Tiger Woods PGA Tour 1305.04.2012, Benjamin Schmädig
Tiger Woods PGA Tour 13

Im Test:

Schade: Nachdem die vergangenen Jahre im Zeichen der hervorragenden Bewegungserkennung mit dem Remote-"Schläger" standen, verzichtet EA plötzlich auf die Wii-Ausgabe. Stattdessen schlägt der Tiger jetzt auch mit Kinect ab. Ach, hätte man die Bewegungserkennung doch wenigstens komplett gestrichen...

Kleine Kreise

Die Freud' und das Leid des Golfspielers: EAs Tiger-Serie ist eigentlich so gut, dass die Entwickler Jahr für Jahr nur Nuancen einstellen müssten, um das Erlebnis stetig zu verbessern - so wie sie es vor einiger Zeit mit dem dynamischen Wind und der Einführung des Regens getan haben. Doch das war scheinbar nicht genug, denn erst stellte EA die Entwicklung der Fähigkeiten auf ein neues System um - dann kehrte man zum alten System zurück - jetzt nutzt man wieder eine Version des neueren. Änderungen zum Selbstzweck, um den jährlichen Neukauf zu rechtfertigen? So scheint es. Zumal die Serie auch in diesem Jahr gefährlich auf der Stelle tritt.

Der echte Schwung

Die große Neuerung ist das Schlagen des Balls über den Analogstick - wahlweise den linken oder den rechten. Das gab es natürlich schon, diesmal soll der so genannte True Swing allerdings noch realistischer sein. Also korrigiert man vor dem Schlag die Stellung der virtuellen Füße, damit die Flugbahn des Balls eine Kurve beschreibt. Konnte man bisher nach dieser Festlegung gerade schlagen, damit der Ball der festgelegten Richtung folgte, muss man diesmal den Analogstick-Schläger von links unten nach rechts oben oder umgekehrt ziehen, um Draw oder Fade tatsächlich zu erreichen.

Die Art des Schlags wird ebenfalls nicht mehr per Tastendruck vorherbestimmt. Vielmehr entscheidet das bekannte Festlegen der Höhe einer Flugbahn jetzt auch darüber, ob man einen sehr hohen Flop oder einen besonders flachen Punch schlägt. Und schließlich führt man den Analogstick während des Schlagens noch dorthin, wo der Schläger den Ball treffen soll. So hebt man etwa einen im Sand gestrandeten Ball auf realistische Art aus dem Bunker. Auch das gab es vor einigen Jahren schon - die Gesamtheit und die Umsetzung der Schlagbewegung reizt das Potential des True Swing allerdings erst hier aus.

Leichte Ziele

Dennoch ist die Umsetzung nicht ausgereift; kleine Schludereien verlangen leider jetzt schon das zu erwartende Feintuning in Ausgabe 14. So kommt es immer wieder vor, dass der Ball im hohen Gras landet - beim nächsten Schlag aber plötzlich am Rand des Fairways liegt.

Den DLC vor Augen

17 Kurse befinden sich im Spiel - 19 weitere können gekauft werden. Wie in den vergangenen Jahren gehören dabei auch Kurse zu den Download-Inhalten, die in älteren Spielen schon vorhanden waren und wie gehabt darf man für Vorgänger gekaufte Kurse nicht erneut nutzen.

Etwas grob reibt einem das Spiel im Menü sämtliche DLC-Möglichkeiten unter die Nase: Die Kurse sind stets mit aufgeführt. Immerhin: Gegen Spielwährung darf man einmal einen Download-Kurs spielen - macht man das oft genug und erfüllt bestimmte Ziele, erhält man ihn kostenlos.

Das Angebot klingt allerdings verlockender als es ist, denn selbst gute Golfer benötigen etliche Stunden, um nur einen der Kurse auf diesem Weg zu erhalten. Glück im Unglück: Die Anzahl der mitgelieferten Kurse entspricht in etwa der der vergangenen Jahre. Richtig geärgert habe ich mich, als er knapp vor einem Bunker ausrollte, ich aber aus dem Sand heraus spielen musste. Interessanterweise litt das Wii-Golfen vor einigen Jahren an einem ähnlichen Fauxpas.

Seltsam mutet auch die übermäßig gutmütige Fehlerkorrektur an: Landete im vergangenen Jahr mancher Ball neben dem Fairway, weil man die Schlagbewegung nicht sauber ausgeführt hatte, fällt es diesmal selbst auf der schwierigsten Einstellung und mit einem unerfahrenen Charakter sehr leicht, präzise zu spielen. Ärgerlich! Nur auf dem Grün bin ich für die neue Gutmütigkeit dankbar, weil ein kleines Zittern nicht mehr zu einem groben Fehler führt.

Freiheit! Oder lieber nicht?

Die "Drei-Klick"-Steuerung entfällt übrigens. Natürlich: Man könnte den erweiterten True Swing als Argument dafür anführen, dass die bisherigen Tastendrücke die umfassende Simulation nicht ansprechend umsetzen. Dann übersieht man allerdings, dass man vor den optionalen Schlagbewegungen mit Move oder Kinect sehr wohl z.B. die Schlagart voreinstellt. Leider ist der plötzliche Wegfall der großartigen Wii-Ausgabe aber bezeichnend: Offenbar interessieren sich nicht genug Spieler für das realistische Nachahmen - EA verzichtet jedenfalls nicht nur auf die Nintendo-Version, man lässt die Bewegungserkennung auch fast komplett unter den Tisch fallen.

Kinect wird zwar zum ersten Mal unterstützt, ist aber viel zu ungenau, um das Golfspiel glaubwürdig zu simulieren. Weil die Kamera nicht erkennt, wie genau man einen imaginären Schläger in den Händen hält und über einen virtuellen Ball führt, erinnert das grobe Ausholen und Durchziehen nur vage an den echten Sport. Nur grobe Richtungsfehler beim Schlagen setzt Kinect in verschossene Bälle um. Nicht einmal die Stellung der Füße in Relation zum Ball macht das System aus, selbst die Menüführung ist unangenehm sensibel und mitunter hält der virtuelle Profi mitten in seiner Schlagbewegung inne, obwohl man sie vollständig ausgeführt hat.

Move funktioniert hingegen ähnlich gut wie im Vorjahr und damit besser als Kinect - trotzdem wirkt das Schwungholen wie ein lästiges Anhängsel. So fehlen selbst auf der einfachsten Stufe grafische Hilfen, welche die geforderte Schlagbewegung darstellen, während man solche Anzeigen für den Analogstick-Schwung an- oder abschalten darf. Die Aufzeichnung der letzten Schlagbewegung gibt zudem recht oberflächlich wieder, wo genau ein Fehler lag - die Wii-Anzeige war im vergangenen Jahr schon deutlicher. Genau das ist es eben: EA macht in Sachen Bewegungserkennung keinen Finger krumm; eine mäßige Kinect-Techdemo ist das höchste der Gefühle.

Schnörkellos

Schade auch, dass das GamerNet gestrichen wurde. Dabei war die nahtlose Einbindung der Online-Herausforderungen vorbildlich - man konnte jederzeit eigene erstellen oder die anderer Spieler laden. Stattdessen gibt es in diesem Jahr Clubs, denen man beitritt, um Spielgeld zu verdienen, sich mit Freunden zu treffen oder gemeinsam in Turnieren anzutreten. Und selbstverständlich gibt es weiterhin von EA erstellte Turniere sowie den unabhängigen Online-Wettstreit. Das neue Menü räumt die Spielvarianten dabei sehr ordentlich auf; man fühlt sich besser aufgehoben als in den erschlagenden Listen der Vorgänger.

Die Karriere gefällt mir ebenfalls, da sie sich recht schnörkellos um das Erspielen immer höher dotierter Turniererfolge dreht. Zwar darf man vor jedem Wettkampf ein kurzes Trainingsspiel absolvieren oder ein paar Bälle im Namen eines Sponsors einlochen, doch im Mittelpunkt steht die PGA-Tour. Separate Herausforderungen findet man diesmal in Tiger Woods' Vergangenheit: Erst muss der kleine Bub im Garten oder in einem Fernsehstudio abschlagen, später spielt er als Teenager auf, bevor er sein geniales Spiel auf den großen Golfkursen unter Beweis stellt. Eine witzige Abwechslung, zumal vor allem die frühen Jahre ein angenehmer Tapetenwechsel sind.

Der nackte Tiger

Mir fehlen allerdings zündende Ideen wie die ständige Begleitung eines Caddys oder die Übungen durch Woods' Trainer. Es muss doch mehr geben als eine handelsübliche Karriere

Schöne Aussichten? Die PGA Tour ist wie gehabt die beste Golfsimulation - mit Ausnahme der Wii-Fassung aus dem Vorjahr. Leider verzichtet EA in diesem Jahr auf eine Version für Nintendos Konsole.
Schöne Aussichten? Die PGA Tour ist wie gehabt die beste Golfsimulation - mit Ausnahme der Wii-Fassung aus dem Vorjahr. Leider verzichtet EA in diesem Jahr auf eine Version für Nintendos Konsole.
und eine Sammlung kurzer Herausforderungen. Es fehlt eine Zeitreise wie in NBA 2K12, eine Online-Meisterschaft wie sie FIFA bietet - irgendein thematischer Mantel, der das Gerüst ausstaffiert. Auf Wii gab es wenigstens unterhaltsame Minispiele und das großartige Disk Golf. Warum verzichtet man darauf, obwohl es zumindest mit Move möglich wäre?

Immerhin sammelt die Charakterentwicklung Pluspunkte, weil EA wieder auf ein überschaubares System mit sechs sinnvollen Fähigkeiten setzt: Mit Erfahrungspunkten verbessert man Kraft, Genauigkeit, Spin usw. Gut, dass man diesmal keinen der Werte durch Kleidungsstücke steigern kann - albern, dass man vor jeder Partie bis zu drei Anstecker mit verschiedenen Auswirkungen wählt. Der eine erhöht die Anzahl der gesammelten Erfahrungspunkte, andere verbessern unterschiedliche Fähigkeiten. Schade, dass man die vor einigen Jahren vorgestellte dynamische Entwicklung nicht weiter ausbaut, bei der sich die Fähigkeiten entsprechend den gezeigten Leistungen verbessern oder verschlechtern.

Fazit

Die halbherzige Einbindung von Kinect und Move hätte man sich schenken können: Selbst mit Move ist die Bewegungserkennung nicht so umfassend wie zuletzt auf Wii und mit dem ungenauen Kinect können ambitionierte Hobby-Golfer schon gar nichts anfangen. Dennoch macht Tiger Woods 13 gerade mit der Steuerung einen wichtigen Schritt nach vorn, weil der überarbeitete True Swing den tatsächlichen Schwung so detailgetreu nachahmt, dass viele reale Aspekte auf glaubwürdige Art zusammenkommen. Für Profis ist es allerdings enttäuschend, dass die automatische Korrektur selbst am Anfang der Karriere kaum Fehler zulässt, während Spaßgolfer die Drei-Klick-Steuerung vermissen. Und obwohl Karriere und Herausforderungen den richtigen Ton von Ernst bis Unterhaltung treffen, fehlt ein zündender Einfall, der über die Karriere und eine Sammlung an Herausforderungen hinausgeht. Unterm Strich bestätigt sich einmal mehr der Eindruck, dass Tiger Woods gewohnt souverän abschlägt - insgesamt aber beharrlich auf der Stelle tritt.

Wertung

360

Mit Analogstick so gut wie die PS3-Version - mit Kinect allerdings deutlich schlechter. Zum Glück spielt die Bewegungssteuerung nur eine untergeordnete Rolle.

PlayStation3

Im Kern eine hervorragende Simulation - die abseits des glaubwürdigen Analogstick-Schwungs ideenlos wirkt.

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