Im Test:
Qualmende Schönheit
Was die Designer hier aus dem Hut zaubern ist schlichtweg atemberaubend - vor allem für einen klassischen Horizontal-Shooter. Mit meiner kleinen knatternden Propellermaschine kämpfe ich z.B. gegen rostige Riesenkanonen, eine gigantische Metall-Libelle und einen noch größeren Tagebau-Roboter. An Letzterem muss ich mich minutenlang empor kämpfen, bis ich endlich den von multiplen Kanonen und dicken Lasern geschützten Kopf erreiche. Bevor die letzte Runde des Kampfes startet, lasse ich den Blick über das vom Bergwerk zerfurchte Panorama gleiten – was für ein Ausblick! Die kleinen Hügel und all die Technik-Kolosse dazwischen wirken beinahe wie gemalt, trotzdem bin ich in einer Welt aus Polygonen unterwegs. Viele Kameraschwenks bringen Leben in die klassische 2D-Action.
Im Story-Modus schlüpfe ich in die Rolle unterschiedlicher Piloten. Sie gehören einem kleinen Rebellen-Grüppchen an, welches sich durch eine fliegende Festung kämpft. Hinter der geschmuggelten Kriegsmaschinerie hält sich der galaktische Serienkiller Ronotra Koss verschanzt, der ein Mädchen entführt hat und ein komplettes Volk mit seine Waffen bedroht. Die Geschichte wird in schlicht präsentierten Texten erzählt. Ein vom Krieg gezeichneter Büffel will sich z.B. am Tod seines Sohnes rächen und auch die Beweggründe seiner Mitstreiter werden beleuchtet.
Ewiger Krieg
Der geschichtliche Hintergrund harmoniert schon besser mit dem, was sich auf dem Bildschirm abspielt: Das Volk der Enkies nutzt die Zeitreise-Technik für einen “Ewigen Krieg“ und spult bei Bedarf einfach die Zeit zurück. Auch ich kann die Zeit manipulieren: Per Tastendruck starte ich eine Bullet-Time und tauche elegant zwischen dem leuchtenden Inferno hindurch. Allzu lange darf ich das Matrix-Spielchen aber nicht durchziehen. Erstens ist nach einigen Sekunden die dazugehörige Energie-Leiste geleert, zweitens läuft die Countdown-Anzeige am oberen Bildrand während der Zeitlupe in normaler Geschwindigkeit weiter. Wenn ich mich z.B. zu lange mit den hartnäckigen Kanonen eines Luftschiffs aufhalte, schaffe ich es nicht mehr rechtzeitig zum Boss.
Cleveres Zeit-System
Trotz der neuen Zeitmechanik ist also auch eine große Portion klassisches Auswendiglernen nötig, wodurch der Kampf gegen Standard-Gegner mitunter etwas altbacken wirkt. Immerhin darf ich mich ab und zu für unterschiedlich schwere Abzweigungen entscheiden. Rund drei Stunden dauert die Kampagne; je nach Können auch deutlich mehr oder weniger. Auf dem höheren Schwierigkeitsgrad wartet außerdem ein zweiter Handlungsstrang darauf, entdeckt zu werden. Im Arcade-Modus und den Highscore-Varianten für einzelne Levels wird es noch happiger. Dort stehen lediglich die Schwierigkeitsstufen Hard und Insane zur Wahl – und die machen ihren Namen alle Ehre. Obwohl sich die Punktejagd an Profis richtet, wurden die kargen Menüs nur bedingt professionell gestaltet: Die Ergebnisse seiner Freunde sieht man z.B. nur in den Bestenlisten statt direkt vor oder nach einem Level. Auch die Feinheiten der Spielmechanik werden während der Kampagne nur unzureichend erklärt, lassen sich aber in der Anleitung im Optionsmenü nachlesen. Löblich ist, dass es für jedes wählbare Flugzeug eine Detailansicht gibt, auf der seine Hit-Zone (also der für Treffer empfindliche Kern) angezeigt wird.
Ketten-Chaos
Wer sich clever anstellt, kann hohe Kombos aufstellen, z.B. indem er lange überlebt, ohne Zeitlupe auskommt oder keine Punkte-Symbole verpasst. Auch die Waffe lässt sich langsam aufmotzen. In der normalen Kampagne musste ich je nach Level leider mit einem vorgegebenen Flieger leben. Im Arcade-Modus darf aber mit freigeschalteten Flugzeugen, Charakteren und den dazugehörigen Extrawaffen herumexperimentiert werden.
Kaum Änderungen für den PC
In der PC-Umsetzung hat sich kaum etwas verändert: Die ohnehin wunderschönen Panoramen sehen auf der höchsten Grafikeinstellung noch eine Deut schärfer und detaillierter aus. Auf einem System mit einem Intel Core i7 950 und einer GeForce 480 GTX wuseln Schiffe und Explosionen flüssig über den Schirm, für schwächere Rechner gibt es eine Hand voll gemäßigter Grafikeinstellungen. Wer keinen Xbox 360-Controller besitzt, kann mit der Maus steuern, was sich aber auch bei erhöhter Empfindlichkeit träger und nicht so präzise anfühlt. Eine Tastatur-Konfiguration wird ebenfalls unterstützt.
Fazit
Respekt an Grasshopper und Digital Reality: Ich hätte nicht gedacht, dass jemand einen derart hübschen Horizontal-Shooter auf die Beine stellt. Die abwechslungsreichen Luftschiffe, rauchenden Metallstädte und weiten Naturpanoramen sehen auf dem PC sogar noch etwas beeindruckender aus und sind unheimlich stilsicher gestaltet. Das clevere Zeit-System bringt viel Dynamik ins klassische Genre und auch die Kämpfe gegen gigantische Bosse haben mich gut ins Schwitzen gebracht. Bei der Punktejagd bleibt mir das Spiel aber zu konservativ auf Profis ausgerichtet: Wenn ich nicht stoisch auswendig lerne, wann wo welches Flugzeug auftaucht, ist im Handumdrehen der Countdown verstrichen. Warum gibt es keinen mittleren Schwierigkeitsgrad wie z.B. in Super Stardust HD? Auch die schlichte Präsentation, die übertrieben theatralischen Texte und der ruhige Soundtrack passen nicht so recht zum blitzschnellen Kampf um Zehntelsekunden. Doch unterm Strich bietet Sine Mora einen spannenden Ausflug in eine bezaubernde Kugelhölle.
Pro
Kontra
Wertung
PC
Wunderhübsch designtes Shoot 'em up mit cleverem Mix aus Zeitlupe und Energiesystem.
Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.