Im Test:
Fast wie früher
Tut das gut: Schon nach ein paar Minuten merke ich, wie sehr mir das klassische Jump-n-Run in dritter Dimension gefehlt hat. Während horizontale Plattformer geradezu aus dem Boden sprießen, liegt das Genre hüpflastiger Action-Adventures weitgehend brach. Der Notstand scheint auch die kalifornischen Entwickler bei Sanzaru Games (Ninja Reflex, Secret Agent Clank) gestört zu haben: Nach ihrer Neuauflage der Sly-Trilogie haben sie auch noch einen Nachfolger aus dem Hut gezaubert. Die Vorgänger stammten von Sucker Punch, welche sich nach dem dritten Teil der Infamous-Serie zuwandten.
Das neue Team kennt sich offenbar gut mit der Serie aus. Das Spielgefühl erinnert stark an die Vorgänger oder ähnlich alte Plattformer wie Jak & Daxter oder 3D-Marios. Ein Großteil des Spiels konzentriert sich auf Sprungpassagen, welche immer wieder von Schleich-Einlagen, Kämpfen und kleinen Rätseln aufgelockert werden. Außerdem gibt es natürlich Unmengen an Münzen, Schätzen und anderen Dingen zu stehlen und sammeln.
Im Reich des Sushi-Ninjas
In jeder Epoche errichtet die Truppe ein Geheimversteck, von dem aus Operationen starten. Im alten Japan z.B. versuchen sie, Slys Vorfahren, den Ninja-Meister Rioichi, zu befreien. Danach muss ein Sushi-Laden zurückerobert und der tyrannische Tiger El Chefe besiegt werden. Sly tapst auf leisen Sohlen an schlaksigen Kranichen und fetten Schweine-Wachen vorbei. Besonders hell sind die Gegner nicht, daher fällt das lautlose Vorgehen um einiges leichter als in „echten“ Schleichspielen.
Kämpfen, stehlen, balancieren
Ein klarer Pluspunkt ist auch das große Maß an Abwechslung: Mal prügle ich mich mit dem wuchtigen Nilpferd Murray durch die Gegner, mal schwebe ich mit dem hochtechnisierten Rollstuhl von Schildkröte Bentley über klaffende Felsspalten oder verseuchte Becken in der Pariser Kanalisation. Dazu kommen die Tricks von Slys spielbaren Vorfahren, jede Menge freischaltbare Schlagkombos und Spezial-Fähigkeiten wie ein Gleitschirm. Auch einige Extra-Kostüme ermöglichen mir neue Tricks. In der ersten Wildwest-Mission lasse ich mich ins Gefängnis einschleusen, um Slys dort gefangenen Vorfahren zu befreien. Die ebenfalls erbeutete Sträflingskugel eignet sich prima dazu, massive Wände zu zertrümmern oder dicke Wagen anzustoßen – bis ein Schaltermechanismus aktiviert ist.
Diebestour für Anfänger
Auch der Großteil der Minispiele ist zwar nicht besonders anspruchsvoll, lockert das Abenteuer aber gelungen auf. Beim Hacken mit Bentley gibt es z.B. allerlei Arcade-Herausforderungen zu bestehen: Mal erledige ich die Firewall im Stil eines Zweistick-Shooters, an anderer Stelle balanciere ich meine Kugel mit Kippsteuerung durch ein Labyrinth. Der als vollschlanke Geisha verkleidete Murray muss in einer Musikspiel-Einlage sogar rhythmisch die Hüften schwingen.
Touchscreen-Tücken
In weniger hektischen Situationen stört das Problem aber kaum. Wer möchte, kann die Kulissen auch abseits der Story-Missionen auf eigene Faust entdecken. Dort liegen zum Beispiel jede Menge Schätze versteckt, welche unter Zeitdruck zum Unterschlupf gebracht werden müssen. Einige Wege öffnen sich erst, wenn man in der Zeit zurückreist und eine neue Fähigkeit einsetzt. Wer zwischendurch ein wenig auf Sammel- und Entdeckungstour geht, kommt auf eine üppige Spielzeit von rund 20 Stunden.
Einmal zahlen, doppelt zocken
Inhaltlich unterscheiden sich die Versionen nicht. Ein Nachteil ist die grafische Ähnlichkeit: Auf dem kleinen Vita-Screen machen die Cel-Shading-Kulissen zwar einen hübschen Eindruck, die PS3-Version sieht aber kaum besser aus. Sicher, einige Texturen sind schärfer, einige Äste und Pilze runder - trotzdem wirken die Kulissen auf dem großen Schirm kantig und veraltet. Auch die deutsche Vertonung ist nur teilweise gelungen: Die geheimnisvoll tiefe Stimme des Sushi-Ninjas passt bestens, andere Figuren wie Murray übertreiben es aber mit ihrem überdreht infantilen Geschrei.
Fazit
Sly Cooper: Jagd durch die Zeit ist wie eine Reise in die Zeit guter alter 3D-Plattformer. Sogar die dezent kantige Kulisse weckt Erinnerungen an die PS2. Im Gegenzug punktet das Spiel aber mit den Tugenden, die ich mit Jump-n-Run-Klassikern von Nintendo, Rare oder Sucker Punch verbinde: Es gibt knuffige Figuren, unterhaltsame Sprung-, Kampf- und Schleich-Sequenzen sowie jede Menge Kram zum Sammeln. Slys Fähigkeiten, Kostüme und spielbaren Vorfahren sorgen für erstaunlich viel Umfang und Abwechslung. Wer beide Versionen besitzt, kann dank Cloud-Spielstand sogar zwischen PS3- und Vita-Fassung wechseln. Dass es trotzdem nicht für Gold reicht, liegt vor allem an der zickigen Kamera, ein paar Steuerungs-Macken und am Mangel frischer Ideen. Slys neues Abenteuer hat mich zwar gut unterhalten, aber bei weitem nicht so gefesselt wie etwa Super Mario Galaxy und sein Nachfolger.
Pro
Kontra
Wertung
PlayStation3
Fast wie in alten Zeiten: Slys viertes Hüpf- und Schleich-Abenteuer punktet mit unterhaltsamen Fähigkeiten und viel Abwechslung.
PS_Vita
Kleine Steuerungsmacken auf dem Touchscreen dämpfen mitunter den Spielspaß.
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