Im Test: Später Konsolenauftritt der Online-Action
Spannendes Neuland mit Technikproblemen
Als Tera etwa Mitte 2012 am PC an den Start ging, war mein Interesse gering. U.a. auch, weil ich zu dem Zeitpunkt bereits die Beta zu Guild Wars 2 spielte und auch noch in Star Wars: The Old Republic viel Zeit investierte. Daneben brauchte ich kein anderes Online-Rollenspiel. Selbst wenn das interessante Kampfsystem mit seinem erfrischenden Actionfokus sowie dem Ausweichen in Echtzeit einem Darksiders deutlich näher war als einem World of WarCraft. Mittlerweile ist die Zeit, die ich in Online-Rollenspiele investieren kann, nicht größer geworden. Und auf Konsolen buhlt ein breites Spektrum an gratis spielbaren Vertretern ebenfalls um die Gunst: Star Trek Online, Neverwinter, Skyforge, DC Universe Online und selbst Path of Exile als weitgehend klassischer Hack&Slay-Vertreter zeigen sich als harte Konkurrenz zu Tera. Dennoch war ich neugierig und habe der Fantasy-Welt einen Besuch abgestattet. Dass mich dieser länger als erwartet fasziniert hat und auch sehr wahrscheinlich dazu führen wird, hier immer mal wieder Station zu machen, ist einigen unerwarteten Stärken zuzuschreiben.
Fast wie Devil May Cry
Gibt man Tera jedoch trotz dieser Defizite eine Chance, könnte es passieren, dass man irgendwann die technischen Mankos stillschweigend akzeptiert und unerwartet viele Stunden in das gratis spielbare Abenteuer versenkt. Denn auch sechs Jahre nach seinem Original-Release zeigt Tera einige Facetten, die einen fesseln können und die es in anderen Onlinern nicht gibt. Allen voran das Kampfsystem, das ich für den Test mit vier Figuren unterschiedlicher Ausrichtung (Zauberer, Berserker, Mystiker, Bogenschütze) auf die Probe gestellt habe. Zehn Professionen stehen zur Auswahl, bei denen einige auch vom gewählten Volk abhängig sind. Für Kenner der PC-Version dürfte von Interesse sein, dass es gegenwärtig noch keine Ninja-, Valkyren- oder Gunner-Klassen gibt. Diese sollen im Laufe der Zeit nachgereicht werden. Sprich: Die Fassung für den PC ist nicht nur technisch, sondern auch inhaltlich denen für Konsolen voraus. Im Gegensatz zu klassischen Online-Rollenspielen,
Mit dem roten Einzugsbereich ihrer Angriffe bekommt man zudem visuelle Hinweise, ob man mit ihrer nächsten Attacke in Gefahr ist oder nicht, so dass man entweder seine Position verändern oder einen Ausweichversuch unternehmen kann. Bei allen Figuren, die ich teils bis Stufe 47, aber mindestens bis 25 gespielt habe, ließ sich feststellen, dass sie angenehm unterschiedliche Herangehensweisen erfordern. Dass sich der Bogenschütze dabei mit seinen mächtigen Fernangriffen besser für Solospieler eignet als z.B. der Mystiker, der eher früher als später auf beschwörte Vasallen als Kämpfer angewiesen ist, fällt ebenfalls auf. Dabei ist generell ab Stufe 20 der PvE-Kampf (Player vs. Environment, also gegen KI-Gegner in der Umgebung) in einer Gruppe ratsam. Nicht nur, weil die Gegner ab hier deutlich an Durchschlagskraft und Länge der Lebensleiste zulegen. Sondern auch, weil in einer Gruppe ein Erfahrungsbonus gewährt wird und bestimmte Fähigkeiten in einem Team effektiver werden. Doch auch wenn es etwas schwerer wird, brauchen Solisten nicht die Flinte ins Korn werfen. Dank eines hauptsächlich über die üppig vorhandenen Missionen angetriebenen Charakterfortschritts, der zumindest bis zur späten Mittelphase auch über tägliche Herausforderungen und der Option auf passable PvP-Gefechte den Grind minimiert, kommt man gut voran.
Gleichförmiger Spaß
Dabei wurde die üppig belegte Steuerung durchaus ordentlich aufs Pad gebracht. Naturgemäß sind die Chat-Eingaben über eine virtuelle Tastatur in hektischen Situationen problematisch. Doch die Kampfaktionen lassen sich akkurat und schnell auslösen sowie unkompliziert zu Kombos zusammenfügen. Auch die übrigen Funktionen und Menüs wurden sauber an die Konsole angepasst, wobei es in manchen Momenten wie z.B. beim Betrachten der Karte zu merkwürdigen Verzögerungen beim Durchschalten kommt. Schade ist allerdings, dass der Story-Fortschritt für alle Figuren gleich ist. Obwohl die meisten Genre-Vertreter von World of WarCraft über The Old Republic oder The Elder Scrolls Online bis hin zu Guild Wars 2 an irgendeiner Stelle (meist schon in der Anfangsphase) unterschiedliche Inhalte je nach Herkunft oder Klasse der Figur anbieten, zeigt sich Tera in dieser Hinsicht extrem bieder.
Wo kommt das Geld her?
Dass ich nicht noch mehr Figuren ausprobiert habe, liegt in erster Linie an den Restriktionen, die Tera als Free-to-play-Titel mitbringt. Dazu gehört z.B., dass sich pro Server nur zwei Figuren anlegen lassen. Ein weiterer Charakterplatz kostet 495 EMP. Dies ist die Premium-Währung von Tera, die man im PlayStation- bzw. Xbox-Store für Echtgeld ersteht. Die angebotenen Pakete reichen von 1000 EMP für 9,99 Euro bis zu 12.000 EMP für 99,99 Euro. Sprich: Eine zusätzliche Figur schlägt mit knapp fünf Euro zu Buche. Weitere Annehmlichkeiten oder Boni, die man sich für EMP anschaffen kann, sind Erweiterungen für das Bank-Inventar (495 EMP), ein nachträgliches Ändern von Name oder Aussehen (995 EMP). Selbst ein Wechsel des Volkes (2495 EMP) ist möglich. Zusätzlich kann man sich im üppig gefüllten EMP-Shop auch Pets kaufen, Kassettenschlüssel zum Öffnen
Diese beinhalten je nach Preisstufe nicht nur EMP, sondern können auch bereits Bank- und Charaktererweiterungen freischalten oder temporär einen Elite-Status verleihen, der einem u.a. einem Boost auf Erfahrung und Gold gewährt. Auch wenn der Erfahrungs-Boost grenzwertig ist, fallen dennoch die meisten Artikel, die man für EMP (bzw. Echtgeld) erwerben kann, in den Bereich "Pay-to-shortcut", sind also Zeitverkürzer. Doch man wird von der Story angenehm sowie ohne großen Aufwand oder das Bedürfnis, sich Abkürzungen zulegen müssen, durch die Welt von Tera geschleust. Einzig der eher eingeschränkte Lagerplatz sowie die Truhenschlüssel locken mich zu einer Transaktion. Dies könnte allerdings im Endgame mit seiner deutlich wertigeren Beute relevanter werden. Da der Weg dorthin jedoch nicht allzu schwer gemacht wird und man ausgehend von der aktuellen PC-Version auch hier eher nur durchschnittlich "grinden" muss, zeigt sich Tera unter dem Strich trotz altersbedingter Schwächen als durchaus kompetenter sowie unterhaltsamer Konkurrent zu Neverwinter, Star Trek Online & Co.
Fazit
Da Tera am PC komplett an mir vorbei ging, war ich gespannt, wie sich die Konsolen-Version des Free-to-play-Rollenspiels präsentiert. Und ich muss sagen, dass ich nach einer längeren Online-Rollenspiel-Pause durchaus Gefallen an den action-orientierten Kämpfen finden konnte, deren Kontrolle passabel auf das bis zum letzten Knopf belegte Pad gelegt wurde. Inhalte sind ebenfalls mehr als genug vorhanden, so dass man relativ unkompliziert schnelle Erfolgserlebnisse (sprich: Levelaufstiege) feiert und auch gerne neue Klassen ausprobiert. In zwei Bereichen spürt man allerdings das für ein Videospiel verhältnismäßig hohe Alter: Zum einen zeigt sich die zumeist stimmungsvolle, von Unreal angetriebene Kulisse technisch nicht auf der Höhe und fällt weniger durch ihre Details, sondern eher durch Unzulänglichkeiten wie Pop-ups, Tearing und vor allem Bildrateneinbrüche auf. Und zum anderen ist die Inszenierung der ohnehin mageren Geschichte deutlich schwächer als bei anderen Genre-Vertretern, die seit Teras Erstveröffentlichung erschienen sind – was sich auch im eintönigen Missionsdesign zeigt. Dennoch kommt man vor allem dank der eingängigen und mitunter effektvoll in Szene gesetzten Auseinandersetzungen in einen angenehmen Spielfluss. Zumindest bis man an die Bezahlmauern der Premium-Inhalte gelangt, die sich mechanisch in erster Linie nur als Zeitverkürzer präsentieren, aber sich auch auf neue Charakterplätze, ein größeres Bankinventar und die für Schatztruhen nötigen Schlüssel auswirken. Man kommt allerdings auch ohne Echtgeldeinsatz gut voran, was auch dadurch begünstigt wird, dass man z.B. nur geringe Einflussmöglichkeiten innerhalb des Klassenfortschritts hat. Unter dem Strich ein netter Zeitvertreib.
Pro
Kontra
Wertung
XboxOne
Solides Online-Rollenspiel mit einem interessanten actionorientierten Kampfsystem, aber auch einigen technischen sowie erzählerischen Schwächen.
PlayStation4
Solides Online-Rollenspiel mit einem interessanten actionorientierten Kampfsystem, aber auch einigen technischen sowie erzählerischen Schwächen.
Echtgeldtransaktionen
Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?
- Es gibt Käufe für Fähigkeiten, Karten, Figuren, Waffen, Geld, XP oder Spielmodi.
- Man kann die Spielzeit über Käufe verkürzen, Pay-to-Shortcut.
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