Willkommen in der Zwickmühle
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Dubai ist auch nicht mehr das, was es mal war...
Es sind Momente wie diese, die Spec Ops: The Line auszeichnen und von anderen Shootern abheben. Da ist ein Familienvater, der aus Verzweiflung Wasser gestohlen hat - ein Kapitalverbrechen im Dubai der nahen Zukunft, das nach einer Serie von verheerenden Sandstürmen nahezu zerstört ist und von dem verschollenen Colonel Konrad und seiner 33. Infanterie eigentlich evakuiert werden sollte. Neben ihm hängt der Soldat, ebenfalls an den Händen gefesselt und mit einem Knebel im Mund. Sein Vergehen: Er hat den Zivilisten bei seinem Diebstahl erwischt und als Strafe seine gesamte Familie eiskalt hingerichtet. Jetzt blüht ihm ein ähnliches Schicksal. Oder gibt es vielleicht doch einen anderen Ausweg?
Verschiedene Lösungsansätze
Manche Bilder und Szenen sind heftig und berühren selbst die harten Deltas.
Ich versuche zuerst, mich um die Entscheidung zu drücken und gehe einfach weiter. Nach wenigen Schritten zerfetzt ein lauter Schuss die angespannte Stille. Lieutenant Adams, einer meiner beiden Begleiter, sackt zusammen. Eile ich ihm zu Hilfe oder gebe Seargent Lugo die Anweisung, ihn zu verarzten, eröffnen die Scharfschützen umgehend das Feuer. Okay, so geht es wohl nicht. Neuer Versuch. Ich nehme es dieses Mal direkt mit den Snipern auf und gebe meinen beiden Mitstreitern dank des rudimentären Befehlssystems die Anweisung, mich bei meinem Plan zu unterstützen. Wir sind als Team erfolgreich und schalten alle Schützen aus - aber leider erst, nachdem sie beide Geiseln hingerichtet haben. Verdammt. Kann ich noch einen anderen Versuch wagen? Nein! Trifft man eine Entscheidung, muss man mit ihr leben, da das Spiel unmittelbar danach automatisch speichert. Im Nachhinein kann man gemeisterte der insgesamt 15 Kapitel erneut in Angriff nehmen und nach alternativen Lösungswegen suchen. Ich hätte z.B. einfach die Seile durchschießen und den beiden so vielleicht zur Flucht verhelfen können, falls ich es auch noch schaffen würde, anschließend die Scharfschützen in Schach zu halten. Oder ich könnte in den sauren Apfel beißen und tatsächlich einen der beiden mit einem flauen Gefühl im Magen gnadenlos abknallen.
Ein echtes Dilemma
Leider bilden solche Momente die Ausnahme in der etwas kurz geratenen Kampagne, die kaum mehr Spielzeit bietet als ein Call of Duty, aber durch die Entscheidungen immerhin einen gewissen Wiederspielwert verspricht. Hinzu kommt, dass sie keinen entscheidenden Einfluss auf den Spielverlauf haben, der von den deutschen Yager-Entwicklern streng linear angelegt wurde. Zwar muss man sich je nach getroffener Wahl den einen oder anderen Spruch und auch Kritik seiner Kameraden anhören, doch eine alternative Geschichte ergibt sich daraus leider nicht. Erst ganz am Ende haben die letzten Entscheidungen echte Konsequenzen, die den Ausgang des Kriegsdramas bestimmen.
Manche Gegner brechen auch unverhofft durch die Decke.
Insgesamt will Yager den Konflikt in das Innere des Spielers verlagern, sein Gewissen. Und das gelingt ihnen in den wenigen Momenten auch außerordentlich gut. Selten zuvor hatte ich in einem Shooter das Gefühl, mich in einem echten Dilemma zu befinden und dabei sogar manchmal über meine Handlungen zu reflektieren. Stellenweise schafft Spec Ops eine grandiose Atmosphäre, wenn ich z.B. beim Summen der Fliegen durch ein Massengrab gehe und sich an beiden Seiten des Weges die Leichen stapeln. Oder aber, wenn ich eine Straße passiere, bei der alle paar Meter aufgeknüpfte und schon halb verfaulte Soldaten von Laternenmasten baumeln. In der Inszenierung ist Yager schonungslos und zeigt eindrucksvoll die hässliche Fratze des Krieges - so auch in perversen Folterungsszenen oder wenn sich brennende Opfer nach einem Phosphor-Angriff noch ein paar Meter weiter schleppen und kurz danach verkohlt oder verstümmelt krepieren. Im Gegensatz zu vielen anderen Shootern wird die Gewalt in diesen Momenten nicht eingesetzt, um Gore-Freunde mit Blutfontänen zu begeistern. Nein, die Entwickler wollen mit der drastischen Darstellung schockieren - und es funktioniert hier sehr viel besser als in einer gewissen Flughafen-Szene, weil sich diese Momente hier homogener ins Gesamtbild einfügen!