Im Test:
Kreative Echtzeitspannung
Egal ob man Magic: The Gathering spielt oder sich in anderen Sammelkarten-Universen tummelt: Normalerweise hat man genug Zeit für seinen nächsten Zug. Man kann gemütlich darüber grübeln, welche Kreaturen beschworen oder welche Zauber gewirkt werden. Jetzt stelle man sich vor, jemand würde Sanduhren an die Seite jeder Karte stellen, die sowohl das Aufladen von Mana als auch Monstern symbolisieren – und erst dann, wenn das letzte Körnchen durchgerieselt ist, schlägt der Drache oder Eiszauber zu. Der Gegenspieler muss vorher kontern, sonst zählt der Schaden!
So ähnlich fühlt sich dieses Assassin’s Creed an, das nicht nur an der Oberfläche mit seinem edlen Artdesign punktet, sondern auch darunter mit seinem kreativen Ansatz. Die tickende Uhr bringt frischen Wind auf den Kartentisch, ohne dass hektisches Chaos entsteht: Man sitzt sich allerdings klassisch gegenüber und jeder hat einen Bereich zum Auslegen. Von einem 50 Karten starken Deck zieht man zufällig sechs auf die Hand, die nicht sofort beim Ausspielen, sondern erst mit der Zeit wirken. Und man hat immer alles im Blick: Auf jeder Karte läuft ein silberner Balken von oben nach unten, der langsam das gezeichnete Renaissance-Motiv (es geht um Bilder aus dem zweiten Teil sowie Brotherhood) entblättert und es irgendwann vollständig enthüllt – sehr ansehnlich.
Zwei von drei Gebieten beherrschen
Aber die übergeordnete Strategie weicht angenehm von bekannten Mechanismen ab. Ziel des Spiels ist es, in zwei von drei nebeneinander angelegten Gebieten des Spielfeldes zuerst zehn Punkte zu erreichen – und für alle drei wird jeden Tag der aktuelle Stand addiert. Auf diese Gebiete kann z.B. jeweils ein Ort gelegt werden, der nach seinem Bau jede Runde vielleicht zwei Punkte einbringt. Bleibt dieser also fünf Runden aktiv, hätte man in diesem Gebiet die zehn Punkte erreicht. Zieht man einen besseren vom Stapel, kann man ihn ersetzen: Ein Galgen bringt z.B. einen, eine Borgia-Mine zwei, eine Kaserne immerhin vier, aber erst ein Ort wie San Gimignano satte acht Punkte – und es gibt noch bessere unter den 280 Karten, die sich grob in Stätte, Agenten und Aktionen aufteilen .
Clever kontern und abwarten
Was tun? Schnell reagieren! Oder sich taktisch an diesem Platz zurückhalten, denn es wird ja gleichzeitig in drei Gebieten gekämpft. Vielleicht wäre es klüger, sich auf zwei zu konzentrieren? Aber was legt man dort am besten aus? Und natürlich zieht man nicht immer das, was man braucht – das ist der Glücksfaktor, den es auch in anderen Sammelkartenspielen gibt. Hier ist allerdings das Problem, dass die Decks mit fünfzig Karten zu groß sind, denn man braucht mehr als die Hälfte gar nicht, weil das Spiel zu schnell vorbei ist. Es ist also knifflig, spezialisierte Decks auch wirklich effizient einzusetzen, selbst wenn man mehrfach Karten einer Sorte dort einbaut. Hinzu kommt, dass zu wenig Karten das Nachziehen ermöglichen: manchmal hat man eine Menge Gold, aber kann
Trotzdem entwickelt sich im Story-Modus ein spannendes Lege-, Kampf- und Konterspiel, denn man kann Stätten über Spezialfähigkeiten zerstören, Agenten noch vor der Auslage meucheln oder Ereignisse neutralisieren – das machtpolitische Hin und Her der Renaissance wird hier in den 20 Missionen sehr gut abgebildet. Schön ist, dass man die Karten drehen kann und dort ihre besonderen Talente entdeckt. Man hat auch meist die Wahl, ob man einen Feind direkt blockt oder ihn ignoriert und selber angreift. Bei Ersterem wirkt das übliche Prinzip von Angriff und Verteidigung: Ein einfacher Pikenier hat 1/1, schlägt also mit einem Punkt zu und hat selbst nur einen Punkt Lebenskraft. Legt man ihm gegenüber einen Milizkapitän mit 3/3 wird der Pikenier sterben und auf dem Ablagestapel landen – trotzdem kann man ähnlich wie in Magic mit schwachen Figuren auch starke so blocken, dass sie keinen effizienten Schaden anrichten.
Der Zwang zum Kauf
Das günstigste Kartenpaket fängt bei 100 Credits an. Dafür bekommt man gerade mal zwölf Karten, die auch noch in alter Boostermanier neben einer seltenen und drei ungewöhnlichen acht häufige, also evtl. viele doppelte Karten beinhalten – man wird also die Katze im Sack kaufen, zumal es kein Auktionshaus zum direkten Tausch gibt. Sehr ärgerlich! Der einzige Ausweg: Credits im Shop kaufen.
Viele Doppelte, wenig Durchblick
Außerdem nervt es, dass man bei der Zusammenstellung seiner Decks (man kann mehrere speichern) noch beschränkt wird: Man darf nicht alle Arten an Karten wild durcheinander werfen, sondern muss sich an thematische Beschränkungen, z.B. maximal zwei Expertisen halten, sonst ist das Deck ungültig. Hier ist das ansonsten sehr vorbildlich über Hilfe und Tutorialphasen strukturierte Spiel nicht informativ genug: Die faulen Karten müssten umgehend angezeigt werden, damit man sie nicht umständlich suchen muss.
Fazit
Das ist eines der besten Sammelkarten-Spiele im AppStore! Dieses Assassin’s Creed punktet nicht nur an der Oberfläche mit seinem edlen Artdesign, sondern auch darunter mit seinem kreativen Ansatz. Die tickende Uhr bringt frischen Echtzeitwind auf den Kartentisch, ohne dass hektisches Chaos entsteht. Außerdem überzeugt das System mit drei möglichen Sieggebieten und cleveren Kontern. Bis hierher wäre fast Gold möglich, aber zum einen nagt das viel zu große Deck an der Motivation: Manchmal braucht man nur zwölf von den fünfzig Karten oder man sitzt mit zu viel Gold auf einer - es fehlen mehr Nachziehaktionen. Zum anderen wird man schon in der Kampagne zum Kartenkauf genötigt: Man kann sie quasi nicht ohne Zukäufe abschließen, wird immer wieder von Niederlagen frustriert und damit viel zu früh in den Shop gedrängt. Dort nervt das veraltete Boostersystem, mit dem man viele Nieten erwirbt, zumal man seine Decks nicht komplett frei gestalten kann. Und warum gibt es kein Auktionshaus, wo man gezielt Karten suchen kann? Trotz dieser ärgerlichen Defizite kann ich diese App empfehlen, zumal sie mittlerweile gratis erhältlich ist und innerhalb des Genres ein frisches Spielprinzip etabliert.
Wertung
iPad
Das ist im Ansatz eines der besten Sammelkarten-Spiele für das iPad! Aber der Zwang zum Kartenkauf kommt viel zu früh...
iPhone
Auf dem iPhone hatten wir zu viele Abstürze, deshalb gibt es Abzüge.
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