Burnout Crash!27.09.2011, Mathias Oertel
Burnout Crash!

Im Test:

Criterion hat mit der Burnout-Serie den Begriff "Action-Raser" im Alleingang definiert und bis heute die spektakulärsten Unfälle der Videospielgeschichte inszeniert. Dementsprechend hoch sind die Erwartungen an Burnout Crash, die XBL- bzw. PSN-Premiere der Briten. Doch irgendwo auf dem Weg vom Konzept zur Umsetzung hat das Team den Faden verloren. Denn herausgekommen ist ein waghalsiger Mix, der auch aus dem Hause PopCap hätte stammen können...

Die mobile Burnout-Essenz

Für die Arcade-Premiere der ruhmreichen Rennspiel-Serie konzentriert sich Criterion auf eines der beliebtesten Elemente: Die Crash-Kreuzungen, bei denen man einen Boliden auf eine stark befahrene Straße steuert, um dort so viele Unfälle und damit so viel Schaden wie möglich anzurichten. Allerdings verlegt man das Geschehen in die Vogelperspektive - was per se nicht schlecht sein muss. Doch da man diese Ansicht zum Anlass genommen hat, die Kulisse auf Minispiel-Niveau zurechtzustutzen bzw. scheinbar iPad-kompatibel zu gestalten, beraubt sich Burnout Crash (BC) seiner Faszination. Denn die Rennspiele haben sich auch über die aufwändige Kulisse definiert.

Und erst vor kurzem hat Segas Renegade Ops bewiesen, dass auch Vogelperspektiven-Spiele verdammt schick aussehen können. Ich bin mir sicher, dass Criterion ähnlich wie Avalanche seinen Just Cause-Grafikmotor auch seine Engine ebenso hätte anpassen können, anstatt eine Szenerie aufzubauen, die man eher auf mobilen Endgeräten als auf einer HD-Konsole erwarten könnte.

Die Unfälle an sich sind weitgehend unspektakulär, ein Schadensmodell ist nahezu nicht existent. Die Flammen, die irgendwann aus den Wracks züngeln, wurden mit nur wenigen Phasen animiert, die (teilweise zerstörbare) Umgebung bleibt ebenfalls hinter den Erwartungen zurück.   

Crash as crash can

Doch über die gesamte technische Seite könnte ich sogar noch hinweg sehen, wenn BC mechanisch und inhaltlich an die Faszination anschließen würde, die von den Crash-Kreuzungen der "alten" Burnouts ausging. Doch das passiert hier viel zu selten. Vor allem auch, weil man bei jeder der 18 Kreuzungen mit dem langweiligsten und häufig vom Zufall oder purem Glück abhängigen Modus beginnt: dem Road Trip. Hier geht es darum, so viele von allen möglichen Zufahrtsstraßen auf die Kreuzung zu beschädigen oder in die Luft zu jagen. Dabei reicht das Touchieren eines Fahrzeuges bzw. die Druckwelle einer Explosion aus, um das jeweilige Auto zum Stillstand zu bringen. Damit funktioniert man den Boliden gleichzeitig zu einem mobilen Hindernis um, das allerdings einer gewissen Halbwertszeit unterworfen ist, da die Karre irgendwann Feuer fängt und schließlich explodiert.

Um sich nicht auf die Explosionen der "unbeteiligten" Fahrzeuge verlassen zu müssen, hat man den aus den anderen Burnouts bekannten "Crashbreaker" zur Verfügung, der immer wieder aufgeladen wird. Hier sprengt man das eigene Fahrzeug, kann es aber in der darauf folgenden Flugphase lenken, um sich so an versteckte Bereiche heranzupirschen oder aber einen anderen Abschnitt der Kreuzung zu blockieren. Der Road Trip endet entweder, wenn man so viele Fahrzeuge gecrasht hat, dass das so genannte „Super Feature“ (z.B. ein Wirbelsturm, Ufo-Angriff oder die Landung eines Passagierflugzeug) alles auf dem Bildschirm in Schutt und Asche legt oder aber wenn man fünf Fahrzeuge von der Kreuzung entkommen ließ.

Was auf den ersten Blick den Eindruck einer taktisch angehauchten Burnout-Variante einer Tower Defense hinterlässt, wird jedoch schnell frustrierend oder im schlimmsten Fall öde. Zu viel ist vom Zufall abhängig, zu selten hat man wirklich das Gefühl, die Kontrolle über das zu haben, was auf dem Bildschirm passiert. Dementsprechend sind auch Erfolgserlebnisse dünn gesät. Und wenn man schließlich die für die Freischaltung von weiteren Kreuzungen bzw. Fahrzeugen nötigen Sterne gesammelt hat, ist die Freude auch nicht groß. Denn auf den folgenden Abschnitten herrscht die gleiche Tristesse.

Eingeschränkte Highscore-Jagd

Eine Kreuzung, viele Fahrzeuge und der Wille zur Zerstörung kennzeichnen den Rennspiel
Eine Kreuzung, viele Fahrzeuge und der Wille zur Zerstörung kennzeichnen die Puzzle-Raserei.

Die anderen beiden Modi, die man jedoch ebenfalls erst mit mindestens einem Stern im Road Trip freischalten muss, sind unterhaltsamer, können aber die Abhängigkeit von Zufall und schierem Glück auch nicht abstreifen. Während man bei "Pile Up" nur eine geringe Anzahl von die Kreuzung befahrenden Autos zur Verfügung hat, um so viel Schaden wie möglich anzurichten, hat man bei "Rush Hour" nur 90 Sekunden Zeit, um sich auszutoben und Punkte anzuhäufen.

Doch irgendwann fragt man sich dennoch, wieso man den ganzen Aufwand auf sich nimmt. Denn wenn die Freunde kein Burnout Crash spielen, sind die Höchstpunktzahlen für die Katz, da Vergleiche nur per Autolog stattfinden. Und das kramt nur in der eigenen Freundesliste. Wer also sehen will, wie er im weltweiten Vergleich dasteht, schaut in die Röhre.

Besser mit Kinect?

Man gibt sich Mühe, sich nicht zu ernst zu nehmen. Bei Explosions-Kombos klingelt BC wie ein Flipper, ein Sprecher gibt immer wieder sinnlose Kommentare von sich und bestimmte Aktionen werden von kurzen Song-Jingles (z.B. "Gold" von Spandau Ballet oder "Dr. Beat" von der Miami Sound Machine feat. Gloria Estefan) begleitet. Doch zum Lachen oder wenigstens zum Lächeln taugt es höchstens beim ersten Hören. Gleiches gilt übrigens für die aufwändig produzierten Werbeclips mit David Hasselhoff in der Hauptrolle, in deren erster Episode vollmundig die auf der Xbox 360 optionale Kinect-Kontrolle angepriesen wird. Immerhin versucht Criterion, das Beste aus der Bewegungssteuerung zu machen, die auch im kurzweilig unterhaltsamen Partymodus genutzt wird: Das Fahrzeug wird über das imaginäre Lenkrad à la Kinect Joyride auf die Kreuzung zugesteuert und der Crashbreaker wird durch eine Geste aktiviert. Die Umsetzung geht in Ordnung, kann sich aber auch nicht positiv auf die Wertung auswirken. Denn im Zweifelsfall würde ich bei den müden Unfall-Versuchen immer zur Pad-Steuerung raten.

Fazit

Es gibt Titel, da fragt man sich, was die Entwickler geritten hat - oder wenigstens, wieso sie es zuließen, dass entweder A) ihr Name oder B) der Name einer Serie derart verstümmelt wird. Und all das ist bei Burnout Crash der Fall. Auf dem Papier eine sinnvolle Reduktion auf einen der Erfolgsfaktoren der Rennspiel-Serie, nämlich die Crash-Kreuzungen, ist die Umsetzung in die Vogelperspektive weitgehend misslungen. Die eingestreute Puzzle-Mechanik ist eintönig sowie zu sehr vom Zufall und schierem Glück abhängig. Die Kulisse würde einem iPad-Titel besser zu Gesicht stehen als einem HD-System - wobei ich überzeugt bin, dass die auf leichten Zugang und wenig Anspruch getrimmte Mechanik auf mobilen Systemen ohnehin einen besseren Eindruck hinterließe. Die Einschränkung der Highscore-Listen auf die per Autolog erfassten Freunde ist ebenfalls suboptimal: Wenn die Freunde Burnout Crash nicht spielen, hat man keine Vergleichswerte. Die auf 360 optionale Kinect-Steuerung wird zwar passabel eingesetzt, macht das Spiel aber auch nicht besser. Der Weg der "Casualisierung" ist per se nicht schlecht, doch vielleicht hätte sich Criterion bei einem weiteren Mitglied der großen EA-Familie Rat einholen sollen. Die erfahrenen Kollegen von PopCap hätten sicherlich den einen oder anderen Hinweis geben können, wie man die Klippen umschiffen könnte, die dem ehemals auf Hochglanz polierten Lack der Rennspiel-Schmiede böse Kratzer zufügen.

Pro

"Rush Hour" und "Pile Up" kurzweilig...
Party-Modus mit Unterhaltungspotenzial (360)
18 Abschnitte

Kontra

... müssen aber jeweils im "Road Trip" freigespielt werden
schwache Kulisse
Highscore-Listen auf Freunde beschränkt
Mechanik zu abhängig von Glück und Zufall

Wertung

360

Biedere, schwach inszenierte und bis auf wenige Ausnahmen langweilige Crash-Puzzelei, bei der die 360-Version durch den Party-Modus die Nase leicht vorn hat.

PlayStation3

Technisch schwache Crash-Puzzelei, die dem großen Namen nicht gerecht wird.

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