnehmen, um weiter zu kommen. Man beschießt die Festung mit Katapulten, vernichtet die Besatzung und nimmt alle mit einer Flagge gekennzeichneten Ziele ein. Anders als vor Akkon kann man die Schlacht aber einer anderen Partei widmen, indem man sich für deren Plan entscheidet. So stammte die Belagerungsidee von Akkon vom Papst, der dafür die Priester aufwertet, die man rekrutieren kann. Vor Jerusalem haben alle abendländischen Fraktionen ihre Taktik vorgeschlagen: Franzosen, Deutsche, Tempelritter und Papst. Je nachdem unterscheidet sich das zu befreiende Endziel, das eine Kirche sein kann, ein Pilgerhaus aber auch ein Ordenssitz; ansonsten bleibt die Taktik aber oft gleich.

Recht oberflächliche Schlachten

Die Kämpfe laufen ganz ähnlich wie bei Crusaders vom selben Studio ab,
Wenn man mal nix belagert, kann man schon zufrieden sein. Ab und an darf man sogar mal eine Furt gegen eine Übermacht verteidigen.
da man immer eine kleine eingespielte Truppe befiehlt, die sich gegen eine feindliche Übermacht bewähren muss. Jede zeitgenössische Einheit hat spezielle Fähigkeiten, aber auch Schwächen: so sind Speerkämpfer gegen Reiter gut, tun sich aber im unwegsamen Gelände schwer. Die gepanzerten Ritter, Schwertkämpfer und Richard Löwenherz, der mitkämpft, sind Dreh und Angelpunkt des Gefechts, da sie zwar wenige Kämpfer, aber eben auch (fast) unbesiegbar sind. Neben Angriffen befiehlt man auch mal die Verteidigung einer Furt gegen einen Feind, der mit unendlichem Nachschub anrückt. Leider fehlt bisweilen die Übersicht, da man einige Truppen gar nicht sieht, die direkt unterm Startpunkt liegen - man muss erst umständlich rausschwenken.

Das Ganze erinnert entfernt an Medieval 2: Total War, ohne aber dessen Spieltiefe zu erreichen. Zwar motiviert auch hier der Anführer seine Truppen, aber das ist dann auch schon alles, was er neben seiner Kampfkraft draufhat. So sind geschlagene Truppen einfach plötzlich weg, als hätte sie der Wüstenboden verschluckt - ohne dass man sie wieder sammeln könnte. Das ganze System des Kampfes ist viel statischer als bei der Konkurrenz von Creative Assembly, da es auch egal ist, von welcher Seite man angreift. Eine Gruppe Ritter, deren Formation man immerhin wie beim großen Vorbild auf Keil einstellen kann, ist also von hinten genau so wirksam wie von vorne, wenn sie auf die Soldaten prallt. Schlachtentscheidend ist allein die Moral - wenn die flöten geht, löst sich die Einheit auf.

                   

Kommentare

mootality schrieb am
schade, hätte mir da mehr erhofft. :(
schrieb am