Zone of the Enders: HD Collection22.11.2012, Mathias Oertel
Zone of the Enders: HD Collection

Im Test:

Was fällt euch zu Mech-Schlachten auf Konsolen ein? Mech Assault? Gar nicht schlecht! Armored Core? Aber ja! Steel Battalion? Kann man gelten lassen, ja! Zone of the Enders? Bitte wie? Tja, nur wenige können sich an die actionreichen Gefechte erinnern, die auf der PlayStation 2 immerhin von Hideo Kojima erdacht wurden. Doch dank der HD Collection können jetzt auch Neulinge versuchen, die Faszination nachzuvollziehen.

Der Metal Gear-Faktor

Es ist schon merkwürdig: Es scheint, als ob Hideo Kojimas Zone of the Enders (ZoE) nur in Koexistenz mit Metal Gear eine Überlebenschance ausgerechnet wird. War bei der Erstveröffentlichung der PS2-Version im Jahre 2001 nicht unbedingt das Spiel per se, sondern auch die beiliegende Demo von Metal Gear Solid 2 ein Kaufgrund, wiederholt sich bei dieser HD Collection die Geschichte. Wieder ist eine Metal Gear-Demo mit von der Partie. Allerdings handelt es sich um die Probierversion des von Platinum Games entwickelten Metal Gear Rising Revengeance, die den actiongeladenen Mechschlachten als Bonus beigelegt wird. Und diese Demo fordert ihren Tribut: Waren die ZoE-Spiele auf der PlayStation 2 noch mit dem USK-Siegel "Ab 12" versehen (das übrigens auch auf der Spiel-Disk zu sehen ist), prangt nun die rote "Ab 18"-Plakette auf dem Cover - nur wegen des brachialen Revengeance.

Action mit Sinn und Verstand

ZoE spielt im späten 22. Jahrhundert und inszeniert stylische Kämpfe zwischen bis an die Zähne bewaffneten Riesen-Robotern in offenen Arealen. Diese so genannten Orbital Frames können sich sowohl am Boden als auch in der Luft behände von Gegner zu Gegner bewegen und ebenso schnell zwischen Nah- und Fernkampf wechseln. Das Ergebnis waren spannende Auseinandersetzungen sowie knallharte Bosskämpfe, die bei der Erstveröffentlichung in den Jahren 2001 (Zone of the Enders) bzw. 2003 (Zone of the Enders: The 2nd Runner) mit ihrer Effektflut und ihrer blitzsauberen Kulisse für Staunen und wunde Daumen sorgten.

Trotz ansehnlicher hochauflösender Texturen hat am ersten Zone of the Enders der Zahn der Zeit genagt.
Trotz ansehnlicher hochauflösender Texturen hat am ersten Zone of the Enders der Zahn der Zeit genagt.
Doch es war nicht nur die Kulisse (vor allem bei Teil 2) oder die anspruchsvolle Hochgeschwindigkeits-Action, die Zone of the Enders so außergewöhnlich macht(e) – dies sind nur Oberflächlichkeiten. Vielmehr war es die für Hideo Kojima typische Vermengung von Spiel und Erzählung, angereichert mit komplexen Themen. Vor allem in Teil 1 ist die Wechselwirkung der aufkeimenden Freundschaft zwischen der im Frame beheimateten Künstlichen Intelligenz ADA sowie dem Heranwachsenden Leo ein zentrales Element. Der durch einen puren Zufall zum Piloten des Jehuty-Frames werdende Jüngling sieht sich ständig Diskussionen mit der auf Krieg und Zerstörung programmierten ADA gegenüber, die zunehmend eine eigene Persönlichkeit bekommt und so zu einer zentralen Figur wird. Während er sie langfristig davon überzeugt, dass gegnerische Tode nicht immer in Kauf genommen werden müssen oder notwendig sind, hilft sie ihm beim Erwachsenwerden. Weitere Themen, derer sich Kojima hier und in Teil 2 annimmt (hier gibt es wieder einen neuen Piloten für Jehuty), sind Schuld und Sühne, Rache oder Freundschaft. Mitunter trägt die pathetische Inszenierung zwar etwas zu dick auf, doch die hinsichtlich des Designs an einschlägige Mangas erinnernden Figuren bleiben im Rahmen der futuristischen Welt glaubhaft.

Technische Unzulänglichkeiten

Die effektgeladene Mech-Action hat auch gut zehn Jahre nach der Erstveröffentlichung nichts ihrer Faszination verloren.
Die effektgeladene und erzählerisch überraschend facettenreiche Mech-Action hat auch gut zehn Jahre nach der Erstveröffentlichung nichts ihrer Faszination verloren.
Auf der PlayStation 2 gehörte die saubere visuelle Umsetzung der schnellen,  effektgeladenen Gefechte für lange Zeit zu den Vorzeigetiteln. Jetzt, etwa zehn Jahre später, sollen hoch aufgelöste Texturen und überarbeitete Zwischensequenzen für eine zeitgemäße Darstellung sorgen. Dabei muss man allerdings feststellen, dass Teil 1 im Allgemeinen nicht gut gealtert ist. Während die Mech-Texturen mit ihren metallenen Strukturen und ihren immer wieder durchziehenden Lichtstreifen sowie die Effekte im Allgemeinen den Sprung ins HD-Zeitalter größtenteils gut überstanden haben, ist der Zahn der Zeit mit der Umgebung sowie den Polygonfiguren in den Rendervideos nicht so sanft umgegangen. Vor allem die Landschaftstapeten und die Geometrie sowie Texturierung der Bäume hinterlassen mittlerweile einen grobschlächtigen Eindruck. Zudem lassen sich  die überschaubaren Abschnitte zwar  größtenteils in Schutt und Asche legen, während ADA einen über den Zerstörungsgrad auf dem Laufenden hält, doch die Kulisse wirkt häufig steril. Sobald es in die kargen Innenräume von Raumschiffen und sonstigen Militäranlagen geht, wirkt das Design stimmiger.

Ganz anders Teil 2: Bei den Zwischensequenzen setzt man komplett auf gezeichnete Anime-Filmchen, die sich stilistisch auch in den „Standbild-Gesprächen“ widerspiegeln. Überhaupt orientiert sich The 2nd Runner deutlich stärker am Comicstil. Mit entsprechenden Shadern, die auch bei Effekten wie Staub, Explosionen etc. eingesetzt

Technisch stören nur die sporadisch auftretenden Bildraten-Einbrüche.
Technisch stören nur die sporadisch auftretenden Bildraten-Einbrüche.
werden, wird schnell eine ansehnliche Umgebung geschaffen. Zusammen mit den Staub- oder Schneewolken sowie sehr schnieken Partkeleffekten ist man ganz weit weg von der Kargheit, die viele Abschnitte in Teil 1 kennzeichnet. Mehr noch: Durch die hohe Qualität der HD-Optimierung könnte man ZoE 2 auch für ein Spiel halten, das vielleicht zwei oder maximal drei  Jahre auf dem Buckel hat. Allerdings hatte das für die Umsetzung verantwortliche Team von High Voltage (Kinect Star Wars, The Conduit 2) ein paar Probleme, die Engine problemfrei auf PlayStation 3 und Xbox 360 zu bringen. Zumindest haben mich die ab und an auf beiden Systemen auftretenden Einbrüche in der Bildrate immer wieder aus dem Konzept gebracht. Es will mir einfach nicht in den Kopf, wie zwei Spiele, die auf der PlayStation 2 durch ihre saubere Kulisse auffielen, auf den theoretisch viel stärkeren Systemen Bildrateneinbrüche verzeichnen. Noch schwerer nachzuvollziehen ist für mich, dass diese Probleme auf dem Sony-System (eigentlich die ZoE-Heimat) sogar noch deutlicher auftreten. Zur Ehrenrettung muss ich allerdings anmerken, dass einem keine spielerischen Nachteile durch diese gelegentlichen Einbußen entstehen.

Fazit

Zwei Herzen schlagen in meiner Brust: Einerseits applaudiere ich Konami, dass nun auch eine neue Generation in den Genuss der inhaltlich nach wie vor überzeugenden sowie fordernden Robot-Action aus dem Hause Hideo Kojima kommt. Andererseits ist es jedoch bedauerlich, dass das Team von High Voltage technisch offensichtlich damit überfordert war, die blitzsaubere Geschwindigkeit, die vor allem Teil 2 ausgezeichnet hat, ohne Verluste auf die HD-Konsolen zu bringen. Während die originalen PS2-Versionen in butterweichen 60 Bildern pro Sekunde abgespielt wurden, bricht die Bildrate hier immer wieder gerne mal ein. Nie so, dass es den Spielspaß der dank  guter Steuerung unkompliziert zu kontrollierenden Gefechte ernsthaft in Gefahr bringen könnte - aber in den jeweiligen Momenten so deutlich, dass man sich fragt, wieso ein technisch überlegenes System die Kulisse nicht problemlos stemmen kann. Im Fall der in dieser Hinsicht sogar noch stärker gebeutelten PS3 ist der Unglaube noch stärker - immerhin stammen die Ursprungsspiele von der Vorgänger-Konsole. Davon abgesehen machen die Mechschlachten auch gut zehn Jahre nach ihrer Erstveröffentlichung immer noch eine Menge Spaß. Bei Teil 1 sieht man den Rendersequenzen und der mitunter kargen Umgebung zwar das Alter an, doch die Action überzeugt immer noch, die erzählerische Mehrdeutigkeit von Bildern und Themen ist zeitlos. Und die Fortsetzung mit ihrem Comic-Shading wurde abseits der Bildrate so überzeugend in die HD-Ära transportiert, dass sie den Eindruck eines vielleicht gerade mal zwei bis drei Jahre alten Titels hinterlässt. Die Zone of the Enders HD Collection ist unter dem Strich zwar nicht so exzellent, wie ich es mir gewünscht hätte. Aber sie zeigt, wieso die Serie neben From Softwares Armored Core-Reihe zu den Highlights des Mech-basierten Kampfes gehört. Und nachdem hoffentlich viele neue Spieler die Serie kennenlernen, wird es Zeit für den dritten Teil, den Kojima-San schon zaghaft angedeutet hat.

Wertung: gut

Pro

schnelle unkomplizierte Robot-Action
einfache Steuerung
sehr gute Bosskämpfe
erzählerisch vielschichtig
schöne Anime-Zwischensequenzen (ZoE 2)
ansehnliche HD-Texturen
unterschiedliche Waffensysteme sorgen für taktische Einschläge

Kontra

technisch nicht immer sauber (Bildrateneinbrüche)
abseits der Zwischensequenzen ein eher kurzes Vergnügen
spröde Rendersequenzen (ZoE 1)
oberflächliches Levelsystem der Mech-Kampfanzüge
Speichern nur manuell

Wertung

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